Was ist eigentlich "gutes" Patchwork?

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Plüsch
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Was ist eigentlich "gutes" Patchwork?

Beitrag von Plüsch »

Aufgrund einiger Threads hier im Forum habe ich mir letzthin überlegt, was eigentlich eine "gute" Patchworkfamilie ausmacht. Oder vielleicht müsste ich eher sagen, eine gut funktionierende Patchworkfamilie. Ist das eine Wohngemeinschaft zweier Erwachsenen in einer Beziehung, die zufälligerweise noch Kinder haben? Ist es eine Familie, in der alle Erwachsenen gleichberechtigt sind? Sind es zwei Halbfamilien, die eine Art WG bilden? Wann funktioniert Patchwork? Wann eher nicht?
Ich habe mir auch überlegt, was wir denn hier zuhause haben. Generell funktioniert es bei uns. Aber warum? Und wann funktioniert es nicht?
Haben die Expartner auch eine Rolle inne in dieser Patchworkfamilie? Wenn ja, welche? Und sollten sie wirklich eine Rolle spielen oder nicht?
Ich stelle fest, dass oft Knatsch aufkommt, wenn die Exen mehr Einfluss nehmen als nötig. Dies ohne ihr eigenes Zutun eigentlich, wir lassen zu, dass sie Einfluss haben.
Oder dass wir Zoff bekommen, wenn mein Mann meint, er müsse meine Kinder so erziehen, wie er es möchte, ich aber etwas partout nicht will. Ist das Patchworkkram oder normaler Familienwahnsinn? Wieviel Kompromiss ist nötig? Wo nicht?

Ich bin gespannt, welche Gedanken da zusammenkommen.
Wir patchworken seit Sommer 2006
sofia
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Beitrag von sofia »

Hallo Plüsch,

ja, da tun sich Fragen über Fragen auf. Viele Probleme bei Patchwork tauchen auch in einer Beziehung mit gemeinsamen Kindern auf. Erziehungsstil, das Erfüllen von Bedürfnissen, Umgang mit Grenzen, usw. Das will miteinander abgestimmt sein. Nur, bei Patchies sind noch mehr Parteien betroffen.

Ich denke, die Kinder meines Partners haben es gut bei uns. Ihn plagt aber oft das schlechte Gewissen und die Sehnsucht nach den Kindern, die am WE und in den Ferien bei uns sind. Für mich kommt die Paarebene zu kurz, da er beispielsweise die Kinder nicht allein lassen will, auch wenn sie mal eine Woche bei uns sind. In meinen Augen ist es normal, dass Eltern sich ein paar Stunden als Freiraum nehmen und es ginge im Alter von 10,12 (seine) und 14 (meiner). Ich habe den Verdacht, er hat Angst, dass die Kinder das Interesse an ihm verlieren, und will daher möglichst alle Wünsche erfüllen. Er kann sie auch nicht lange alleine draussen spielen lassen. Eigentlich ein Verhalten, das sonst eher den Müttern nachgesagt wird. Wir zwei Erwachsenen haben da unterschiedliche Bedürfnisse.
Sofia
carlotta37
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Beitrag von carlotta37 »

Das ist doch immer wieder die Frage..... 8)

Ich glaube aber schon, dass es eine ganze Reihe der Probleme, die hier im Forum so besprochen werden, auch in "Erstfamilien" gibt. Kommunikation und Pflege der Partnerschaft ist auch da nötig, Einigkeit über die Erziehung der Kinder nicht immer selbstverständlich! Und meine pubertierende Tochter ist mir gegenüber nicht unbedingt viieeel besser gelaunt als gegenüber meinem Freund, den sie ablehnt.... :roll:
Patchwork bringt zusätzliche Herausforderungen und noch mehr beteiligte Personen!

