Hass und Schuldgefühle

Fragen, Probleme und Sorgen...
Lena
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Hass und Schuldgefühle

Beitrag von Lena »

Hallo,

ich bin ganz neu hier und ich suche dringend Rat. Mein Freund und ich seit seit nunmehr einem Jahr zusammen leben jedoch in getrennten Wohnungen. Ich habe zwei Söhne 3 und 1 1/3 Jahre alt. Sein Sohn ist 6 Jahre alt. Wir sind also richtiges Patchwork, leider auch mit all den dazugehörenden Problemen. Insgesamt hat es gut neun Monate gedauert bis sich mein Großer von meinem Freund wenigstens mal in den Arm hat nehmen lassen. Seitdem geht es recht entspannt zwischen uns allen zu. Außer wenn sein Sohn kommt.
Wir planen zusammenzuziehen und haben deshalb beschlossen, dass mein Freund und sein Sohn die Wochenenden nun immer bei mir und meinen Jungs verbringen. Für mich entpuppt sich das als einziges Desaster. Ich will mal sagen wie mein Gefühl ist. Ich habe das Gefühl, der Sohn meines Freundes reißt alles an sich: er katapultiert meinen Kleinen aus seinem Zimmer, bespielt aber sein Bett, er hüpft ständig auf meinem Sofa herum und wenn ich sage ich möchte das nicht, dann sagt er jaja und zwei Minuten später hüpft er schon wieder darauf. Bei Tisch legt er die Ellenbogen neben den Teller und stützt seinen Kopf auf, oder lässt die Arme ganz unter den Tisch fallen. Ständig will er was haben, kennt jede Fernsehsendung, oder Kinofilm für Kinder. Er redet wie ein Wasserfall, will permanent Aufmerksamkeit, redet dazwischen, trotzt mit Heulen und Geschrei wenn er nicht will. Manchmal sehe ich ihn an und denke:"Du dummes kleines fettes häßliches Arschloch. Ich hasse dich und wünschte es würde dich nicht geben."
Mir fällt es gewaltig schwer den Sohn meines Freundes zu mögen, und ich bemühe mich wirklich. Aber manchmal komme ich mir dabei verlogen vor und dann habe ich auch wieder schwere Schuldgefühle. Erst ist doch auch nur ein Kind. Er will dir nichts böses denke ich dann.

Wenn er nicht da ist läuft soweit alles gut, steht aber sein Besuch bevor, dann wird meine Laune schlecht und ich würde am liebsten meinem Freund sagen, dass ich seinen Sohn nicht hier haben will.
Mein Freund ist glaub ich ganz schön verletzt von meiner häufigen Kritik an seinem Sohn, und meistens haben wir an den Wochenenden Spannungen. Das ist schade, weil das ja auch unsere gemeinsame Zeit ist.
Ich habe mir diese Buchempfehlung angeguckt "Im Schatten der Ersten", aber da ich ja selber schon Kinder habe weiß ich nicht obs das richtige ist. Jedenfalls haben mein Freund und seine Ex ein weiterhin freundschaftliches Verhältnis, reden viel über das Kind und haben faire Umgangsregelungen getroffen. Das hört sich alles toll an? Aber habe echte Schwierigkeiten damit. Schließlich wohnen die noch in einer Straße und waren fast zehn Jahre zusammen.
Vielleicht habt ihr Rat?
Ich bin für Feedbacks sehr dankbar

Lena :cry: :cry: :cry:
tiborine
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Beitrag von tiborine »

Hallo;
ich weiß nicht ob ich dir einen rat geben kann, aber ich finde dich erfrischend ehrlich.
mutig zu schreiben, was du von dem sohn deines freundes denkst.
mir geht es genau so!
ich finde die kinder meines mannes auch nicht gerade sympathisch.
ich glaube alle finden das, aber keiner spricht es aus.

dein freund müsste sicherlich erziehungsarbeit leisten, aber vielleicht hat er schuldgefühle gegenüber seinem sohn.

dein freund kann noch mit seiner ex reden! versuche das positiv zu sehen.

