Stiefsohn blockiert total.....was nunt?

Fragen, Probleme und Sorgen...
rosenstolz
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Stiefsohn blockiert total.....was nunt?

Beitrag von rosenstolz »

Grüezi miteinand,
vor einigen Tagen habe ich mich hier vorgestellt. Wer wissen will, wie unsere Situation ist, der kann das unter dem Thema " Ich stelle mich vor" - Thread "Fix und fertig" nachlesen. So viel zur Einführung.

- Mein 16 jähriger Stiefsohn bockt zur Zeit massiv und meine Frau und ich sind nahezu am Ende unseres Lateins. Vor fast einem Jahr sind wir in die Schweiz gezogen und den letzten Umzug hat der Junior überhaupt nicht verkraftet. Er geht nach Deutschland in die Schule, weil wir direkt an der Grenze wohnen und im 9. Schuljahr ein Wechsel ins Thurgauer Schulsyste sehr schwierig war.
Seit wir hier sind, gibt er sich keine wirkliche Mühe Beziehungen und Freundschaften aufzubauen. Er hat sich in eine massive Wut- und Trotzhaltung zurückgezogen. Nach dem Motto: Ihr baut nur Scheisse und hab keine Ahnung. Ich gehe sowieso zurück, also baue ich hier überhaupt keine Kontakte auf.
Ein paar Kostproben: Zu Beginn haben wir die Schule u. a. deshalb ausgesucht, weil es dort eine gute Volleyball-AG gibt in seinem Alter. Er wollte da auch hin. Als es konkret wurde und er mal gehen sollte, verweigerte er sich mit dem Hinweis, seine Chemielehrerin mache da mit und die sei doof. Er gehe nicht zur Volleyball AG.
Wir haben dann mit ihm darüber gesprochen, ob er nicht in einen Sportverein gehen wolle, da er sehr sportlich ist. Ich habe aus dem Internet Schweizer und deutsche Vereine herausgesucht. Wieder totale Verweigerung! Die Freizeit verbringt er dann ausschliesslich vor dem PC und Fernseher.
Im Januar war noch ein Junge aus seiner Klasse auf ihn zugekommen und da hatte siche eine Freundschaft ergeben. Aber es war schon klar, dass dieser Junge wegziehen wird. Das ist dann in den Sommerferien auch passiert. Nun hat mein Stiefsohn überhaupt keine Kontakte mehr....

Im Frühjahr hatte er den Wunsch regelmässig ins Fitnessstudio zu gehen. Ich habe mir dann mit ihm einige Studios angesehen und wir haben eines gefunden in der Nähe seiner Schule. Wir haben ausgemacht, dass er regelmässig geht (6x mal im Monat) und wir dafür die Kosten übernehmen. Das zu Beginn halbwegs funktioniert, aber meine Frau musste ihn ständig erinnern. Wenn er nicht so oft gegangen ist, haben wir ihm das anteilmässig vom Taschengeld abgezogen. In den letzten Monaten wurde er da immer schlampiger und ging kaum noch. Mit dem Effekt, dass er kaum noch Taschengeld bekommt. Da wir nicht auf Dauer die Rolle des "Kontrolleurs" spielen wollen, haben wir gesagt, dass wir das Fitnesstudio nun zum neuen Jahr kündigen werden. Wir sind nämlich nicht bereit, das zu bezahlen, wenn er doch nicht hinwill.
Ein weiteres Bsp. ist der Wunsch zu Boxen. Er äusserte ihn vor einigen Monaten. Da er sich nicht bequemte, sich nach Vereinen kundig zu machen, habe ich alles aus dem Internet herausgesucht und ihm hingelegt. natürlich passierte nichts......grrrr. Dann habe ich angerufen und nachgefragt. Danach ist er dann zweimal zu einem "Schnuppertraining" da gewesen. Beim drittenmal regnete es und meine Frau und ich waren mit dem Auto unterwegs. Wir kamen etwas später heim. Der Junior hatte aber erwartet, dass wir ihn wegen des Regens dorthin fahren. Dann hat er uns eine Szene gemacht. In den Wochen danach war aber das Thema erledigt, er wollte einfach nicht mehr.....Eine Antwort warum haben wir nicht bekommen.

