Eifersucht

Erziehung ganz allgemein
carlotta37
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Eifersucht

Beitrag von carlotta37 »

...war hier in verschiedenen Beiträgen ein Thema. Ich habe mich gefragt: wie kommt es wirklich zu extremer Eifersucht?
Der Anteil des sich Abgrenzens und Bestätigens, des Kämpfens um den eigenen Standort, das alles finde ich sehr verständlich und sogar wichtig für die Entwicklung eines Kindes. Aber die oft beschriebene wirklich extreme Eifersucht, schon fast Hass, die manchmal scheinbar von Geburt eines Geschwisterkindes an da ist? Hat man als Eltern Einfluss darauf? Sind es imer die Eltern, die sozusagen einen "Fehler" gemacht haben? Das Umfeld?

Meine Tochter hätte allen Grund zu solch einer extremen Eifersucht gehabt, denn ihr Vater hatte von Geburt des Bruders an nur noch Augen für den Sohn. Dabei hat sich ironischerweise der Sohn nie für den Vater interessiert, sie hingegen war das absolute Papa-Kind.....Trotzdem und bis heute ist ihre Eifersucht nie extrem geworden.

Für mich selber war das Thema damals nicht sehr präsent. Eigentlich habe ich keinen Gedanken daran verschwendet: selber Einzelkind hätte ich mir nichts mehr gewünscht als ein Geschwisterchen und insofern bin ich einfach selbstverständlich davon ausgegangen, dass der kleine Bruder ein riesiges Geschenk für meine Tochter ist.
So war es auch: sie hat ihn bewacht und geliebt, wich nicht von seiner Seite. Ja, auch nicht von meiner: der Kleine schlief bei mir, da ich ihn gestillt habe, also wollte sie auch bei mir schlafen und durfte. Das Matratzenlager vergrösserte sich dann mit dem kleinsten Bruder nochmals (immer erstaunlicherweise nur während der 6 Monate Stillzeit, danach zogen alle ohne Protest wieder in ihre eigenen Betten). Ich frage mich, ob diese intensive Beteiligung an der Zeit mit dem jeweiligen Säugling den Zusammenhalt zwischen den Geschwistern positiv beeinflusst hat.

Heute haben sie es manchmal schwer miteinander, aber auch nur bis zur nächsten echten Krise: geht es einem der Drei wirklich schlecht, sind die anderen sofort da. Im Ernstfall halten sie zusammen -besonders gegen mich :wink:
Nun in unserer Haugemeinschaft scheint es auch kein Problem, ein weiteres Kind in diese Gemeinschaft zu integrieren. Es gab schon Momente, da habe ich mich gefragt, ob sie auch sowas wie afrikanische Grossfamilie in den Genen haben.....

Es tut mir fast weh, hier zu lesen, dass es Geschwister gibt, die sich regelrecht hassen und ich frage mich einfach, wie sowas entstehen kann.
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Delphia
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Beitrag von Delphia »

Hallo Carlotta

Vielen Dank für die Eröffnung dieses Threads!

Ich habe mich auch schon verschiedene Überlegungen gemacht bezüglich der Eifersucht unserer Zwei: sie (14) und er (12).

Bei uns ist es so, dass ich das Gefühl habe, dass ich mir wirklich genügend Zeit für sie nehme. Von ihr aus kommen eher die Eifersüchteleien. Was wir bei der Kinesiologin aber rausgefunden haben, ist, dass sie ein Problem mit allem was "männlich" ist. Von Geburt an, wurde sie "nur" als Mädchen willkommen geheissen. Ihr Vater hätte als erstes Kind lieber einen Knaben gehabt...! Dies wurde in der Zeit, als wir zusammen waren, immer wieder durchgegeben, selbstverständlich nicht verbal. Ich glaube, sie muss ihrem Vater und der männlichen Welt beweisen, dass sie eine gute pflichtbewusste Frau am Kochherd werden wird. ABER: bei uns sieht sie, dass die Frauen durchaus auch etwas anderes machen können, als "nur am Kochherd" sitzen... Das bringt einiges bei ihr durcheinander. Für uns gilt es Aufklärungsarbeit zu leisten, aber die Pubertät ist auch noch im Spiel. Tja, da gilt es zu sortieren, welche Herausforderung zuerst gelöst werden will. Das kann von Tag zu Tag variieren, manchmal von Minute zu Minute, wenn Ihr versteht, was ich meine. Beim leiblichen Vater ist keine Hilfe zu erwarten.

