Schulleistungen - Zielvorgaben

Erziehung ganz allgemein
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Arabella
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Schulleistungen - Zielvorgaben

Beitrag von Arabella »

Hallo meine Lieben,

Ich habe eine Frage an Euch. Ich stehe da in meiner Beziehung immer wieder an. Mein Mann und ich haben immer wieder heftige Auseinandersetzungen rund um die Schulleistungen der Kinder.
Er möchte, dass sie 5er im Zeugnis haben. Wenn nicht, dann dürfen sie nicht mehr in den Handballclub usw. Dann werden Freizeitaktivitäten gestrichen.
Im letzten Jahr als es um die Gymiprüfung der Aeltesten ging, hat er die Vorbereitung an die Hand genommen. Als er damit übers Ziel hinausschoss (er wollte, dass sie jeden Tag zwei Stunden lernt) habe ich interveniert. Er fand dann ich blockiere ihn. Er hat dann beleidigt ein paar Wochen nichts mehr gemacht. Sie hatte in dieser Zeit die Gymivorbereitung in der Schule. Dann hat er mit ihr auf die Prüfung hin wieder gelernt Dann hat es mit der Prüfung geklappt und heute geht sie sehr gerne ins Gymi.
Und ich muss gestehen, wenn ich für ihre Gymivorbereitung verantwortlich gewesen wäre, hätte sie es wahrscheinlich nicht geschafft.

Ich habe nun aber echt Mühe mit seinen Zielvorgaben: alles 5er im Zeugnis oder keine Freizeitaktivitäten. Mein Hauptproblem damit ist, dass er so viel Arbeitet - oft auch am Wochenende - und die Kinder in den Schularbeiten wenig unterstützen kann. Ich habe einfach keine Lust, dauernd mit (bald) fünf Kindern zusätzliche Schularbeiten zu machen, damit sie dieses ehrgeizige Ziel erreichen.
Aber es ist nicht nur die Lust, sondern ich habe Angst, den Kindern die Selbständigkeit und die Lernfreude zu nehmen. Er hat andererseits Angst, dass sie im Bildungswettlauf ungenügend sind, und sich Chancen fürs Leben verbauen. Er findet, sie haben viel zu viel Freizeit und wären jetzt in einem Alter in dem sie mit grösster Leichtigkeit und rel. wenig Zeitaufwand Wissen beigen können.

Er ärgert sich grün und blau, wenn er am Wochenende den Kindern sagt: Jetzt geht jedes Kind in sein Zimmer und lernt und er die Antwort erhält: "Wir haben keine Aufgaben. Ich habe nichts zu lernen" und handumkehrt bringen sie weniger als 5 nach Hause, obwohl sie eigentlich intelligent genug wären....

Wenn ein Kind in Englisch schlecht ist, erwartet er, dass das Kind selbständig mit irgendeiner Englisch-Sprach-Lernsoftware lernt. Dazu muss ich sagen, dass er selber im Primarschulalter, extrem viel lernte, oft das ganze Mathebuch im voraus, ohne dass jemand ihm das sagte.

Ich bin dankbar für Tipps, da ich merke, dass sich da in unserer Beziehung je länger je mehr ein Graben auftut.

Arabella
Habe fünf Kinder im Alter von 19,17,15,13 und 11. Die drei Grossen sind von meinem Mann aus erster Ehe. Die beiden Kleinen sind Gemeinsame. (Fast) alle leben seit über 10 Jahren bei uns - und das find ich toll!
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val
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Beitrag von val »

Liebe Arabella

Meine Kinder bringen keine guten Noten nach Hause. Nächsten Sommer steht der Übertritt in die Oberstufe an. Ich bin alleine mit Hausaufgaben und Co, da ist niemand der hilft. Aber auch niemand der Druck macht.

