Unterschiedliche Erziehungsvorstellungen

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NeuesLeben
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Unterschiedliche Erziehungsvorstellungen

Beitrag von NeuesLeben »

Hallo zusammen,

bin mit meinem Freund seit 10 Monate. Jeder hat die eigene Wohnung und so wird erstmal auch bleiben.
Ich habe eine Tochter mit 2 Jahre...er hat eine Tochter mit 6 Jahre.

Wir verstehen uns alle bisher super.
ich merke aber langsam, dass wir unterschiedliche Erziehungsvorstellungen haben. Das könnte in Zukunft zu Konflikte führen.

Er hat seine Tochter jeden zweiten WE. Meine Tochter wohnt bei mir.
Vielleicht bin ich einfach strenger...aber es gibt einfache grundsätzliche Sachen, die mich stören.
z.B. - Am Tisch warten bis alle gegessen haben und nicht schon vorher nachtisch kriegen (wenn sie aufsteht, dann hört meine Tochter auch sofort zu essen, weil sie mitspielen möchte)
- Nicht jeder Müll, was das Kind möchte, kaufen. Es ist der Hammer, was das Kind alles hat...auch wenn es 2 WE im Monat da ist.
Ich versuche den Konsumhorror bei meiner Tochter in Grenzen zu halten.
- Kind soll bitte nicht allein das Haus verlassen, ohne Bescheid zu geben. Meine Tochter soll sowieso nicht mitgenommen werden.
usw...

(Wichtig! Mich stört nicht wirklich das Verhalten des Mädchens. Ich weiß, sie muss ihre Grenzen austesten...mich stört, dass sie diese Grenzen nicht findet)

Ich hatte mir am Anfang fest vorgenommen, mich an die Eltern erziehung nicht einzumischen. Aber wenn ich sehe, dass meine Tochter miteinbezogen wird...dann muss ich doch was sagen, oder?

Wie soll ich mich verhalten?
Wir sind ganz am Anfang...

Gruß,

NeuesLeben
mira
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Beitrag von mira »

Hallo NeuesLeben

Leider kann ich nur bedingt mitreden, weil ich selber keine Kinder habe. Trotzdem kann ich dich verstehen, weil ich mir oft Gedanken darüber gemacht habe, wie es wohl wäre, wenn ich Kinder hätte. Gemeinsame Kinder wären wahrscheinlich kein Problem, da wir nicht grundsätzlich unterschiedliche Erziehungsvorstellungen haben. Aber meine Kinder hätten im Gegensatz zu seinen einen ganz anderen Stand.

Ich könnte mir vorstellen, dass dein Freund unter dem typischen schlechten Gewissen von Scheidungsvätern leidet und seine Tochter in Bereichen verwöhnt, wie er es nicht machen würde, wenn er nicht geschieden wäre. Mein Partner hat das seinen Kindern gegenüber, mein Vater hatte das mir gegenüber, und hier im Forum wirst du das immer wieder lesen.

Sprich mit deinem Freund über seine Ängste ohne ihm Vorwürfe zu machen. Versuche so objektiv wie möglich, deine Bedenken einzubringen (Einfluss auf deine Tochter). Zeige ihm, dass du Verständnis für seine Situation hast. Ich habe das Gefühl, dass viele Väter in dieser Situation zuerst einmal erkennen müssen, dass sie diese Ängste haben und von ihrer Partnerin verstanden werden. Vielleicht bilde ich mir das auch nur ein, aber ich glaube, dass es für viele Väter wichtig ist zu sehen, dass sie nicht alleine sind mit den Ängsten. Mein Vater hat meinem Partner angeboten, mit ihm über dieses schlechte Gewissen zu sprechen. Nur schon das Angebot hat meinen Partner gerührt und aufgerüttelt. Er hat es nie angenommen, aber er hat gelernt, dass sein schlechtes Gewissen seinen Kindern mehr schadet als nützt.

Ich drück dir beide Daumen.
NeuesLeben
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Beitrag von NeuesLeben »

Wow, Mira...

das war ja eine schöne Antwort.
ja...er hat mir schon gesagt, dass er ganz bestimmt einiges nicht machen würde, wenn er die Kleine bei sich hätte.
Über ein schlechtes Gewissen hatte ich aber nicht gedacht.