Fazit: es macht mich und uns manchmal fertig, weil wir Angst um sie haben. Sie darf doch eine eigenständige Frau werden... Und so arbeiten wir weiter und geben nicht auf. Gewisse positive Anzeichen gibt es schon ;-)

Übrigens beim Bruder (12) gilt es wiederum, dieses Machobild des Mannes von Zeit zu Zeit zu korrigieren. Das machen wir auch. Auch er steht hinter dem Kochherd. Gestern zum Beispiel hatte ich eine Abdankung in Lausanne und war den ganzen Tag weg. Er hat das Mittagessen gemacht (Nudeln, Tomatensauce und Salat) und es ist alles gegessen worden. Seine 14-jährige Schwester wollte ihr Geschirr dann aber nicht in die Spülmaschine wegräumen... Das hat mein Mann anscheinend, als er aus dem Büro kam, weggeräumt... Sie wird doch nicht einfach hinter dem Kochherd stehen später???? :-)

Schönen Tag an alle
Delphia
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Probleme? nein! Herausforderungen: ja :-), manchmal aber völlig hoffnungslos...
carlotta37
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Beitrag von carlotta37 »

Hallo Delphia,

das Rollenbild von Jungs und Mädchen in ihrer jeweiligen Stellung in der Familie ist sowieso eine spannende Sache.....ist mir aber noch gar nicht in den Sinn gekommen, dass das auch eine Rolle spielt! Vielleicht in Kombination damit was die einzelnen Kinder so mitbringen....

Bei uns war ja auch der 2. der heissersehnte Sohn. "Dummerweise" ist der nun das Gegenteil von einem typischen Jungen. Im Kindergarten mochten die Mädchen ihn immer sehr und Begründung einer Kleine war: der ist nicht so gefährlich wie die anderen Jungs.... :lol: Recht hatte sie!
Für ihn selber war ich fast froh, dass sich der Einfluss seines Vaters in Grenzen hielt und hält....so darf er ungestört auch mal weinen und seine zarten Seiten entwickeln!
Älteste Kinder, besonders Mädchen, sind glaube ich immer anfällig dafür, den Vätern gefallen zu wollen. Aber nicht nur Mädchen! Vor noch gar nicht langer Zeit war es üblich, dass der Älteste in das Handwerk des Vaters einsteigt. Ob sich davon Reste noch in unserem Denken befinden? Ausserdem üben wir ja als Eltern mit den Grossen alles zuerst.... :wink: Beim zweiten und weiteren Kinder nimmt man das vielleicht lockerer....

Etwas ist mir gestern noch eingefallen: ich habe selber längere Zeit in Afrika gelebt und zwar wirklich in afrikanischen Familien. Das Thema Eifersucht zwischen Geschwistern habe ich dort nie erlebt. Für mich selber war die enge Bindung afrikanischer Mütter an ihre Babys ein Vorbild. Ob es da doch Aspekte gibt, die ein besseres Verhältnis unter den Geschwistern mindestens fördern können? (Die Probleme dort liegen an anderen Stellen und sind dann auch wirklich nicht gerade harmlos....aber was die kleinen Kinder betrifft, können wir Europäer sicher etwas lernen). Ist eigentlich ein wirklich spannendes Thema!
Schönen Tag an alle! Auch an die Pubertierenden :lol:
Nadia
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Beitrag von Nadia »

Liebe Charlotta

Bei dieser Geschichte musste ich schmunzeln. Der Sohn hat die natürliche Konsequenz gespürt die eintrifft.
Ich neige leider ein bisschen dazu vorher einzugreifen.

Die Geschichte erinnert mich an einen Fall bei dem die Polizei sogar lachen musste. Ein Sohn kam betrunken im Auto nach Hause und er hat keinen Fahrausweis. Die Mutter war daraufhin so genervt, dass sie kurzerhand ins Auto stieg und er sich selber zum nächsten Polizeiposten fahren musste.

