Streithähne bis aufs Blut

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val
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Streithähne bis aufs Blut

Beitrag von val »

Hallo zusammen

Ich weiss mir bald nicht mehr zu helfen. Vielleicht hat jemand von Euch einen Rat?

Meine Zwillinge (Jungs 14,5) streiten, dass sich die Balken biegen. Eigentlich war das schon immer so, dass sie sich schnell in die Haare gerieten, sie versöhnten sich aber immer wieder. Nun aber scheint Streit der Dauerzustand zu sein. Die Beleidigungen, die sie sich an den Kopf schmeissen sind grenzenlos. Immer wieder gehen sie auch aufeinander los. Gestern hätte der eine dem anderen beinahe den Arm gebrochen!

Das alles geht jeweils so schnell, dass ich kaum dazwischen kann. Meine Interventionen nützen sehr wenig. Auch können sie es gegenseitig nicht akzeptieren, dass das eigene Zimmer tabu ist. Wenn sich einer zurückziehen will, dann geht ihm der andere nach. Wenn nötig durch die geschlossene Zimmertür.

Ich halte das kaum aus. Morgens um halb sechs geht es bereits los. Sie stehen selber auf und gehen selbständig zur Schule, meine Tochter und ich könnten eigentlich noch etwas länger schlafen. Ich erwache davon, dass sie sich anschreien und durch das Haus toben. Heute früh war es ein Nutella-Deckel der am Boden lag. Das artete dermassen aus, dass am Schluss einer heulte und hinkte.

Ihre Schwester ist jeweils auch ziemlich durch den Wind, wenn der Tag so losgeht. Und lässt es an mir aus, sie verwünscht uns dann alle ins Land des Pfeffers und stampf wutschnaubend aus dem Haus. Heute hat sie sich vor lauter Wut den Finger eingeklemmt und auch dort gab es schlussendlich Tränen.

So fängt mein Tag an. Das kann's doch nicht sein! Das tut uns allen nicht gut. Weder ihnen noch der Tochter und mir schon gar nicht.

Was soll ich tun?

Ich habe mir überlegt, ob ich verlangen soll, dass sie abwechslungsweise früher aufstehen, damit sie sich unabhängig voneinander bereit für die Schule machen können? Einer macht sich bereit (duschen, essen) und muss nachher im Zimmer warten, während sich der andere bereit macht. Am nächsten Tag dann umgekehrt?

Meine Tochter verweigert mittlerweile die gemeinsamen Mahlzeiten, weil es fast jedes Mal Krach gibt zwischen den beiden und sie sich mit dem Besteck drohen oder sich Dinge anwerfen wollen. Es ist unerträglich und ich kriege es kaum in den Griff.

Ich bin für jede Idee und jeden Tip dankbar!

Liebe Grüsse
Val
Alleinerziehend mit Partner. Kinder 19/19 und 16
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Buchenholz
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Beitrag von Buchenholz »

Oh je Val. Ich kann mir noch so gut vorstellen, was da bei euch abläuft. Meine Stieföhne haben nur knapp 1 Jahr Altersunterschied und da lief es ganz ähnlich ab. Egal was einer sagte, es provozierte den anderen. Und das Ganze natürlich in Perverser Sprache, laut, wild, Türknallen. Am Tisch ständige Keiferei, Hickhack unter dem Tisch, Glas wegziehen, wenn sich einer gerade etwas einschenken wollte, Essen aus dem Teller klauen, morgens absichtlich lange das Bad besetzen, damit der andere nicht mehr duschen konnte.

Bei meinen Stiefsöhnen sah ich das Problem, dass sie von ihrer Mutter wie Zwillinge gehalten wurden. Sie konnten nicht eigenständige Persönlichkeiten sein, der ständige Vergleich und die Efersucht vor allem vom Älteren, kostete unglaublich Nerven. Dann hatten sie noch dieselben Freunde.

Von da an, als sie dank Schule und Lehre getrennte Wege gingen, wurde es besser. Die Distanz hat ihnen gut getan.

