von Manuela Ryter im Drogistenstern 5/14
Ria Eugster hat fünf Töchter und acht Enkel. Genau genommen sind es zwei Töchter aus erster Ehe sowie drei Stieftöchter und deren Kinder. Für die zweifache Mutter und dreifache Stiefmutter spielt dieser Umstand aber keine Rolle. Zumindest heute nicht mehr.
Die 55-Jährige sitzt am Familientisch in ihrem Haus im zürcherischen Hombrechtikon. Auch ihre älteste Tochter Lea Müller (24) sowie ihre mittlere Stieftochter L. E. (32) sind da. Was es bedeutet, in einer Patchworkfamilie Mutter zu sein: "Ich war schon immer wahnsinnig gerne Mutter. Die Stieftöchter haben mein Muttersein noch erweitert, denn eine Grossfamilie ist genau das, wovon ich immer geträumt habe."
Die neue Frau im Haus
Ria Eugsters Verhältnis zu ihren Stieftöchtern war nicht immer so rosig. Als sie vor 17 Jahren in das Haus ihres neuen Partners und dessen drei Töchtern zog, stand die Welt Kopf. Bei den Stieftöchtern war Eugster unerwünscht: "Endlich hatten wir uns ohne Mutter arrangiert - und dann war da plötzlich eine Frau mit kleinen Kindern im Haus, die kochte, putzte und erzog," erzählt L. E., die damals 15 war. L. kümmerte sich um ihre jüngere Schwester, während der Vater arbeitete. Die beiden schauten den ganzen Tag fern und assen nur, was sie wollten. Die Stiefmutter war anfangs eine "Bedrohung".
Ein Kampf, der sich lohnte
Für Ria Eugster war das kein einfacher Start. "Ich versuchte, die ablehnende Haltung meiner Stieftöchter zu verstehen und alle - ob die eigenen oder nicht - gleich zu behandeln." Die Stieftöchter waren aber nicht die Einzigen, denen die neue Familienform zu schaffen machte. Auch ihre leiblichen Töchter hatten Mühe. Denn sie mussten ihre Mutter plötzlich teilen. "Wir fanden den neuen Mann in ihrem Leben doof, überflüssig, störend", sagt Lea Müller. Ria Eugster stand von allen Seiten unter Druck. "Ich war total gestresst."
Zuhören und da sein
Doch Ria Eugster gab nicht auf. Sie versuchte, die Ablehnung nicht persönlich zu nehmen und war für ihre Familie da. Indem sie eine gute Zuhörerin war und mit ihren Stieftöchtern über den Alltag und ihre Sorgen sprach, fanden sie den Draht zueinander. Doch Gespräche waren nicht das Einzige, was ihr bei ihren Stieftöchtern mehr Akzeptanz verschaffte: "Plötzlich begriff ich, dass Ria für meinen Vater wichtig war", erzählt L. E., "und ich wollte, dass Papi glücklich ist." Und ausserdem sei es dann doch schön gewesen, dass wieder jemand im Hause war, der sich liebevoll um einen kümmerte. Zwar konnte Eugster die leibliche Mutter nicht ersetzen, sie konnte ihren Stieftöchtern aber dennoch Halt und Sicherheit, Vertrauen und Zuneigung bieten.
Ganz glücklich
Aus Sympathie entstand Zuneigung - und aus Zuneigung wurde Liebe. Ria Eugster hatte es geschafft, sich in den Herzen ihrer Stieftöchter einen Platz zu verschaffen. "Das ist ein langsamer Prozess", sagt Eugster. "Aber ohne geht es nicht." Man müsse die Stiefkinder mögen wollen - sonst habe die Partnerschaft keine Chance. Und auch die Stiefkinder müssten bereit sein, der neuen Familie eine Chance zu geben. In Ria Eugsters Familie kam alles gut: "Wir haben es geschafft, eine richtige Familie zu werden."
Diese Seite wird redigiert und
moderiert von
Ria Eugster, Patchworkcoach
www.coacheria.ch