Wir Stiefmütter

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tarzan
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Wir Stiefmütter

Beitrag von tarzan »

Hallo zusammen

Ich habe soeben die Geschichte von glücklich56 gelesen.
Da stehen mir die Haare zu Berge und ich frage mich, müssen
wir Stiefmütter uns das gefallen lassen ?

Irgendwie kanns doch nicht sein, dass wir aus lauter Liebe zu unseren
Männern, uns von den Stiefkindern alles gefallen lassen müssen ?

Ich und meine Familie haben das Glück miteinander auszukommen.

Ich bin immer noch ganz entsetzt über den Umgang von den Stiefkindern von glücklich56 mit ihr....
15 Jahre Patchworkerfahrung
aisha

Beitrag von aisha »

Ja Tarzan, das frage ich mich auch oft. wieviel ist man der Liebe Willen bereit auszuhalten oder anders herum gefragt: wieviel hält eine Liebe aus?

Mich macht nicht nur (un)glücklichs Geschichte nachdenklich und traurig, auch Delphia ist in einer ähnlichen Situation und ganz viele von uns Patchworkmütter auch.

wenn praktisch jede 2. Ehe geschieden wird, ist das primär eine Katastrophe.
Wenn ich aber hier die vielen schwierigen Patchworkgeschichten lese, macht mir das noch mehr Angst.
Was wir vielleicht an einer neuen Liebe gefunden haben, bezahlen wir mit einem sehr hohen Preis.
Da kommt die Frage auf, ist es das wirklich alles wert?

Was passiert, wenn unsere Kinder und Stiefkinder, deretwegen wir ja den meisten Knatsch haben, vielleicht auch mal diese Erfahrung machen müssen?
Zanilla
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Beitrag von Zanilla »

Hallo,

ich glaube, die Rolle der Stiefmutter ist etwas schwieriges. Durch viele Geschichten ist das Wort schon negativ behaftet. Jeder kennt Aschenputtel usw.

Ausserdem steht die Stiefmutter immer in einem anderen Licht. Die "echte" Mutter ist ja immerhin die Mutter der oftmals heilig gesprochenen Kinder. Die Kinder sind per se unschuldig und können für nichts was, schliesslich haben die armen ja die Familie "verloren". Der Mann hat oft ein schlechtes Gewissen.

Die Gesellschaft erwartet m.E. nach viel. Man muss die Kinder akzeptieren, die Ex akzeptieren, man muss bezahlen, mitmachen, unterstützen, sich selbst aber in den Hintergrund stellen, bloss nicht aufmucken oder eigene Bedürfnisse anmelden, denn "die Kinder waren ja schon vor dir da".

Viele nicht Beteiligte finden, man hätte ja vorher gewusst, worauf man sich einlässt. Ich behaupte aber, es ist falsch, man kann das gar nicht wissen.

Ich hab auch das Glück, dass ich akzeptiert werde und mit der Familie gut auskomme. Aber wenn es so wäre wie bei glücklich oder aisha, ich würde mehr als nur die Motten kriegen. Ich bin auch leicht paranoid, deshalb handle ich oft nach dem Motto "Wehret den Anfängen", damit so eine Situation ja nicht entstehen kann, auch wenn es keinen Grund gibt. Für mich wäre so ein Verhalten nicht akzeptabel, und ich verstehe jeden, der da seinen Hut nimmt oder einen Hass auf die Familie entwickelt. Keiner mus ssich so behandeln lassen.

Ich wünsche allen Stiefmüttern und -vätern viel Mut und Ausdauer. Denn diese Rolle ist gewiss nicht die einfachste. Und wenn ich ganz ehrlich bin, ich hab sie auch nie gewollt, und auch nach fast 3 Jahren wünschte ich mir nichts lieber als eine andere Konstellation, dass mein partner keine Ehe und keine Kinder hätte. Liebe lässt einen wohl viel aushalten. Aber jeder muss für sich entscheiden, bis wo. Denn wie gesagt, man ist auch nicht der Depp von allen.
Buchenholz
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Beitrag von Buchenholz »

Also unsere Geschichte ist schon verrückt und begann wie ein Märchen.