schuldgefühle habe ich nicht mehr, wenn ich denke oder sage: ich mag die kinder nicht.
nach 12 jahren mache ich mir nichts mehr vor.
ich habe mir jahrelang mühe gegeben, aber nur gleichgültigkeit geerntet.
versuche ehrlich mit deinem freund zu reden und schraub die erwartungen, wenn das kind kommt ,nicht zu hoch.
versuche etwas mit deinen kindern allein zu machen und wenn keine kinder da sind, versuche dir eine schöne zeit mit deinem freund zu machen. und wenn du deinen freund liebst, halte aus.
die kinder gehen eines tages ihre eigenen wege.
meine kinder sind 13 und 15 (2 Mädchen) uns die kinder meines mannes sind 20 und 14.
zur 20jährigen tochter habe ich keinen kontakt. sie findet mich zum kotzen(wahrscheinlich würde sie jede frau an der seite ihres vaters hassen) und dem 14 jährigen jungen bin ich völlig gleichgültig.
mein mann und ich sind seit 10 jahren verheiratet und haben viel hinter uns. ich liebe ihn immer noch!!! tiborine
Bacci2
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Beitrag von Bacci2 »

Hallo,
wir hatten diese Probleme oder besser gesagt haben die Probleme auch mit seinem Aeltesten. Es hat gedauert, bis mein Mann hinter mich stehen konnte. Er hatte und hat auch heute noch manchmal diese Schuldgefühle. Aber er hat auch eingesehen, dass es nur miteinander geht, wenn sich alle einbringen. Also auch dein Stiefsohn. Unter den 4 Kindern gibt es keine Probleme. Wir hatten viele Diskussionen. Ich habe das Glück, dass meine Schwiegereltern sehr neutrale Menschen sind, also nicht immer hinter ihrem Sohn stehen, sie haben mir sehr geholfen, ihm den richtigen Weg zu zeigen. Vielleicht hast auch Du jemanden in der nähere Umgebung, auf den dein Freund sehr hört, der das vielleicht auch aus einem neutraleren Terain aus sieht und mit ihm reden kann.
Alles liebe
Bacci
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Arabella
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Beitrag von Arabella »

Hallo Lena,

Ich mach's kurz: Die Gefühle, die du für deinen Stiefsohn hast, hatte ich ebenfalls meinem jüngsten Stiefsohn gegenüber (am Anfang). Heute haben wir es sehr gut. Es dauerte etwa 4 Jahre.

Stichwort Eifersucht: Du schreibst, dass du Mühe damit hast, dass dein Partner noch einen "engen" Kontakt zu seiner Ex hat. Du willst ihn nicht teilen.
Dein Stiefsohn rebelliert, weil er nicht mehr die alleinige Aufmerksamkeit hat. Er will den die Aufmerksamkeit der Eltern nicht mit deinen Kindern teilen.

Vielleicht kannst du ihn besser verstehen, wenn du siehst dass ihr beide unnötige Eifersüchte habt?

Herzlich

Arabella
Habe fünf Kinder im Alter von 19,17,15,13 und 11. Die drei Grossen sind von meinem Mann aus erster Ehe. Die beiden Kleinen sind Gemeinsame. (Fast) alle leben seit über 10 Jahren bei uns - und das find ich toll!
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Arabella
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Beitrag von Arabella »

PS: stell dich doch noch im "ich stelle mich vor"-Forum vor, wenn du mal Zeit hast. Da kann man immer wieder nachlesen, wenn später Einträge kommen.
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BabyOne
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Beitrag von BabyOne »

Hallo Lena,

auch ich finde Deine Ehrlichkeit erfrischend - in einem anderen Forum würdest Du dafür wahrscheinlich gesteinigt werden. Und auch außerhalb der virtuellen Welt ist es bestimmt nicht ratsam diese Gefühle gar zu offen zu zeigen, obwohl ja viele hier - ich übrigens auch - diese Gefühle selber kennen.