Aktuell bin ich auch wieder an dem Thema dran, wie Lebenssituation und Beziehung zusammen passen. Für mich persönlich stellt sich immer wieder eher die Frage, ob ich nicht besser mit meinen Kindern die nächsten Jahre noch ganz allein leben würde als mit Partner. Wenn ich mich aber an meinen Ex-Mann erinnere, ist das was wir jetzt haben schon paradiesisch..... :D
aisha

Beitrag von aisha »

mache jetzt eine Therapie. Dort wurde mir gesagt, dass es in einer Patchworkfamilie noch viel mehr darauf ankommt, dass man als Paar absolut einig zusammensteht.
Dass die Kinder hierarchisch jederzeit und eindeutig unter den Eltern bzw. Paar stehen.
Es darf nicht sein, dass Kinder die Beziehung dominieren, dies bringt jede Beziehung zu Fall.
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BabyOne
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Beitrag von BabyOne »

Ich finde diese Frage nicht einfach zu beantworten. Eine wirklich gute Patchwork-Familie kenne ich nicht - wir hatten zuerst massive Probleme mit der Ex und der Scheidung, und jetzt haben wir Probleme miteinander. In meinem Bekanntenkreis außerhalb des Internet sind wir die einzigen mit so einer Familienkonstellation, alle anderen sind in erster Ehe verheiratet oder nicht verheiratet, aber eben Vater-Mutter-Kind.

Vielleicht kann man es mit dem Unterschied zwischen Mensch-ärgere-Dich-nicht und Schach vergleichen - die Komplexität ist einfach bedeutend größer. Es scheint, dass man in der ersten Ehe genauso wie beim Mensch-ärgere-Dich-nicht einfach drauflos läuft und hofft dass man genügend Glück haben wird um es ins Häuschen zu schaffen, aber in der Patchworkfamilie muss man alles möglichst weit im Voraus durchdenken wie beim Schach.
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Anita

Beitrag von Anita »

aisha hat geschrieben:mache jetzt eine Therapie. Dort wurde mir gesagt, dass es in einer Patchworkfamilie noch viel mehr darauf ankommt, dass man als Paar absolut einig zusammensteht.
Dass die Kinder hierarchisch jederzeit und eindeutig unter den Eltern bzw. Paar stehen.
Es darf nicht sein, dass Kinder die Beziehung dominieren, dies bringt jede Beziehung zu Fall.
"einig" heisst aber nicht unbedingt gleicher meinung.
ich kann auch ZU jemandem oder einer sache stehen und trotzdem eine andere einstellung dazu haben. einfach weil mir das bedürfnis des anderen auch wichtig ist. ich finde das noch einen wichtigen punkt ;)

alles gute mit der beratung - mich haben solche anregungen immer weiter gebracht - egal in welche richtung :)
lapislazuli
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Beitrag von lapislazuli »

Das "Problem" (die Herausforderung :lol: ) bei patchwork besteht ja auch darin, dass es erstens wenig "Anschauungsmaterial" gibt und zweitens so viele verschiedene Arten von patchworkfamilien mit so vielen verschiedenen "Kombinationsmöglichkeiten" Sprich: man kann so richtig niemanden fragen oder nur sehr wenige, weil es eben wenige gibt, die in der genau gleichen Situation leben. Das heißt: learning by doing. Das ist das eine.

Das Andere sind unsere eigenen Erwartungen, die oft dahin gehen, dass es nun aber, nachdem die erste Familie gescheitert ist, aber auf jeden Fall klappen muss mit der neuen Familie. Am besten noch viel besser als die erste. Das kann fast nur schief gehen.

Ich bin ja noch nicht so lange Patchworkerin, erst ein gutes halbes Jahr unter einem Dach, vorher eineinhalb Jahre als Wochenendehe. Und ich habe in dieser Zeit schon sehr viel lernen müssen. Das war nicht immer leicht. Oft schmerzhaft. Mit der Verabschiedung einiger Illusionen.

Vieles muss ich immer noch sortieren.

Ich finde dieses Thema sehr interessant und bin gespannt auf die Dinge, die hier geschrieben werden.
Zanilla
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Beitrag von Zanilla »

Ich hatte ja keine "Erstfamilie", aber ich glaube, viele Dinge gleichen sich dort, so wie die anderen es ja auch gesagt haben. Beim Patchwork gibt es eben die Distanz zu den "fremden" Kindern und die vielleicht unklare Position des "Neuen", manchmal mit Schwierigkeiten mit dem Expartner usw. Sowas gibts in einer "klassischen" Familie halt einfach nicht.

Auch glaube ich, dass man vielleicht toleranter ist bzgl. seinen eigenen Kindern? Ich weiss es mangels Kinder nicht, aber ich könnte es mir vorstellen.