Ich selbst war eine sehr gute Schülerin. Meine Eltern mussten nie hinter mir her sein. Die guten Noten fielen mir mehr oder weiniger in den Schoss. Entsprechend bekam ich nun grosse Nöte, als ich sah dass meine Jungs nicht nach meinem Muster gestrickt sind. Und ich es nicht aufhalten kann, dass die Noten tauchen. Ich schaffe es einfach nicht.

Ich glaube es sind vor allem meine eigenen Ängste, die mir dermassen Mühe machen. Die Angst, meinen Kindern etwas zu verbauen. Ihnen eine Möglichkeit zu nehemen. Ohne gute Schulbildung geht doch nichts.

Ist es wirklich so? Hat ein Nicht-Sek oder -Gymischüler von vornherein ein schlechteres Leben?

Wenn ich so rumschaue in meinem Bekanntenkreis, dann stelle ich fest: Es haben sich diejenigen in die besten Jobs hochgearbeitet, die von Anfang an ellbögeln mussten. Da ist der Kollege der zweimal durch die LAP als Elektroniker fiel, der heute einen Top Posten in einem Kommunikations-Unternehmen hat. Oder der Oberschüler, der heute einen Betrieb leitet.

Und nicht zuletzt der Vater meiner Kinder, der von der Real in die Sek und wieder zurück in die Real pendelte, heute einen edig. dipl. Meister-Titel trägt, selbständig ist und Lehringe ausbildet.

Heute ist auf zweitem Bildungsweg fast alles möglich. Es ist zwar teuer, braucht unheimlich viel Disziplin und Effort, aber es ist möglich. Natürlich ist es einfacher wenn man es gleich von Beginn weg packt, die Sek macht, das Gymi und dann studiert, dann liegt einem bildungsmässig die Welt zu Füssen. Aber ist das wirklich der einzige Schlüssel zu einem erfüllten Leben? Ich glaube da müssen vor allem wir Eltern unsere Ansicht etwas revidieren.

Ich vertraue in das heutige Bildungssystem. Ich habe grosses Vertrauen in den Lehrer meiner Jungs. Ich vertraue darauf, dass meinen Kindern das nötige Rüstzeug mitgegeben wird um später im Berufsleben ihren Weg zu finden. Ich vertraue darauf, dass sie lernen, Eigenverantwortung zu übernehmen. Und dass sie den Weg gehen, der ihnen entspricht. Ihrem Wesen, ihrem Tempo, ihren Fähigkeiten. Und halt nicht unbedingt meinen Vorstellungen.

Bei uns gibt es erst dann freizeitmässige Restriktionen wenn die Noten ungenügend sind. Ein Fünfer gibt 2.- Taschengeld. Alles darüber den Betrag eins zu eins. Die Wochenenden werden nur dann beansprucht, wenn anfangs Woche eine Prüfung ansteht. Die Hausaufgaben erledigen die Kinder in eigener Regie, ich unterschreibe Lernkontrollen und Prüfungen. Übe mit den Kindern auf Prüfungen wenn sie das wollen. Wenn sie es nicht wollen erfahre ich gar nicht erst dass eine Prüfung stattfindet. That's it.

Liebe Grüsse
Val
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aisha

Beitrag von aisha »

Hallo Arabella,

ich kann deinen Zwiespalt sehr gut nachvollziehen. Aktivitäten zu streichen, wenn die Noten unter 5 sind, finde ich persönlich nicht gut. Es ist doch toll, wenn die Kinder einen Ausgleich zur Schule haben.

Es gibt ja sehr unterschiedliche Kinder, was den Lerneifer anbelangt und ich denke, manchmal müssen wir einfach unsere Erwartungen zurückschrauben. Alles was wir gern getan hätten auf die Kinder zu projezieren ist sehr gefährlich und wahrscheinlich kontraproduktiv.

