Ein kleiner Ferienbericht...
Verfasst: 13.10.2009 19:53
Hallo zusammen
Soeben sind wir aus den Ferien zurück. Wir waren in Südfrankreich mit einem Schiff auf dem Canal du Midi. Mich hat diese Erfahrung dermassen beeindruckt, dass ich sie Euch hier weitergeben möchte.
Diese Woche auf dem Schiff war unheimlich intensiv und hat mir über mich und meine Kinder ganz schön die Augen geöffnet. Es waren nicht einfach eine Woche Ferien sondern fast eher eine Familientherapie. Und ganz nebenbei habe ich persönlich in dieser Woche von allem anderen das mich hier beschäftigt (Scheidung, Hausverkauf, Zukunft) 100% abgeschaltet. Etwas das ich mir von Ferien immer wünsche.
Die Woche war intensive Beziehungsarbeit auf allen Ebenen, vor allem zwischen den Kindern und uns Erwachsenen, denn im Alltag ist der Kontakt mittlerweile viel weniger direkt, da die Kinder in die Schule gehen. Nun waren wir 24 h auf engem Raum zusammen und hatten Aufgaben zu erfüllen die wir nur gemeinsam meistern konnten. Ich hätte nie gedacht das das so viel an "erzieherischen und zwischenmenschlichen Problemzonen" beinhaltet und wir so viel über uns lernen würden in dieser Woche.
Die Idee für diese Ferien kam von meinem Freund. Er hat eine solche Reise bereits einmal gemacht und wusste also was auf uns zukommt. Meine Kinder und ich waren komplett ahnungslos.
Der erste Tag war das totale Chaos. Die Kinder und ich hatten keine Ahnung wie sich ein solches Schiff verhält. Wir passierten auf unserer Reise ziemlich viele Schleusen und da ist Teamwork angesagt, einer alleine kommt nicht zurecht. Mein Freund hatte uns zwar in groben Zügen erklärt wie das ablaufen sollte, doch als die erste Schleuse da war war nichts so wie es sollte und meine Kinder und ich standen komplett neben den Schuhen. Chaos total. Das Schiff quer in der Schleuse, mein Freund bellte Befehle, die Kinder und ich zogen mental den Kopf ein und nichts ging mehr. Zwar kamen wir irgendwie durch den Tag und schafften es auch das Schiff am Abend am Rand des Kanals mit Ach und Krach festzumachen, doch die Stimmung war am Boden und wir hatten einen unheimlichen Krach, wollten die Reise noch am selben Abend abbrechen.
Wir mussten uns alle zusammenraufen. Mein Freund musste einsehen dass wir nicht als Meister vom Himmel gefallen sind und er uns Schritt für Schritt erklären muss was wir zu tun haben. So übten wir z.B. als erstes das Seil ans Ufer werfen, tönt völlig lapidar ist aber gar nicht so einfach.
Die Kinder mussten lernen sich auf eine Sache zu konzentrieren, die Verantwortung dafür zu übernehmen und vor allem dran zu bleiben und sich nicht durch den Bruder oder was auch immer ablenken zu lassen. Tönt ebenfalls einfach ist aber offenbar ziemlich schwer. Mehr als einmal wurde das Seil einfach losgelassen weil etwas anderes wichtiger war und schwupps war das Schiff wieder in einer Position in der es nicht sein sollte. Ich persönlich kämpfte mit meinen beiden linken Händen und stellte fest, dass ich mir gar nicht gerne etwas sagen lasse, eine Eigenart die mir im Alltag über lange Zeit nicht mehr begegnet war. Wir alle mussten mit der Enge auf dem Boot zurechtkommen und Rücksicht aufeinander nehmen.
Das waren unsere Aufgaben und die stellten sich jeden Tag von neuem. Schleusen mussten passiert werden, das Schiff am Abend festgemacht werden. Alle wollten warm duschen und die Küche gehörte nicht nur in meinen Aufgabenbereich. Die gleichen Aufgaben in einer immer wieder neuen Umgebung. Jeder Tag ein neuer Versuch. Und zwischendurch immer wieder viel Zeit, auf Deck zu liegen und die Seele baumeln zu lassen. Spiele zu machen und über Gott und die Welt zu diskutieren.
Die Entwicklung war sehr interessant: Erster Tag absolute Katastrophe mit riesigem Krach. Mei Freund und ich diskutierten die halbe Nacht und einigten uns darauf, es nochmals einen Tag zu versuchen; wenn am zweiten Abend die Situation die gleiche ist und alle nur frustriert, dann kehren wir um.
Am zweiten Tag lief es bedeutend besser. Einer der Jungs hatte jedoch immer noch den totalen Aushänger und lag die meiste Zeit im Bett, schmollend und unzufrieden mit sich und der Welt und vor allem diesen blöden Ferien. Am dritten Tag war es der zweite Junge der die Krise hatte, der erste hatte sich mittlerweile wieder erholt. Am vierten Tag spannten die beiden Zwillinge zusammen. Sie fanden alles einfach nur totale Sch.... und regten sich dermassen darüber auf, dass sie in den Ferien Aufgaben zu erfüllen haben und auch noch zurechtgewiesen werden wenn es nicht rund läuft, dass sie nur noch eines wollten: Nach Hause. Sie starteten eine regelrechte Meuterei.