Die Kinder mochten mich von Anfang an. Sie fanden es so schön und friedlich bei uns, dass sie erst Recht noch mehr dafür kämpften, beim Vater zu leben. Ich wäre gerne ihre Betreuung geworden und so haben wir auch unser Haus für Schulbetrieb bei uns eingerichtet. An einem Dorffest haben sie bereits ihre angehenden Lehrer und Mitschüler kennen gelernt. Da haben sie aber die Rechnung ohne die Mutter gemacht. Diese mobilisierte jede kriminelle Energie um uns zu schaden und die Kinder an sich zu binden. Eben auch mit der Jokerkarte: wenn ihr zum Vater geht, dann werde ich sterben.

Meine negativen Gefühle bezogen sich vorerst nur auf die Ex-Frau, Gerichte und die VB, die nicht hinschauen und handeln will. Wir haben aber auch ganz tolle Leute kennen gelernt, die den Kindern den Wunsch möglich gemacht hätten, aber selber auch machtlos waren.

Die Kinder sind bis heute anständig mit mir. Trotzdem nerve ich mich über sie, da sie immer mehr durch die Mutter geprägt werden und die mit unserer Lebenseinstellung kollidiert.
Nachtrag: Es kam ein einziges Mal vor, dass der Ältere zu mir sagte, ich sei Egoistisch, assozial, behindert, und weiss noch was. Grund: ich habe irgend was simples gesagt wie: er soll den Teller in die Küche tragen und nicht immer alles an seinen Bruder delegieren. (Siehe Beitrag von Marion) Tja, der Junge erträgt es nicht, wenn man ihn kritisiert.
Ich blieb dann ganz cool und sagte nur: nein ich bin nicht egoistisch und frech müsse er nicht werden. Das war wohl das einzige Mal, da er mir gegenüber massiv Grenzen überschritten hat.


In anderen Foren liest man oft von Neid und Unverständnis gegenüber den erwachsenen Geschwistern. Und dass die Eltern oder Schwiegereltern nicht alle Kinder und Enkelkinder gleich behandeln.
Im besonderen bei Familienfesten wie Weihnachten wird das dann spürbar.
Und da habe ich auch schon prophilaktisch Angst. Bereits die zwei Jungs sind total unterschiedlich und meine Tochter erst recht nochmals.
Während wir uns bemühen müssen, die negativen Gefühle gegenüber den Jungs zu unterdrücken, eben weil wir uns so ausgenützt fühlen, müssen wir uns bei den positiven Gefühlen gegenüber meiner Tochter fast bremsen.

Eigentlich darf ich meinem Partner nichts vorwerfen. Wir haben sovieles richtig gemacht und hatten irgendwann auch die Unterstützung des Beistandes und eines Psychiaters. Das hat aber nichts geholfen und irgendwann wollten die Kinder nicht mehr die Schule wechseln und bei der Mutter bleiben, so lange sie noch lebt.

Die aktuellen Lehrer und Schulleiter haben vor ein paar Monaten ihre Einsicht geändert und erkannt, wer wirklich fähig wäre, den Jungs Konstanz und Stabilität zu geben. Aber auch die wurden sich ihrer Machtlosigkeit bewusst. Trotzdem haben sie der Mutter mehrfach geraten, den Kindern schulisch nochmals eine Chance zu geben und sie beim Vater leben zu lassen. Ohne Erfolg.

Ich habe mich jetzt von dem Gedanken verabschiedet, die Lebensqualität meiner Stiefkinder zu verbessern. Man wollte unser Hilfe nicht (mehr) und so lebe ich vor allem wieder mein Leben mit meiner Tochter und meinem Partner. Mein Kind kam in dem ganzen Kampf oft zu kurz und das tut mir heute leid.[/b]

Nachtrag; Etwas beunruhigt mich seit einigen Monaten jedoch sehr und das tut mir auch so leid gegenüber dem Jüngeren.
Der Junge hat KEINE Körperhygiene. Er müffelt wie ein greiser Mann, ist an Körper und Kleider schmutzig. Seine Hände sind immer bemalt, seine Finger grau als hätte er in Asche gewühlt und seine Fingernägel schwarz.
Er muss dann zwar bei uns die Hände waschen, das bleibt dann meistens bei diesem einzigen Wasserkontakt. Wie ich WC nach seinem Gebrauch antreffe und wie seine U-wäsche aussieht, da gehe ich jetzt besser nicht ins Detail.
Es ist sehr demütigend, ihm nachzuspionieren und ihn immer wieder auf die Hygine aufmerksam zu machen.
Ich habe da inzwischen einen richtigen Ekel entwickelt. Der Vater nimmt sich seiner zwar an, aber man müsste fast ständig wie ein Schatten hinterher sein.
sofia
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Beitrag von sofia »

Hallo zusammen,

ich glaube, Menschen, die Kinder haben, können sich schon vorstellen, dass es schwierig ist als Patchwork-Familie. Zumindest höre ich das immer wieder.