Ich schildere dir meine Situation: meine Tochter hat einen ansprechenden IQ, die Schulleistungen hingegen weichen ziemlich davon ab. Einfach, weil Schule sie nicht interessiert. Sie hat dagegen ein riesengrosses Herz für andere, weist eine übers Alter hinausgehende Sozialkompetenz auf und wenn sie was erreichen will, dann schafft sies auch.
Trotzdem muss ich halt jetzt mehr Druck auf sie ausüben, einfach weil ihr nicht bewusst ist, was sie sich für Ausbildungschancen vergibt, wenn sie sich nicht ein bisschen anstrengt.

Die Stieftochter hingegen ist das pure Gegenteil. In meinen Augen ist das Mädchen krankhaft ehrgeizig. Obwohl sehr intelligent, willl sie immer und überall die Beste, die Schönste , die Beliebteste sein. Ihr Benehmen ist absolut inakzeptabel. Vor lauter Ehrgeiz ist sie dermassen arrogant, überheblich und hochnäsig, Menschen ohne Universitätsabschluss haben in ihren Augen eigentlich keine Daseinsberechtigung, sie lässt es meine Tochter und mich täglich spüren.
Ihr Mangel an Sozialkompetenz und menschlicher Wärme sind beängstigend.

Ich habe oft Streit deswegen mit meinem Partner, wenn meine Tochter wieder heruntergemacht wird, weil sie halt nicht ins Gymi geht.

Weisst du Arabella, schlussenldich muss jeder seinen Weg selber gehen. Und für mich ist noch lange jemand kein besserer Mensch, nur weil er Matur hat oder sonst irgendeinen Wisch besitzt. Unsere Kinder brauchen unsere Unterstützung, manchmal mehr , manchmak weniger, aber ihren Weg später werden sie trotzdem selbst gehen müssen.
Anita

Beitrag von Anita »

liebe arabella

auch für mich war dies thema ganz schwierig, weil ich mich schon lange und intensiv mit den erwartungen die eltern an ihre kinder haben auseinander setze.
meine erfahrungen als kind. meine erfahrungen als mutter. meine erfahrungen als elternbildnerin, meine erfahrungen als schulpflegerin.
egal in welcher rolle - erwartungen erdrücken und lassen kaum SELBSTENTWICKLUNG zu.

es ist bestimmt schwierig, weil deinem mann das lerne so einfach gefallen ist und freude gemacht hat...er wünscht sich dies wohl auch für seine kinder. eigentlich ein wohlwollender wunsch - einfach ausser acht, was die erwartung daraus macht, wenn der umstand oder/und die voraussetzung eine andere ist.

wenn es dir gelingt mit ihm das gespräch dahin zu finden - also WAS GENAU bewirken erwartungen bei ihm? welche erwartungs-erfahrungen hat er gemacht in seinem leben? wie entscheidend für sein lebensWOHL waren diese erzwungenen und erfüllten (wurden sie erfüllt?) erwartungen? aber auch...weitere überlegungen; was genau hat er für nachteile, wenn seine kinder ihre kindheit ausleben dürfen und er danach ihre eigenen lernentscheide fällen?
also er sollte erklären warum es für ihn ein nachteil ist, wenn sie es nicht so tun, wie er sich das wünscht.

leider sind meist gut gemeinte erwartung eine wirklich schwere last für die, die sie zu erfüllen haben. viele von uns kennen den anspruch an uns selber....zb eine gute, nein fast perfekte mutter/vater zu sein....ein überbleibsel der erwartungen, die einst an uns gerichtet wurden? ich bin sicher - JA! :roll:

alles gute!
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Arabella
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Beitrag von Arabella »

Hallo Ihr,

Vielen Dank für eure Rückmeldungen. Es ist echt spannend zu hören, wie es bei anderen aussieht.
Ich war selber eine gute Schülerin und meine Eltern haben mich eher gebremst, als geschubst (Gymi brauchen Mädchen nicht....!!!). Ich wäre sehr gerne gegangen.

Es gibt viele Faktoren, die heute anders sind: Das Freizeitangebot ist vielfältiger. Es gibt Verlockungen, wie PC, Internet...