Wir Erwachsenen hatten nach der langen Diskussion am ersten Abend den Rank soweit gefunden und hatten Spass an der ganzen Sache, was es sicher einfacher machte, die Launen der Kinder aufzufangen. Denn das war sehr anstrengend.
Ab dem 5. Tag lief es dann wirklich rund. Die Kinder machten mit und packten an. Die Zänkereien legten sich, die Geschwister kamen untereinander besser klar. Wir hatten eine superschöne restliche Zeit, keine endlosen Diskussionen mehr über eine kleine Handreichung, kein Schiff dass plötzlich wieder quer in der Schleuse stand weil jemand ein Seil nicht hielt, beim Manövrieren waren wir alle bereit und niemand musste noch rasch PSP fertig spieln.
Was als ein Haufen von 5 total unkoordinierten Gestalten aus dem Hafen abfuhr kam eine Woche später als eingespieltes Team wieder zurück. Durchgelüftet, mit ausgetrockneten und schwieligen Händen, der einen oder anderen Blessur (auch ein unfreiwilliges Bad im Kanal fehlte nicht), aber glücklich und zufrieden und mit neuem Zusammenhalt untereinander.
Ich muss sagen mir hat diese Reise unheimlich gut getan. Ich habe meine Kinder von einer ganz neuen Seite kennengelernt. Mir war nicht bewusst wie schwierig es offenbar ist, Verantwortung für etwas zu übernehmen und sich nicht ablenken zu lassen. Mir war auch nicht bewusst wie gross der Konkurrenzkampf unter den Zwillingen wirklich ist. Aus dieser Erfahrung nehme ich hoffentlich einiges mit in unseren Alltag und versuche es dort umzusetzen.
Und ich habe auch mich besser kennengelernt. Wie schnell ich am Limit bin, wenn neue und vor allem praktische Anforderungen an mich gestellt werden, wie schlecht meine Kondition ist wenn ich den ganzen Tag draussen bin und anpacken muss...
Und last but not least sind wir alle einander näher gekommen. Dadurch dass es am Anfang so schlecht lief und es wirklich Knochenarbeit war uns alle auf die Reihe zu bringen, war das Resultat am Ende der Ferien umso motivierender. Wir konnten uns alle auf die Schulter klopfen. Jeder hat seinen Teil dazu beigetragen. Wir sind in dieser Woche alle ein Stück gewachsen. Und hatten erst noch Spass dabei.
Liebe Grüsse
Val
Soeben sind wir aus den Ferien zurück. Wir waren in Südfrankreich mit einem Schiff auf dem Canal du Midi. Mich hat diese Erfahrung dermassen beeindruckt, dass ich sie Euch hier weitergeben möchte.
Diese Woche auf dem Schiff war unheimlich intensiv und hat mir über mich und meine Kinder ganz schön die Augen geöffnet. Es waren nicht einfach eine Woche Ferien sondern fast eher eine Familientherapie. Und ganz nebenbei habe ich persönlich in dieser Woche von allem anderen das mich hier beschäftigt (Scheidung, Hausverkauf, Zukunft) 100% abgeschaltet. Etwas das ich mir von Ferien immer wünsche.
Die Woche war intensive Beziehungsarbeit auf allen Ebenen, vor allem zwischen den Kindern und uns Erwachsenen, denn im Alltag ist der Kontakt mittlerweile viel weniger direkt, da die Kinder in die Schule gehen. Nun waren wir 24 h auf engem Raum zusammen und hatten Aufgaben zu erfüllen die wir nur gemeinsam meistern konnten. Ich hätte nie gedacht das das so viel an "erzieherischen und zwischenmenschlichen Problemzonen" beinhaltet und wir so viel über uns lernen würden in dieser Woche.
Die Idee für diese Ferien kam von meinem Freund. Er hat eine solche Reise bereits einmal gemacht und wusste also was auf uns zukommt. Meine Kinder und ich waren komplett ahnungslos.
Der erste Tag war das totale Chaos. Die Kinder und ich hatten keine Ahnung wie sich ein solches Schiff verhält. Wir passierten auf unserer Reise ziemlich viele Schleusen und da ist Teamwork angesagt, einer alleine kommt nicht zurecht. Mein Freund hatte uns zwar in groben Zügen erklärt wie das ablaufen sollte, doch als die erste Schleuse da war war nichts so wie es sollte und meine Kinder und ich standen komplett neben den Schuhen. Chaos total. Das Schiff quer in der Schleuse, mein Freund bellte Befehle, die Kinder und ich zogen mental den Kopf ein und nichts ging mehr. Zwar kamen wir irgendwie durch den Tag und schafften es auch das Schiff am Abend am Rand des Kanals mit Ach und Krach festzumachen, doch die Stimmung war am Boden und wir hatten einen unheimlichen Krach, wollten die Reise noch am selben Abend abbrechen.
