Daddy Superstar

Fragen, Probleme und Sorgen...
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carlotta37
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Daddy Superstar

Beitrag von carlotta37 »

Vor Ostern hatten wir wieder Vaterbesuch für ein paar Tage. Nach der Vermittlung durch das Jugendsekretariat hatten wir Erwachsenen uns vorgenommen, einen neuen Anlauf zu starten und friedlich miteinander umzugehen. Das ist auch gelungen. Wir konnten miteinander reden über die Kinder, die Atmosphäre war entspannt und locker. Sehr angenehm für alle, denke ich, auch wenn es mich sehr angestrengt hat, die verschiedenen Bedürfnisse der drei Kinder bei diesem Besuch irgendwie zu vereinbaren....

Natürlich ging es auch um die Zukunft: wie und wann können die Kinder ihren Vater sehen? Er teilte mir mit, dass er dieses Jahr nicht mehr nach Europa kommt und auch nächstes Jahr ungewiss ist. Erstmal haben wir uns darauf geeinigt in langen Gesprächen, dass unsere dann fast 12jährige über Weihnachten das erste mal den Vater in Afrika besuchen darf. Wie es danach weitergeht, steht in den Sternen...

Die Kinder haben den Besuch sehr unterschiedlich aufgenommen und verarbeitet und die ganze Familie spürt das momentan sehr deutlich. Der 6jährige geht völlig locker damit um, hat sich gefreut seinen Papa zu sehen, aber leidet nicht unter Trennungsschmerz. Man merkt deutlich, dass er bei aller Freude dem Vater gegenüber noch ein wenig gehemmt ist, bei den seltenen Kontakten ja kein Wunder, da kann kaum wirkliches Vertrauen wachsen. Meinen Partner liebt er und lebt jetzt wieder völlig hier sein Leben mit Freunden, Kindsgi und uns.
Mein Mittlerer (fast 9) hatte ja bisher den Kontakt zum Vater komplett abgelehnt. Als der Vater da war, hat er zwar Kontakt aufgenommen, sich aber gleichzeitig auch deutlich abgegrenzt,wenn dieser ihm zu nahe kam. So hat er z.B.nichts von dem gegessen, was mein Ex-Mann gekocht hat (obwohl er diese afrikanischen Gerichte kennt und liebt!). Als wir den Vater am Bahnhof verabrschiedet haben und selber mit meinem Partner von dort in Urlaub gefahren sind, hat er sich bei ihm auf den Schoss gekuschelt und ist dort die zwei Stunden Zugfahrt geblieben....

Die Grosse hat jede Sekunde mit Papa verbracht, war sehr aufgewühlt und trauert seitdem sehr. Ihr Papa ist zum absoluten Superstar für sie geworden, den sie anhimmelt wie andere Teenies einen Popstar. Sie kann ihrLeben hier kaum noch geniessen,ihre Gedanken sind von früh bis spät bei Papa und meinen Freund lehnt sie seitdem noch extremer ab.

Sorgen macht mir, dass sie dadurch immer mehr zur Aussenseiterin in der Familie wird. Während die Jungs, mein Partner und ich immer enger zusammenwachsen und es sehr gut miteinander haben, grenzt sie sich ständig aus. Heimlich sind manchmal alle erleichtert, wenn wir sie bei unseren Unternehmungen nicht dabei haben, da sie se schafft, allen permanent die Laune zu ruinieren. Und dann schäme ich mich wahnsinnig, dass ich als Mutter so fühle....
Während Papa jetzt zum Halbgott erhoben wurde, ist mein Partner der Feind Nr. 1 geworden. Diese Haltung spürt man auch deutlich im Verhältnis der Geschwister untereinander, insbesondere sie und der Mittlere haben ständig Streit, der eindeutig von ihr augeht. Sie verlangt von ihren Geschwistern absolute Loyalität gegenüber dem Vater und ihr Bruder äussert seine Meinung nur allzu deutlich.

Für mich sind diese Themen extrem schwierig: ich sehe ihre Schwärmerei für den Papa auch als Zeichen der Pubertät und komme damit gut zurecht, aber ich kann auch dem Bruder nicht widersprechen, der sehr sachlich und klar seine Vorstellungen von einem Vater darstellt: Vater ist nicht jemand, der mich im Stich lässt und einfach ins Ausland abhaut, sondern jemand, der zuverlässig ist, mit mir Zeit verbringt, meine Bedürfnisse respektiert und für mich da ist.
So werden die Gräben zwschen den Geschwistern immer tiefer...