Wenn ich heute meinen Weg sehe, dann wäre ich mit Zielvorgaben wahrscheinlich weiter gekommen. Mit Zielvorgaben zu arbeiten war in meiner Kindheit/Jugend unbekannt. Ich sehe heute sehr viel Positives in Zielvorgaben. Allein, sie sollten individuell und auf das Kind abgestimmt sein, damit sie erreichbar sind. Sonst bewirken sie Prüfungsangst und Lernfrust. Die Aeltsten beiden können mit den Lernvorgaben umgehen. Der Mittlere ist eindeutig überfordert.
Aber ich glaube, wenn mein Mann sein Zeugnis sieht, dann wird er seine Vorgaben relativieren.

Danke für eure Meldungen ich bin gespannt, ob es weitere Meinungen gibt.

Herzlich

Barbara
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carlotta37
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Beitrag von carlotta37 »

Liebe Arabella,
meine Kinder sind diesbezüglich auch sehr verschieden. Die Grosse lernt von sich aus, immer gerade genug, um recht gute Noten zu haben. Aber wenig aus Interesse oder Begeisterung für ein Thema.
Der Kleine ist ehrgeizig, soweit sich das in der 1. Klasse beurteilen lässt. Er ist generell genervt, der Jüngste zu sein und nutzt die Schule, um möglichst schnell aufzuholen ;-) Mit ihm Aufgaben machen geht allerdings gar nicht, er macht immer alles allein und wehe ich mische mich ein. Lieber sitzt er Stunden als dass er sich helfen lässt.
Der Mittlere...naja....der lernt, was ihn interessiert. Und leidet ansonsten sowieso nur unter der Schule. Um ihn mache ich mir Sorgen. Er nutzt seine überdurchschnittliche Begabung nicht voll aus und meine Angst ist, dass ihn das nicht glücklich machen wird....

Was Euch betrifft, finde ich, val hat recht: es gibt viele Möglichkeiten, auch auf dem 2. Bildungsweg.
Und wenn ich an meine Kindheit denke: meine Eltern sind beide Akademiker und noch dazu sehr erfolgreich. Es gab keine Alternative zum Studium für mich. Die Schule fiel mir leicht, das Abitur habe ich bekommen, ohne je etwas dafür zu tun. Ob das so gesund ist???
Ich habe studiert, aber war damit nie glücklich. Die intellektuellen Fähigkeiten sind nämlich nicht das einzig Entscheidende. Ich bin ein offener, praktischer Mensch (wenn auch nicht bei der Ordnung in meinem Haushalt :oops: ), brauche Bewegung, soziale Kontakte und meine eigentlichen Stärken liegen in ganz anderen Bereichen als im Intellektuellen. In meinem Berufsleben habe ich das erst wirklich begriffen und nun sitze ich ganz schön in der Klemme: mit fast 40 will und kann ich nicht mehr weitermachen wie bisher, aber in meiner Lebenssituation sind die Möglichkeiten nun schon beschränkt.

Ich werde meinen Kindern immer raten, möglichst vielfältige Erfahrungen zu machen, auch praktische Erfahrungen. Sei das ein Praktikum, ein Schülerjob, Babysitten, was auch immer. Das prägt und bestätigt oder ändert evtl. die Einstellung zum Thema Schule und Lernen.

Dein Mann hat sicher in seiner Biographie ganz andere Erfahrungen gemacht als Kinder sie heute machen und ich kann Dir wenig raten, wie Ihr das Thema untereinander klären könnt. Je älter die Kinder werden, desto wichtiger ist es sicher, sie zu Gesprächen mit an den Tisch zu holen...Und rein praktisch würde ich an Deiner Stelle auch einfach klar meine Grenzen setzen: 5 Kinder heisst 5 mal Hausaufgaben am Nachmittag. Das kannst Du nicht leisten! Das sind eben die Schattenseiten einer Grossfamilie ;-) Aber Selbständigkeit schadet den Kindern auch nicht! Sie lernen so früher als andere, Verantwortung zu übernehmen. Kann Dein Mann diesem Gedanken ncihts abgewinnen? Und wie reagieren die Kinder auf den "Leistungsdruck"? Wehren sie sich dagegen oder akzeptieren sie es (noch)?

