Erwartungen in der Partnerschaft an einen (Stief-) Elternteil. Gedanken

Fragen, Probleme und Sorgen...
Antworten
Babell
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 906
Registriert: 21.05.2010 15:04

Erwartungen in der Partnerschaft an einen (Stief-) Elternteil. Gedanken

Beitrag von Babell »

Bei unserem gemeinsamen ersten Kind, sein drittes, gehen bei uns die Empfindlichkeiten hoch. Bestimmt oder vielleicht - mag er dieses Kind genauso wie alle anderen Kinder und es ist bloss meine Empfindlichkeit, meine speziell ausgefahrenen Antennen, die sofort den Alarm zur Verteidigung ausrufen, wenn er das Kind nicht auf Händen trägt oder mit den Samthandschuhen anfasst, mit denen er in meinen Augen dieses Kind in dieser speziellen Sandwich-Position einfühlsam begleiten müsste. Ein besonders verantwortungsvoller Vater sollte er diesem Kind sein.
So geht es oft den Stiefmüttern mit ihren Partnern, wie es vermutlich meinem Mann mit mir geht.

Aber wie komme ich da raus?

Oder bedarf es einfach der Zeit?
Ist es sogar eine Notwendigkeit, um den Platz des Kindes zu verteidigen?

Ich vermute, dass ich vorallem aus einem Gedankenkonstrukt heraus mein erstgeborenes Kind so sehr verteidige. Es ist die Idee, dass es weniger geliebt werden könnte, weil es nicht den Platz des Erstgeborenen beim Vater inne hat.

Die empfundene Zurückweisung als Partnerin übertrage ich somit aufs Kind.
Benutzeravatar
Ria
Moderatorin
Moderatorin
Beiträge: 537
Registriert: 20.03.2010 07:41
Wohnort: Stäfa
Kontaktdaten:

Re: Erwartungen in der Partnerschaft an einen (Stief-) Elternteil. Gedanken

Beitrag von Ria »

Hallo Babell

Beim Durchlesen deines Beitrages kommen mir folgende Gedanken in den Sinn:
  • Deine Gefühle lassen sich nicht einfach durch deine vernünftigen Gedanken "wegmachen" - wie menschlich und verständlich!
  • Ich vermute, dass ich vorallem aus einem Gedankenkonstrukt heraus mein erstgeborenes Kind so sehr verteidige. Es ist die Idee, dass es weniger geliebt werden könnte, weil es nicht den Platz des Erstgeborenen beim Vater inne hat.
    Als ich mein zweites Kind erwartete, konnte ich mir auch nicht vorstellen, dass ich ein weiteres genauso gern haben könnte wie das Erste. Aber nachdem es auf der Welt war, hatte ich daran keine Zweifel mehr. Unser Herz ist nicht begrenzt, es kann jedes weitere Kind genauso lieben! :)
  • meine speziell ausgefahrenen Antennen, die sofort den Alarm zur Verteidigung ausrufen, wenn er das Kind nicht auf Händen trägt oder mit den Samthandschuhen anfasst
    so geht es so vielen von uns, wenn wir Mütter werden, dass wir unsere leiblichen Kinder wie Löwinnen verteidigen wollen, wenn wir meinen, sie würden zu hart angepackt.
    Das Problem dabei ist, dass wir uns damit zwischen die beiden stellen und damit im Weg sind für eine gute Beziehung, die sie miteinander aufbauen können. Damit machen wir es den Kindern schwer, weil sie es uns dann nicht uns beiden rechtmachen können.
    Was sie dann brauchen ist: ZUTRAUEN, dass sie das schaffen, auch wenn es nicht immer angenehm ist.
    Und was dafür sehr gut funktioniert ist, wenn sie mit dem Vater auch Zeit allein verbringen können, wo wir nicht dabei sind.
  • Die empfundene Zurückweisung als Partnerin übertrage ich somit aufs Kind.
    Weshalb fühlst du dich als Partnerin zurückgewiesen?
  • Was ist es, was diese Situation bei dir so triggert? Gibt es etwas, das du erlebt hast, das dich denken lässt, dass du zu kurz kommst? Und damit auch dein Kind? Ich mache die Erfahrung und beobachte immer wieder, dass uns besonders in Patchworkfamilien unsere ungelösten alten Geschichten gnadenlos um die Ohren gehauen werden. :cry: Da kommen wir nur raus, wenn wir uns dem stellen und mit unserer eigenen Geschichten und dem, was wir erlebt haben Frieden schliessen. Aber das ist natürlich nicht so einfach, wir leben ja schon lange damit und haben viele Beweise dafür gesammelt, dass unsere Interpretationen "wahr" sind.
Ich habe jetzt einfach drauflos phantasiert und weiss nicht, ob du etwas daraus brauchen kannst.
Ich wünsche dir und deiner Familie auf jeden Fall ganz viel Gfreuts, sonnige Gelegenheiten, das traumhafte Wetter zu geniessen und grüsse dich von Mutter zu Mutter ganz herzlich
Seit 27 Jahren Patchworkfamilienfrau und Coach für solche :-)
http://www.coacheria.ch
Babell
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 906
Registriert: 21.05.2010 15:04