Lg nadia
Nadia
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Beitrag von Nadia »

Sorry

Die Antwort gehört natürlich unter Negativer Einfluss von aussen.

nadia
Anita

Beitrag von Anita »

es ist wirklich so, dass wir als eltern (familie) am meisten auf die geschwisterbeziehung wirken. der geburtsrang und der altersabstand beeinflusst die beziehungen auch. als bezugspersonen sind wir darum auch da gefordert unsere kinder nicht zu vergleichen miteinander. das finde ich selber ganz schwierig und doch ist es wirklich wichtig.

ich denke gerade das "vergleichen" von kindern ist in anderen kulturen nicht so ausgeprägt wie in unserer leistungsorientierten gesellschaft und trät dazu bei, dass sich diese kinder eben nicht über das mass hinaus rivalisieren müssen.

wer seinen stammbaum und die beziehungen untereinander mal über zwei bis drei generationen studiert, stellt meist fest, dass sich diese "eifersuchts-muster" wiederholen und das es an uns eltern ist, diese zu erkennen und zu verändern, wenn kinder in der familie unter eifersucht leiden.

eifersucht entsteht IMMER durch eine unsicherheit und ist ein gefühl das jede seele aufs tiefste plagt. aus spass oder um jemanden zu ärgern, tut sich das kein mensch an.

prof. hartmut kasten forscht führend im bereich der geschwisterkonstellationen und verfasst interessante fachbücher dazu.
hier ein kleiner einblick zum thema aus dem familienhandbuch:
http://www.familienhandbuch.de/cmain/f_ ... s_295.html
carlotta37
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Beitrag von carlotta37 »

Hallo Anita,

der Link ist sehr interessant!
Zum Vergleichen: ich glaube, das lässt sich nicht vermeiden. Die Frage ist nur, ob es wertend passiert! Ein liebevolles Charakterisieren der Schwächen und Stärken des Einzelnen hört sich doch gleich ganz anders an, oder?
Ich merke, dass das bei uns oft Thema ist in den Gesprächen mit den Kindern: wer kann was besonders gut/besonders schlecht, was ist sozusagen "typisch" für den Einzelnen. Die Unterschiede hervorzuheben, hilft auch manchmal, sich voneinander abzugrenzen. Ich achte immer sehr darauf, dass ich mich mit einbeziehe, gerade was die Schwächen betrifft: die erscheinen einem Kind gleich weniger schlimm, wenn Erwachsene sie auch zugeben können.
Und ich finde es ganz wichtig, auch über sich selber lachen zu lernen. Damit zu zeigen: siehst Du, jeder hat seine Schwachpunkte, ist doch gar nicht so schlimm.
Manchmal habe ich das Gefühl, wir sind damit auf einem guten Weg, weil die Kinder schon lernen, sich selber gut einzuschätzen und vor allem lernen sie, dass sie voneinander profitieren können und zusammen stärker sind als einzeln. Denn keiner von ihnen kann schiesslich alles gut!!!
Ich finde es sehr wichtig, dass man die Individualität betont, nicht beschönigend sondern realistisch. Wenn die Kinder lernen, zu ihren individuellen Schwächen zu stehen, weil niemand sie deswegen weniger gern hat oder gar verachtet, können sie auch besser damit umgehen. Und sind in der Folge wohl weniger eifersüchtig!

Unsere Gesellschaft ist ziemlich perfektionistisch....Fehler machen und eingestehen, wird in vielen Bereichen (auch beruflich) nicht als Stärke gesehen, sondern ausschliesslich als Schwäche. Dabei ist es so wichtig, oder? Wenn man lernen will durch eigene Erfahrungen und von anderen, muss man auch ehrlich reflektieren, acuh wenn es unangenehm ist!
Anita

Beitrag von Anita »

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Ein liebevolles Charakterisieren der Schwächen und Stärken des Einzelnen hört sich doch gleich ganz anders an, oder? 
verstehe gut, wie du das meinst und sicher sind wertende äusserungen noch unpassender....aber ich kenne das auch anders;

mir wurde zb als kind immer gesagt, dass ich halt nicht schön singen kann - die töne nicht treffe...dafür sei ich aber so gut im zeichnen und basteln. natürlich habe ich dies als tatsache angenommen. ich habe meine stärke ausgelebt und mich im singen immer mehr zurückgezogen - weil ich es ja angeblich eh nicht kann. etwas traurig hat mich gemacht, dass mein kleiner bruder angeblich sehr schön singen kann. ich musste weit über 30ig werden um zu erfahren, dass ich vielleicht doch singen kann...(und ps: ich kann es, wenn auch nicht wie eine diva :))
...meine angebliche schwäche habe ich also gänzlich verkümmern lassen obwohl ich eigentlich TOTAL GERNE SINGE!

geschwister haben meist sehr gegenteilige charaktereigenschaften. das ist auch so, weil die rolle des anderen jeweils schon besetzt ist und sie sich ja auch voneinander abgrenzen wollen. ein vergleich kann so aber auch ungerecht sein, weil nicht jedes kind wirklich die wahl hat, sondern vielleicht auch einfach die vorige rolle besetzt.

ich wäre froh gewesen, wenn ich zum singen ermutigt worden wäre als kind...mich hat der vergleich bedrückt und eingeschränkt...auch wenn es meine eltern sicher nicht böse gemeint haben.