Nun, du hast Zwillinge. Als wir damals eine Super-Nanny hatten, war diese ständige Streiterei auch Thema. Ihr Rat: mit den Kindern aushandeln, was man verändern könnte, damit es nicht immer soweit kommt. Die Kinder selber Vorschläge bringen lassen. Aufzeigen, wie sie ihre negative Energie ins Positive ändern könnten. Wie man das macht, das weiss ich nicht. Allenfalls würde ich da eben auch externe Hilfe dazuziehen. Es kann ja nicht sein, dass sich dîe Tochter und auch du nicht mehr wohl fühlen.
carlotta37
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Beitrag von carlotta37 »

Hallo val,

meine Drei streiten ja auch, aber zum Glück noch nicht mit der Kraft 14jähriger Jungs! Ich kenne allerdings ähnliche Szenen von den Zwillingen meiner Freundin und erschrecke da auch gelegentlich über die Aggressivität dieser ansonsten so lieben Jungs.
Was bei ihr Wunder gewirkt hat: Trennung in so vielen Bereichen wie möglich. Zwllinge sind wohl noch stärkere Konkurrenten als normale Geschwister, dann noch mit alleinerziehender, berufstätiger Mutter und kleiner Schwester, auf die man auch Rücksicht nehmen muss. Da können sie sich kaum aus dem Weg gehen.
Sind sie etwa auch noch in der gleichen Klasse? Das wäre z.B. eine Möglichkeit, auch wenn ein Klassenwechsel hart ist. Aber bei den Jungs meiner Freundin sind's inzwischen getrennte Schulhäuser und damit auch eigene Freunde für jeden der zwei - das hat geholfen!
Wenn sie hier sind, haben sie lustigerweise auch festgelegte Rollen und tun sich mit meinen Jungs je zu zweit zusammen, gehen zum Teil dann getrennte Wege.

Morgens einer früher auftstehen, klingt ja gut, aber wer wird das durchsetzen und beaufsichtigen? Du, oder? Das ist auch nicht gerade weniger Stress für Dich!

Ich würde mich mit den beiden in einem friedlichen Moment hinsetzen und die Situation besprechen: ihnen gefällt das mit Sicherheit auch nicht so wie es jetzt ist! was kann man ändern, was kann man tun, wenn es wieder eskaliert? Boxsack im Zimmer, sich sofort trennen, ums Haus rennen, irgendwie die Wut rauslassen.
Mit den Zwillingen meiner freundin haben wir das im Sommer immer wieder geübt. Anfangs mussten wir besonders aufmerksam sein und jeweils sofort eingreifen und sie daran erinnern bzw. gewaltsam trennen, wenn ein Streit in der Luft lag. Im Laufe der 4 Wochen haben sie es dann immer mehr von selber getan und das auch als erleichternd erlebt. Die wirklich ernsthaften und klärungsbedürftigen Streitereien haben wir dann mit ihnen besprochen, wenn sich beide wieder beruhigt und abreagiert hatten.
Sie sagt, dass es zuhause inzwischen gut funktioniert und an Weihnachten war die Stimmung auch sehr harmonisch.

Wie ist das bei Deinen Jungs, wenn Du nicht da bist? Eskaliert es dann auch so? Oder ist das auch eine Art, Dich auf ihre Seite ziehen zu wollen und Deine Aufmerksamkeit zu bekommen?

Und das Vokabular, naja, was die zwei sich gegenseitig an den Kopf werfen, höre ich immer mal wieder von meiner Tochter und bin bisher auch machtlos dagegen.... 8) Ohren auf Durchzug....mach ich inzwischen und grenze mich auch klarer ab. Strafen sind da wohl zwecklos!

Also, halt die Ohren steif :lol:
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Delphia
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Beitrag von Delphia »

Hi Val

Die Tipps der Supernanny von Buchenholz sind gut. Nur als Mutter ist es schwierig, die Situation zu entschärfen. Da braucht es eine gute Portion Stärke, Humor und Mut. Du könntest in die Rolle der "Therapeutin" rutschen und dann gibt es eine Vermischung zwischen Mutter und Therapeutin oder Supernanny.

Aber es würde sich lohnen. Ansonsten kann ich Dir eine gute Adresse für eine Supernanny geben (via PN).