Mir tut das Mädchen irgendwie leid. Sie ist sehr intelligent. Sie schreit aber m.E. nach Grenzen. Ich kann zwar nicht genau beurteilen...aber diese Grenzen findet sie vielleicht oft bei Mama auch nicht.
Sie weißt aber, dass sie diese Grenzen braucht.

Ich werde mit ihm nochmals sprechen. Ich habe das einmal gemacht. Er hat alles eingesehen...er hat aber Angst, dass er das nicht umsetzen kann.

vielen Dank!

Ich muss auch zugeben, dass ich mich noch nicht soweit finde, dem Mädchen selber etwas zu sagen. Das schaffe ich nicht.
Wie ist das denn?
Soll ich ihr gegenüber auch was sagen können? Oder ist besser immer über ihn Sachen zu regeln?

Ich will nicht die böse Stiefmutter sein :cry:
aisha

Beitrag von aisha »

hallo neues Leben,

schön, dass auch im Forum mitschreibst.
Aus eigener Erfahrung einer "bösen" Stiefmutter kann ich dir nur sagen: wehre den Anfängen..
mein Partner hat vor lauter Harmoniebedürftigkeit , Liebe zu seinen Kindern und auch aus Schuldgefühlen heraus "vergessen" bzw. verpasst, seinen Kindern Grenzen zu setzen.

Dieser Mangel an Grenzen hat unsere Beziehung bis zum Aeussersten strapaziert, sodass ich derzeit am Abwägen bin, nicht die Beziehung, sondern das gemeinsame Patchworken aufzugeben. (1 Kind lebt bei uns)

Durch die mangelnden Grenzen, die meiner 19 jährigen Stieftochter im Speziellen gesetzt wurden, hat sich ein dermassen krasses Ungleichgewicht innerhalb der Familie entwickelt, dass in meinen Augen nun ausser Kontrolle gerät.
Das Mädchen steht in der Position über mir aber auch über ihrem Vater. Sie trohnt wie eine Königin über der Familie und alle müssen ihr hofieren.
Mein Partner massregelt mich vor ihr wenn wir Aerger haben,d. h. ICH in seinen Augen sein unfehlbares Töchterlein "provoziert" habe. er lässt es aber kommentarlos zu, dass sie mich mit "blöde Zicke" und Schlimmeren betitelt.

Auch dieses Mächen hat einst verzweifelt Grenzen gesucht und hat sie nicht bekommen, jedenfalls nicht vom Erziehungsberechtigten.
Kinder ohne Grenzen haben es später im Leben schwer.
Es ist nicht so, dass meine Stieftochter sich nicht benehmen könnte etc. im Gegenteil, sie verkörpert auswärts die vollendete Dame...
es ist nur so, dass es innerhalb des familiären Systems, der Hierarchie, zu einem ganz queren Machtverhältnis gekommen ist.

Mit 6 Jahren ist alles noch offen. Aber es ist dieses verdammte schlechte Gewissen, die den Scheidungsvätern irgendwie die Weitsicht nimmt

Es ist gut, wenn du ihn unterstützt, ich finde du hast absolut das Recht etwas zu sagen und dich einzubringen.
Ich hoffe sehr für dich, dass dein Partner einen guten Mittelweg für sein Kind findet.
NeuesLeben
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Beitrag von NeuesLeben »

Hallo aisha,

vielen Dank! Das hilft mir schon sehr.
es sind viele Kleinigkeiten. Ich frage mich schon die ganze Zeit, ob das normal ist für eine 6 jährige...oder ob ich vielleicht übertreibe?