Mein Partner ist immer noch sehr geduldig, aber lustig ist die Situation für die Familie nicht und ich habe Angst, dass eine wirkliche Abneigung zwischen ihm und meiner Tochter ensteht auch von seiner Seite aus (ehrlich gesagt, weiss ich nicht, ob ICH so eine Engelsgeduld mit einer 11jährigen hätte an seiner Stelle.....ist schon bewundernswert...) und sich diese Gräben einfach irgendwann nicht mehr überbrücken lassen.

So, das war jetzt viel....Kennt Ihr das auch, dass die Familie sich so spaltet zwischen leiblichen Elternteil und neuem Partner? Dass ein Kind zum Aussenseiter wird? Wie geht Ihr damit um?
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Nin
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Beitrag von Nin »

Liebe Carlotta, ich kenne eine Situation wie die deine nicht direkt, denn bei mir sind die beiden Kinder in bezug auf meinen Partner sehr ähnlich gestrickt. Vielleicht wird das nicht ewig dauern.

Bei meiner Schwester ist es so, dass einer ihrer Söhne den Vater vergöttert und auch zu ihm ziehen will. Der andere - ein schwieriges, leicht autistisches Kind - hat überhaupt keinen Drang zum Papa.

Sie denkt immer öfer daran, den Grossen zum Vater ziehen zu lassen, zumal dort jetzt eine kleine Halbschwester lebt. Sie ist der Angriffe und Ablehnungen müde, der Kommentare über sie und ihren Freund, der Kritiklosigkeit gegenüber dem Vater. Mein Neffe ist in ein paar Tagen zwölf.

Bei ihnen sind die Distanzen Westschweiz/Brandenburg, das ist überblickbarer als Afrika....

Der Sohn, der den Vater vergöttert, lehnt auch den Lebensgefährten meiner Schwester vehement ab. Leider wird er von unserer Mutter, die die Kinder meienr Schwester sehr häufig betreut, darin sehr unterstützt, da der Lebensgefährte meiner Schwester sich für ihre Kinder weder interessiert noch einsetzt und unsere Mutter diese Haltung als mit einer Beziehung unvereinbar ansieht.

Auch, wenn die Situation anders ist, ich sehe einige Ähnlichkeiten. Und ich habe keinen Rat für dich, ausser, dass du nicht die einzige in einer solch schweren Zwickmühle bist.
Zuletzt geändert von Nin am 02.05.2009 20:15, insgesamt 1-mal geändert.
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Morpheus

Beitrag von Morpheus »

Liebe Carlotta,

bei uns hat sich die Sache wieder etwas beruhigt. Töchterchen wird vorerst bei mir wohnen bleiben, jedoch sind wir in Vorbereitung für eine andere Besuchs-Regelung.

bez. Deiner Tochter. Ich denke mit der Pupi kommt die Selbstfindung und die Wurzelsuche. Vielleicht durch die Distanz, die Hautfarbe und vielen kleinen Faktoren fühlt sie sich sehr zu Papa gezogen. Eigentlich aus Distanz gesehen gut nachvollziehbar.

Gut das sind Dinge die Du ja alle weisst und verstehst bzw. nachvollziehen kannst.

Auf der anderen Seite sind da auch einige andere Argumente.
Die Schulbildung die noch nicht abgeschlossen ist, unsere guten Lebensverhältnisse hier in der Schweiz, Du als Mutter und ihre Geschwister.

Ich weiss nicht ob sich Deine Tochter dieses "Spagat" klar ist. Falls ja würde ich das ganz sicher thematisieren.

Falls sie diesen Spagat noch nicht erkannt hat, dann fände ich wichtig das sie an diesen herantasten kann.

Unterschiede vom schweizerischen zum afrikanischen Recht sollte sie kennenlernen. Alles über das Land das ihr findet. Wieviel kostet z.b. ein Ticket nach Afrika, wie lange fliegt man, "Schulverpflichtung" hier in der Schweiz.

Versucht doch zusammen Strategien entwickeln wie, was, die nächsten Jahre laufen könnten. So fühlt sich Deine Tochter wahrgenommen, so kannst auch Du eine Sorgen und
Ängste deponieren und sie sanft daraufhinweisen, dass sie noch nicht handlungsfähig und mündig ist.