Ist ein schwieriges Thema....
Nana

Beitrag von Nana »

Hmm...Leistung,Druck,Besser,Höher,Schneller....mir wird fast schlecht wenn das alles lese.

Ich habe drei total unterschiedliche Kinder,das ist manchmal anstrengend aber extrem lehrreich.Der älteste ist ziemlich "wiff" muss aber was tun dafür und so wies zur Zeit aussieht kommt er nächsten Sommer in die Sek.(was ich schon schlimm finde das sie bereits ein halbes Jahr vorher schon eingestuft werden wohin sie im kommenden Sommer kommen,es kann noch so viel passiern)

Unserer Mittlerer hat ein ADS und ist daher nicht sehr konstant in seinen Leistungen.Mal hagelt es Wochenlang 5 und 5,5 oder 6 dann taucht er wieder.Nicht leicht für ihn,uns und seine Lehrerin.

Bei der Jüngsten steht nächste Woche ein Gespräch an ob sie in die 2.Klasse wechseln kann weil ihr einfach stinklangweilig ist in der 1.

Aber wisst ihr was mich richtig stolz macht,das meinen Kindern eine grosse Sozialkompetenz nachgesagt wird.Das ich noch nie in die Schule musste weil sie sich sozial daneben benommen haben.Weil sie ihre Meinung sagen können ohne den Lehrer vor den Kopf zu stossen usw.

Wenn sie guten Noten nach Hause bringen freue ich mich riesig mit Ihnen,wenn sie schlechte bringen kann ich mitfühlen wie mies man sich fühlt,gerade wenn man gelernt hat.Bei uns darf jedes unbelastet zur Tür hereinkommen,egal was für eine Note es im Thek hat und natürlich ist es manchmal schwer einfach zu zu Schauen und nicht zum Lernen zu animieren.

Ich sehe es wie Val,in der heutigen Zeit ist noch nicht Match-Entscheidend was sie jetzt machen,es stehen ihnen noch viele Wege offen im Berufsleben.Aber Wurzeln zu haben,sich selber sein zu dürfen und sich nicht nur definieren über erbrachte Leistung, das lernen sie jetzt und tragen es wohl ein ganzes Leben lang mit sich.

Ich stelle es mir sehr belastend vor Arabella wenn man da als Eltern nicht an einem Strang zieht,für alle Beteiligten.Gell weil eigentlich wollen ja alle nur das Beste für die Kinder.

Hatten die eigentlich schon mal die Möglichkeit bei einem "runden Tisch" zu sagen wie sie sich die ganze Lernerei/Schule/Freizeit vorstellen?

Liebe Grüsse,Nana
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Arabella
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Beitrag von Arabella »

Danke für deinen Beitrag, Carlotta. Wir sind ein Konglomerat aus den eigenen Schul- und Lernerfahrungen. Mein Mann hat in dem Land aus dem er kommt ein Elitegymnasium besuchen dürfen. Aufgrund seiner intellektuellen Leistungen ist er in diese Auswahl gekommen. Heute leidet er darunter, dass er nicht mehr Sprachen kann und es nicht weiter gebracht hat als viele Dümmere... Das soll seinen Kindern nicht passieren.

Arabella
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aisha

Beitrag von aisha »

kann das also sein, dass dein Mann ein Problem hat? Seine Wünsche und Erwartungen wurden nicht erfüllt, obwohl er ein Elitegymnasium besuchte. Er ärgert sich über die Noten der Kinder und meint sich selbst?

