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Erziehung ganz allgemein
tabida
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Beitrag von tabida »

Ich kann mir nicht vorstellen, dass Alphütte, die strengsten Eltern der Welt usw. usf. nachhaltig hilft, wenn nicht auch im "reguläre" Umfeld Änderungen gemacht werden.
Ausserdem frage ich mich, warum "andere" Menschen die Massnahmen treffen sollen, die für ein Kind wichtig sind und das nicht die Eltern tun?

Ich würde es auf jeden Fall erst einmal mit einer Familientherapie/-beratung versuchen, resp. diese dann auch gleich noch ergänzend zu einem solchen Time-Out machen.

Das ist wirklich eine Frage - vielleicht könnte ihr mir da ja auf die Sprünge helfen, wenn ihr das so eine gute Idee findet.

Solche Time-Out Möglichkeiten gibt es übrigens auch in der Schweiz.
carlotta37
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Beitrag von carlotta37 »

tabida, die Alphütte ist ja nicht als Ersatz für Veränderungen daheim gedacht!!Dann bringt es natürlich nichts, das ist ja logisch.

Aber gerade bei Jugendlichen kann so eine Auszeit sinnvoll sein: neue Erfahrungen, unabhängig von den Menschen, gegen die man sowieso gerade aufbegehrt. In so einer Zeit passiert viel an Entwicklung, es bringt Abstand für beide Seiten und ist ja meist auch verbunden mit einer Vor- und Nachbereitung oder einer Begleitung.
Gerade bei meiner Tochter habe ich das Gefühl, dass sie diesen Abstand brauchen könnte.

Ich bin dabei, hier zuhause vieles zu ändern, aber evtl. genügt das nicht. Je älter die Kinder werden, desto weniger können Eltern alles bieten und manchmal - gerade wenn, wie bei uns, nur ein Elternteil zur Verfügung steht - kann eine Auszeit heilsam sein.
Meine Tochter hat sich so in den Protest gegen mich hineingesteigert, dass ich nicht weiss, ob sie das wieder loslassen kann und es ihr nicht permament selbst im Weg steht. Eine komplett andere Erfahrung kann dabei helfen.
Es geht mir dabei nicht darum, dass "andere" meinem Kind beibringen, was sich gehört und beliebig streng mit ihr sind, weil ich das nicht kann! Es geht eher darum, dass sie andere Erfahrungen mit sich selber machen kann, andere Erlebnisse ausserhalb der Familie hat, an denen sie sich entwickeln kann!
Buchenholz
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Beitrag von Buchenholz »

Carlotta
Eine Auszeit finde ich nicht schlecht. Ich frage mich einzig, ob Projekt Alm das richtige ist. Du weisst, dass sie ein Hygienefimmel ist. Da könnte sie das als absolute Schickane oder Strafe ansehen.

Ich würde bei ihr eher etwas Kreatives, Gruppendynamisches in Betracht ziehen. Musical, Theater, Zirkus. Zusammen von Anfang an etwas aufbauen. Einander spüren, Rollen finden, sich selber in der Rolle finden.

Vielleicht eine Woche Zirkus Monti oder so. Dass es da zwar auch sehr dreckig ist und stinkt (Tiere), das habe ich jetzt gerade verdrängt. ;-)
tabida
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Beitrag von tabida »

Ich habe mein erstes Geld im "Landdienst" http://www.agriviva.ch/de/willkommen/.
Leider auch nicht wirklich freiwillig. Bei uns war es üblich, dass man ins Welsche ging, um gleich auch noch Französisch zu lernen. Ich hatte insofern Glück, als es im Welschen keinen Platz mehr gab und ich so in der Deutsschweiz bleiben durfte. - Aber man muss da schon eigentlich freiwillig hin.
Dann bin ich mit einer Freundin ein paarmal zum Trauben lesen an den Murtensee. Das fand ich dann wirklich toll. Wir waren ein paar Jugendliche, die sich da immer wieder trafen. Und es waren auch immer wieder ein paar aus "Schwierige" dabei.

@Buchenholz: Ich kann schon verstehen, was Du meinst, muss aber auch sagen, dass ich bei den Bauern viel betr. Hygiene gelernt habe und diese bei der Milchwirtschaft und beim "Käsen" ein absolutes "musst" ist.
Aber natürlich ist z.B. Stallausmisten nicht gerad etwas für Hygienefanatiker.

