Meine Tochter und mein Mann...

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kenza
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Meine Tochter und mein Mann...

Beitrag von kenza »

Hallo an alle,

ich bin sehr froh dieses Forum gefunden zu haben, auch wenn ich mir gar nicht sicher bin ob unsere Probleme darauf begründen, dass wir eine Patchworkfamilie sind.

Zu unserer Situation: Meine Tochter ist 6 Jahre alt, ich habe mich von ihrem Vater getrennt als sie 6 Monate alt war. Und bin seit sie 2 Jahre alt ist mit meinem jetzigen Mann zusammen. Sie kann sich an eine Zeit ohne ihn nicht erinnern. Sie nennt ihn nicht Papi aber sie sieht ihn so. Früher hatte sie zu ihrem Vater einen sehr unregelmässigen Kontakt und da kamen auch mal so Aussagen wie "wir haben keinen Papi, wir haben einen ... (Vorname meines Mannes)".

Seit ca. 1,5 Jahren geht es meinem Mann psychisch nicht besonders gut. Dies hat sich zu einer waschechten Depression entwickel - was sich natürlich auf unser Familienleben und auch auf unsere Ehe auswirkt.

Stand der Dinge ist, dass mein Mann ein extrem dünnes (bis nicht vorhandenes) Fell hat. Schnell genervt und gereizt ist. Er ist mit meiner Tochter komplett überfordert und meint er wäre wahrscheinlich doch nicht als Familienvater geeignet.
Er erklärt ihr einmal eine Sache und erwartet dass sie dann danach handelt.

Heute Abend wird meine Tochter zum VaterWE gehen und meinte gestern zu mir "ich bin froh, dass ich morgen zu Papa kann, dann krieg ich wenigstens einen Tag lang nicht geschimpft."
(Ich muss dazu sagen, dass mein Ex der Meinung ist Erziehung wäre meine/unsere Sache. Er will Spass haben mit ihr und er will dass sie gerne zu ihm kommt. Dies glaubt er mit Süssigkeiten und laisser-faire erreichen zu können.)

Ihr könnt euch sicher vorstellen wie es mir bei der Aussage geht...
Ausserdem sagte sie noch sie hätte ihn ja wirklich lieb, aber sie wisse auch nicht recht, in letzter Zeit laufe es so schlecht zwischen ihnen und das würde ihr weh tun.

Ich habe dies meinem Mann erzählt und auch klar meinen Standpunkt vertreten, dass dies so wohl nicht sein könne. Worin er mir auch recht gibt. Auf seine Frage was er tun solle, habe ich ihm gesagt er solle sich mal selber zuhören und vielleicht könne er ja an seinem Tonfall an seiner Heftigkeit beim Schimpfen etwas ändern. Die Anlässe und Menge seines Schimpfens würde ich ihm nicht ankreiden. Nur erstens die Art und Weise und zweitens müsste meiner Meinung nach "andere Kommunikation" mindestens genau so häufig stattfinden.

Danke fürs "zuhören" und vielleicht hat ja jemand einen guten Rat oder einen Gedankengang dazu.

Viele Grüsse
Kenza
carlotta37
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Beitrag von carlotta37 »

Hallo kenza,

mein "Rat" zu Deiner Situation ist sicher sehr persönlich, aber Dein Thema macht mich betroffen, weil ich die Situation recht gut kenne. Nur dass in usnerem Fall ich von Depressionen betroffen war udn nicht mein Partner (bzw. ich hatte/habe ein burnout, was ja aber auch nur der landläufige Ausdruck für eine Erschöpfungsdepression ist). Ich weiss also sehr gut, wie extrem sich das auf eine Familie/Partnerschaft auswirken kann. Beinah hätte ich mich damals von meinem Partner getrennt.....