Ein Dauerproblem und das heisseste Thema sind PC- und Internetzeiten. Er spielt schon seit Jahren viel am PC und meiner Meinung nach, hat meine Frau ihm da zu früh zu viel zugestanden. Nach dem Umzug hat sich die Diskussion um Internetzeiten zugespitzt.
Wir haben in diesem Jahr schon einiges ausprobiert. Z. Bsp. zwei bis drei Stunden täglich, dann muss er den "Link" für den W-LAN Zugang abgeben. Das klappte mal mehr mal weniger gut. Aber eigentlich immer nur mit mittemässigem bis starkem Druck. Auf seinen Wunsch haben wir in Zusammenarbeit mit einer Beratungsstelle mal ausprobiert, dass er seine Internetzeit selbst verwaltet. Bedingung war nur, dass er abends um 22.00 Uhr aus dem Internet rausgeht und täglich nicht mehr als 3-4 Stunden macht. Das funktionierte überhaupt nicht. Er hing nur noch vor dem Internet. Keine Spur von Selbstregulation.
Alos haben wir den Versuch nach einigen Wochen abgebrochen. Letzte Regelung ist, dass er täglich 2 Stunden ins Internat darf und am Wochenende 4 Stunden. Eine Zeitlang hatten wir auch die Regelung, dass er ein Wochenende im Monat komplett den Zugang kriegt, aber sonntag abends um 20.00 Uhr raus muss. Das Ergebnis war, dass er dann Montags "so krank" war, dass er nicht zur Schule ging. Danach haben wir diese Regelung wieder abgebrochen.

Ein Thema ist auch der Schulbesuch. Er hat totale Schulunlust. Im Durchschnitt alle 2 Wochen kommt er an: "Mama. ich habe Kopfweh, Bauchweh.... ". Inzwischen ist er so massiv, dass er dann auch nicht mehr geht, wenn wir ihn deutlich dazu auffordern. Er geht einfach nicht!!
Na ja. Jetzt hat er sich schon seit den Sommerferien eine ganze Menge Fehltage (8) angehäuft.
Deutlich sagt er nun auch seit einiger Zeit, dass er kein Bock mehr auf Schule hat. Ich war dann mit ihm in der Berufsberatung in Deutschland und der Schweiz. Er hat alle Infos bekommen, die er braucht. Wir haben ihm auch alle Hilfe angeboten, aber er verweigert sich, dass wir uns gemeisam um eine Lehr kümmern. Wir haben ihm klar gesagt, dass er dann weiter zur Schule gehen muss, wenn er keine Stelle findet. Dann wird er laut, meint er ginge auf keinen Fall weiter zur Schule. Er würde dann 1 Jahr rumgammeln oder jobben oder ein soziales Jahr machen.
Er stellt völlig auf stur und in seiner ganzen Haltung und Gesichtsausdruck wird eine unheimliche Wut und Aggression sichtbar.