Beispiele:
- Essen auf dem Tisch...alle sitzen. Kind sagt: "ich will das nicht essen"...steht auf geht zum Kühlschrank und holt sich Wurst. :shock:
- Kind will andere Sportlehrer haben, weil der zu streng ist...und geht dann zu einer anderen Gruppe :shock:
- Kind ist 1 Stunde mit uns im Laden, weil ich etwas kaufen möchte. Vater denkt danach müssen wir die Kinder dafür entschädigen. :shock:
- Kind will immer im Restaurant essen vom Papa...und kriegt! :shock:
- Egal wo wir sind...muss Kind IMMER irgendwelche Souvenier (m.E. alles Müll) nach Haus mitnehmen. :shock:

usw...usw...

Bin ich kleinlich?
Oh Gott...ich will das alles irgendwie nicht.
ich habe mich an ihm verliebt...und ich mag das Mädchen auch sehr.
Mache ich mir das Leben aber nicht komplizierter als es ist?

Gruß,
NeuesLeben
Buchenholz
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Beitrag von Buchenholz »

Hallo Neues Leben

Meine Stiefsöhne waren auch sehr speziell. Bei ihnen war es nicht unbedingt so, dass sie verwöhnt waren, sondern einfach keine Manieren hatten. Sie kennen das gar nicht wirklich, am Tisch essen.
Mein Partner war damals mitten in einem Scheidungskrieg, der auf schlimmste Art auf dem Rücken der Kinder ausgetragen wurde. Er beantragte das Sorgerecht, weil er überzeugt war, dass die Mutter mit der Erziehung und Betreuung überfordert war. Er sah schwarz für die Zukunft der Jungs.

Die Jungs waren jeweils total durch den Wind, wenn sie zu uns kamen. Übermüdet, vollgeladen mit Problemen, schmutzig, aggressiv, fehlernährt,...

Mein Partner störte sich an vielem, aber da waren soviele Baustellen, wir wussten nicht, was Priorität hatte. Klar hat er sie irgendwie verwöhnt oder vor vielem verschont. Er musste ohnmächtig zusehen, in welcher Stresssituation sie die Woche hindurch lebten und wollte ihnen am WE Erholung geben. Das konnte ich total verstehen.
Wir waren natürlich immer voller Hoffnung, dass die Jungs irgendwann ganz bei uns leben würden und wir dann Struktur, Erziehung und Entspannung reinbringen können.

Trotzdem mussten wir eine Linie finden. Mein Partner vertraute meinen Erziehungskenntnissen und stand immer hinter mir. Dennoch waren wir nicht überall gleicher Meinung. So machten wir eine Auflistung:

- was wollen wir beide bei den Jungs verändern
- was ist nicht so wichtig
- wo bin ich zu streng. Sprich, Kinder sollen Kinder sein dürfen
- was ist typisch Jungsverhalten und muss ich als typische Mädchenmutter akzeptieren lernen

Und dann haben wir uns einfach Punkt um Punkt vorgenommen. Wir haben Rituale/Regeln ausgearbeitet, die wir alle einhalten konnten. Ich musste auch mein Geköch ein wenig anpassen, denn für die Jungs kochte ich viel zu kompliziert. Sie assen meistens Junkfood vor dem Fernseher. Mit Händen.
Wenn es also etwas gab, was sie nicht gerne haben, was sind dann die Alternativen?

Du musst unbedingt mit deinem Partner besprechen, was seine Ziele in der Erziehung sind. Soll das Kind einfach locker bei Mc Donald essen können oder soll es auch an einer reich gedeckten Tafel mit Besteck für mehrere Gänge klar kommen?
Wieviel Aufmerksamkeit darf ein Kind jeweils bekommen? Wie kann man den Einkauf für Kinder so gestalten, dass es für alle lustig ist.
usw

Eure Kinder sind noch sehr klein, ihr habt also noch viel Zukunft mit Kinderkram vor euch und so wird es noch einige Hürden geben. So ist es besser, ihr löst das jetzt und gebt damit einander die Chance, euer gemeinsames Projekt allenfalls zu canceln.
Dann lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende.
aisha