Ich war anfänglich eine gute Schülerin, in der Sek eine hundslausige, ging dann trotz allen Unkenrufen (die schafft das eh nie...) auf die Mittelschule und machte da einen respektablen Abschluss.
Trotzdem verzichtete ich auf ein Studium, weil ich wusste, dass eben studieren nicht meine Berufung ist. In der Lehre und später in der höheren Fachausbildung waren meine Noten zwischen 5.5-6. Warum?
Weil es mich interessierte, was ich dort lernte.

ich glaube, es ist wichtig, dass wir unsere Kinder als eigenständige Persönlichkeiten erkennen, mit unterschiedlichen Begabungen. Es ist nicht fair, unsere unerfüllten Wünsche und Erwartungen auf die Kinder zu projezieren.

Ich frage mich öfters, was passiert, wenn im Leben meiner Stieftochter einmal ein Einbruch kommt. Ihre mit 16 Jahren komplett durchgeplante Karriereplanung- Matur mit Auszeichnung, dann Studium auf einer Eliteuniversität, Geld verdienen ohne Ende, chefposten da und dort... sie plant das minutiös und ohne Rücksicht auf Verluste oder Gefühle anderer. Ist doch beängstigend, oder?

Das ist mir doch meine mittelmässige Schülerin lieber, die sich auch noch getraut Kind zu sein.
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Beitrag von carlotta37 »

Vielleicht sollte man auch mal hinterfragen was dieses "weit bringen" eigentlich bedeutet? Geht es dabei nur um die Stufe auf der Karriereleiter, die jemand erreicht? Oder auch darum, dass man später mal einen Beruf hat, in dem man glücklich ist?
Intelligenz verpflichtet - das war der Lieblingsspruch meines Vaters. Naja....stimmt irgendwie auch, aber es ist sicher nicht das einzige Kriterium, oder?
carlotta37
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Beitrag von carlotta37 »

Liebe Arabella,
auch mein Ex kommt aus einem Land, in dem allein ein guter Schulabschluss Türen öffnet (es sei denn die Familie kann ihn durch genug Vitamin B ersetzen.... :roll: ). Und wäre er hier und hätte Einfluss auf die Erziehung, würde er ganz ähnlich reagieren wie Dein Mann.

Kann Dein Mann etwas damit anfangen, dass man in der Schule nicht alles lernt und dass die Hobbies der Kinder evtl. viel mehr sind als nur Freizeitvergnügen? Ich finde, bevor man ein Hobby einschränkt, muss man sehr genau schauen: hat es wirklich etwas mit dauerhaft schlechten Leistungen in der Schule zu tun? Und was bedeutet es dem Kind, wie ernsthaft betreibt es dieses Hobby? Ist es ein Interesse, das evtl. auch etwas mit der Zukunft des Kindes zu tun hat? Nicht jeder gute Sportler oder Musiker braucht Abitur....usw....
Meine Kinder haben Hobbies, die ich gar nicht streichen kann: wenn meine Grosse nicht regelmössig zum Zirkustraining erscheint, fliegt sie ganz schnell aus ihrer Gruppe. Und ob sie deswegen mehr lernen würde? Ich bin ja heilfroh, dass sie den Zirkus hat, denn abgesehen davon liegt sie oft pubertär lethargisch im Bett....
Und meinen Jungs könnte ich die Musikschule auch nciht beschränken, das wäre total kontraproduktiv und würde ausserdem zeigen, dass ich ihr Interesse für ihre Instrumente nicht ernst nehme. Da könnte ich dann auch kein regelmässiges Üben mehr erwarten.
Im Judo trainiert mein Mittlerer viele Fähigkeiten, die er dringend braucht und in der Shcule garantiert nicht lernt, die ihm aber gerade da helfen.

Sind das evtl. Gesichtspunkte, mit denen Dein Mann etwas anfangen kann?

Macht's gut und lass Dich nicht stressen....meine kamen heute auch gleich wieder mit einem Berg Hausaufgaben....und dank meiner Grossen habe ich neulich endlich begriffen, wie der Dreisatz funktioniert - gebe zu, ich bin eine komplette Niete in Mathe :oops: Es hat also auch sein Gutes....
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Beitrag von Arabella »

@ Carlotta: Das weiss mein Liebster eigentlich ja auch. Er begrüsst das Handballspielen auch sehr.