Ich glaube, Patchwork kann nur funktionieren, wenn man den Kindern vorlebt, dass man zusammensteht und dass der/die Neue keine Bedrohung für die Eltern-Kind-Beziehung ist.
Plüsch
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Beitrag von Plüsch »

Danke für eure Gedanken.
Ist es nicht auch so (einige von euch haben das angesprochen), dass der Unterschied einer Patchi-Familie zu einer "normalen" Familie gar nicht so gross ist, wir immer wieder Dinge aufs patchworken schieben, was in einer Ursprungsfamilie auch vorkäme? Wir sind empfindlicher, weil wir nicht nochmals scheitern wollen, weil vielleicht noch mehr Kompromisse gefragt sind und weil der Umgang mit den Kindern des Partners nicht ganz so einfach sein kann wie der mit eigenen Kindern? Und ich glaube, etwas vom Wichtigsten ist, dass man in eine Patchworkfamilie nicht langsam hineinwächst (zuerst sich kennen lernen, beschnuppern, die Beziehug geniessen, Kinder planen und dann vor allem die Kinder von klein auf gemeinsam aufwachsen sehen) sondern einen Sprung mitten ins Geschehen macht? Und da muss man oft ganz schön strampeln, um nicht unterzugehen.

@aisha: Ich denke, dass halt Stiefkinder noch eher versuchen, die Erwachsenen gegeneinander auszuspielen, da sie ja wissen, dass (meistens) im Notfall der leibliche Elternteil zu einem hält. Eben, Blut ist dicker als Wasser.
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tarzan
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Beitrag von tarzan »

ich glaub, diese Frage kann man nicht beantworten. "gut" ist relativ.

Ich finde patchen (sagt man das so ?) nicht einfach, ehrlich gesagt schwierig.
Besonders wenn einer von beiden keine Kinder hat, und ihm so gewisse Erfahrungswerte und Einstellungen fehlen.

Ich stelle mir vor, dass es einfacher ist, wenn beide Kinder haben, einfach vom Verständnis her.
sofia
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Beitrag von sofia »

Die Paarebene weiter zu leben, ist ja mit eigenen Kindern auch nicht so ganz einfach, das müssen beide Partner wollen. Ich kenne Familien (nicht Patchwork), wo sich Mutter oder Vater so sehr ums Kind dreht, dass die Beziehung der Erwachsenen zueinander verkümmert. -

Als Mutter oder Vater bekomme ich von meinem Kind viel Liebe und werde gebraucht, ich fühle mich verantwortlich. Als Stiefmutter teile ich meinen Partner, ohne, dass ich die enge Eltern-Bindung zu seinen Kindern habe. Ich mag seine Kinder und ich kann ihn zum Glück besser verstehen, da ich einen Sohn habe und trotzdem habe ich immer wieder das Gefühl, wir Erwachsenen bleiben auf der Strecke. Ich leiste einiges an Einsatz,(Haushalt, Schule...) und es gibt schöne Tage miteinander, aber ich habe mir das P.-Leben erfüllender für mich/uns als Paar vorgestellt. Mir fehlt zum Patchwork-Glück, dass mein Partner meine Bedürfnisse sieht und ernst nimmt.

Ein positives Beispiel für Patchwork kenne ich. Allerdings gab es kaum Kontakt zur leiblichen Mutter und die Kinder haben die Stiefmutter voll angenommen. Positive Beispiele zum Thema Patchwork und Bestätigung in meiner Stiefmutterrolle fehlen mir auch.
Sofia
Buchenholz
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Beitrag von Buchenholz »

Patchwork ist für mich das, was man daraus macht.

In meinem ersten Leben :-) haben mein Ex-Mann und ich zwar viele Pläne gemacht (oder war es doch nur ich?). Aber erstens kommt es anders und zweitens ist man resp. ich manchmal einfach auch bequem und mit einem kleinen Kind ab und zu am Anschlag. Dazu kamen die vielen Probleme mit meiner Mutter und Schwiegermutter. Und so hat das Leben über mich bestimmt statt umgekehrt. Mit der Scheidung bin ich erwachsen geworden. Ich habe angefangen, selber über mein Leben zu bestimmen.

Jetzt habe ich einen Partner, mit dem ich diskutieren und gemeinsame Entscheidungen fällen kann. Das ist ganz anders als mit meinem Ex-Mann. Wir inkl. unserer Familien sind uns in vielem ähnlicher als mein Ex und seine Verwandtschaft. Das macht auch manches einfacher.