Beitrag von aisha »

mit andern Worten neues Leben, eure kleine Hexe dominiert den Papa schon ganz schön!
Ich denke, deine Bedenken sind nicht aus der Luft gegriffen. Aber wie es eben ist, wenn man ein Kind nur am WE sieht, dann ist man wohl viel grosszügiger. Verstehe ich aus der Sicht des Vaters. Aus der Sicht des Kindes sieht das ganz anders aus. Das Hirn wird programmmiert auf "Papa WE", da gelten die Regeln nicht.
Weisst du, es ist schön, wenn man ein Kind verwöhnen darf, aber es sollte eine Ausnahme und etwas Besonderes sein. Und bei uns wird gegessen, was auf den Tisch kommt. Ich akzeptiere, dass meine Tochter keinen Fisch mag, sie kann dann eine Suppe oder sonst was haben. Aber das Davonlaufen vom Tisch dulde ich nicht.
DAs Problem ist halt, dass solche Kinder in der Gesellschaft Schwierigkeiten haben und dann mit grossen Augen in die Welt gucken, wenn dann mal einer kommt und sagt "stop". Sie sind dann beleidigt (darf der das???) und viele Jugendliche schmeissen die Lehre hin (der hat mir doch nichts zu sagen).

KInder versuchen wohl bis zum Auszug ihre Grenzen auszuloten. Es ist oft furchtbar anstrengend und vor allem in der Pubertät bringen die einen zum Wahnsinn. Es ist schwierig auszuhalten und manchmal scheitert man auch.
Rede mit deinem Freund, was er will für sein Kind und ob ihr das gemeinsam tragen könnt.
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BabyOne
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Beitrag von BabyOne »

Hallo Neues Leben,

ehrlich gesagt finde ich Deine Beispiele nicht so besonders schlimm. Wenn meine Tochter im Restaurant von meinem Essen kosten will, dann darf sie das auch, und das gleiche gilt übrigens auch für meinen Partner :lol: Und wenn sie ein Hobby ausübt und den Lehrer nicht mag, dann macht das Hobby ja wenig Spaß. Ein Hobby soll dem Kind ja auch Freude machen. Wir reden jetzt doch nicht von dem Lehrer in der Schule, oder?

Zeug anschleppen tun viele Kinder, das muss man dann halt irgendwann wieder entsorgen. Bei Stöcken oder ähnlichem war bei mir dann an der Haustür Schluss. Nur das mit der Belohnung nach dem Supermarkt, das finde ich wirklich kritisch, denn wenn die Kinder da ein Anspruchsdenken entwickeln, hat man irgendwann den Terror, wenn man ihnen dann mal nichts hinterher kauft. Ich habe immer Wert darauf gelegt, dass Süßigkeiten oder sonstige Geschenke für die Kinder nicht standardmäßig zum Einkauf dazu gehören, sondern Ausnahmen sind.

Das mit dem Essen bei Tisch - es gibt mäklige Kinder, und natürlich kann man sich ein Kind auch so erziehen, dass es buchstäblich immer eine Extrawurst verlangt. Bei unserem Kindergarten wurde das so gehandhabt, dass die Kinder immer von allem mindestens einen Löffel probieren müssen, und wenn sie es nicht mögen, müssen sie danach nicht weiter essen. Wenn ein Kind mal etwas gar nicht mag, finde ich es auch OK wenn es etwas anderes isst. Vielleicht fragst Du das Mädchen auch dann und wann mal was sie gerne essen würde, dann findet sich bestimmt etwas was dann alle gerne essen.
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Buchenholz
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Beitrag von Buchenholz »

Mir kommen noch zwei Tipps in den Sinn.

Beim Essen eine Liste erstellen, welche 5 Nahrungsmittel jemand überhaupt nicht mag. Und die muss es überhaupt nicht essen. Jedenfalls mal für eine Zeit lang. Bei den anderen wird einfach probiert. Bei den eigenen Kindern kennt man deren Marotten. Bei den fremden muss man sich diese Erfahrung erst mal aneignen.

