Die Bedeutung von Alltag

Alles rund um die Partnerschaft
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Nin
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Die Bedeutung von Alltag

Beitrag von Nin »

Ich denke schon seit Wochen daran, ein Thema darüber aufzumachen und euch mal zu fragen, was für euch und in eurer Partnerschaft Alltag bedeutet. Nicht nur, wie er organisiert ist - auch das ist ein interessantes Thema - sondern vor allem, wie ihr ihn erlebt.

Dabei denke ich auch daran, dass mir zum Beispiel eine "Auszeit" nicht viel hilft: ich weiss, dass mein Partner und ich uns sehr gut bis ausgezeichnet verstehen, wenn wir zu zweit oder auch mit Kindern in den Ferien sind. Was zählt, ist der Alltag, dieser zähe Fluss von frühem Weckerklingeln und endlosen Waschmaschinen, Autofahrten und zuwenig roten Kulis (in einem Lehrerhaushalt ganz wichtig!). Natürlich ist er das Schwerste -aber auch der Fundus, aus dem ich zehre, das, was laufen muss, damit das Leben lebens- und liebenswert ist.

Wie seht ihr das? Kraftquelle oder nur Trott? Beziehungs- und Romantiktöter oder Raum für schöne Erlebnisse? Was bedeutet euch euer Alltag?
Nicht Schöneres unter der Sonne als unter der Sonne zu sein.
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Delphia
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Beitrag von Delphia »

Hallo Nin

Philosophische Frage! Mmmmmhhh lass mal überlegen...

Genau das ist es: Der Alltag ist immer da und kaum Zeit für Muse und Gedanken baumeln lassen. Deshalb muss ich es mir überlegen. Melde mich dann wieder... ;-)
Delphia
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Probleme? nein! Herausforderungen: ja :-), manchmal aber völlig hoffnungslos...
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Ria
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Beitrag von Ria »

Hallo Nin
Alltag in unserer Partnerschaft hat wieder einen breiteren Platz erhalten, seit nur noch zwei erwachsene Töchter (18 und 20) bei uns wohnen. :)
Konkret ist mir unser gemeinsamer Morgenkaffee, wo wir einander über Gott und die Welt erzählen sehr wichtig. Zum Glück geht mein Mann als letzter aus dem Haus und dies ist normalerweise erst um 8.30 Uhr.
Abends verschwinden die Jungen nach dem Essen und der Abend gehört auch uns. Zwar verfolgen wir dann auch verschiedene Interessen, aber wenn wir wollen, ist genug Zeit und Raum zur Verfügung.

Einen Tag die Woche hüten wir gemeinsam die Enkelkinder, damit die jungen Frauen einen Fuss in der Arbeitswelt behalten können.
Kürzlich, als ich beim Hüten die jüngste auf dem Arm hielt, hat mich eine Tochter gefragt, welches Alter der Kinder mir das Liebste sei. Da wurde mir bewusst: Wenn sie erwachsen sind, uns auf Augenhöhe begegnen, ihre eigenen Wege gehen und dazwischen auch bei uns vorbei kommen: Da fühle ich mich frei, wirklich gut für mich zu schauen, und als glückliche Frau bin ich für meinen Partner attraktiv, was er mich auch spüren lässt. :)

Als die Kinder noch präsenter waren, erschufen wir uns private Zeit, wenn wir ein Schild an die Wohnzimmertür hängten, um zu signalisieren, dass wir ungestört sein wollten. :wink:
Zusätzlich hatten wir auch kinderfreie Wochenenden und Ferien, dank der Patchworkfamilien-Situation.
Seit 27 Jahren Patchworkfamilienfrau und Coach für solche :-)
http://www.coacheria.ch
aisha

Beitrag von aisha »

Alltag in Harmonie erelben bedeutet für mich, dass es einfach "funktioniert" und ich spüre, dass alle an diesem "funktionieren" Interesse haben.

Wenn ich nicht von der Arbeit oder so heimkomme und nachfragen muss, ob die Katze gefüttert ist oder ob die Spülmaschine ausgeräumt ist... ein Hand in Hand, das ist für mich Alltag.
Wenn das funktioniert, dann bin ich ausgeglichen, ansonsten steigt der Reizzustand bedrohlich an, denn ich erhebe keinen Anspruch darauf, hier der "Dorfälteste" zu sein und für alle zu denken.

Darum helfen auch mir Auszeiten nicht besonders.
carlotta37
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Beitrag von carlotta37 »

Liebe Nin,

das ist ein sehr aktuelles Thema für mich: denn mein Partner sieht Alltag in einer Beziehung (egal ob mit Kindern oder ohne) als eher hinderlich, als belastend und als den Teil des Lebens, den besser jeder allein meistert.
Als wir uns kennengelernt haben, hatte ich nicht so sehr das Bedürfnis nach gemeinsamem Alltag und habe das akzeptiert. Mein Alltag mit den Kindern lief gut, vermisst habe ich einen Partner vor allem in den schönen Momenten des Lebens: Urlaube, Feiertage, freie Abende und auch jemanden, der Anteil nimmt in den schönen Momenten mit den Kindern.