Was kann man da raten... Du schreibst, Dein Freund ist verletzt wegen Deiner Kritik an seinem Sohn. Es klingt also so, als ob er selber das Verhalten seines Sohnes gar nicht so sieht wie Du. Das ist erstmal gar nicht ungewöhnlich, erstens sind Eltern nie in allem der gleichen Meinung, und zweitens haben getrennt lebende Väter oft extrem mit Schuldgefühlen gegenüber den Kindern zu kämpfen und verwöhnen die Kinder dann zu sehr. Wichtig wäre es also, dass Du mal (sachlich, ohne Vorwürfe oder Aggressionen) mit Deinem Freund redest und dass ihr es schafft eine gemeinsame Linie zu finden. Welches Verhalten ist erwünscht, welches ist unerwünscht, wer kommuniziert das dann welchem Kind, was ist die Konsequenz bei unerwünschtem Verhalten und wer setzt diese Konsequenz dann bei welchem Kind durch. Frag Dich selber umgekehrt, wie weit fändest Du es OK wenn Dein Freund anfinge Deine Kinder aktiv zu erziehen, ihnen etwas zu verbieten oder mit ihnen zu schimpfen? So wie ich es verstehe seid ihr bislang froh dass Deine Kinder Deinen Freund nicht mehr offen ablehnen. Da könnte sich ein Ungleichgewicht ergeben, wenn Du anfingest den Sohn Deines Freundes zu maßregeln, und da liegt natürlich jede Menge Konfliktstoff versteckt.

Wenn Du unmittelbar betroffen bist, dann kannst Du aber schon auch selber durchgreifen - wenn der Junge zum Beispiel auf Deinem Sofa herumhüpft. Ich selber reagiere da auch absolut allergisch. Ich habe zum Beispiel für meinen Stiefsohn (und meine Tochter, die mitgemacht hatte) ein Verbot erlassen, unser Schlafzimmer zu betreten, weil er regelmäßig trotz Ermahnungen vom Fensterbrett auf unser Bett gesprungen ist.

Zum anderen möchte ich Dir raten, nicht alles zu eng zu sehen und manchmal einfach bewusst weg zu schauen. Hängende Arme bei Tisch sind vielleicht nicht Dein Ideal, aber er tut eigentlich niemandem damit weh, und Deine eigenen Kinder sind noch viel kleiner, so dass Du auch nicht den Konflikt hast ihnen irgendetwas erlauben zu müssen was Du gar nicht erlauben willst nur weil der Stiefsohn das darf. Man muss auf darauf achten, nicht zu viele Dinge gleichzeitig ändern zu wollen; es fällt einem Kind auch sicher leichter Änderungen anzunehmen und umzusetzen, wenn es den Eindruck hat dass es allgemein akzeptiert wird in der Familie, und nicht dauernd an allem herumgenörgelt wird was es tut.

Aus meiner eigenen Erfahrung - mein Stiefsohn ist knapp drei Jahre älter als meine Tochter- kann ich sagen, dass man manchmal auch die eigenen Kinder idealisiert. Ich habe manches Mal gedacht meine Tochter würde "so etwas" sicher nicht tun, weil ich sie anständig erziehe, und habe manches Verhalten meines Stiefsohnes gerade deswegen sehr unangenehm gefunden. Einige Jahre später muss ich sagen, manches hat meine Tochter dann doch genauso gemacht als sie selber in diesem Alter war, trotz meiner super Erziehung :wink: . Man muss auch ehrlicherweise sagen, dass Erziehung immer schwieriger wird, je älter die Kinder werden, und das darf man nicht unterschätzen. Ich habe auch festgestellt, dass manches, was ich an negativen Erwartungen hatte ("wenn ich ihm das jetzt nicht beibringe wird er es nie lernen und es wird alles noch viel schlimmer") sich schlicht nicht bewahrheitet hat. Manches hat sich leider mehr als bewahrheitet, aber das hängt damit zusammen dass mein Stiefsohn in mancher Hinsicht ein besonders schwieriges Kind ist, mit echten Verhaltensauffälligkeiten, Entwicklungsverzögerungen etc. und auch seine Mutter eigentlich eher früher als später eine Therapie gebraucht hätte.