über meine schwächen lache ich gerne dann, wenn es mir darum ist und nicht dann, wenn es andere lustig finden.
kann aber sein, dass ich das auch meiner erfahrung so sehe...der obig erwähnten versteht sich.

mir selber gelingt es leider auch nicht immer, meine kinder nicht zu vergleichen. ich habe mir gerade vorgenommen, mehr darauf zu achten, wie es überhaupt zu diesen vergleichen kommt....welche momente lösen es aus, dass ich meine kinder "erkläre" oder "beschreibe" vor anderen oder in der familie?

lg
anita
Bernina

Beitrag von Bernina »

Wenn wir die Ursache der Eifersucht der beiden Jungs diskutieren, dann behaupte ich, die entstand bereits während de Schwangerschaft des Erstgeborenen. Die Ex hat die Pille weggelassen um Schwanger zu werden. Kinder waren damals noch überhaupt nicht geplant. Und als mein Freund realisierte, dass seine Freundin extrem psychische Probleme hat und er sich einer gemeinsamen Zukunft nicht mehr sicher war, hat sie ihn mit dem Kind an sich gebunden.

Mein Freund hat dem Kind zu liebe geheiratet und dann begannen die Probleme erst recht. Seit das Kind etwa 2 Jahre alt war, musste er sich anhören, dass er das Leben der Mutter zerstörte, der Junge habe ihr bei der Geburt furchtbare Schmerzen zugefügt. Der Junge war also bevor er das Licht der Welt erblickte bereits ein böses Kind und Schuld. Schuld an allem.

Mein Freund versuchte dem entgegenzuwirken, wo er nur konnte. Und der Junge klammert sich an den Vater. Aus diesem Grund verlangt er ja hier an den WE eine 48 Stunden Dauerbeschäftigung/Dauerbetreuung. Wenn immer aber mal mein Freund etwas für sich tun will oder sich um den anderen Jungen kümmert, empfindet der Ältere dies als Wegweisung, Liebesentzug, Abwertung.

Der Junge war 3 Jahre alt als seine Mutter ihm erklärte, sie werde jetzt in den Himmel gehen und er müsse die Verantwortung über den Jüngeren übernehmen. In diesem Jungen ist so viel kaputt, hier müsste eigentlich ein Profi ran. Wir fanden für ihn einen sehr guten Therapeuten. Der wollte dann aber nicht mehr Samstags arbeiten und ohne Einbezug der Mutter machte dies wenig Sinn. Und der Therapeut an seinem Schulort wollte ihm nicht glauben. Also brach er diese Therapie ab.

Mein Freund versucht immer wieder, die unterschiedlichen Fähigkeiten zu stärken. Es ist bei diesen Jungs ganz einfach:
Der Ältere hat einen komplizierten Charakter, dafür ist er zuverlässig, gewissenhaft und verantwortungsbewusst.

Der Jüngere hat dies alles nicht, dafür ist er im Umgang unkompliziert.

Die Mischung wäre die Lösung. Oder jedes Kind in seinen Fähigkeiten zu bestärken. Der Jüngere müsste unbedingt in eine Theaterschule oder etwas mit asiatischem Kampfsport. Beides macht er gerne und gut. Und da er von der Mutter nicht betreut wird, wäre es gut, wenn er bei Freizeitangeboten zu Disziplin getrimmt würde.

Der Ältere interessiert sich für Technik und seit neustem für Fussballl. Und wenn er etwas anfängt, dann will er es gleich können. Geduld ist nicht seine Stärke. Trotzdem wäre es gut, man würde ihn unterstützen, dass er seine Liebhabereien täglich ausleben kann. Das würde einerseits sein zerstörtes Selbstwertgefühl stärken und ihn von seiner Verantwortungspflicht ablenken.