LG
Delphia
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val
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Beitrag von val »

Hallo zusammen

Danke für Eure Inputs.

Mittlerweile habe ich ein ernstes Gespräch mit den beiden geführt und im Moment ist es besser.

Trennen ist wohl das Zauberwort, aber leider nicht einfach. Sie gehen wohl in getrennte Klassen, es ist jedoch die Parallelklasse und somit der ewige Vergleich und Konkurrenzkampf nicht wirklich vom Tisch. Das wird sich erst ändern, wenn sie ihn die Lehre kommen, dann sind sie defintiv getrennt tagsüber. Das dauert noch anderhalb Jahre. :?

Da wir sehr ländlich und abgelegen wohnen ist punkto Freizeitaktivitäten und Freundeskreis auch nicht viel Spielraum.

Wenn ich nicht zu Hause bin, ist es nicht viel besser. Leider bekommt dann die Schwester einiges ab, das hat dazu geführt, dass ich zweitweise nicht mal mehr in den Turnverein gehen kann, weil ich es ihr einfach nicht zumuten will, zwei Stunden mit ihnen alleine zu sein. Da sie geistig behindert ist, ist alles noch ein bisschen schwieriger, sie kann sich kaum wehren, ausser sie schreit los wie am Spiess.

Ich habe mich nun mal schlau gemacht für Angebote während den Ferien, z.b. Landdienst, das täte den jungen Herren sicher gut und brächte sie auf andere Gedanken. Die Ferien sind der einzige Bereich, wo ich sie etwas länger trennen könnte. Nur ist die Motivation für einen solchen Einsatz ziemlich gleich Null, denn am liebsten würden sie in ihrer Freizeit 24h vor dem PC oder TV hängen. Der Landdienst weist ausdrücklich darauf hin, dass sie keine Time-Out Lösung für nicht motivierte Jungendliche sind. Um Jugendliche in einem entsprechenden Programm (z.B. Bergeinsatz Caritas) zu plazieren, braucht es aber eine Massnahme der Sozialbehörde oder der Schule.

Es fällt mir schwer, einzusehen, dass wir bald soweit sind, dass wir eine externe Stelle einschalten müssen. Ich hoffte eigentlich, ich kriege das irgendwie selber in den Griff. Nach meinem Burnout letztes Jahr war ich so froh, endlich nirgends mehr in Behandlung zu sein und nicht mehr diesen Stempel auf der Stirn zu tragen "nicht wirklich funktionstüchtig". Sind wir nun an einem anderen Ort wieder soweit, dass wir es nicht auf die Reihe bringen? Eure Reaktionen gingen ja auch in die Richtung, dass wir evt. externe Hilfe in Anspruch nehmen müssen. Ich weiss, es ist keine Schande, aber irgendwie frustriert es mich einfach schon. :(

Liebe Grüsse
Val
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Delphia
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Beitrag von Delphia »

Liebe Val

Ich habe es damals auch als persönliche Niederlage empfunden, eine Familienbegleitung ins Haus zu holen.

Sie hat auch mir Rückmeldungen gemacht, die mich zum Nachdenken über mein eigenes Verhalten gebracht haben. Manchmal wollte ich einfach nur noch losheulen, weil ich das Gefühl hatte, ich mache alles falsch und eigentlich wollte ich auf den Tisch klopfen und sagen: So ist es und basta!

Rückblickend bin ich sehr froh, sind wir diesen Weg gegangen. Sie hat mir den Rücken gestärkt und auch den Kidies in diesem Haus aufgezeigt, dass ihr Verhalten dazu beiträgt, dass es hier nicht mehr funktionierte. In meinen Augen hat es genützt. Da keine Not war, mussten wir danach noch einige Zeit ausharren, bis die ältesten Zwei ausgezogen sind. Mit den restlichen jungen Menschen hier im Haus komme ich ganz gut zurecht, obwohl ich kürzlich wieder die Familienbegleitung holen wollte. Mein Mann sträubt sich ein bisschen dagegen. Ich bleibe aber dran ;-).

Nur Mut! Es ist keine Schande!