Am vergangenen Wochenende gab es nun Stress wegen Internet. Er ging am Freitag nach der vereinbarten Zeit nicht raus. Nach mehrmaligem Auffordern durch meine Frau motzte er nur rum. Dann hat meine Frau am Router das Passwort verändert, da konnte er dann nicht rein. Darauf hin kam er runter, setzte sich vor den Fernseher und dreht ihn auf, obwohl meine Frau im Zimmer war und Musik hörte. Sie sagte ihm, dass sie erwarte, dass er wenigstens fragt, ob er Fernsehen dürfe. Daraufhin rannte er wutentbrannt hoch in sein Zimmer und stellte die Musik auf volle Lautstärke. Dann ist die in der ganzen Wohnung hörbar und darüber hinaus. :roll:
Mehrmaliges Auffordern leise zu machen provozierte bei ihm nur Gebrüll: Das ist leise!
Nun ja. Abends wiederholte sich das. Er hatte um 22.30 Uhr die Musik wieder so laut an. ich bin dann hoch und habe ihn aufgefordert. Wieder Gebrüll. Ich leise gestellt, runter gegangen. Er stellt wieder laut..... so ging das dann 2-3 mal. Ich habe ihm angekündigt, dass ich die Sicherung abstelle, wenn die Musik in 5 Minuten nicht auf Zimmerlautstärke ist.
Natürlich trotzte er weiter. Also habe ich die Sicherung ausgeschaltet. Dann war Ruhe!
Eine brachiale Metholde, aber was soll man Abends um 23.00 Uhr machen, wenn man Schlafen will und die Nachbarn sicher die Musik auch hören. Am Samstag und Sonntag war er dann nur stinkig und sauer. Hinzu kommt, dass das W-LAN nicht mehr richtig funktionierte, nachdem das Passwort verändert worden ist. Da war er natürlich auch stinkig.
Am Samstag hat er dann meine Frau zusammengebrüllt in einem Ton, den ich so noch nicht erlebt habe. Sie hatte zuvor gesagt, dass sie ihm helfen wolle bei der Einstellung des Routers. Aber er hat nur rumgebrüllt.....
Gestern war dann dicke Luft. Wir haben den Internetzugangen eingezogen. Er hat ihn gestern noch mal bekommen, aber es funktioniert natürlich nicht, weil etwas umgestellt werden müsste. Aber meine Frau hat ihm klar gesagt, dass sie erwartet, dass er sich entschuldigt für sein Verhalten und dass er sie um Hilfe bittet. Sonst wird sie ihm nicht helfen.
Daraufhin ist er wieder wutentbrannt in sein Zimmer und wieder Musik auf volle Lautstärke und dann wieder die gleichen Spielchen. Meine Frau geht bestimmt 4-5 mal hoch, dreht Musik herunter. Er dreht sie wieder auf....
Irgendwann hat er sie dann leise gelassen. Aber zuvor wieder laut werden, rumbrüllen, Verweigerung.

Heute früh dann kam er an, er habe Bauchweh und könne nicht zur Schule. Meine Frau hat ihn dann aufgefordert zu gehen. Erfolglos.
Er weiss, dass er heute nicht ins Internet kommt, dass es kein Fernsehen und auch sonst kein PC gibt. Sie hat ihm die Maus eingezogen, so dass er auch keine anderen Spiele machen kann.

Nun, Auseinandersetzungen dieser Art spielen sich schon in den letzten Jahren ab. Nun wird es immer heftiger und mit den bisherigen Massnahmen kommen wir auch nicht weiter. Der Stiefsohn wird lauter, selbstbewusster und wütender. Am Samstag hatte ich echt Angst, dass er seine Mutter schlägt. Das hat er noch nie getan, aber es gab da eine Szene.... :(

Wir hatten im Frühjahr schon einemal Beratung und haben versucht z. B. Regen auszuhandeln, aber es funktioniert nicht langfristig. Einerseits fehtl meiner Frau manchmal die Konsequenz. Andererseits ist der Stiefsohn nicht bereit (nicht fähig?) die Regeln einzuhalten.

Es ist im Moment so eskaliert, dass wir nicht mehr wissen, wie es weitergehen soll. Zumal eben die Frage der beruflichen/schulischen Zukunft ansteht. Wenn er sich weiter weigert zu kooperieren, wird es scher schwierig.

Ich erlebe es als fast unerträgliche Situation. Meine Frau ist fix und fertig und schwankt zwischen Wut und Schuldgefühlen gegenüber dem Sohn. Ich muss aufpassen, dass ich nich einen richtigen Hass entwickle gegen ihn, weil er so stur ist.
Ich denke, wir kommen nur mit Hilfe von aussen weiter. Zur Zeit überlegen wir, ob es noch tragbar ist, dass er bei uns wohnen bleiben kann, wenn er nicht bereit ist, sich an Spielregeln zu halten. Evtl. wäre es eine Möglichkeit, dass er zum Vater zieht. Das war bei dem Wechsel vor einem Jahr schon einmal im Gespräch, aber da wollte es der Junior nicht. Auch die Frau des Vaters war eher zurückhaltend, da sie Bedenken hat.

Aber im Moment werden wir mit ihm und mit der Situation nicht mehr fertig..... :(

Sorry für den langen Beitrag. ABer ich musst mich einfach mal auskotzen.

Danke für alles aufmerksame Lesen.

rosenstolz
Anita

Beitrag von Anita »

hallo rosenstolz

da verstehe ich gut, dass ihr auf grenzen stosst und was passieren muss!