Mich interessiert die Frage, was läuft bei den glücklichen Patchies anders ?

Ist es da nicht so, dass die Erwachsenen eben auch an sich denken und nicht immer nur diesem Druck nachgeben, dass sie für die Kinder alles perfekt machen ? Ich muss immer wieder an meinen Vater denken, der mit seinen vielen Kindern regelmässig kleine Auszeiten für sich und meine Mutter durchgezogen hat und ich kann ihn heute gut verstehen.

Von den wenigen Leuten, die mir sagten, Du hast gewusst, worauf Du Dich einlässt..." habe ich Abstand genommen. Ich sage ja auch nicht zu Freunden mit Problemen mit dem 2. oder 3. Kind, "Ihr habt gewusst, worauf Ihr Euch einlasst..."
Sofia
Babell
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Beitrag von Babell »

Tarzan,
danke, dass du das angesprochen hast! Ich habe mir auch nach dem Lesen dieser Berichte viele Gedanken über das Patchworken und die Rolle der Stiefmutter gemacht und mir gedacht, dass viele Probleme irgendwie auf dem schlechten Gewissen der Männer basieren? Ich glaube wirklich, dass es schwierig und traurig ist, wenn man die Kinder immer wie weniger sieht und spürt, wie sie sich entfremden, aber das geschieht auch anderen Eltern, denn Kinder sind nunmal irgendwann selbständig und dürfen das ja auch sein!

Ich finde, es ist ein Ungleichgewicht, wenn die Stiefmutter als einzige leidet, nur damit die Scheidungsgetroffenen nicht mehr so sehr unter der Vergangenheit zu leiden haben und dabei ganz glücklich sind, dass jemand ihnen ihre Arbeit und Eigenverantwortung abnimmt. Wir waren auch nicht immer glücklich mit unseren Eltern und das vergisst man vielleicht bei Scheidungskinder und probiert ihnen mehr als nötig recht zu machen.

Wenn ich in Heftchen lese, dann fällt mir in den letzten Jahren auf, dass Familie und Kinder als Glückssymbole hinstehen müssen. Es sind aber nicht behinderte Kinder und auch nicht Kinder mit Stiefmutter und Halbgeschwister in den Heftchen abgebildet. Es sind immer diese hübschen eins bis drei- Kind-Familien, die genügend Geld haben und nie an ihre Grenzen treten, das Idealbild eben.

Ich bin auch der Meinung, dass die Gesellschaft viel verlangt und denke, dass manche Stieffamilie glücklicher wäre, wenn die Einstellungen der Leute anders wären und die Erwartungen der Gesellschaft nicht so gross wären. Den Text von Zanilla würde ich sofort unterschreiben, ich empfinde es genau so! (deshalb will ich den gleich nochmals abdrucken)
Ausserdem steht die Stiefmutter immer in einem anderen Licht. Die "echte" Mutter ist ja immerhin die Mutter der oftmals heilig gesprochenen Kinder. Die Kinder sind per se unschuldig und können für nichts was, schliesslich haben die armen ja die Familie "verloren". Der Mann hat oft ein schlechtes Gewissen.

Die Gesellschaft erwartet m.E. nach viel. Man muss die Kinder akzeptieren, die Ex akzeptieren, man muss bezahlen, mitmachen, unterstützen, sich selbst aber in den Hintergrund stellen, bloss nicht aufmucken oder eigene Bedürfnisse anmelden, denn "die Kinder waren ja schon vor dir da".

Viele nicht Beteiligte finden, man hätte ja vorher gewusst, worauf man sich einlässt. Ich behaupte aber, es ist falsch, man kann das gar nicht wissen.
Wir (unsere Konstellation: mein Freund, seine beiden Teenagers und ich) haben’s im Moment sehr gut, aber wenn ich die Berichte von den 18 bis 20 jährigen Stieftöchtern lese, da wird mir angst und bange!- und ich hoffe, davon verschont zu bleiben..
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