Unser Patchwork war am Anfang die Idylle pur. Mein Partner war so glücklich, dass seine Kinder durch mich erleben, was eine verantwortungsvolle, liebende Mutter ist. Ich könnte das kompeniseren, was ihre Mutter verpasst hat. Und die Kinder wollten nun erst recht beim Vater leben.
Na, dass die leibliche Mutter gar nicht erfreut ist über solche Konkurrenz ist wohl selbstredend. Entsprechend problembeladen waren dann die letzten Jahre.
Wir beide wollten, dass der Stiefelternteil eine Rolle spielt und wir verlangten, dass die Kinder das akzeptieren. Das war für uns die grösste Herausforderung. Wo darf ich Einfluss nehmen und wo nicht.

Unsere Partnerschaft wurde arg strapaziert und ich staune immer wieder, wieviel ein Mensch ertragen kann. Eigentlich wollte ich mit einem neuen Partner ein glückliches Leben führen. Und garantiert wollte ich mich nie mit solchen Problemen befassen, wie sie die Jungs erschaffen. Aber es sind seine Kinder und er liebt sie. Und das gefällt mir an ihm.
Babell
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Re: Was ist eigentlich "gutes" Patchwork?

Beitrag von Babell »

Hallo Plüsch

Ein interessantes Thema...
Ich habe gehört, Patchwork ist wenn beide Elternteile Kinder mit in die Beziehung bringen und sonst ist es eine Stieffamilie.
Ich möchte aber trotzdem etwas zur Form Stieffamilie schreiben.

Da ich vorher auch kinderlose Männer kennen und lieben gelernt hatte, kann ich von mir ganz klar behaupten, dass die Beziehungen zu jenen viel freier waren. Wir konnten unsere Verliebtheitsphase geniessen. Bei meinem jetztigen Freund mit Kindern war das nicht so: wir konnten unsere Verliebtheit nur in der kurzen Zeit geniessen, wo die Konflikte noch nicht überhand genommen hatten. Und das war praktisch nichts!

Was mir auch fehlt, ist dass nichts ungeplant passiert! Dass man nicht einfach verschmelzen kann vor lauter Liebe. Dass man sich abgrenzen muss, dass man immer wieder seine Bedürfnisse anbringen muss, bevor der andere bereits wieder alles kaputt gemacht hat, weil er nicht dran dachte, mich zu fragen!

Wie es auch Lapislazuli sagt: soviele Illusionen, die zerplatzen und das tut auch ganz fest weh, sich von all den schönen Träumen zu verabschieden und auf dem harten Boden der Tatsachen zu landen! :?

Ein grosser Unterschied ist auch die Einstellung zu den eigenen und nicht eigenen Kinder: Für ihn war es nämlich immer klar, dass seine Kinder auch physisch ein Teil von ihm sind, also dass sie einfach dazugehören, in jeder Situation. Für mich aber bedeuten seine Kinder ganz klar ein Fremdkörper in meiner Privatsphäre und in unserer Intimsphäre.
Dass die Kinder hierarchisch jederzeit und eindeutig unter den Eltern bzw. Paar stehen.
Es darf nicht sein, dass Kinder die Beziehung dominieren, dies bringt jede Beziehung zu Fall.
genau das hat unsere Paartherapeutin auch gesagt!!! :lol:
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BabyOne
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Beitrag von BabyOne »

[quote="tarzan"]Besonders wenn einer von beiden keine Kinder hat, und ihm so gewisse Erfahrungswerte und Einstellungen fehlen.
quote]

Jetzt hab ich´s - Patchwork ist ganz einfach, vorausgesetzt, keiner von beiden hat Kinder !

:c030: :hehe: :sauffen:
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eine gemeinsame Tochter 15 J.
sofia
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Beitrag von sofia »

@Babell: Ja, die Verliebtheit genießen, das konnten wir auch nicht, meine Illusion zu Beginn war, "wenn sich alles etwas beruhigt hat, dann gibt es auch Zeit und Raum für die Beziehung"... aber darauf warte ich noch heute.

@BabyOne: :lol: :lol: Der Witz ist wirklich gut...
Ich glaube ehrlich gesagt, einige unserer Probleme hätten wir auch ohne Kinder, einiges liegt einfach in den verschiedenen Persönlichkeiten.
Sofia
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