Erwarte nicht zuviel, auch nicht von Dir selber. Du musst den Sohn Deines Freundes nicht lieben, schon gar nicht nach so kurzer Zeit und in einer Situation wo ihr kaum gemeinsamen Alltag habt. Ihr müsst nur einen Weg finden irgendwie halbwegs gut zurecht zu kommen. Der Rest entwickelt sich oder eben auch nicht. Es ist ähnlich wie mit Schwiegereltern, die heiratet man auch mit, und manche haben Glück und verstehen sich klasse mit ihren Schwiegereltern, und andere haben Pech und kommen überhaupt nicht klar mit den Schwiegereltern. Aber die meisten Frauen würden sich selber nicht als bösen Menschen empfinden nur weil sie ihre Schwiegermutter nicht vom ersten Tag an lieben. Bei Kindern haben wir die völlig irrationale Erwartung, dass wir sie lieben müssten wie ein eigenes Kind (und dabei sind schon die Erwartungen an die Liebe einer Mutter für ihr eigenes Kind hoffnungslos romantisch übersteigert und überzogen). Denk immer daran, der Junge ist kein Waisenkind. Er hat zwei liebende Eltern, da gibt es keine Lücke die Du besetzen müsstest. Das kannst Du auch als eine große Erleichterung sehen - Du trägst nicht die Verantwortung für dieses Kind- ist das nicht toll?

Ach ja, kleiner Nachtrag noch - wenn Du in dieser so starke Aggressionen spürst gegen dieses Kind, dann stellt sich auch die Frage ob es nicht etwas zu früh ist um zusammen zu ziehen. In der jetzigen Situation hast Du noch die Möglichkeit Dich zurück zu ziehen. Selbst wenn Du das nicht tust, hast Du trotzdem im Hinterkopf immer die Möglichkeit ("ich könnte wenn ich wollte") und das wirkt entlastend. Wenn ihr zusammen zieht, dann kannst Du ja nicht mit Deinen Kindern aus der Wohnung fliehen wenn Dein Stiefsohn kommt. Das könnte die Probleme noch verschärfen.
Patch von 2002/2003 bis 2017
eine gemeinsame Tochter 15 J.
Bernina

Beitrag von Bernina »

Hallo Lena

Ja, hier im Forum soll man ehrlich sein dürfen und niemand darf man dafür verurteilen. Auch ich schätze dies an diesem Forum.

Nun, versuche dich mal in in den Jungen zu versetzen. Er war 6 Jahre lang Einzelkind, war mehr oder weniger immer im Mittelpunkt. Dann trennten sich seine Eltern. Neue Situation. Nun hat er immer einen Elternteil für sich alleine. Entweder nur Mamma oder nur Papa.
Dann das Patchwork. Er bekommt eine "neue" Mutter und zwei kleine "Geschwister". Statt 2 Personen, sind es nun neu 5 Personen, die mitteinander leben.
Aber!!! er ist jetzt auch das älteste Kind. Sozusagen das Chefkind. Er demonstriert mit seinem Verhalten ganz klar den Kleinen, dass er als grosser mega cool ist.

Zum Thema Tischmanieren.
Meine Stiefsöhne hatten vieles vergessen oder neue Mödeli einschleichen lassen, seit sie nur noch mit der Mutter zusammen lebten. Früher hatten sie ein Kindermädchen (ausgebildete Lehrerin) welches während ihrem Aufenthalt die Kinder erziehungsmässig auf Vordermann brachte.
Als ich meinen Freund kennen lernte, bin ich erschrocken, wie verwahrlost sich die Jungs benehmen. Meinem Freund ist das weniger aufgefallen, er hatte an den WE andere Prioritäten gesetzt. Seine Kinder kamen psychisch und physisch in einem absolt desolaten Zustand zu ihm. Er musste jeweils an den WE kompensieren, was die Mutter die Woche durch verpasste. (Kleider waschen, Kinder reinigen, Coiffure, Zahnarzt, Schlaf nachholen)

Wie wir dann zusammen gezogen sind, habe ich auch sofort begonnen, diese Jungs zu erziehen. Ich war die Woche hindurch "am erziehen" und konnte dann am WE nicht aufhören zu "muttern". Dies machte mich natürlich bei den Jungs nicht unbedingt sympathischer. Sie waren zwar nie gemein zu mir, aber trotzdem.
Man konnte mit ihnen nicht in der Öffentlichkeit erscheinen ohne dass sie Baustellen hinterlassen haben oder sich und uns blamierten.