Ihr baut nur Scheisse und hab keine Ahnung
mal aussen vor, dass pupertierende sich ja oft selber nicht verstehen...steht hier das gefühl von "ich werde nicht verstanden" schon klar im raum.
...und wird zur gegenseitigkeit - eine negativ-spirale :(

eine familienbegleitung könnte hier vielleicht (der sohn muss damit einverstanden sein!), zugang verschaffen.

wie stellst du dir (ihr euch) eine hilfe vor?
welche art von hilfe habt ihr schon beansprucht?
rosenstolz
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Stiefsohn blockiert.....

Beitrag von rosenstolz »

Hallo miteinander,

heute mittag war er wieder halbwegs normal. Er hat sogar mit meiner Frau und seiner kleinen Schwester (9) eine Runde Uno gespielt.

Als meine Frau aber zu ihm ins Zimmer ist, um ihm zu sagen, dass sie ziemlich fertig ist und es so nicht weitgeht und wir auch therapeutische Hilfe holen, war seine Antwort: "Wir brauchen keine Hilfe. Gebt mir meinen Computer und lasst mich in Ruhe!"
Sie hat dann noch gefragt, wie er sich Weihnachten vorstelle, in Bezug auf Feiern. Antwort: "Schlafen, schlafen, Schlafen!"

:(

.....wie soll man das noch aushalten.........

Manchmal hab ich das Gefühl (Stief-) eltern sind wie ein Teppich....es wird ständig darauf herumgetrampelt......
Anita

Beitrag von Anita »

hierzu fällt mir spontan ein:

lobt ihn für das was er toll macht und was euch freude bereitet!
je mehr er merkt, dass ihr auch gutes an ihm bemerkt, desto eher wird er diese goldige seite auch wieder mehr zeigen - es lohnt sich dann eher :wink:
Morpheus

Beitrag von Morpheus »

lieber Rosenstolz,
kennst Du die Geschichte mit dem Rucksack?

jeder Mensch bekommt bei seiner Geburt einen Rucksack mit, der für s ganze Leben reichen sollte. Dieser füllt sich im Laufe der Kinderzeit, Jugendzeit und Erwachsenenzeit.
Eigentlich sollte dieser eine Rucksack reichen..... und doch kann es sein, dass man plötzlich merkt, der Rucksack wird zu schwer, er ist voll.- und doch ist man noch nicht am Ende anbelangt.-
Da gibt es Menschen die resignieren, Menschen die verzweifeln, Menschen die verängstigen, Menschen die wütend werden.

Vielleicht findest Du den passenden Moment für diese eine Geschichte im Kreise der Familie und vielleicht findet sich zusammen ein Augenblick der Magie/Fantasie... um gemeinsam ein Ende der Geschichte mit dem Rucksack zu finden.-

wenn nicht... nun, Geschichten brauchen machmal Zeit und berühren verschlossene Menschen mehr als sie sich anmerken lassen.-

Vielleicht fragt der verschlossene verunsicherte Mensch auch wie Du auf diesen Scheiss kommst. Dann darfst Du ihm gerne sagen....

das diese Geschichte von einer jungen Frau kommt, die ihr ganzes Leben gedacht hat, dass es nicht schlimmer werden kann als alles was sie erlebt hat. Es doch schlimmer kam und die "Lösung" dieser Geschichte diese junge Frau dazugebracht hat, das Leben nicht wegzuwerfen....
sondern sich hinzusetzen, den Rucksack hervor zu nehmen und seinen gesamten Inhalt "auszumisten" mit dem Willen von nun an, selbst zu bestimmen was in ihren Lebensrucksack gehört und was nicht.-

Alles Gute und ganz viel Zuversicht.....

wünscht Euch Morpheus
Bernina

Re: Stiefsohn blockiert total.....was nunt?