Dann beim Einkaufen und Belohnen.
Ich mag keine Quengeleien und verlange vom Kind, dass es sich im Laden benimmt. Es darf sich zwar irgendwie beschäftigen, dabei aber nichts durcheinanderbringen oder andere Kunden oder das Personal stören.
Als Belohnung, dass sie mir diese Zeit gönnt, schenke ich ihr nachher meine Zeit. Sei es, dass wir nachher auf einen Spielplatz gehen und dort Zvieri essen.
Sowas kostet nichts und ist viel wertvoller als etwas gekauftes.
tabida
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Beitrag von tabida »

Wenn man etwas Zeit hat:
z.B. aus einem Prospekt Bildchen ausschneiden, von dem, was man einkaufen muss und das Kind damit im Laden auf die Pirsch schicken, ob es denn auch das gewünschte findet. Braucht zwar etwas mehr Zeit, macht aber auch Spass :D
Buchenholz
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Beitrag von Buchenholz »

Und da kommt mir noch ein Gedanke.

Dein Kind ist erst 2 Jahre alt, jenes des Partners bereits 6.

Ich habe an mir auch schon festgestellt, dass mir das Verständnis für ältere Kinder fehlte. Und kaum war ich dann selber von diesem Entwicklungsstadium betroffen, sah ich die Situation aus einem anderen Blickwinkel.

Bei der Stiefmutter meiner Tochter ist das ganz deutlich ersichtlich. Sie fand damals meine Tochter als materiell verwöhnt. Jetzt hat sie ein eigenes Kind und das ist noch viel verwöhnter. :-)
Sie störte sich daran, dass Tochter angeblich keine Tischmanieren hatte. Und ihre Tochter darf jetzt auch Guetsli essen, wenn sie das Gekochte nicht mag. Das hätte bei meiner Tochter damals einen Aufstand fabriziert.


Du schreibst von Souvenir nach Hause nehmen. Was meinst du damit?


@ Tabida
Gute Idee. Das habe ich jeweils auch gemacht. Ich habe einfach den Einkaufszettel gezeichnet oder das Kind den Namen des Produkts abschreiben lassen. Mit 6 können sie bereits abkopieren und einige Buchstaben kennen sie bereits.
carlotta37
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Beitrag von carlotta37 »

Ich kann es schon verstehen, dass ein Wochenendpapa sein Kind auch verwöhnen will. Bedenklich finde ich zwar, wenn er sich dabei vor allem aufs Materielle verlegt. Aber sonst: wieviel Erziehung kann denn stattfinden alle 14 Tage??? Das ist schon wenig....und das liegt nicht an den Vätern sondern an dem "üblichen" Besuchsrecht, das meiner Meinung nach viel zu wenig ist.

An Deiner Stelle würde ich mich fragen, warum genau Dich ihr Verhalten so stört. Ist es wirklich so schlimm? Oder spielt da auch Eifersucht eine Rolle? Das gesteht man sich ja ungern ein, aber es ist doch oft vorhanden - gibt viele Beiträge dazu im Forum und ist auch nur allzu menschlich.
Wenn sie nur alle 2 Wochen bei Euch ist, wird Dein Kind schon unterscheiden lernen: was darf ma an diesen besonderen Wochenenden und was ist sozusagen das tägliche Leben. Schliesslich ist eine grosse Halbschwester auch ein Gewinn. Andere Kinder bringen aber immer auch Unruhe mit und andere Gewohnheiten, das ist nunmal so und betrifft nicht nur Stiefkinder. Meine Kids haben manche Gewohnheiten übernommen von den Jungs meiner Freundin und ich habe - weil wir eben mal zusammen gewohnt haben - auch Kompromisse gemacht und Dinge erlaubt, die ich sonst nicht geduldet hätte. In anderen Fragen haben dann wieder alle profitiert! Und in manchem hat sich auch meine Freundin mir angepasst. Letztlich war und ist es ein Gewinn wenn die 5 Kinder zusammen sind!
Ausserdem sind Kinder schnell alt genug, um verschiedene Bedürfnisse zu verstehen: wenn X zum Mittagessen nur Schokopuidding essen mag , gilt das nicht für alle. Jeder bekommt mal eine Ausnahme. Es ist unmöglich sie alle gleich zu behandeln, weil sie nicht gleich sind!
Babell
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Beitrag von Babell »