Als etwas eher Kreatives wäre vielleicht auch http://www.roundabout-network.org/home- ... -dich.html ein tolles Angebot, falls sie gerne tanzt.
carlotta37
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Beitrag von carlotta37 »

Danke für die Vorschläge. Aber freiwillige Angebote kommen nicht in Frage, sie lehnt alles ab.....egal was.....

Mir ist schon klar, dass die Alp eine Strafe wäre. Aber die Idee dahinter überzeugt mich sehr: es geht sehr viel um Sinnstiftung und Eigenverantwortung. Eigentlich ist es ja kein laufender Alpbetrieb, Stall ausmisten müssen sie also gar nicht. Aber sie müssen sich selber versorgen. Wer sich an den Pflichten nicht beteiligt, hat Pech: keine Milch geholt heisst kein Frühstück. So nach dem Motto: wenn ich mein Auto nicht tanke, fährt es nicht.
Die allereinfachsten Dinge eigentlich....
Und sie müssen viel laufen. Dabei spürt man sich selber besser.

Aber das ist ja auch noch weit hin, vielleicht ist es gar nicht nötig. Gestern haben wir ihr neues Zimmer eingerichtet. Morgens kam sie mit Farbe kaufen, erst noch unterirdisch gelaunt. Im Lauf des Tages musste sie viel helfen und das Zupacken (Möbel tragen, putzen etc.) hat irgendwann gewirkt. Wir haben tatsächlich miteinander gelacht und wahrscheinlich die ersten freundlichen Worte seit Wochen gewechselt.

Und ich glaube, genau das trifft den Punkt: es geht nicht um Angebote, die ihr Spass machen. Davon gibt es mehr als genug, theoretisch, wenn sie es dann schafft, regelmässsig hinzugehen. Es geht darum, sie aus ihrer Lethargie zu holen und zu einer echten Aktivität zu bringen, mehr als ein Hobby, das sowieso nur halbherzig betrieben wird, wenn man gerade Lust hat.
"Arbeiten", auch körperlich, kann befriedigend sein und Verantwortung übernehmen auch. Das wäre eine gute Erfahrung. Wenn es dabei nciht allzu schön ist, hat das noch den netten Nebeneffekt, dass man danach das Zuhause und die Schule wieder schätzt.

Übrigens funktioniert ihr Netbook nicht mehr....ist wohl nur das Netzteil, aber das muss man nun erstmal wieder besorgen und es gibt ein paar Tage computerfrei. Auch eine spannende Erfahrung :twisted:
tabida
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Beitrag von tabida »

Also das was Du da beschreibst, ist genau das, was ich hier einmal unter Aemtli - Mithilfe gemeint habe.
Und das Andere - keine Milch geholt, kein Frühstück, ist ja eigentlich einfach nur Konsequenz und eigentlich auch im täglichen Leben logisch.
Buchenholz
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Beitrag von Buchenholz »

@ Carlotta
Das sind doch mal freudige News. Hoffen wir, dass es ein wenig anhält. Und wenn der PC nicht läuft, dann ist das gerade eine Gelegenheit, das Zimmer cool einzurichten.
Der neue IKEA-Katalog ist da. Ev. wären neue Vorhänge nötig. Jetzt sind noch Ferien. Zeit hätte das Mädel also noch genug.

@ Tabida
Danke für den Link. Schade gibts so was nicht in unsere Nähe. Da wäre meine Tochter sicher gerne mal schnuppern gegangen.
carlotta37
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Beitrag von carlotta37 »

Richtig, tabida. Ich finde trotzdem, dass es ein Riesenunterschied ist, ob sowas in einer Gruppe läuft und zweitens sind die Lebensumstände hier anders. Es ist ein Unterschied, ob ich zur Migros um die Ecke laufe, um Milch zu holen oder auf die nächste bewirtschaftete Alphütte. Ersteres ist nicht anstrengend aber nervig, letzteres bedeutet Bewegung, frische Luft und Anstrengung und noch dazu läuft man nicht an tausend Versuchungen vorbei, Kolleginnen, die abhängen etc. Die ganze Umgebung ist eine andere.
Und wenn Jugendliche sich so sehr in den Protest gegen die Eltern/Mutter hineingesteigert haben, ist es manchmal einfacher, neue Erfahrungen in einer fremden Umgebung zu machen.