@ Carlotta
Dass deine Tochter das nicht gerade toll findet, wenn ihr jüngerer Bruder sie intelligenzmässig überholt, dann müsste man für sie etwas finden, in dem sie aufgehen kann, wo ihr die Brüder nicht nacheifern können.
Ich finde Reitsport etwas tolles. Die Beziehung zu Pferden kompensiert für so vieles.

Meine Tochter ist übrigens auch ein Papakind. Auch mein Freund wurde sofort in Beschlag genommen. Irgendwo müssen sie ja ihre Wirkung auf Männer üben. Im Buch von Julia Onken "Vatermänner" steht, dass der Vater die 1. männliche Bezugsperson ist. Logischerweise möchten die Mädchen ja oft ihren Vater heiraten. Insofern prägt das Verhalten des Vaters ihr späteres Männerbild.
carlotta37
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Beitrag von carlotta37 »

Hallo Anita und Bernina,

also, ich gebe mal ein beispiel: der Mittlere ist ein Mathe-Genie, die Grosse das Gegenteil. Ich entschärfe die Situation, indem wir gemeinsam darüber lachen, wenn der Junge schon beim Frühstück wieder rechnet. Das trifft die Grosse jeweils und wenn ich dann sage: also hör mal, ich kann weder beim Frühstück noch beim Abendessen gut rechnen, mach du mal, aber ich rechne mir jetzt höchstens die Kalorien aus, dann lachen alle. Der Junge darf rechnen, die Schwester fühlt sich dadurch nicht unter Druck, schliesslich kann Mama es auch nicht. Ernstere Momente folgen, in denen ich schon versuche, ihr zu helfen, denn schliesslich soll ihr das Rechnen nicht das Zeugnis ruinieren.
Aber das tue ich nicht vor dem Bruder, ich verstehe, dass sie sich blamiert fühlt, wenn er ihre Aufgaben in Sekunden löst. Andererseits hat er Freude dran, also verbiete ich es ihm natürlich nicht aus Rücksicht auf die Schwester. Ich nutze nur mein bisschen Einfluss, um die Situation zu entzerren. Und um beiden das Gefühl zu geben dass die Fähigkeit gut zu rechnen oder eben nicht, nichts über ihren Wert als Mensch oder gar ihren Wert für mich aussagt. ich spüre dann jeweils wirklich, wie die Grosse loslässt und ihrem Bruder dann auch seine Fähigkeiten zugestehen kann, auch mal Bewunderung äussert sogar, ganz frei und selbstbewusst.
Für mich ist es aber stressig, immer so den Überblick zu haben und oft genug muss ich auf die oben beschriebene Weise eingreifen um das Aufflammen von Eifersucht zu verhindern.

Grundsätzlich kann ich sehr gut nachvollziehen, was anita meint und das ist wirklich eine Gefahr! Aber ich glaube, man kann da aufpassen und die Kinder doch ermutigen, wenn sie Wünsche äussern. ich meinte mit charakterisieren auch weniger das Festlegen von Klischees für alle Zeiten, sondern eben eine Momentaufnahme.
Bei drei kindern und einer Mutter MUSS man sowieso jedem irgendeinen speziellen bereich ermöglichen, das ist eh schon schwierig. Sich da in allen Verschiedenheiten gegenseitig wahrnehmen, auch mit Humor, hilft einfach! Lachen ist nicht gleich auslachen!!!!

Der intellektuelle und doch verträumte Mittlere kann schon lachen, wenn er mal wieder in Socken zur Schule will. Da lachen auch wir anderen. Aber das hat nichts Boshaftes. Ich will nur, dass die Kinder lernen, dass Schwächen auch etwas Liebenswertes sind. Und damit das Streben nach Perfektion etwas durchbrechen.

Bernina, die Grosse hat ihre eigenen Interessen und Hobbys, die nur ihr vorbehalten sind, Pferde sind zwar nicht dabei, aber sie geht in einen Kinderzirkus und in den Chor - klar, da steht sie dann im Zentrum der Familie wenn eine Aufführung ist. Ausserdem interessiert sie sich am meisten für meinen Beruf und ich integriere sie wo es geht. Ihr Bruder geht da lieber mit meinem Freund fliegen. Da gehen sie völlig getrennte Wege!
Der Kleine hat noch das Privileg, morgens den gleichen Weg wie ich zu haben und geniesst diese 10 Minuten mit mir allein. Seine Interessen sind ja mit 5 Jahren noch nicht so ausgeprägt, er braucht mit mehr täglich und im Kleinen. Allerdings will er jetzt auch in die Zirkusschule....findet die Schwester aber okay, ist ja eine andere Gruppe...
Bernina

Beitrag von Bernina »

@ Carlotta

Das mit dem Lachen machen wir auch so. Wir möchten, dass der Ältere auch mal über seine Schwächen lachen kann und nicht immer Angst hat, das Gesicht zu verlieren.

