Das Bild der intakten Familie

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Minchen
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Das Bild der intakten Familie

Beitrag von Minchen »

Hallo ihr da,

in einem anderen Beitrag (Scheidungsthread) habe ich mehr mals gelesen dass ihr es schwer fandet das Bild der "intakten Familie " loszulassen.

Und dabei habt ihr genau mein Problem getroffen und deswegen wollte ich es hier mal ansprechen.

Ich weiss dass es in der heutigen Zeit nicht mehr das ideale Bild ist -> Mama, Papa und Kinder. Doch in meinem Kopf sitzt dieses Bild noch sehr fest, vielleicht auch da ich aus so einer intakten Familie stamme.

Mein Mann hat einen Sohn aus erster Ehe und zur Zeit tue ich es mir sehr schwer mit ihm, auch fällt es mir sehr schwer die vorherige Ehe zu akzeptieren, der Gedanke daran tut mir sehr weh.
Mir tut es unendlich weh wenn mich jemand fragt "hast du schon 2 Kinder?" Was dann antworten? "Nee, der grosse stammt aus erster Ehe meines Mannes?"

Ich würde mich freuen von euch zu hören wie ihr gelernt habt damit umzugehen? Wie habt ihr dieses Idealbild ablegen können?

Lg Minchen
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BabyOne
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Beitrag von BabyOne »

Hallo Minchen,

ehrlich gesagt - gar nicht.

Es IST schwer wenn da Bruchstücke aus einer anderen Familie (sprich: Kinder und Exfrau) da sind, die man irgendwie integrieren muss. Man kann vielleicht lernen es besser zu ertragen, und im Idealfall finden sich alle irgendwie ganz nett und unterstützen sich gegenseitig, aber ich denke es wird nie einfach werden.

Ich werde auch regelmäßig gefragt ob mein Stiefsohn mein Sohn sei, und auch mir ist dann immer unwohl, weil ich eigentlich gerne ein zweites eienes Kind hätte.

Deswegen träume ich auch immer noch von der Idealfamilie, auch wenn ich weiss dass ich das nie haben werde. Es wäre halt so viel einfacher, wenn nur...
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Plüsch
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Beitrag von Plüsch »

Für mich sind das wie zwei Paar Schuhe; meine Vergangenheit und seine.
Ich hatte lange grosse Mühe zu akzeptieren, dass ich gescheitert war, den Kindern nicht mehr das bieten konnte, was mir so viel wert war, nämlich eine intakte Familie mit Mami, Papi, Kind. Wie du komme ich aus einer "intakten" Familie, meine Mutter hat sich durchgekämpft und heute haben mein Vater und sie eine schöne Beziehung. Einfach wars aber auf keinen Fall immer! Aber sie hat nie aufgegeben! Und das waren die Werte, die ich auch vertreten wollte, zudem hingen meine Kinder am Papi und ich fand es schrecklich, dass er sich einfach nicht darum scherte!

Dann trat mein jetziger Mann in unser Leben, und heute bin ich glücklich, dass alles so ist, wie es ist. Er ist ein toller Stiefvater, die Kinder haben mehr von ihm als sie je von ihrem eigenen Vater hatten und heute noch haben. Und ich bin stolze "Mutter" von fünf Kindern, freue mich mit ihm, wenn seine Tochter eine Lehrstelle findet, sein Jüngster sich zärtlich an ihn kuschelt, der Mittlere bei Papa Rat sucht. Es sind nicht meine Kinder, ich liebe sie nicht wie eigene, aber sie gehören zu uns wie seine und meine Vorgeschichte. Diese Vorgeschichte ist einfach da, ich habe keine Probleme mit ihr. Einzig um etwas beneide ich seine Ex; sie durfte ihm Kinder schenken, mir blieb das verwehrt. Allerdings hat das auch Vorteile, unsere Beziehung wurde nie durch kleine Kinder, Aufstehen in der Nacht, Erschöpfung usw. belastet, und ich nehme das einfach als positiver Nebeneffekt der Situation an.

Dass wir manchmal Probleme haben mit dieser Patchwork-Situation hat für mich nichts damit zu tun, dass es zwei Vergangenheiten sind, die aufeinander treffen, sondern dass es verschiedene Vorstellungen von Erziehung, Werten usw. gibt. Und das gibt es ja auch in herkömmlichen Familien.

Aber im Unterschied zu euch habe ich zwei eigene Kinder, die anderen drei sind sozusagen eine Zugabe. Ich hätte mir zwar ein drittes Kind gewünscht, aber nicht von meinem Ex, mit seinem Desinteresse reichten zwei. Nach der Trennung dachte ich wieder ab und zu über ein drittes nach und hätte mir durchaus vorstellen können, nochmals Mutter zu werden, falls mir ein kinderloser Mann über den Weg gelaufen wäre. Das war nun halt nicht der Fall und für mich stimmt es so. Ich habe im Grunde genommen alles, was ich mir mal wünschte; einen lieben Mann und (Stief)Vater für meine Töchter, zwei tolle Kinder, ein harmonisches Familienleben.
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Minchen
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Beitrag von Minchen »

Danke ihr zwei.

Also bleibt wohl nichts als zu lernen damit umzugehen...hmm...