Übrigens: ich will keinen reinen Machtkampf. Ämtli durchsetzen ist eine Sache, das schaffe ich natürlich auch, selbst wenn's jede Menge Streit gibt und böse Kommentare. Aber als Mutter siitze ich noch am längeren Hebel, bestimmte Dinge kann ich erzwingen. Aber wer hat davon denn etwas? Klar, die Spülmaschine ist ausgeräumt evtl., aber eine echte Einsicht kommt dabei nicht automatisch zustande und das Verhältnis Mutter/Tochter geht immer weiter den Bach runter, wenn ich meine Machtposition ausnutze, ohne dass darüber hinaus noch etwas passiert.

Eine neue Erfahrung kann sich aber ganz anders auswirken. Und wie schon gesagt, ein Ersatz für Regeln des Zusammenlebens in der Familie ist das nicht!
tabida
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Beitrag von tabida »

Ich hab's halt immer so erlebt und hier gehalten, dass man nicht Aemtli um jeden Preis durchsetzt - sondern dass der Wagen einfach nur gut läuft, wenn jeder seinen Teil beiträgt und jeder ein wichtiger Teil vom Ganzen ist.
Ausserdem macht es einfach mehr Spass, auch das was man nicht gerne tut, wenn man es zusammen macht. Nachher kann man auch mit guten Gewissen einfach mal faulenzen, oder etwas das Spass macht unternehmen. Hast Du ja jetzt schön erlebt beim Zimmer einrichten.

Ich sehe die Unterschiede sehr gut und ich kann mir auch gut vorstellen, das eine andere Umgebung einem zu anderen Erfahrungen verhilft. Aber wie Du ja auch selber sagst, wir leben dann doch hier in dieser Umgebung und wir müssen lernen an tausend Versuchungen etc. vorbeizugehen und trotzdem unsere Aufgaben erfüllen.
carlotta37
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Beitrag von carlotta37 »

haben Eure Jugendlichen denn das immer verstanden, dass der Wagen nur läuft, wenn alle etwas beitragen, tabida? Hatten sie immer Spass daran, die Dinge gemeinsam zu erledigen?
Es ist eben genau das, was ich meiner Tochter verständlich machen will, aber es gelingt mir wohl nicht....

Seit der Zimmer-Aktion hält sich die Laune einigermassen, immerhin redet sie mit mir und richtet es nun gemütlich ein. Mal sehen, nächste Woche beginnt die Schule wieder.... :(
Buchenholz
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Beitrag von Buchenholz »

Carlotta
Als Kind war ich wohl ähnlich wie deine Tochter. Nein, ich habe den Sinn von alldem, der mir meine Eltern erzählten nicht verstanden. Ich habe es gemacht, weil ich musste. Ich war wohl nicht so die Intelligenzbestie. ;-) Ich wollte lieber nur Dinge tun, die Spass machen.

Meine Tochter ist da ganz anders. Ich sage immer: meine Tochter wäre das Wunschkind meiner Mutter. Vielleicht sind Menschen eben ganz unterschiedlich. Einige checken es erst, wenn sie älter sind.
Mein jüngerer Stiefsohn war ein Profi im Ausreden erfinden, weshalb er nicht helfen will. Nein, ich wasche nicht ab, ich habe schon letztes Jahr mal abgewaschen. Körperhygiene oder Kleiderwechseln ist nicht nötig. Der Wasserverbrauch schadet eh der Umwelt.

Und jetzt in den letzten Ferien war er immer noch gerne faul. Er hat aber eingesehen, wenn man nicht abwäscht, dann hat man bei der nächsten Mahlzeit kein Geschirr. Zudem sind wir ein Team. Wer also nicht mithilft ist ein Asi. Ich glaube aber, bis zu dieser Erkenntnis braucht es noch ein bisschen Reife. Deine Tochter ist jetzt mitten in der hochpubertären Phase. Ich glaube, da musst du dir einfach ein dickes Nervenkostüm zulegen.
Sobald in der Schule die Berufswahl beginnt, wird auch dort die Suche nach der eigenen Persönlichkeit starten. Gleiches auch im Religionsunterricht.
Da hat bei den Kindern hier ein Wandel statt gefunden.