Beitrag von Bernina »

rosenstolz hat geschrieben:Wir haben dann mit ihm darüber gesprochen, ob er nicht in einen Sportverein gehen wolle, da er sehr sportlich ist. Ich habe aus dem Internet Schweizer und deutsche Vereine herausgesucht. Wieder totale Verweigerung! Die Freizeit verbringt er dann ausschliesslich vor dem PC und Fernseher.
Im Frühjahr hatte er den Wunsch regelmässig ins Fitnessstudio zu gehen. Ich habe mir dann mit ihm einige Studios angesehen und wir haben eines gefunden Ein weiteres Bsp. ist der Wunsch zu Boxen. Er äusserte ihn vor einigen Monaten. Da er sich nicht bequemte, sich nach Vereinen kundig zu machen, habe ich alles aus dem Internet herausgesucht und ihm hingelegt. natürlich passierte nichts......grrrr. Dann habe ich angerufen und nachgefragt.
Eigentlich könnte dieser Text auch von uns sein. Mein Freund hat auch einen Jungen, der so passiv ist und sich nicht für seine Belange einsetzt. Er wird zwar nicht aggressiv und launisch, dafür ist er noch zu wenig in der Pupertät. Er reagiert eher apathisch und beginnt dann, in seiner Langeweile Gegenstände zu zerstören, mit Messer, Schere oder Feuerzeug.
Wir sind auch gerade am Lernen, wie man mit Pubertierenden umgeht. Einerseits denke ich, euer Junge ist auf der Suche. Nach neuen Hobbys, aber auch nach sich selbst. Dazu gehört aber auch, dass er sich selber dafür informiert. Du beschreibst mehrmals, wie DU dich im Internet schlau gemacht hast. Der Junge ist aber so viel im Internet, wieso sucht er nicht selber nach Trainingsmöglichkeiten? Ist das mit dem Boxen wirklich ein echter Wunsch, oder hat er euch nur ein wenig an seinen Gedanken/Träumen teilhaben lassen.
Morpheus hat das sehr gut beschrieben mit dem Rucksack. Gutes Beispiel.
Wenn du dem Jungen so viel abnimmst, dann hat er gar keine Chance, sich selber etwas zu erarbeiten. Er hatte eine Idee. Beispiel Boxen. Und du hast dich dann für ihn schlau gemacht. Dann ist es irgendwie schon wieder dein Ding und nicht seines.
Der Junge soll sich für einen Sport schlau machen und wenn möglich noch einen Kollegen motivieren können, spornt viel mehr an. Zudem kann man sich dann - wenn nötig - beim Taxidient abwechseln. Oder mit dem Fahrrad ist es zu zweit viel lustiger.

Meine Tochter hat auch ständig neue Fürze, möchte dies und das. Ich finde es gut, wenn sie alles ausprobiert. Zum Glück kann man überall erst ein paar Schnupperstunden besuchen. Oft sogar gratis. Wir haben etwa 5 Tanzstudios ausprobiert um dann zu realisieren, dass keines wirklich ihren Fähigkeiten/Wünschen/Musikstilen entspricht. Sie hat in der Schule nach Adressen rumgefragt.

Was die PC Benützung anbelangt, so gehört dieses Abtauchen irgendwie zu diesem Alter. Zu meiner Zeit gab es noch keine Computer. Wir haben uns mit Musik zugedröhnt, resp. abgelenkt. Stundenlang und machte meine Eltern auch wahnsing. Auch wenn ich ein ganz angepasstes Kind war und völlig harmlose Musik hörte.

Jugendliche haben ein hormonell gesteuertes Durcheinander im Kopf. Auch das müssen wir uns immer wieder klar machen. Und mit so einem Chaos im Kopf fühlt man sich selber manchmal unausstehlich. So ergeht es jedenfalls unserem Älteren des öfters. Dann verzweifelt er oft ob sich selber.

Könnte man den Schulfrust des Jungen nicht unterbrechen, in dem er ein Zwischenjahr machen könnte, um aus dieser Spirale auszubrechen. Austauschjahr im Ausland. Er müsste dann zwar wieder sein Umfeld wechseln. Oder ein Job, völlig was anderes, Bauernhof, Alm, Hotel, ...
Der Junge braucht Erfolgerlebnisse. Möglicherweise braucht er einen Umweg oder ein solches Time out, um wieder zu sich zu finden.
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Delphia
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Beitrag von Delphia »

Hallo Rosenstolz

Es sind alles gut gemeinte Ratschläge, die wir hier einander geben, aber manchmal hat man die Kraft nicht mehr, irgendein Ratschlag zu befolgen...

Ich wünsche Dir und Deiner Familie ganz viel Kraft, dies durchzuhalten.