Heute fragte die Aelteste, ob sie wirklich mit all ihren Hobbies aufhören müsse, wenn sie das 5er Ziel nicht erreiche. Dann würde sie mit der Theatergruppe gleich jetzt aufhören, weil sie mit einem neuen Stück beginnen, und es unfair wäre wenn sie dann plötzlich aussteigen müsste. Und sie wisse jetzt schon, dass sie die Vorgaben unmöglich erreichen könne (was mein Mann und ich eigentlich wissen).
(Ich innerlich: *schadenfroh, freu, freu*: So nun bin ich gespannt, was du antwortest, mein Lieber.)
Und: er sagte: ja warte noch mit dem Aussteigen. Wir schauen deine Zielvorgaben nochmals differenziert zusammen an....

Ja, ja. Ich weiss ja, dass er kein Unmensch ist. ;-)

Danke für alle eure interessanten Beiträge. Es hat mir viele Denkanstösse gegeben.

Arabella
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Delphia
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Beitrag von Delphia »

Hallo Arabella
hallo zusammen

Nachdem ich alle Beiträge gelesen habe, passt der Bericht von Val sehr gut auch zu uns. Hier einige Ergänzungen dazu:

Von 5 Kinder haben zwei die Matura geschafft, eine studiert, die Zweite hängt seit Ende September rum (hat das Studium hingeschmissen), vielleicht Temporärjob annehmen (?), die dritte ist im Gymi, die Vierte weiss noch nicht, wo ihr Weg hingehen soll und der Jüngste weiss ziemlich genau, was er will.

Alter: 20, 18, 15, 15, 14.

Auf den drei ersten lastete oder lastet die Erwartung, dass "man" studieren muss, um jemand zu sein. Ich habe andere Erwartungen. Da habt Ihr es schon, das Wort "ERWARTUNGEN"... Es sind unsere Ängste, unsere Erwartungen, dass unsere Kinder es mal besser haben sollen als wir selbst.

Dabei ist es doch ganz einfach: es ist ihr Leben. Lassen wir sie die Entscheidung sowie die Verantwortung für ihr Tun selbst an die Hand nehmen.

Zum Thema Freizeitaktivitäten streichen wegen schlechter Noten: finde ich dumm, vor allem wenn die genannten Aktivitäten sinnvoll sind. Übrigens auch mal eine dümmere Aktivität wie Rumhängen soll doch erlaubt sein, oder etwa nicht?

eine mutmachende Delphia lässt grüssen
Delphia
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Probleme? nein! Herausforderungen: ja :-), manchmal aber völlig hoffnungslos...
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Beitrag von val »

Hallo zusammen

Ich möchte bezüglich "Bewertungssystem" noch etwas anfügen. Da hatte ich ein ganz interessantes "Aha-Erlebnis".

Meine Tochter ist behindert und besucht eine heilpädagogische Schule. Sie ist jenseits aller Massstäbe und folgt ihrem eigenen inneren Lernplan. In der Schule wird für sie ein Förderplan aufgestellt, der dann mit den Eltern besprochen wird. Diesem Förderplan zugrunde liegen die drei Bereiche Selbstkompetenz, Sachkompetenz und Sozialkompetenz. Entsprechend ihren Fähigkeiten werden jeweils Schwerpunkte gesetzt.

Diesen Herbst war an der Regelschule meiner Jungs eine erste Orientierung betreffend Übertritt in die Oberstufe. Das ganze Bewertungs- und Evaluations-Verfahren wurde erklärt. Ich traute meinen Augen nicht als beim Bewertungssystem genau das gleiche wie bei meiner Tochter auftauchte: Selbstkompetenz, Sachkompetenz und Sozialkompetenz! Diese drei Bereiche werden beurteilt und anhand des Gesamtbildes erfolgt dann die Einstufung. Die Noten sind dabei "nur" die Sachkompetenz.