Und wenn es dann um die Lehrstelle geht, dann checken sie schnell, wie ihr Verhalten die Lehrstellensuche beeinflusst.
tabida
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Beitrag von tabida »

carlotta37 hat geschrieben:haben Eure Jugendlichen denn das immer verstanden, dass der Wagen nur läuft, wenn alle etwas beitragen, tabida? Hatten sie immer Spass daran, die Dinge gemeinsam zu erledigen?
Es ist eben genau das, was ich meiner Tochter verständlich machen will, aber es gelingt mir wohl nicht....
Verstanden ja, spührt man ja auch, wenn der Wagen nicht rund läuft - immer Spass daran natürlich nicht (hast Du denn immer Spass daran?), und die Ausreden waren z.T. sehr kreativ. Kinder helfen meist sehr gerne und es ist natürlich am Besten wenn man sie da abholen kann. Stieftochter hat mir immer sehr gerne geholfen und war traurig, dass sie das bei der Mutter nicht durfte. Jugendlich haben in der Regel eher Null Bock, aber wenn sie schon früh einbezogen wurden, wissen sie meisst, dass es nötig ist.

Aber wenn ich nicht mehr weiter wüsste, würde ich mir Hilfe holen.
Buchenholz
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Beitrag von Buchenholz »

Eine Begabung von Jugendlichen: Wie kann ich mein Leben so organisieren, dass ich mit wenig Aufwand immer noch viel Spass und Freizeit habe.

Ergo: muss der Boden wirklich so sauber sein? 1 x alle paar Wochen saugen genügt.
Muss das Bett gemacht werden? Ich lege mich ja abends wieder rein und dann sieht es wieder aus wie vorher.
Muss ich so auwändig kochen und mit allen an den Tisch sitzen? Ein Schäleli mit Müesli tuts auch, braucht wenig Geschirr und nachher kann ich wieder an den TV.

Sooooo viel Aufwand, für nichts, während dieser Zeit man vieeeeel besseres tun könnte. Und!!! nichts tun und rumhängen und schlafen ist auch eine Beschäftigung. Und wenn man nur ein wenig wächst dabei.
Pubertät ist anstrengend. Und viele sind enorm im Wachstum in dieser Phase.

Dass sich der Auwand zu Gunsten von Gemütlichkeit lohnt, das merken viele erst später. In der eigenen Wohnung. Und einige lernen es nie.
carlotta37
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Beitrag von carlotta37 »

das Absurde ist ja, dass ich mich wirklich viel mit meinen Kindern beschäftigt habe und sie von klein an in alles einbezogen habe. Wir haben wirklich ein Familienleben gestaltet, mit allem was dazu gehört. Sie haben von klein an geholfen, kochen, aufräumen, putzen, handwerken, Garten bei der Grossmutter etc..
In den Jahren in denen ich voll gearbeitet habe, hat es dann etwas nachgelassen. Aber man merkt eigentlich immer noch, dass es so war bei uns: sie können alle drei recht gut kochen z.B. , sogar der Kleinste mit erst 9 Jahren schon.

Ich glaube, die Frage nach "hab ich gerade Bock" spielt in der Pubertät meiner Tochter eine besonders grosse Rolle. Helfen ist für kleine Kinder ein Spiel, für sie nicht mehr! Und lernen etwas zu tun, auch ohne Lust drauf, ist schwierig. Sie nimmt es sich oft vor und hat dann doch nicht den Willen dazu. So ist es auch mit der Schule. Ich glaube iihr die guten Vorsätze! Aber wenn es dann soweit ist, kann sie das Gefühl der Unlust nicht überwinden.
tabida
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Beitrag von tabida »

Ich könnte mir gut vorstellen, dass Deine Tochter schon merkt, dass eigentlich mitziehen sollte..... aber es scheint bei Euch ja auch zu laufen, wenn sie sich verweigert.

Vielleicht braucht sie mehr Antrieb? Vielleicht kommt sie mit der Freiheit, die Du ihr gibst gar nicht so richtig zurecht?
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