Beste Grüsse
Delphia
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Probleme? nein! Herausforderungen: ja :-), manchmal aber völlig hoffnungslos...
rosenstolz
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Neues von Stiefsohn

Beitrag von rosenstolz »

[b]Grüezi miteinand, :)
Nachdem ich jetzt ein 3/4 Jahr nichts geschrieben habe, nun noch mal einige Dinge, die mich bewegen.

Nachdem im Dez/Jan die Situation zum "Platzen" war, haben wir uns therapeutische Hilfe geholt. Es war ein Psychologe u. a. mit system. Ausbildung aber auch verschiedenen anderen Qualifikationen. Meine Frau und ich hatten einige Termine mit ihm.
Da es aufgrund der belastenden Situation mit unseren Kindern (eben der inzwischen 17jährige Stiefsohn, eine 19jährige Stieftochter mit Borderline, die aber nicht mehr bei uns lebt; 9jährige pflegeleichte Stieftochter) auch in der Ehe kriselt, ist der Therapeut sehr darauf abgefahren. Aber wir hatten nach einigen Sitzungen (z. Teil drei Stunden lang, er hat sehr viel geredet) zunehmend das Gefühl, dass er uns seine Ansichten, Ratschläge etc. aufdrückt. Manches war davon gut, aber manches passte auch nicht. :?
Und irgendwann habe ich richtiggehend Aggressionen gegen diesen Therapeuten bekommen. :twisted:
Mit dem Stiefsohn, dessen Verhalten wir als grösste Belastung erlebt haben, hat er nicht gearbeitet. Ich glaube auch nicht, dass das gepasst hätte....
Jedenfalls haben wir irgendwann die Beratung beendet. Aber viel weitergebracht hat es uns nicht, weil einfach die Beziehungsebene zum Therapeuten nicht stimmte.
Ich ärgere mich über mich selbst, denn das habe ich eigentlich schon zu Beginn gemerkt und hätte sagen müssen, es passt nicht und weitersuchen. Aber da bin ich zu sehr Gutmensch...... :cry:

Naja. Wir wursteln also alleine weiter. Die Konfrontationen zwischen Stiefsohn und meiner Frau bzw. mir gehen auf und ab wie Wogen.

Positiv ist, nachdem er im vergangenen Jahr völlig blockiert hatte bezüglich Lehrstelle suchen hat er inzwischen eine. Der Zug war für uns schon abgefahren und wir hatten ihm klar gemacht, dass er weiter zur Schule gehen muss. Da er mit seinen Vorstellungen von "rumgammeln" nicht durchkam, hat er das auch akzeptiert.
Im Frühjahr konnte er dann noch bei zwei Betrieben in Deutschland "schnuppern", erhielt da aber Absagen. Für meine Frau und mich war da klar, dass er weiter zur Schule geht. Dann entdeckte sie im Internet eine Lehrstelle direkt in der nächsten Stadt. Wir kontaktierten die Fa., ihnen war ein Lehrling abgesprungen. "Sohnemann" durfte im Juni schnuppern und hat eine Lehrstelle bekommen. Jetzt nach 5 Wochen läuft es auf Auskunft des Chef's wirklich gut. Der Stiefsohn ist, was aufstehen betrifft und Brote schmieren etc. selbständig und motiviert. Das entspannt schon etwas.

Was aber nach wie vor sehr schwierig ist, sind seine Aggressionen gegen uns. Nach wie vor dreht sich der Kampf ums Internet und er hat wenige Kontakte. Ein paar scheinen sich mit Kollegen aus der Berufschule zu entwickeln.
In den letzten 2 Wochen hatten wir mächtige Auseinandersetzungen mit ihm, wegen seines Lehrlingsgehaltes. Wir haben ihm gesagt, er müsse einen Betrag als Haushaltsgeld abgeben. Uns geht es darum, dass er wirklich lernt, dass das Leben etwas kostet.
Das in Verbindung mit den limitierten Internetzeiten hat ihn so wütend gemacht, dass er uns vorhielt er würde wie ein kleines Kind behandelt und dann sei er nicht bereit das Geld abzugeben.
Entweder er werde ganz wie ein Erwachsener behandelt, was für ihn ein uneingeschränkter Internetzugang bedeute oder ganz wie ein kleines Kind, dann zahle er nichts und wir müssten ihn voll und ganz versorgen.