Erst im Lauf der letzten 4 Jahre ist mir klar geworden, dass ich zwar den Alltag mit meinen Kindern allein meistere, dass aber darüber hinaus keine Zeit bleibt. Mein Leben IST Alltag. Und tatsächlich müssen menschliche Beziehungen Teil dieses Alltags sein, damit ich sie überhaupt leben kann - egal ob das Freundschaften oder Partnerschaft ist.
Eine Beziehung ohne Alltag, das funktioniert für mich schon aus ganz praktischen und organisatorischen Gründen nicht mehr.
Mein Partner hatte immer Angst, dass man sich im Alltag aufreibt und die partnerschaftliche Ebene verliert - in unserer Beziehung ist genau das passiert, WEIL wir keinen Alltag teilen.
Denn das tägliche Leben, da finden doch ganz spontan und ungeplant auch die schönen Momente statt....schon an meinen Kindern spüre ich das: ein lustiges und überraschendes Gespräch beim Mittagstisch, kleine Gesten untereinander und mir gegenüber der Hilfeleistung und Anerkennung, die geteilte Freude über ebenso Alltägliches wie ein besonderes Erlebnis in der Schule oder Freizeit, Freunde zu Besuch, auch Tränen trocknen zwischendurch und das Gefühl, sich zu verstehen. All das bindet aneinander und all das ist spontn und unplanbar. Und genau das fehlt, wenn man keinen Alltag teilt...

Ob ich wirklich selber bereit wäre, einen Mann an unserem alltäglichen Leben zu beteiligen, weiss ich nicht und diese Frage lässt sich auch in der Theorie nicht beantworten. Aber ich weiss, dass ich eine so ganz und gar "alltagsfreie" Beziehung nicht mehr eingehen würde.

Insofern stimme ich Dir zu, Nin, was helfen kleine Ruhepausen und Auszeiten? Zuhause und geborgen ist man da, wo sich das tägliche Leben abspielt.
Buchenholz
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Beitrag von Buchenholz »

Mein Alltag und deiner ist vermutich nicht zu vergleichen. Mit deinem Job, Kinder und Haushalt bist du sicher mehr ausgelastet als ich, die zu Hause Teilzeit arbeitet und jeden 2. Abend kinderfrei hat.

In den letzten Jahren habe ich verschiedene Varianten von Alltag erlebt. Jener mit meinem Ex-Mann war langweilig. Immer das gleiche, keine Abwechslung, 7 x pro Woche Fernsehabend. Wollte ich, dass etwas läuft, dann musste ich was für mich organisieren. Und das war meist ohne Mann.

Dann war ich alleine mit Tochter in einem Mehrfamilienhaus und da war immer was los. Das hat mir gefallen.

Tja und dann zog ich mit meinem Partner zusammen und Alltag bestand die ersten Jahre aus Scheidungskampf. Seine Ex dominierte unser Leben. Unsere Zeit wurde bestimmt durch die Jungs. Kommen sie oder eben nicht oder anders. Das ständige flexibel und spontan sein MÜSSEN, hat uns fertig gemacht. Es war, als ob andere über das WIE unseres Alltags verfügten. Wir waren die Marionetten. Und jeden Abend wälzten wir irgend ein Problemthema rund um die Jungs oder die Ex.

Seit dem Scheidungsurteil und seit die Jungs weniger kommen ist Ruhe eingekehrt. Heute geniessen wir den langweiligen Alltag. Die immerkehrenden Rituale oder Traditionen sorgen für einen entspannten Tagesablauf und geben uns Sicherheit. Heute können wir unsere Auszeit-WE geniessen ohne schlechtes Gewissen.
Es ist gut möglich, dass wir uns in ein paar Jahren wieder einen anderen Alltag wünschen.
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Nin
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Beitrag von Nin »

Wir beide wollten ja sehr schnell zusammenziehen und einen gemeinsamen Alltag erleben, mit allen Höhen und Tiefen. Jetzt leben wir seit viereinhalb Jahren im gleichen Haus... und ich kenne meinen Partner fiebrig, ungewaschen, ungekämmt, mit schmutzigen Socken und Magen-Darmgrippe... einfach vollständig.

Und ich bin glücklich darüber.

Alltag ist der Zeitraum, in dem ich vollständig bin: Mutter, Lehrerin, Frau, Geliebte, Putzfrau, Köchin... je nach Tageszeit. Meine Partnerschaft hat Platz für alle diese Facetten. Ich kann mich hinlegen, wenn ich Migräne habe und meine Junges bekommen zu essen. Ich muss gegenüber meinem Partner keinen einzigen Bereich meines Lebens und meiner Persönlichkeit ausgrenzen und das gibt eine sehr grosse Geborgenheit.

Ich weiss noch, als ich ausgezogen bin und mein Ex-Mann mir vorhersagte, in zwei Jahren sei alles vorbei, wenn ich erst mal seine Socken waschen müsse, sei der "prince charmant" weniger charmant. Das Gegenteil ist der Fall... ein Mann mit dem das Einräumen von Socken in eine "Sockenschlacht" ausarten kann, der mir meine Lieblingscornflakes in Frankreich einkauft (und deswegen so tut, als habe er am Samstag das Einkaufen vergessen...) - den muss man doch einfach lieben!

Und so ist der Alltag ein Fundus, auch der Moment, auf den ich mich schon freue, wenn ich müde aus der Schule komme, die unendliche Vertrautheit und Sicherheit, einfach ankommen zu können an einem Ort, an dem keine Maske nötig ist.
Nicht Schöneres unter der Sonne als unter der Sonne zu sein.
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Delphia
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Beitrag von Delphia »

Sockenschlacht = witzige Idee :lol: und 8)
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