Wir mussten uns alle zusammenraufen. Mein Freund musste einsehen dass wir nicht als Meister vom Himmel gefallen sind und er uns Schritt für Schritt erklären muss was wir zu tun haben. So übten wir z.B. als erstes das Seil ans Ufer werfen, tönt völlig lapidar ist aber gar nicht so einfach.
Die Kinder mussten lernen sich auf eine Sache zu konzentrieren, die Verantwortung dafür zu übernehmen und vor allem dran zu bleiben und sich nicht durch den Bruder oder was auch immer ablenken zu lassen. Tönt ebenfalls einfach ist aber offenbar ziemlich schwer. Mehr als einmal wurde das Seil einfach losgelassen weil etwas anderes wichtiger war und schwupps war das Schiff wieder in einer Position in der es nicht sein sollte. Ich persönlich kämpfte mit meinen beiden linken Händen und stellte fest, dass ich mir gar nicht gerne etwas sagen lasse, eine Eigenart die mir im Alltag über lange Zeit nicht mehr begegnet war. Wir alle mussten mit der Enge auf dem Boot zurechtkommen und Rücksicht aufeinander nehmen.
Das waren unsere Aufgaben und die stellten sich jeden Tag von neuem. Schleusen mussten passiert werden, das Schiff am Abend festgemacht werden. Alle wollten warm duschen und die Küche gehörte nicht nur in meinen Aufgabenbereich. Die gleichen Aufgaben in einer immer wieder neuen Umgebung. Jeder Tag ein neuer Versuch. Und zwischendurch immer wieder viel Zeit, auf Deck zu liegen und die Seele baumeln zu lassen. Spiele zu machen und über Gott und die Welt zu diskutieren.
Die Entwicklung war sehr interessant: Erster Tag absolute Katastrophe mit riesigem Krach. Mei Freund und ich diskutierten die halbe Nacht und einigten uns darauf, es nochmals einen Tag zu versuchen; wenn am zweiten Abend die Situation die gleiche ist und alle nur frustriert, dann kehren wir um.
Am zweiten Tag lief es bedeutend besser. Einer der Jungs hatte jedoch immer noch den totalen Aushänger und lag die meiste Zeit im Bett, schmollend und unzufrieden mit sich und der Welt und vor allem diesen blöden Ferien. Am dritten Tag war es der zweite Junge der die Krise hatte, der erste hatte sich mittlerweile wieder erholt. Am vierten Tag spannten die beiden Zwillinge zusammen. Sie fanden alles einfach nur totale Sch.... und regten sich dermassen darüber auf, dass sie in den Ferien Aufgaben zu erfüllen haben und auch noch zurechtgewiesen werden wenn es nicht rund läuft, dass sie nur noch eines wollten: Nach Hause. Sie starteten eine regelrechte Meuterei.
Wir Erwachsenen hatten nach der langen Diskussion am ersten Abend den Rank soweit gefunden und hatten Spass an der ganzen Sache, was es sicher einfacher machte, die Launen der Kinder aufzufangen. Denn das war sehr anstrengend.
Ab dem 5. Tag lief es dann wirklich rund. Die Kinder machten mit und packten an. Die Zänkereien legten sich, die Geschwister kamen untereinander besser klar. Wir hatten eine superschöne restliche Zeit, keine endlosen Diskussionen mehr über eine kleine Handreichung, kein Schiff dass plötzlich wieder quer in der Schleuse stand weil jemand ein Seil nicht hielt, beim Manövrieren waren wir alle bereit und niemand musste noch rasch PSP fertig spieln.
Was als ein Haufen von 5 total unkoordinierten Gestalten aus dem Hafen abfuhr kam eine Woche später als eingespieltes Team wieder zurück. Durchgelüftet, mit ausgetrockneten und schwieligen Händen, der einen oder anderen Blessur (auch ein unfreiwilliges Bad im Kanal fehlte nicht), aber glücklich und zufrieden und mit neuem Zusammenhalt untereinander.
Ich muss sagen mir hat diese Reise unheimlich gut getan. Ich habe meine Kinder von einer ganz neuen Seite kennengelernt. Mir war nicht bewusst wie schwierig es offenbar ist, Verantwortung für etwas zu übernehmen und sich nicht ablenken zu lassen. Mir war auch nicht bewusst wie gross der Konkurrenzkampf unter den Zwillingen wirklich ist. Aus dieser Erfahrung nehme ich hoffentlich einiges mit in unseren Alltag und versuche es dort umzusetzen.
Und ich habe auch mich besser kennengelernt. Wie schnell ich am Limit bin, wenn neue und vor allem praktische Anforderungen an mich gestellt werden, wie schlecht meine Kondition ist wenn ich den ganzen Tag draussen bin und anpacken muss...
Und last but not least sind wir alle einander näher gekommen. Dadurch dass es am Anfang so schlecht lief und es wirklich Knochenarbeit war uns alle auf die Reihe zu bringen, war das Resultat am Ende der Ferien umso motivierender. Wir konnten uns alle auf die Schulter klopfen. Jeder hat seinen Teil dazu beigetragen. Wir sind in dieser Woche alle ein Stück gewachsen. Und hatten erst noch Spass dabei.
Liebe Grüsse
Val