Meine im Nachhinein sehr vernünftige Taktik war, möglichst viel Abstand zu suchen. Irgendwie habe ich dadurch Schadensbegrenzung betrieben. Ich habe selber gespürt, dass ich nicht entscheidungsfähig bin, aber evtl. Dinge tun odersagen würde, die Folgen hätten.
Für meinen Partner war das sehr schwierig,so den Kontakt zu mir zu verlieren. Er hat versucht, zu mir zu stehen und mir zu helfen, aber ich habe es gar nicht mehr zugelassen.

Es war wohl richtig so. Auch Du bist keine Therapeutin, sondern die Frau. Und Deine Tochter ist natürlich mit der Situation überfordert.
Andererseits ist eine Depression eine Erkrankung und der Betroffene hat sein Handeln evtl. bei aller Einsicht und guten Vorsätzen wenig unter Kontrolle.

Wenn Dein Partner wirklich eine Depression hat, braucht er fachliche Hilfe! Und wenn er schon welche hat, sollte er sich (meiner Meinung nach!) dringend überlegen, ob sie ausreicht, wenn dieser Zustand schon 1, 5 Jahre andauert. Aber auch zu dieser Erkenntnis muss er wohl selber kommen, Du kannst ihn nur in Gesprächen motivieren, wenn er solche Gedanken äussert.

Ich habe mir Hilfe gesucht und war sogar in einer Tagesklinik. Die Situation war dabei, ausser Kontrolle zu geraten und auch meine Kinder haben das gespürt. Wahrscheinlich habe ich vor allem ihretwegen so schnell und entschieden reagiert. Mein Partner war mir damals egal und sicher wäre es auch sein Kind gewesen, wenn er denn eines hätte....so schlimm das klingt...

Erst musste ich einige Schritte alleine tun und als es mir wieder ein wenig besser ging, kehrte auch unsere sonst so gute Gesprächsbasis zurück. Wir hatten sogar noch Paargespräche, aber die waren kaum noch nötig.
Seitdem hat sich in unserer Beziehung viel geändert. Heute sehen wir diese Zeit beide nicht nur als Krise, sondern auch als Chance und sind einander irgenwie sehr dankbar, dass wir sie überstanden haben!

Er konnte mir nicht helfen, bzw. die beste Hilfe von seiner Seite war, da zu sein, aber im Hintergrund. Das schätze ich sehr!!

Auch heute noch muss er oft Rücksicht auf mich nehmen,aber wir können wieder reden und er hat ein gutes Gespür entwickelt für meine aber auch für seine eigenen Bedürfnisse in der Beziehung. Wir sind ständig im Austausch, arbeiten an uns und lustigerweise findet er, dass nicht nur ich mich seit der Therapie sehr weiterentwickelt habe, sondern auch er selber und unsere Beziehung.

Langer Rede kurzer Sinn: mit einer Depression ist nicht zu scherzen, professionelle Hilfe ist nötig und keine Schande. Aber Betroffene müssen diesen Schritt selber wollen und es gehört sicher auch Mut dazu, denn evtl. muss man sich dann vielen auch unangenehmen Wahrheiten über sich selber stellen. Meist dauert es eine Weile,bis man so verzweifelt ist, dass man selber nur noch diesen Weg sieht.
Was Deine Tochter betrifft aber auch Dich selber,ist möglicherweise etwas Abstand (soweit er im Zusammenleben möglich ist - mein Freund und ich wohnen nicht zusammen) nicht das schlechteste. Wenn Du mit Deinem Mann im Gespräch bleiben kannst, ist das sehr wertvoll! Aber ich glaube, er muss vor allem selbst Hilfe von aussen bekommen und erst dann wird sich etwas in dem Verhältnis zu Deiner Tochter wieder verändern können.

kenza, dies ist natürlich nur meine Meinung aus meiner persönlichen Erfahrung - eine Fachfrau bin ich nicht....
Ich wünsche Euch alles Gute!
Carlotta
kenza
Beiträge: 6
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Beitrag von kenza »