Damit ergibt sich vielleicht für Euch als Mutter-Tochter-Gespann andere Gesprächsthemen. Etwas realere Perspektiven für die Tochter und auch etwas Entspannung für Eure Familie.

toi, toi lg morpheusche Wesen :wink:
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Arabella
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Beitrag von Arabella »

Hallo Carlotta,

Dein einfühlsamer Bericht vom Besuch zeigt wiedereinmal deutlich, mit welchem Gefühls-Chaos 'unsere' Patchwork-Kinder immer wieder zurechtkommen müssen. Und wer muss das alles jeweils abfedern, auffangen, mittragen? Wir Patchwork-Supernannys!!!!
Hut ab vor all den Beteiligten.

Ich finde es ebenso mutig und wichtig für deine Tochter, dass sie zu ihrem Vater gehen darf. Ich bin überzeugt, dass sie es auch mit deinem Partner leichter haben wird, wenn sie gleichzeitig ihren 'Vatertraum' leben darf.

Hut ab!

Arabella
Habe fünf Kinder im Alter von 19,17,15,13 und 11. Die drei Grossen sind von meinem Mann aus erster Ehe. Die beiden Kleinen sind Gemeinsame. (Fast) alle leben seit über 10 Jahren bei uns - und das find ich toll!
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carlotta37
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Beitrag von carlotta37 »

Danke für Eure Antworten!
Wir leben munter weiter mit dem Schatten von Superdaddy, aber ch habe mich mal für ein Wochenende davon befreit und bin mit meinem Partner ohne Kinder in Italien gewesen - juhuu!!! Die Kinder waren bei ihrer "Ersatzgrossi" und ratet mal, wer vor Heimweh geheult hat? Ja, genau, die Grosse! Da sieht man mal,wie sehr sie noch Kind ist, trotz der coolen Sprüche und zur Schau gestellten Unabhängigkeit....

Morpheus, ich erzähle und erkläre meiner Tochter viel über das Thema Afrika und alles was dazu gehört. Es ist auch gut, dass wir darüber sprechen. Was sich nicht herbei zaubern lässt, ist eine echte Perspektive für sie, denn die Flüge sind extrem teuer (es ist ja kein Touristenland, da gibts keine billigen Angebote, mit 1500CHF muss man mindestens rechnen!). Weder ihr Vater noch ich werden ihr regelmässig solche Reisen finanzieren können! Davon dass sie auf Dauer beim Vater leben könnte, ist gar keine Rede - er wird das nicht wollen. Ich dachte mal an ein Austauschschuljahr in ein paar Jahren, aber das lehnt er vehement ab, die Schulen dort sind nicht so gut (findet er) und ich nehme an, er ist auch einfach nicht an der Verantwortung interessiert, sich dort um ein junges Mädchen kümmern zu müssen....Es bleibt also bei sehr seltenen Besuchen, das weiss auch meine Tochter, aber es wird schwer fr sie, damit umzugehen.
Was man so fast gar nicht ausleben kann, vermisst man umso mehr, oder?

Nun lassen wir sie erstmal reisen, möglicherweise bringt sie das ja auch schon etwas auf den Boden der Tatsachen zurück. Sie wird sehen: auch Papa hat eine Partnerin dort, nicht alles ist toll und paradiesisch, vieles ganz anders als sie sich vorstellt. Es wird anstrengend und aufregend für sie, ich hoffe, insgesamt wird sie es geniessen können, aber auch alles in etwas realerem Licht sehen können (ihr Vater hat zwei Hunde, sie natürlich super aufgeregt und begeistert. Jetzt kam ein Bild von den Tierchen: es sind Wachhunde, tagsüber im Zwinger, nachts im Hof, recht gross, gefletschte Zähne....oh je, da war sie enttäuscht und ängstlich....habe ihr erklärt, dass Hunde in Afrika eben so gehalten werden und keine Spiel und Schmusekameraden sind....). Wie sagen die Landsleute ihres Vaters immer so schön: on verra....
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Nin
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Beitrag von Nin »

Wenn ich fragen darf, aus welchem afrikanischen Land kommt denn der Vater der Kinder?
Nicht Schöneres unter der Sonne als unter der Sonne zu sein.
carlotta37
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Beitrag von carlotta37 »

Klar darfst Du fragen, Nin! Der Vater kommt aus Benin, ein kleines westafrikanisches Land zwischen Nigeria und Togo. Ich kenne Land und Leute recht gut....
Morpheus

Beitrag von Morpheus »

Liebe Carlotta,

ich finde Du machst das einfach gut!

