Juni 2005 - Zusammenfassung aus einer Sendung der ARD
Probleme mit dem „Familien-Begriff“ hat Susanne, die zögernd auf die Frage, wer denn alles zu ihrer Familie gehört, antwortet: “Meine Familie besteht aus mehreren Familien. Und auch das Gefühl Familie ist flexibel.
Auch Thomas hat Schwierigkeiten auf diese Frage eine eindeutige Antwort zu geben.
Klar ist: Für beide gehören die gemeinsamen Kinder Mira und Charlotte zur Familie, aber bei den Kindern aus den jeweiligen Vorbeziehungen sind die Beziehungen schon komplizierter. Susanne tut sich mit der emotionalen Abgrenzung zu Thomas Kindern aus der ersten Ehe etwas leichter, denn diese wohnen nicht bei ihr, sondern bei der Mutter Bettina.
"Gerade am Anfang waren die Kinder sehr ablehnend mir gegenüber und ich hatte auch nicht immer die Kraft und die Lust, dagegen anzugehen", sagt sie heute. Auch das Gefühl, durch die Anwesenheit der Kinder die Vergangenheit und die erste Ehe von Thomas mit Bettina leibhaftig vor Augen zu haben, hätte in ihr eine gewisse Distanz zu den Kindern aufgebaut. Mittlerweile jedoch wäre sie gerne eine Freundin für die Kinder, aber das sei schon das höchste, was sie der Beziehung abverlangen könne.
Nicht so einfach hat es Thomas im Verhältnis zu Susannes Kindern Tabea und Jonas. Er lebt mit ihnen unter einem Dach und schwankt im täglichen Zusammensein mit den beiden zwischen der Rolle des Stiefvaters, eines Freundes und des Haushaltsvorstands hin und her. Von Anfang an wollte und musste er auch Verantwortung übernehmen. Konflikte sind programmiert, zumal auch Tabea und Jonas mit dem neuen Lebenspartner ihrer Mutter Schwierigkeiten hatten.
Je nachdem wie lautstark die Konflikte ausgetragen werden, fühlt dann auch noch Susanne ihre Kinder in die Defensive gedrängt. "Da wird sofort mein Mutterinstinkt geweckt und ich nehme automatisch meine Kinder in Schutz."
Dass es oft nicht richtig ist, direkt Partei für die Kinder zu ergreifen, sieht Susanne durchaus selbstkritisch, ist aber überzeugt, dass es "tatsächlich etwas anderes ist, ob der leibliche Vater oder der Stiefvater Ärger mit den Kindern hat." So wird das Verhältnis zwischen Jonas, Tabea und Thomas ein wichtiger Gradmesser für das Funktionieren der Ehe von Susanne und Thomas.
"Wenn Tabea und Jonas sich wegen mir entschließen sollten, zurück zu ihrem Vater zu ziehen, dann wäre das auch ein Knacks für unsere Beziehung!", gibt Thomas offen zu.
Alle drei bis vier Wochen fahren Tabea und Jonas zu ihrem Vater Mathias nach Berlin. Aufgrund der weiten Entfernung können sie sich nur an Wochenenden oder in den Schulferien sehen und Mathias sieht sich in seiner Rolle als Vater geschwächt. Trotzdem kann er diesen Umständen auch Positives abgewinnen. "Die alltäglichen kleinen Auseinandersetzungen fallen weg, und das Verhältnis zu den eigenen Kindern bekommt freundschaftliche Züge." Die natürliche, emotionale Nähe zu den Kindern spürt er immer noch und meint: "Der Vater von den Kindern bin ich sowieso, und das bleibe ich auch."
Auch Tabea und Jonas sind sich einig, dass sie zwar Thomas als den neuen Lebenspartner ihrer Mutter akzeptiert haben, aber dass sie trotzdem noch lieber ihrem Vater als Thomas von ihren Problemen erzählen würden.
Bei allen Schwierigkeiten, Erwartungen und Zugeständnissen, die das komplizierte Zusammenleben einer Patchworkfamilie mit sich bringt, und trotz der noch vorherrschenden gesellschaftlichen Konventionen sind sich Susanne, Thomas, Mathias und Bettina einig: lieber eine in die Brüche gegangene Beziehung beenden, statt sie jahrelang auf einer unehrlichen Basis und nur wegen des Zusammenhalts der Familie weiterzuführen.
Nicht so gefestigt finden sich Tabea, Jonas und Clara (15), Thomas älteste Tochter aus erster Ehe, in dem neu zusammen gewürfelten Familiengefüge zurecht. Selbst nach fünf Jahren und nach Überwindung der anfänglichen Probleme mit den neuen Lebenspartnern und den neuen Halb- beziehungsweise Stiefgeschwistern tun sie sich besonders schwer mit der Frage: "Wer gehört zu meiner Familie?"
Clara stockt schon bei dem Begriff "Familie" der Atem und Jonas findet erst im zweiten Anlauf eine Lösung: "Zu meiner Familie gehören auf jeden Fall meine Eltern und meine Schwester. Thomas gehört auch dazu, aber das ist eine andere Familie. Irgendwie so.
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Ria Eugster, Patchworkcoach
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