Hallo Carlotta,

erstmal hatten wir/hat er sich an unseren Hausarzt gewannt. Es wurden verschiedene Antidepressiva ausprobiert, die zwar teilweise auch Erfolg zeigten, leider aber auch ihre Nebenwirkungen hatten, weswegen mein Mann die Flinte ins Korn war und eine ganze Zeit lang nichts dagegen unternahm. Er war sich auch gar nicht sicher ob das Problem wirklich bei ihm lag (so nach dem Motto: "Ich bin nicht krank/nicht depressiv sondern die ganze ganze Welt ist so gemein zu mir.")
Als die Probleme in der Partnerschaft fast überhand nahmen, hat er sich dann dazu entschlossen einen Facharzt aufzusuchen. Dieser hat auch von Abstand gesprochen und ihn für eine Woche in die Ferien geschickt. Danach haben die zwei sich darauf geeinigt, dass das Problem wohl in der Ehe liegt. (Ehrlichgesagt, kommen meiner Meinung nach die Schwierigkeiten in der Partnerschaft von den Depressionen und nicht umgekehrt - aber gut.) Ihm wurde dann eine Paartherapie empfohlen und da gehen wir auch seit einem halben Jahr regelmässig hin.

Ob jetzt "nur" er oder wir therapiert werden ist mir einerlei - solange es uns irgendwie weiterbringt. Ich greife nach jedem Strohhalm. Ausserdem glaube ich auch, dass er eine Einzeltherapie schon lange abgebrochen hätte.
Auch da sprechen wir viel davon, dass er Abstand braucht. Ich gebe mir grosse Mühe ihm diesen Abstand zu geben. Ich versuche auch keine Forderungen an ihn zu stellen. Die gestrige Situation mit meiner Tochter hat mir aber klar gemacht, dass dies nicht kompromisslos möglich ist. Ich weiss zwar, dass er im Moment kaum in der Lage ist Kompromisse einzugehen, trotzdem fordere ich diesen einen von ihm. Er soll wenigstens versuchen sich mit ihr Mühe zu geben. Ich weiss, dass er sie liebt und ich weiss dass es ihm nicht egal ist wie es ihr geht.

Als er heute von der Arbeit kam habe ich meinen Wunsch geäussert, dass wir den Rest des heutigen Tages so hinter uns bringen, dass die Kleine nicht erleichtert aufatmet wenn der Papa klingelt und das haben wir auch gut geschafft. Wir hatten schon lange keine so entspannte Mahlzeit mehr zusammen.

Manchmal weiss ich echt nicht weiter. Sein Reden und sein Verhalten wiedersprechen sich total. Er redet von unglücklich sein, spricht von Trennung spricht davon wie ihm alles auf die Nerven geht, wie in die Familie und das Familienleben überfordert.
Dann nimmt er mich in den Arm, lächelt mich an, sagt mir dass er mich liebt, albert mit meiner Tochter rum, erklärt ihr die Welt, kitzelt mich, lacht mit mir, veralbet mich zusammen mit ihr... und ich denk: die Welt ist doch in Ordnung.

Er hat soviele Probleme (Job, soziales Umfeld, seine Mutter) in seinem Leben. So viele Dinge die sehr schief laufen - aber etwas ändern will er "nur" hier.

Danke fürs's Lesen. Es tut so gut das einfach mal zu schreiben. Ich habe schon Freunde und Familie mit denen ich reden kann - aber da verschweigt man auch gerne das ein oder andere Detail. Ich möchte ja auch nicht, dass jemand dann schlecht über ihn denkt...

Danke und ich wünsch auch Dir alles Gute
Kenza
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Nin
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Beitrag von Nin »

Kenza: könnte er ein wenig manisch-depressiv sein? Das würde die Änderungen im Verhalten besser erklären.
Nicht Schöneres unter der Sonne als unter der Sonne zu sein.
kenza
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Beitrag von kenza »

Hallo Nin,

das weiss ich nicht.

Wobei sein Verhalten eigentlich gar nicht so wiedersprüchlich ist.

Seine Äusserungen darüber wie es ihm geht und darüber wie es uns geht wiedersprechen seinem Verhalten.

Liebe Grüsse
Kenza
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