@Babyone: Bei mir ist es genauso, ich wünsche mir eigentlich auch noch ein zweites Kind.
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BabyOne
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Beitrag von BabyOne »

Hallo,

ich würde in Bezug auf meine Situation nicht vom Zusammentreffen von Vergangenheiten sprechen. Ich habe überhaupt kein Problem mit der Vergangenheit meines Partners. Im Gegenteil war ich seiner Exfrau und seinen Kindern gegenüber am Anfang ausgesprochen positiv eingestellt. Ich dachte mir, seine Ex hat er mal geliebt und sie waren lange zusammen, also kann sie doch kein böser Mensch sein.

Ich habe aber definitv immer wieder Probleme, wenn in der Gegenwart seine Exfrau oder seine Kinder unser Privatleben umkrempeln und in meinen Intimbereich eindringen. Und das sind eben nicht Dinge die es in allen Familien gibt.

Dass ich gerne noch ein Kind hätte, was aufgrund der Konstellation vor allem finanziell schwierig wäre, macht es sicher schwerer für mich. Was es aber fast noch schwerer macht, ist das vorhandene gemeinsame Kind. Solange unsere Tochter nicht da war, konnte ich mich bei vielen Dingen auch relativ neutral verhalten und war nicht so persönlich betroffen. Seit unsere Tochter da ist, kann ich vielen Dingen einfach nicht mehr so ausweichen wie früher.
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Beitrag von Minchen »

@Babyone: Das habe ich genauso erlebt. Unsere gemeinsame Tochter ist fast 9 Monate alt und seit dem ist vieles so komplizierter geworden. Vorher hab ich mich rausgenommen wenn wir nicht einer MEinung waren oder bin der Sache aus dem Weg gegangen doch nun ist auch das schwierig.

Wenn man mich vorher gefragt hast, hast du Kinder dann war meine Antwort eindeutig nein, aber nun ist es ja "aber nur ein eigenes".

Irgendwie muss es doch möglich sein, sich die Sache mit der intakten Familie aus dem Kopf zu schlagen. Doch im Moment schaue ich solchen Familien noch neidich hinterher...
Morpheus

Beitrag von Morpheus »

hallo zusammen,

die Frage nach "hast Du Kinder" beantworte ich meist unterschiedlich. Kommt darauf an wer fragt *b*.

GG ist manchmal so witzig und sagt: ich habe 3Kinder, meine Frau hat 3 Kinder, gemeinsam haben wir 2 und insgesamt sind es 4 Kinder :lol: :lol: :lol: :lol: :lol: :lol: :lol:

Ich sage meist: ja ich habe Kinder. 3Bauchkinder und 1 geschenktes :D

lg Morpheus
carlotta37
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Beitrag von carlotta37 »

Es ist ganz merkwürdig: manchmal bin ich auch beinah stolz auf unsere ungewöhnliche Familie...
Aber ich erlebe auch, man muss sich ganz stark lösen von dem, was als "normal" angesehen wird, Sprüche wie "das macht man doch so " ignorieren lernen.

So eine Zweitfamilie ist auch eine riesige Chance: es gibt so viele Kombinationen und Möglichkeiten, das Leben zu organisieren, dass das fraglose " wir machen es eben so, wie man es eben macht" entfällt und man sich sehr viel freier überlegen kann, wie man leben will.
Auch wenn ich es mir manchmal ungern eingestehe: zu mir passt das sehr viel besser, als meine Erstfamilie. Ich frag mich zwar manchmal, ob mit mir was nicht stimmt, aber die so in sich abgschlossene, kleine, heile Welt von Mama-Papa-Kind(er) passt mir gar nicht so sehr, das ist mir alles letztlich zu eng gewesen. Und heil war es eben auch nicht....nur nach aussen hin! Selber hab ich mich gefangen und eingesperrt gefühlt. Lag sicher einerseits am Verhalten meines Ex-Mannes, aber ehrlich gesagt nicht nur.

Die Zweitfamilie erlebe ich als viel offener und momentan enstpricht das sehr den Bedürfnissen meines Partners und mir....Was meine Kids betrifft bin ich mir manchmal unsicher. Meine Grosse hätte sicher gern nicht nur ihren Papa in der Nähe sondern eben auch diese heile Familie um sich.
Die Jungs geniessen die Offenheit dieser Strukturen eher.

Neulich zählte mein Jüngster auf, wer in seinen Augen alles zur Familie gehört und fand gar kein Ende: klar Mama, und Papa in Afrika, mein Freund natürlich auch und Oma und Opa und Ersatzoma hier in Zürich und natürlich meine beste Freundin und ihre Zwillinge (unsere Kinder sind während vieler Jahre fast wie Geschwister aufgewachsen - war eine Alleinerziehenden-Lebensgemeinschaft), und natürlich unsere Katzen. Nicht zu vergessen der Halbbruder in Paris, den sie nur von Photos kennen und die vielen Verwandten in Afrika....
Irgendwann wurde es ihm zu blöd und er meinte: "ach was, zur Familie gehören alle, die ich lieb habe".
Das fand ich sehr süss und sehr richtig...Davon können wir Erwachsenen mit unseren "heile-Welt-Vorstellungen" vielleicht was lernen!
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