Hallo NeuesLeben

Wie Aisha sagt: Wehre den Anfängen!
Und das hier hat (ebenfalls Aisha) ganz schön aufgeschrieben:
Ich denke, deine Bedenken sind nicht aus der Luft gegriffen. Aber wie es eben ist, wenn man ein Kind nur am WE sieht, dann ist man wohl viel grosszügiger. Verstehe ich aus der Sicht des Vaters. Aus der Sicht des Kindes sieht das ganz anders aus. Das Hirn wird programmmiert auf "Papa WE", da gelten die Regeln nicht.
Weisst du, es ist schön, wenn man ein Kind verwöhnen darf, aber es sollte eine Ausnahme und etwas Besonderes sein.
Ja, es ist schön, wenn man ein Kind verwöhnen darf, aber ist das nicht die Rolle, die ein Götti inne haben darf? Ein Vater sollte seine Verantwortung wahrnehmen, auch wenn er nur alle-14-tage-Vater ist.


Du hast bestimmt nur die Spitze des Eisbergs aufgeschrieben, aber aus deinem Text spüre ich, dass da viel mehr passiert, als du beschreiben kannst. Es ist schwierig, diese Situation so zu beschreiben, dass man niemanden Unrecht tun würde und dass das Problem trotzdem als Problem erkannt werden kann.

Diese subtilen Machtspiele mit konkreten Beispielen zu belegen ist schlicht unmöglich. Ich kenne das ganz gut von meiner/unserer Situation und weiss, dass man allzu oft missverstanden wird.
Da hilft eine persönliche Beratung weit mehr, als ein Schreiben in einem Forum, jedenfalls wenn die Beratung gut ist und sie deinen Partner auch einbeziehen kann, wenn er dazu bereit ist.

Das andere was ich dir mitgeben kann: Erziehe trotz Deines Vorbehalts, dass du dich nicht in die Erziehung einmischen möchtest. Vergiss das mit der Nichteinmischung. Das ist falsche Scheu und falsch verstandener Individualismus. Wenn mehrere Menschen in einem Boot sitzen und niemand rudert, dann kommen alle nicht vorwärts. Also rudere du, erziehe du.

Wenn du nichts sagst (oder tust) und alles so hinnimmst, wie das Kind befiehlt, dann wirst auch du nicht mehr ernst genommen. Das Kind fühlt sich dann selbst nicht mehr ernst genommen, weil es ja spürt, dass du eigentlich etwas anderes denkst und fühlst, als du nach aussen vor gibst. Und wenn es sich nicht ernst genommen fühlt, wird es auch dich nicht ernst nehmen können.

Vergiss das mit dem "ich darf mich nicht einmischen, es ist ja nicht mein Kind" und vergiss vorallem das Märchen der bösen Stiefmutter! Das hemmt dich nur, nach Deinem Herzen zu handeln und nützen tut es niemandem, also vergiss dieses Märchen!
Anita

Beitrag von Anita »

hallo NeuesLeben

als ich vor 14 jahren über nacht zur patchworkerin wurde, begann auch bei mir die auseinandersetzung mit meinen und seinen werten...
schnell wurde klar, dass mich dinge stören, die mein mann nicht mal überdacht hatte oder für ihn einfach ok sind, wie sie sind.
es hat also MICH gestört.
als die beziehung immer mehr litt und auch mein gefühl zu den kindern immer ungemütlicher und sogar ablehnend wurde, wollte ich was ändern.
irgendwie habe ich gemerkt, dass ICH ja das problem hatte und nicht erwarten kann, dass sich darum alles rund um mich und für mich ändert.

über ein forum wie dieses hier, bin ich auf das gordon-training für eltern gestossen. der besuch dieses kurses hat mein leben wirklich TOTAL verändert :D

ich habe viel von meiner kommunikation verändert. zudem habe ich meine werte auch hinterfragt. manche sind noch da und manche konnte ich wirklich ablegen, weil ich erkannt habe, dass sie für mein leben nicht so wichtig sind, wie ich einst gedacht habe. das hat viel entspannung gebracht und ich verbrauche nicht mehr so viel energie und geniesse meine beziehungen :) .
zudem habe ich gelernt konflikte so anzugehen, dass die lösung für alle parteien stimmt. wir finden wirklich immer einen weg...

aber die wichtigste erkenntnis für mich war klar - MEIN PROBLEM.

alles gute
anita
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Beitrag von BabyOne »

Babell hat geschrieben: Wenn mehrere Menschen in einem Boot sitzen und niemand rudert, dann kommen alle nicht vorwärts. Also rudere du, erziehe du.