Schau, mehr als die Brücke bauen zwischen Träume und Realität, zwischen Theorie und Praxis, mehr kannst Du nicht machen.

So wie sie die Erkenntnis mit den hunden hatte, wird es sicher im Verlauf der Jahre noch einige geben.

lg Morpheus
carlotta37
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Beitrag von carlotta37 »

Täglich lehnt meine Tochter meinen Partner nun mehr ab. Und sucht inzwischen in ihrem Vater einen Verbündeten, beschwert sich bei ihm über meinen Freund und er ermutgt sie natürlich in ihrer Abneigung.

Am Wochenende war ich extrem gereizt, die Stimmung ist einfach dauerhaft ein paar Grad unter Null und alle leiden darunter. Tochter selber sicher auch....aber auch die Brüder, mein Freund und ich. Bisher habe ich es geschafft, mich zurückzuhalten, mein Freund muss und darf gewisse Dinge mit ihr auch selber klären und sie mit ihm (was sie aber nicht tut, sie redet nicht mit ihm - nicht mal ein einfaches Hallo). Aber neuerdings ist sie auch zu mir, wann immer er da ist, grenzwertig unverschämt und aufsässig. Es ist überhaupt keine normale Kommunikation mehr mit ihr möglich.

Kaum ist mein Freund aus der Tür, hab ich dann wieder meine grosse, liebe, hilfsbereite Tochter zurück.
Auch mit mir verweigert sie das Gespräch über diese Themen.

Wir können uns alle kaum noch vorstellen, mit ihr gemeinsame etwas zu unternehmen. Die Brüder wollen sie nicht mehr dabei haben bei Ausflügen oder Urlauben. Ich bin angespannt, wenn sie da ist. Am gelassensten bleibt erstaunlicherweise mein Partner, aber auch er wird inzwischen manchmal wütend.
Als Mutter erschreckt es mich wahnsinnig, wenn ich mich bei dem Gedanken ertappe: soll sie doch zu ihrem Papa gehen. Würde er in Europa leben, ich hätte nichts dagegen, dass sie zu ihm zieht, wenn sich nicht irgendwann hier mal was ändert.
Ich liebe meine Grosse so sehr, aber ich kann sie ja nicht zwingen....
Und alles Verständnis, alle Rücksichtnahme, scheinen ihr nicht zu helfen in ihren inneren Kämpfen....
steff
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Beitrag von steff »

Liebe Charlotta,
das kann so zermürbend sein......
Ich habe meine grosse Liebe wegen zu viel Wiederstand einer meiner Töchter aufgegeben. Ich habe diesen Zustand nicht mehr ausgehalten.
Die folgenden neun Monate habe ich nicht weniger gelitten, obwohl der grosse Druck von seiten meiner Tochter weg war.

Nun, Heute sind wir wieder zusammen, und wir alle haben nur gelernt daraus.
Meine Tochter hat sogar mal zu ihrem Vater gesagt, sie wisse schon gar nicht mehr, was sie gegen meinen Schatz hatte, der die Liebe in Person ist. Zu mir hat sie gemeint, es müsse einfach eine Phase von ihr gewesen sein, und es täte ihr sehr leid.

Kannst du deiner Tochter begreifflich machen, dass dir deine Kinder nur "geliehen" sind in diesem Leben, und dass alle mal selbständig sein werden, und du dann unter Umständen alleine dastehen würdest, wenn du dich von deinem Partner wegen ihr trennen würdest?
Dass du wie deine Kinder, ein Recht auf "erwachsenenliebe" hast? Deine Kinder schencken dir schon ihre Liebe, aber das ist nicht vergleichbar.
Du hast ein Recht darauf, glücklich zu sein.
Und alle müssen gewisse Dinge respektieren.
Erklär deiner Tochter vielleicht, wie es für sie sein würde, wenn du dich ihrem Freund (wenn sie einen hat) gegenüber so abweisend verhalten würdest, wie sie es tut. Wie sehr es sie und ihren Freund stören würde und keiner mehr wohl wäre in der Situation.

Ich versuche bei meinen Kindern immer, Vergleiche zu finden, damit sie etwas besser verstehen oder erkennen können.
Ich hoffe, du hast den Durchhaltewillen und deine Tochter einen guten Moment der Einsicht. Wie alt ist deine Tochter? (will nicht alles nachlesen gehen.....lach)
Ich grüsse dich lieb. Steff
Unsere Träume können wir erst dann verwirklichen, wenn wir uns entschliessen, daraus zu erwachen.
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