Der Jüngere lacht etwas zu viel über seine Hirnlosigkeit. Dort wäre es besser, er würde mal aus seinen Fehlern lernen. Er ist ja chronisch vergesslich. Dann sagt er immer entschuldigend: "Man kann sich doch nicht alles merken". Und wenn er mal wieder seinen Kopf liegen lässt, dann bringen wir immer diesen Spruch.
Nun müssen wir aufpassen, dass wir den nicht zu viel gebrauchen, denn damit entschuldigen wir im voraus seine Schusseligkeit und er gibt sich gar keine Mühe mehr.

Bei uns ist es übrigens auch so, dass der Jünger in einigen Fächern viel besser ist. Mein Freund entschärft dann die Situation so: der eine Junge hat die Sprachfähigkeit des Vaters übernommen und der andere das Interssse für wissenschaftliche Dinge.
Anita

Beitrag von Anita »

@bernina
ich bin halt überzeugt, dass kinder nicht mit einem schwierigen charkater geboren werden. ihre geschichte macht es mit ihnen oder zwingt sie dazu.
die kinder deines partners haben ja schon viel erlebt und es ist mehr als verständlich, dass sie darauf reagieren und dadurch geformt werden.

@charlotta
mir gefällt es, wie du das regelst...und ja, dass ist sehr anstrengend...aber ich finde es lohnt sich, seine eigenen schwächen zu kommunizieren...das entlastet kinder wirklich sehr!


ich bin immer wieder froh zu wissen, dass kinder viel ertragen und selbst schwere bedingungen können bewältigt werden...aber natürlich wünscht man sich schon einfachere wege für seine liebsten.
Bernina

Beitrag von Bernina »

Man kann einem Kind auch nonverbal viel mitteilen. So lernen bereits Babys: ich kann schreien so viel ich will, meine Mutter kommt nicht. Aber ich schreie ein Mal und der Vater ist zur Stelle.

Oder wenn ich nachts die Nähe meiner Eltern suche, dann dreht sich die Mutter weg, der Vater aber hebt die Decke und lässt mich runterkuscheln. Aber wenn der Jüngere schreit, dann steht die Mutter auf. Diese Erfahrungen gehen tief.
Morpheus

Beitrag von Morpheus »

Hallo zusammen,

so habe mich nun mal durch gelesen.

Bernina: ja klar, wird man durch solche Dinge geprägt (kann davon ein Liedchen singen). ABER, wenn diese Dinge aufrecht erhalten werden, dann brennen sie noch weiter ein.

Wir kennen das ja mit unserem Grössten (ähnliche Geschicht wie bei euch. Sohn lebt zuerst fast ein Jahr mit Vater alleine, dann will die Mutter das Kind (zurück, Gericht sagt ja so ist es. Kind wird innert 48Stunden dem Vater weggenommen. Ein Jahr später, die Mutter muss sich wegen Kindsmisshandlung vor Gericht verantworten. Es wird eingesehen, dass die Mutter Hilfe annehmen muss, Kind bleibt trotzdem bei der Mutter, weil es besser "so" ist. Das ganze ging fast 4Jahre so vor Gericht.)

Fakt heute: die Mutter sagt noch immer, das Kind bleibt bei ihr. Weil sie erstens nicht auf die Alimente verzichten will und 2tes sie nicht als schlechte Mutter da stehen will. Wenn dann das Kind in der Pupi abstürze, dann werde sie sich die Sache noch einmal überlegen. O-Ton der Mutter :roll:)

Der Junge hat viel erlebt in seinem kurzen Leben. Er hat gelernt ein Luuser zu sein, hyperaktiv mit Medi s. Hat gelernt, dass mit einem "ich bin halt so ein Armer, sich viele Türen öffnen lassen.

Doch hat er auch gelernt, dass er blitzgescheit ist, es sich lohnt nicht immer den einfachsten Weg zu nehmen und das Türen die sich "erschlichenermasen" öffnen, ganz ganz heftig zu knallen können. Das hartes arbeiten (Schule) sich lohnt und Eigenverantwortung und Einsatz lohnt.

