Fernbeziehung, Superpapa und keine Perspektive

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Silli77
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Registriert: 13.09.2021 13:43

Fernbeziehung, Superpapa und keine Perspektive

Beitrag von Silli77 »

Hallo Ihr Lieben,
ich bin vor ein paar Tagen beim Googeln auf dieses Forum gestoßen, habe viel hier gelesen und finde den Ton und das Miteinander hier sehr schön. Deshalb habe ich mich jetzt getraut, auch mal mein Herz auszuschütten, denn ich habe fast niemanden, dem ich alles erzählen kann und der mich versteht.

Ich bin 41 Jahre alt und habe zwei Söhne, 10 und 15 Jahre alt. Die beiden leben bis auf einige Tage in den Ferien immer bei mir, weil der Vater recht weit entfernt wohnt.
Seit Dreieinhalb Jahren führe ich eine Fernbeziehung, wir wohnen etwa 100km /1 Stunde entfernt. Mein Partner hat einen Sohn, 8 Jahre alt. Die Trennung war bei ihm ganz frisch, als wir zusammen kamen. Er hat sogar noch mit der Ex zusammen gewohnt, was ich aber nicht wusste und erst viel später rausgefunden habe. Sie hat die Beziehung beendet und ihn verlassen, weil sie einen anderen Mann hatte.

Ich habe mich wahnsinnig in ihn verliebt, mehr als ich selbst erwartet hatte. Das erste halbe Jahr haben wir uns ohne sein Kind gesehen, wahrscheinlich wollte er erst abwarten, ob es etwas Ernstes wird. Meine Kinder waren von Anfang an mit im Boot, weil ich ja sehr selten kindfrei habe. In der Zeit war eigentlich alles toll, bis auf dass ich ihn auch da schon sehr vermisst und gern öfter gesehen hätte.
Als sein Sohn mit dazu kam, begannen irgendwann die Probleme. Mein Freund ist der engagierteste Vater, den ich je gesehen habe.
Er hat sein Kind immer alle zwei Tage, mit Übernachtung, und alle zwei Wochen von Donnerstag bis Montag komplett, also im Grunde die Hälfte des Monats. Trotzdem sagt er immer wieder, dass ihm das zu wenig ist und er ja die halbe Kindheit verpasst. Er hat den Sohn Dienstag und Donnerstag alleine bei sich, alle zwei Wochen kommt er von Freitagabend bis Sonntagmittag zu uns.
Dann ist er allerdings ein komplett anderer Mensch, alles dreht sich um sein Kind und am besten sollen das auch alle anderen machen. Alles ist streng geregelt, es darf nur wenig gern gesehen werden und nur bestimmte Sendungen, auch PlayStation soll nur wenig gespielt werden, und gewisse Spiele darf mein Sohn gar nicht spielen, weil sein Sohn das nicht sehen soll. Und wir reden nicht von Spielen ab 18. Ich lass meine Kinder schon mal eine gewisse Zeit allein, wenn ich einen Spaziergang mache, das ist aber nicht möglich, wenn sein Sohn da ist, der muss immer mit. Wir haben eigentlich erst Paarzeit, wenn sein Kind im Bett ist. Und da ist er dann müde, weil es anstrengend war.
Ich habe oft das Gefühl, gar keinen Partner mehr zu haben, wenn das Kind da ist, weil sich alles um ihn dreht. Er erwartet auch, dass mein kleiner Sohn mit seinem Sohn spielt und hat kein Verständnis, dass er das manchmal nicht möchte. Grundsätzlich verstehen sie sich sehr gut, aber mein Sohn möchte auch mal für sich sein, auch um mal ans Handy zu können, was er ja nicht soll wenn der Sohn meines Partners zusieht. Ich könnte noch ganz viele Beispiele bringen, aber das würde den Rahmen sprengen. Kurzum steht das Kind im Mittelpunkt und es ist sehr anstrengend. Urlaub mit Kindern ging immer schief und endete in Riesenkrach, weil ich eigentlich in Urlaub fahre, um meinen Partner zu sehen und bei ihm zu sein, aber er dreht sich nur ums Kind. Wohlgemerkt ich bin auch Mutter und kümmere mich natürlich um meine Kinder, aber sie sind nicht das Zentrum des Universums für mich. Ich habe sie sogar oft bei der Oma gelassen, um bei meinem Freund zu sein, und das mit schlechtem Gewissen.
Was mich aber vor allem belastet ist, dass es keine Perspektive gibt. Er wird nie zu mir ziehen, weil er immer bei seinem Sohn sein will. Und da er ihn alle zwei Tage hat, ist es kaum möglich, dass er bei mir wohnt. Ich kann auch nicht zu ihm ziehen, erstens ist sein Haus nicht für so viele Personen geeignet, und was noch wichtiger ist, unser Haus ist im Februar komplett abgebrannt. Das war ein schlimmes Ereignis für uns alle, und meine Kinder brauchen jetzt Stabilität. Außerdem wird das Haus neu wieder aufgebaut, es wäre genug Platz für alle und alles wird neu sein.
Ich fühle mich in dieser Zeit, die sehr schwer ist für mich, von meinem Freund gar nicht unterstützt, er ist ja kaum da. Er konnte es nicht einmal über sich bringen, obwohl ich ihn sehr darum gebeten habe, seinen Sohn an dem Tag nach dem Brand, als ich alles verloren hatte, seinen Sohn bei der Mama zu lassen, obwohl das kein Problem gewesen wäre. Meine Kinder waren wochenlang beim Papa, weil wir kein zu Hause mehr hatten, ich bin jeden Tag 100 km hin und zurück gefahren, um die neue Wohnung herzurichten, und mein Freund hat einfach weitergemacht wie immer, seinen Sohn betreut und ist zur Arbeit gegangen als wäre nichts passiert. Ich musste fast alles allein hinbekommen. Das verletzt mich bis heute unglaublich.