Mein Freund und ich besprachen dann, was wir wann verändern wollen. Zuviel aufs Mal überfordert die Kinder. Sonst kommen wir nur noch als Nörgelitanten rüber. Vor allem war es ganz wichtig, dass er die Erziehungsmassnahmen übernahm; er ist der Vater. Bei Sachen, die wir noch nicht verändern wollten, schauten wir einfach grosszügig hinweg. Es juckte mich zwar jeweils schon und oft vibrierte mein Bauch vor Ärger, weil ich vieles einfach kaum ausstehen konnte.
Es gab auch Sachen, die er an seinen Kindern nicht verändern wollte, weil er es entweder nicht wichtig fand oder weil Jungs nicht wie Mädchen sein müssen. Das musste ich akzeptieren.

Ein Tipp, den ich hier immer wieder bekommen habe: dass man auch mal getrennte Dinge unternimmt. So könnte dein Freund nur mit seinem Sohn was machen. Wenn er zeitweise die ungeteilte Aufmerksamkeit von seinem Papa bekommt, dann ist er nachher wieder eher bereit, mit den Jüngeren zu teilen.
aisha

Beitrag von aisha »

Liebe Lena,

ich kann dich gut verstehen und ich finde es sehr ehrlich von dir, wie offen du kommunizierst.In MEINER Wohnung springt niemand auf dem Sofa oder Bett rum! Auch nicht die Katze! Ich finde, du hast das Recht, dies ganz klar durchzusetzen, das hat nämlich mit Anstand zu tun.

Dr Sohn deines Freundes ist noch recht klein und ihr habt alle Chancen die Beziehung langsam reifen und wachsen zu lassen, gebt euch Zeit. Versuch dich auch mal in seine Lage zu versetzen. Bis anhin war "heile" Welt, Mami, Papi, wie sich das so gehört in den Augen eines Kindes. Nun zerbricht seine ganze kleine Welt. Er scheint wohl ein Einzelkind zu sein, da ist er sowieso ein kleiner König (gewesen). Plötzlich geht in seinem Leben alles drunter und drüber, das ganze Gefüge bricht auseinander. Der kleine Prinz "verliert" seinen Vater an eine andere Frau, und die hat nun auch noch Kinder, die ihm den Papi streitig machen. Er sieht seinen Vater nur alle zwei Wochen und dann muss er ihn auch noch mit Fremden teilen. In einer fremden Wohnung.

Der Junge ist mit der Situation völlig überfordert. Er spürt sicher auch, dass du ihn ätzend findest.

Was aber keine Entschuldigung ist, dass er sich völllig daneben benehmen darf!! Versuche mit dem Vater doch mal ganz ruhig zu reden, dass du die Schwierigkeiten seines Sohnes verstehst, du auch noch sehr Mühe hast mit ihm, aber dass du auch erwartest, dass es ganz klare "Benimmregeln" gibt. Hüpfen auf dem Sofa ist tabu z.B.

Dein Freund hat ein schlechtes Gewissen seinem Sohn gegenüber, darum greift er wohl nicht ein. Oder hapert es mit seinen Manieren auch?

Und hab kein schlechtes Gewissen. Du hast dich schliesslich in deinen Freund verliebt und nicht in seinen Sohn! Den gabs quasi dazu.