Was wir nun seit gut einer Woche machen und ganz erstaunlicherweise bei unseren Kids die hier leben, als super Sache erwiesen hat. Ist die "grüne-Punkte" Liste. Bezweckt haben wir damit eigendlich die Abend-Situation zu entschärfen. Geschafft haben wir aber auch, dass die Eifersucht fast gänzlich verschwunden ist.

Den Tipp mit der grünen-Punkte Liste, haben wir von der Kinderpsychologin des Grossen bekommen und "wenden" es auch bei ihm an.

Kind 1: (der Grosse)
bleibt die Windel übernacht trocken gibts einen grünen Punkt. 5Punkte kann er jeweils gegen Papa-Zeit eintauschen.

Kind 2: (die Grosse)
wird in Ruhe das Piji angezogen, Zähne geputzt, gemalt bis 20Uhr. Dannach Kassettli gehört und um 21Uhr geschlafen, gibts einen grünen Punkt. 4Punkte kann sie jeweils gegen Mama-Zeit eintauschen.
:arrow: Heute war das der Fall und Mama hat mit ihr Lotti-Karotti gespielt.

Kind 3: (der Grössere von den Kleinen)
geht er, wenn es heisst "langsam ist es Zeit für ins Bett", selbstständig ohne Gemotze rauf, hilft für s ins Bett gehen und schläft dann gut ein, gibts einen grünen Punkt. 2 Punkte können eingetauscht werden für eine gute Nacht Geschichte, auf Wunsch erzählt von Mama und Papa.
:arrow: Heute war das der Fall und Papa hat eine gute Nacht -Geschichte erzählt.

was geschieht wenn es "nicht klappt". Nichts! Es gibt kein Gemotze von uns Eltern, keine blöden Blicke, gar rein nix und halt auch keinen grünen Punkt. *schmunzel*.

Am Morgen kommen nun die Kids jeweils runter und sagen selbst, ob s einen grünen Punkt gibt oder nicht. Sie sprechen zusammen darüber (selbst der 2 1/2jährige) und schauen gemeinsam wieviele Punkte es schon hat auf den Listen. Sie motivieren sich gemeinsam und wie geschrieben, die Eifersucht ist quasi wie weg geblasen.

Der Grösste, der ja nicht 100%ig bei uns lebt, tut sich noch etwas schwer. Er hat kapiert, dass es keine materiellen Geschenke gibt, sondern etwas das "vergänglich" ist und man sich immer wieder erarbeiten muss. Das machts ihm noch etwas schwer.
Jedoch denke ich, dass auch er den Elan finden wird, dabei mitzumachen.

Liebe Grüsse mal von mir, Morpheus
carlotta37
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Beitrag von carlotta37 »

Ja, morpheus, das kann super funktionieren....Wir hatten das auch schon, kleine Marienkäfer-Aufkleber, aber fürs Zimmer aufräumen. Jeweils Samstag am Mittag gab es einen - oder eben auch nicht.....Belohnung aber erst bei 10 Käfern und damit es nicht immer gleich viel Geld kostet, durften sie sich dann jeweils aussuchen, was ich am Wochenende kochen soll (das ist ein heisses Thema, die drei haben einen völlig unterschiedlichen Geschmack und mindestens einer meckert immer....). Naja, es hat SEHR gut geklappt......10 Wochen lang eben.....dann war die Luft raus....Trotzdem bilde ich mir ein, dass die Zimmer ein ganz wenig ordentlicher geblieben sind.....

Als meine Grosse im Trotzalter war und unser damaliges Au-Pair geplagt hat, bekam sie Sonnen oder eben Wolken, konnte man sehr gut anpassen der Situation, gelegentlich gab's auch eine Gewitterwolke. Es stachelt den Ehrgeiz an und die Selbstwahrnehmung. Aber ich finde es hilft immer nur vorübergehend. Soll es ja auch, gewisse Dinge müssen geübt werden und dann sollten sie zur Gewohnheit werden.

Was ich nie tue ist mit Geld belohnen, z.B. für ein gutes Zeugnis! Ich finde sie arbeiten für sich und für ihre Zukunft und nicht für Geld - aber es scheint recht üblich zu sein. Die Kollegen erzählen immer, wieviel sie für gute Noten bekommen....
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