LG
Delphia
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Beitrag von carlotta37 »

Hallo val,

ich kann das schon verstehen! Irgendwie hat man immer Angst, dass man als alleinerziehende Mutter dann den Stempel "überfordert" trägt, gell? Mir ging's neulich auch so: erst jahrelang ein riesiges Drama mit meinem Mittleren wegen der Schule, der Schulpsychologe ist also sozusagen ein alter Bekannter. Und jetzt mit Tochter auch noch zu dem! Ufff....habe auch einen Moment lang befürchtet, die denken, ihc krieg es einfach nicht auf die Reihe!
Aber letztlich sind solche Fachleute genau dafür da, was sollten sie auch sonst tun? Das ist ihr Job!

Ob Du wirklich so eine Art Supernanny brauchst, musst Du selber wissen. Bei meiner Grossen helfen die Gespräche auf dem Jugendsekretariat enorm. Es verändert einfach meine Sicht, erleichert mich auch und gibt mir andererseits Unterstützung. Auch sie ist dort gezwungen, mit mir zu reden und Lösungen gemeinsam zu suchen. Das heisst nicht, dass es daheim dann immer klappt, aber es ist ein guter Weg.
Vielleicht ginge sowas bei Deinen Jungs auch? Ein Jugendsekretariat gibt's eigentlich noch in vielen Orten. Und da reichen manchmal ein paar wenige Termine oder aber die können Dir Ansprechpersonen nennen.

Ich glaube, die Sek ist halt einfach der totale Stress. Und irgendwo müssen sie den abladen. Meine Grosse schreit mich an, Deine Jungs sich gegenseitig. Kommt halt drauf an, wer gerade zur Verfügung steht :roll:

Natürlich geht es so nicht! Aber es gibt viele Möglichkeiten, einen anderen Umgang mit Aggressionen zu lernen und es ist keine Schande, dafür Hilfe zu holen. Du als Mutter bist viel zu sehr involviert.

Zu Arbeitseinsätzen etc. in den Ferien: genau sowas habe ich ja auch hier mal gefragt. Aber ich hatte das gleiche Problem: die Jugendlichen müssten freiwillig gehen. Beziehungsweise für eine verordnete Massnahme sind Töchterchens Aussetzer noch lange nicht schlimm genug.

Ich bin heilfroh geht sie im Sommer für 5-6 Wochen zum Vater. Für sie wird das hart und sie ist sich gar nicht mehr so sicher, dass sie wirklich will. Aber ich will!!! Da es keine andere Möglichkeit gibt, sie sinnvoll zu beschäftigen (und ich sie zu anderen Lösungen ja eben auch nicht zwingen kann), MUSS sie gehen. Ich brauche Erholung und zwar dringend!!
Vielleicht gäbe es bei Dir auch eine Lösung, die einfach Freiraum für Dich und Abstand der Zwillingen untereinander schafft: zwei getrennte Ferienlager, in die sie gern gehen wollen (Sport oder sonstwas - hauptsache sie gehen sich aus dem Weg, machen jeder eigene Erfahrungen und Du und Deine Tochter könnt ein bisschen abschalten).
Manchmal löst das auch schon viel so ein wenig Abstand. Auch Du wirst dann vielleicht ruhiger und kannst hinterher erholter reagieren. Ich weiss doch, dass einem sowas selber als Mutter an den Rand der Belastbarkeit bringt und man dann auch nicht immer sehr konstruktiv reagiert!

Bei mir wird's das erste mal überhaupt, dass alle drei Kinder ganze zwei Wochen weg sind und alle getrennt: die Grosse min.5 Wochen in Afrika, die beiden Jungs zwei Wochen auf der Alp bzw. bei den Grosseltern, abwechselnd ;-) Zusammen wollen sie auch nicht gehen, jeder will seine Erlebnisse für sich! Und das tut ihnen auch gut! Du kannst Dir nicht vorstellen, wie ich mich freue!!!! Abstand tut einfach manchmal gut und auch wenn's keine ideale Lösung gibt, irgendeine Möglichkeit wird sich schon finden!

Und jag sie raus, wenn sie spinnen!! Ab auf die Skipiste.... :D
Dir viel Kraft und alles Gute!
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