Ich tat (und tue) mich auch oft schwer mit den Kindern meines Partners. Und auch ich habe öfters mal Hassgefühle entwickelt, wenn er ihnen wieder alles erlaubte und die Kinder unsere Zweisamkeit störten.
Anfänglich gabs hier auch Grabenkämpfe um den Vater.
Die damals 11 jährige Tochter von ihm, Papas ultimatives Schätzeli, kämpfte auch ums Territorium. Er liess es eben auch zu, dass sie nach der Trennung die Verantwortung für ihn übernahm, Kochen etc. (mit 11).
Aber das sei offenbar normal bei Mädchen. Dann kam ich, und zwängte mich zwischen die intensive Vater-Tochter -Beziehung. Flugs zog darauf die Tochter für ganz zu uns, der blanke Horror für mich, sie war unterdessen 14. Wurde den Verdacht nie los, dass sie nicht einfach zu uns zog, nicht weil sie mit der Mutter nicht auskam, sonder um ihren Vater besser unter Kontrolle zu haben.
Natürlich gibts immer wieder Aerger, aber unterdessen behandle ich sie wie meine eigene Tochter, das heisst Regeln werden befolgt, auch von der Prinzessin.
Sie kommt bei Problemen heute schneller zu mir, als zur leiblichen Mutter!
Zurzeit ist der sohn viel schwieriger. Zwar volljährig, aber ein grässlicher Egoist. er ist eifersüchtig auf die kleine Schwester, weil die sich von der sehr schwierigen Mutter lösen konnte und er nicht. Er versucht das nun zu kompensieren, indem er sich oft bei uns unmöglich benimmt.
Aber auch da sitze ich nicht auf den Mund, es wird gegessen, wenn ich zum Essen rufe und nicht, wenn ich den Tisch abräume, geruht der Herr zu erscheinen.
Mein Partner ist froh, wenn ich dann ausrufe, er würde es selbst nie tun, das schlechte Gewissen der Scheidungsväter lässt grüssen.

Liebe Lena, Patchwork braucht unendlich viel Geduld, Nerven und Zeit!! Ueberfordere dich nicht, wenn du noch nicht bereit bist dazu.

Schlechte Gefühle den Stiefkindern gegenüber darfst du zulassen!

Patchworkfamilien sind schwieriger zu managen als Kernfamilien!

Ueberlege dir gut, ob du wirklich schon bereit bist zum Zusammenziehen!

Und wenn, stellt schriftliche Spielregeln auf, die für ALLE gelten.

Ich wünsch dir viel viel Kraft!

lieben Gruss
Aisha
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Arabella
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Beitrag von Arabella »

Noch ein Tipp, der mir beim Durchlesen all dieser Postings gekommen ist: Schaut, dass ihr zusammen Dinge unternehmen könnt, bei welchen es keinen "Benimm-Stress" gibt. Zoo und Hallenbad sind dafür geradezu ideal. Man kann gemeinsame Erlebnisse schaffen, die den Aufbau einer möglichst unbelasteten Beziehung ermöglichen.


Zum Thema Zusammenziehen finde ich die folgende Liste von Remo Largo aus seinem Buch "Glückliche Scheidungskinder" S. 252 beherzenswürdig. Ich bin gestern Abend daraufgestossen:

***********************
Stufen des Zusammenwachsens neuer Gemeinschaften

Partnerschaft
- Sich gegenseitig kennenlernen
- Rendez-vous, Wochenenden, Ferien
Erst wenn die partnerschaftliche Beziehung sich gefestigt und Zukunft hat, kommt die nächste Stufe.

Kinder
- Zeit mit den Kinder verbringen
- Stundenweise, Wochenenden, Ferien
- Partnerin/Partner kann mit den Kindern auch ohne Mutter/Vater zusammen sein.
Erst wenn der Partner/die Partnerin und die Kinder sich in einer tragfähigen Beziehung gefunden haben, erfolgt die nächste Stufe.

Soziales Netz

- Verwandte und Bekannte kennenlernen
Erst wenn sich die Kinder unter den Verwandten und Bekannten wohl fühlen, erfolgt die nächste Stufe.

Familie
- Zusammenziehen
Erst wenn sich Erwachsene und Kinder in der neuen Gemeinschaft wohl fühlen, sollte - falls der Wunsch besteht - geheiratet werden.


********************************

Vielleicht hilfts, das Ganze mit etwas mehr Geduld anzugehen. Ich wünsch dir's!