Re: Erwartungen in der Partnerschaft an einen (Stief-) Elternteil. Gedanken

Beitrag von Babell »

Hallo Ria

Das ist sehr treffend!
Aber das ist natürlich nicht so einfach, wir leben ja schon lange damit und haben viele Beweise dafür gesammelt, dass unsere Interpretationen "wahr" sind.
:wink:

Wenn das zweite Kind da ist, dann dreht sich ja meistens doch noch alles um das Erste: es beschäftigen, damit man Stillen kann, Mittag essen, Kind rügen, ihm zuhören, die ersten Zeichnungen bewundern. Ich hatte zeitweise auch ein schlechtes Gewissen gegenüber dem Zweiten, dass es so oft einfach mitgenommen wurde. Die Grossmutter bestand auf ihre Betreuungszeiten und ich brachte das Neugeborene mit dem grossen Geschwisterkind dorthin und mit dem Neugeborenen wieder zurück, je 20 Minuten Autofahrt. Das Kind weinte oft auf dem Rückweg und ich musste irgendwo auf einem Parkplatz anhalten um zu Stillen. Das ist etwas, was noch lange zwischen meiner Mutter und mir stehen wird. Solange bis sie es einsieht, denn bei allem um meine Kinder gebe ich nicht nach. Sie fand es nämlich besser für das Dreijährige, wenn es weiterhin zweimal die Woche bei ihr sei, damit ich mich um das Kleine kümmern könne. Wie so oft bei Grossmüttern, meinte sie es ja nur gut, doch ich konnte mich besser entspannen, wenn wir alle beisammen waren. Das Zweite war so ein pflegeleichtes, fröhliches Baby und diese weinenden Autokilometer, dann noch auf der Autobahn, wo man nicht anhalten kann, wären nicht nötig gewesen. Also bot ich der Grossmutter an, unser Kind bei uns zu hüten, worauf sie jedoch, beleidigt, da sie sich überflüssig, "alt" und unerwünscht fühlte, ablehnte.

Da hätten wir es auch wieder, das "unerwünscht"..

Warum ich bei meinem Mann die Erwartungen eher hoch halte? Ich beschäftige mich im Moment mit der Review über die Bücher, die ich in der Kindheit gelesen hatte und welche Prägung sie hinterliessen. Da gibt es schon Parallelen zu Heldengeschichten und Liebesgeschichten. Die Welt verbrannte ringsherum, aber der Prinz rannte nochmals ins Feuer und rettete seine Auserwählte, für die allein er Augen hatte. Ich hatte mich jahrelang mit Hilfe einer Therapeutin über Elternhaus und Schule unterhalten, aber dass man auch via Fernsehen, Heftlein und Bücher geprägt wird, beachteten wir nicht in unserer Analyse.
Liebe Grüsse
Antworten