Was auch sehr schwer zu ertragen ist, ist dass ich alles möglich mache, damit wir uns sehen können, umgekehrt er aber nicht.
Wir sehen uns immer Mittwochabend, die ersten beiden Jahre bin ich immer zu ihm gefahren, meine Mutter hat die Kinder ins Bett gebracht und ich bin spät abends zurück gefahren, hatte dann immer nur vier Stunden Schlaf. Seit einem Jahr hat er zweimal die Woche Homeoffice, ganz zufällig immer an den Tagen, wo er seinen Sohn hat, so dass er Mittwoch bei mir übernachten kann. Ich muss nachts nicht mehr fahren und er kann auch von mir zu Hause aus arbeiten. Trotzdem gibt es deshalb immer wieder Streit, weil er es nicht gerecht findet, dass er immer fahren soll. Ich sehe nur, dass ich dann meine Kinder nicht alleine lassen muss und wir die Nacht zusammen verbringen können und halte das für wichtiger. Und wenn meine Kinder mal beim Papa sind, fahre ich immer zu ihm. Ich würde jeden Tag fahren, wenn ich könnte. Nun ist es aktuell so, dass er seinen Sohn drei Wochenenden hintereinander hat, weil seine Exfrau etwas vorhatte an ihrem Wochenende. Er hat das zugesagt, ohne mit mir zu sprechen, so wie meistens. Er hat das Wochenende getauscht mit einem in den kommenden Wochen, wo er ein Seminar hat und deshalb seinen Sohn nicht nehmen kann. Unser gemeinsames Wochenende wurde also eingetauscht gegen eins, wo wir uns auch nicht sehen, weil er Seminar hat. Ich habe ihm gesagt dass ich es traurig finde, dass jede Zeit mit seinem Kind ausgeglichen wird, unsere aber nicht. Dass er ja auch mal Montag herkommen könnte, damit wir uns sehen. Dazu meinte er, ich sei nie zufrieden und er fährt doch nicht dreimal pro Woche. Jede Initiative, jeder Versuch irgendwie mehr Zeit rauszuholen, geht von mir aus. Wenn er ohne Kind hier ist am Wochenende gebe ich meinen kleinen Sohn zu Freunden oder so, damit wir Zeit für uns haben. Er gibt seinen Sohn nie mal für mich ab.
Ich bin gerade, wie so oft in letzter Zeit, an dem Punkt wo ich nicht weiß, ob es das wert ist. Ich will meinen Partner, ich liebe ihn über alles, aber ich werde ihn nie wirklich haben, es wird kein gemeinsames Leben geben in den nächsten 10 Jahren, und er tut nichts, um mehr gemeinsame Zeit zu ermöglichen. Wir streiten sehr oft deswegen. Ich bin gefühlt ständig verletzt oder wütend, habe vor jedem Kinderwochenende Bauchschmerzen und will so eigentlich nicht leben. Aber meine Liebe ist so stark dass sie mich quasi gefangen hält, denn ich habe das Gefühl, ich halte es ohne ihn nicht aus. Ich habe in den letzten drei Jahren alles um ihn herumgebaut, alles hintenan gestellt, auch meine Kinder und mich selbst. Ich weiß einfach nicht weiter. Ich weiß ich müsste die Tatsachen akzeptieren, aber das schaffe ich nicht. Mich zu trennen schaffe ich aber auch nicht, denn wenn er ohne Kind bei mir ist, ist es wunderschön und ich schöpfe wieder Hoffnung. Ich habe auch überlegt, ihn nur noch ohne sein Kind zu sehen, aber dann wäre es nur noch alle zwei Wochen, und mir ist es ja jetzt schon zu wenig.
Vielleicht habt ihr einen Rat? Danke fürs Lesen, ich hoffe es ist nicht zu durcheinander, es sind so viele Themen, und eigentlich gibt es noch viel mehr.
Ich freue mich über jede Antwort.
Danke!
Babell
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Registriert: 21.05.2010 15:04

Re: Fernbeziehung, Superpapa und keine Perspektive

Beitrag von Babell »

Hallo

Du schreibst,
es wird kein gemeinsames Leben geben in den nächsten 10 Jahren,
Es gibt vier verschiedene Möglichkeiten:

- Ihr trennt euch. Ist keine Option wie ich aus deinem Text heraus lese.

- Ihr pausiert die Beziehung bewusst für 1-2 Jahren und geht in dieser Zeit komplett eigene Wege mit dem Gedanken im Hintergrund, dass ihr nach zwei Jahren miteinander neu beginnen wollt. Hat den Vorteil: bei dir spielt sich die Situation mit dem Haus ein und bei ihm spielt sich die Situation als getrennt lebender Vater ein.

- Ihr bleibt zusammen und trefft Euch nur an den kinderfreien Tagen. Hat den Nachteil, dass ihr euch seltener seht, vielleicht sogar sehr selten und dass ihr beide einen Teil eures Lebens gegenüber dem anderen ausschliessen müsst. Hat den Vorteil, dass ihr während eurer gemeinsamen Zeit keine Doppelrolle (Elternteil und Partner/in) führen müsst.

- Ihr bleibt zusammen und macht gewisse Abmachungen, die für beide stimmen. Keine/r soll das Gefühl bekommen, er/sie müsse das Kind ständig hinten an stellen und umgekehrt sollte auch nicht sein, dass man als Partner/in das Gefühl haben muss, man müsse sich selber hinten an stellen. Das erfordert viel Arbeit und den Willen von beiden, an sich zu arbeiten.
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