Mir hat das grossen Eindruck gemacht und das Vertrauen gestärkt, dass es schon gut kommt mit meinen Jungs. Dass sie so beurteilt werden wie sie sind, mit allem Drumherum, dass nicht nur die Noten zählen.

Wenn ich erlebe, wie unheimlich schwierig es für ein Kind sein kann, sich schon nur auszudrücken, geschweige denn lesen, schreiben oder rechnen zu lernen, dann relativiert sich manchmal alles ganz gewaltig. Wir sind hier mit einem unheimlich guten Bildungssystem gesegnet. Vielleicht verwischen uns all die Ziele, die wir erreichen könnten, den Blick für das Wesentliche.

Liebe Grüsse
Val
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Nin
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Beitrag von Nin »

Natürlich habe ich eine Doppel- oder sogar Dreifach sicht: als ehemalige Schülerin, als Lehrerin, als Mutter und Stiefmutter.

Alter der Kinder 21, 18, 11,9

Ich selbst war eine sehr gute Schülerin, stand aber lange im Schatten meiner noch besseren Schwester, die nach dem Abitur ein Stipendium der Studienstiftung bekam (also für Hochbegabte). Ich habe dann eine Klasse übersprungen, um so schnell wie möglich Abitur machen zu können. Etwas anderes als ein Studium konnte ich mir für mich nie vorstellen, ich habe auch erfolgreich recht weit studiert. Dazu war ich sehr selbstständig: seit ich 18 bin, lebe ich weit weg von meinen Eltern und komme gut zurecht.

Meine Kinder sind bis jetzt hervorragend in der Schule, aber sie sind auch noch klein. Sein Sohn hat mit Ach und Krach die Matura bestanden - aber dann auch vom schwersten: bilingual mit Altgriechisch. Er studiert jetzt in Neuenburg, ein geisteswissenschaftliches Studium und geht voll darin auf. Meiner Meinung nach ist er geradezu intelektuell überkandidelt. Im ersten Jahr nach der Matura war er bei der Armee, dann hat er ein Semester herumgehangen, weil es Schwierigkeiten mit dem Studienplatz gegeben hat. Seine Tochter hat eine Klasse im Collège (Gymi) wiederholt und wirkt allgemein an der Schule uninteressiert. Wahrscheinlich wird sie nicht studieren.

Ich möchte eigentlich gerne, dass meine Kinder studieren: nicht so sehr um die Zukunftsaussichten willen, daran glaube ich nur bedingt (die Welt ändert sich so schnell). Ich lese sehr gerne, diskutiere gern, lese täglich Zeitung... ich fände es schön, auch mit meinen Kindern später über intelektuelle und politische Themen diskutieren zu können , ich sehe, wie sehr meine Geschwister mir Gesprächspartner sind, weil sie diese Ebene "drauf" haben, ich sehe, wieviel ansprechender die Partnerschaft ist, in der das Geistesleben eine Rolle spielt, wie gut es tut, analysieren zu können, jemand zu haben, der mich nicht für verrückt hält, wenn ich mich mit Geschichtsphilosophie beschäftige... der die gleichen Bücher liest wie ich... und auch davon würde ich gerne einiges mit meinen Kindern teilen können und ich finde, dass doch ein Studium geistige Horizonte öffnet.

Berufsausbildung sehe ich sehr separat und die Eltern, die ihre Kinder schon in der ersten Primarklasse als Ärzte sehen sind nur nervig!

Erwartungshaltung und Leistungsdruck der Eltern sind oft kontraproduktiv, meiner Erfahrung als Lehrerin nach. Ich rate oft in Elterngespächen zu Gelassenheit. Wichtig ist, dass der Schüler durch kommt und Teil seiner Bildung wird, nicht nur passiver Lernausführer, sondern aktiver Teilnehmer!

Ach, und die besten Schüler kommen nicht am weitesten, karrieremässig...
Nicht Schöneres unter der Sonne als unter der Sonne zu sein.
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