Herzlich

Arabella
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carlotta37
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Beitrag von carlotta37 »

Arabella, das gefällt mir sehr gut, was der Remo Largo da schreibt.
Mir fällt auf, dass wir es von selber fast so gemacht haben und jetzt wohl bei der 3. Stufe angekommen sind. Nach drei Jahren! Zur vierten und letzten mit dem Zusammenziehen, wer weiss, wie lange das noch dauert....

Es beruhigt mich aber, ist wie eine Bestätigung, dass wir es ganz gut machen und uns die Zeit lassen sollten (es gab ja immer mal wieder Diskussionen um den Punkt gemeinsam wohnen...).

Lena, wenn wir dazu drei Jahre gebraucht habne, dann ist vielleicht auch bei Euch das Zauberwort einfach: ZEIT!
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Beitrag von Lena »

Hey,

ich danke euch allen für diese wunderbaren Antworten. Tatsächlich hatte ich gedacht ich würde gelüncht werden. Es tut gut das Gefühl zu haben verstanden zu werden. Mir fällt ein Stein vom Herzen und mir ist echt zum Weinen zumute.
Ja das Stichwort ist ZEIT. ZEIT ZEIT und nochmal ZEIT! Es fällt mir schwer, aber ich denke ich habe hier vieles gelesen was mir helfen kann UND, was viel wichtiger ist, was mich optimistisch gestimmt hat, dass mein Freund und ich es schaffen können. Gestern abend hat er mir vorgeschlagen, dass wir mal zu einer Beratungsstelle gehen könnten, einfach um uns mal freizusprechen. Fand ich super von ihm, denn ich habe ihm das selber schon vor einem halben Jahr vorgeschlagen.javascript:emoticon(':wink:')

Lena
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Beitrag von Lena »

So jetzt habe ich mich vorgestellt im "ich stelle mich vor" - Forum
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Arabella
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Beitrag von Arabella »

Hallo Lena,

Deine Zuversicht klingt ja wunderbar! Ich hab gerade Hühnerhaut. Ja, Zeit ist wirklich ein Wunderwort. Versetze dich immer wieder in den kleinen Boy, und seine schwierige Situation.
Das hässliche ätzende Monster hat doch sicher auch seine liebenswerten Seiten, oder? Lass es uns wissen, wenn du die ersten entdeckt hast. ;-)

Ganz toll, dass dein Partner Hilfe anzunehmen vorschlägt. (Haben wir übrigens auch getan)


In diesem Sinne, schönes Wochenende!
Wir sind gespannt auf die Fortsetzung

Arabella
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BabyOne
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Beitrag von BabyOne »

Hallo Lena,

ich habe gerade nachgelesen wie Du Dich vorgestellt hast. Du hast wirklich eine schwierige Zeit hinter Dir und hast es jetzt gerade auch nicht einfach. Um so wichtiger ist es dass Du Dich schonst und mit Deinen Kräften haushaltest. Denk immer daran, es liegen noch Jahre vor Dir, in denen Du Deine Nerven beieinander halten musst, bis Deine eigenen Kinder aus dem gröbsten heraus sind und Du beruflich Fuß gefasst hast. Überfordere Dich nicht und lass Dir Zeit, und achte immer darauf wie es Dir selber dabei geht.

Viele Grüße aus dem südlichen Deutschland...
Patch von 2002/2003 bis 2017
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Beitrag von Lena »

wir haben jetzt erst einmal ein neues Konzept. Mein Freund kommt nur jedes zweite Wochenende mit seinem Sohn zu uns. Die beiden anderen Wochenenden verbringen die zwei in seiner Wohnung. Damit wird er auch den Bedürfnissen seines Sohnes gerecht und kann sich ihm in der Zeit ganz widmen. Als Option hakten wir uns offen, ob wir uns in der Zeit auch mal für gemeinsame Ausflüge treffen. Neutraler Boden hat noch niemandem geschadet oder?
Mich entspannt der Gedanke auf jeden Fall.
Bis auf weiteres.

Lena
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