Wenn du nichts sagst (oder tust) und alles so hinnimmst, wie das Kind befiehlt, dann wirst auch du nicht mehr ernst genommen. Das Kind fühlt sich dann selbst nicht mehr ernst genommen, weil es ja spürt, dass du eigentlich etwas anderes denkst und fühlst, als du nach aussen vor gibst. Und wenn es sich nicht ernst genommen fühlt, wird es auch dich nicht ernst nehmen können.

Vergiss das mit dem "ich darf mich nicht einmischen, es ist ja nicht mein Kind" und vergiss vorallem das Märchen der bösen Stiefmutter! Das hemmt dich nur, nach Deinem Herzen zu handeln und nützen tut es niemandem, also vergiss dieses Märchen!
Hallo Babell,

das kann und wird irgendwann böse nach hinten losgehen. Ich habe jahrelang meinen Stiefsohn miterzogen, durchaus auch mit dem Einverständnis meines Partners. Sicher lässt es sich auch nicht immer vermeiden - man ist auch mal mit dem Kind alleine oder man muss schnell reagieren, dann handelt man eben und wartet nicht ab.

ABER: erstens war das für meinen Partner sehr bequem und er hat sich erst recht nicht veranlasst gesehen allzuviel erzieherisch einzugreifen, denn das habe ich ja schon gemacht. Also habe ich mit meinem Eingreifen im Grunde verhindert, dass das passiert was ich eigentlich wollte, nämlich dass der Vater das Kind mehr in meinem Sinne selbst erzieht.

Zweitens habe ich im Lauf der Zeit immer mehr die Rolle des Buhmannes bekommen - "jaja, die BabyOne ist dagegen, deswegen kann ich Dir jetzt keine Süßigkeit kaufen". Das läuft ziemlich subtil ab, ist dann aber für die Beziehungen untereinander tödlich. Das Verhältnis zum Stiefkind wird belastet und die Partnerschaft auch. Es bilden sich Fronten innerhalb der Familie.

Bei einem kleinen Kind ist es nicht so schwierig mit der Autorität, aber je älter es wird, desto eher stellt sich die Frage, wieso sollte dieses Kind eigentlich Anweisungen von jemandem befolgen, der nicht Mutter und nicht Vater ist? Aus welchem Grund sollte er tun was ich will, wenn er mich und ich ihn nicht besonders mag? Und warum sollte er mich und ich ihn mögen, wenn er nicht tut was ich von ihm will? Die Katze beisst sich in den Schwanz... nur wenn die Beziehung super ist, verkraftet sie es, dass man auch mal was sagt oder schimpft, aber wenn man das öfter tut, dann wird die Beziehung zum Kind irgenwann nicht mehr super sein. Bei Neues Leben ist sie es offensichtlich nicht.

Da ist es doch besser, man stellt die Verhältnisse vom Anfang an vom Kopf auf die Füße und tritt dem Vater in den Allerwertesten, damit er seine Aufgaben wahrnimmt.

Rückblickend würde ich nicht dazu raten, sich als Stiefmutter zu stark in die Erziehung einzumischen. Man muss unter Erwachsenen besprechen was für Ziele man verfolgt, und dann muss der Vater das mit seinem Kind umsetzen. Wenn er dazu nicht bereit ist, dann hat man als Stiefmutter ohnehin unter keinen Umständen eine Chance und es ist besser sich am Anfang einer Beziehung darüber klar zu werden, und daraus die nötigen Konsequenzen zu ziehen, als jahrelang mit einer Selbsttäuschung zu leben und irgendwann in den zwangsläufig entstehenden Konflikten unterzugehen.
Patch von 2002/2003 bis 2017
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