Es war dann nicht ganz einfach, da eine Diskussion immer ganz schwierig ist mit ihm. Es geht eigentlich nur, wenn wir ihm erst danach den Internetzugang freigeben. Mühsam, mühsam....

Er war dann wegen der Einschränkungen auf dem Tripp, er ziehe aus. Das Lehrlingsgehalt reiche schon. Wir haben nun mit ihm etwas neu ausgehandelt. Er hat auch noch Telefonschulden an uns abzuzahlen, da er im vergangenen Jahr ein paar mal im mehrere hundert Fr. Bereich nach D'land telefoniert hat.

Nun hatten wir teilweise das Telefon eingeschränkt, d. h. kein drahtloses mehr. Er musste dann zum telefonieren ins Wohnzimmer bzw. mit Kabel auf den Balkon.
Obwohl wir versuchen drauf zu achten, hat er (z. Teil in unserer Abwesenheit) in diesem August für 450,-- Fr. telefoniert. Als meine Frau ihn darauf ansprach brüllte er rum, das ginge sie nicht an. ER habe jetzt Geld usw. Tatsache ist aber, dass wir jetzt hinter ihm "herrennen", damit er seine kompletten Telefonschulden abzahlt - insgesamt sind es fast 700,-- FR. DAs ist einfach so anstrengend, weil diese Sachen nur mit Druck und Androhungen funktionieren.
Das vergiftete das Familienklima. Familienleben mit ihm findet nur sporadisch statt. Er ist jetzt 12 Stunden an der Arbeit, kommt dann heim und klemmt sich vor den PC. Kein Duschen, ABendessen, GEspräch etc. Das geht nur mit mehrmaliger Aufforderung und Druck.
Auch solche schönen Dinge wie Zimmer aufräumen etc. gehen nur mit Druck.

Vor 2 Wochen kam er dann einmal aus seinem Zimmer und hatte sich am Oberarm geritzt. Er wollte provozieren - nach dem Motto. Dann zeige ich euch damit, dass es mir nicht gut geht.

Wir haben inzwischen noch einmal Adressen von einer Jugendpsychatrischen Beratungsstelle herausgesucht, die laut unserem Hausarzt sehr gut sein soll. Wir haben sie an ihn weitergegeben mit dem Hinweis, er muss sich melden, wenn er solche Hilfe will. Antwort: "Ja, ich schaue mal." Typisch!!! Bei dieser Antwort heisst das, das in der Regel nichts passiert. Es sei denn, man setzt ihm klare Ultimaten.
Wir sind unsicher, ob wir noch einmal Kontakt zu dieser Beratungsstelle aufnehmen. Er reagiert bei manchen Dingen sehr allergisch - wir würden uns in sein Leben einmischen.....

Der Alltag ist einfach zermürbend! Zunehmend belastet das auch die Beziehung zwischen mir und meiner Frau. Ich erlebe sie, dass sie bei ausgehandelten Regeln immer wieder Ausnahmen macht, nachgibt, Inkonsequent ist usw.. Viel zu wenig Klarheit.
Mich erlebt sie als zu streng. Wir merken, dass wir uns oft nur noch wegen der Kinder vor allem wegen dem Stiefsohn "angiften". :(

Ich verstehe irgendwo das Empfinden des Sohnes. Er hat viel erlebt. Die Scheidung und Trennung vom leiblichen Vater als er 1 Jahr alt. war. Der zweite Mann meiner Frau, der emotional Vater für ihn war ist tödlich verunglückt, als er 8 Jahre alt war. Dann ist meine Frau wegen meines Berufes 500 km zu mir gezogen. Es folgten berufsbedingt (weil es nicht anders ging!!!) noch zwei weitere Umzüge. Also 3 Umzüge zwischen 2003 und 2007. Das ist in diesem Alter sehr schwierig.
Er hat einen grossen Rucksack auf dem Rücken. Und er hält uns den letzten Umzug immer wieder vor. Auch vor 2 Wochen: Ihr habt mein Leben zerstört! Ihr kapiert das mit dem Internet nicht. Das ist mein Leben! Ich will keine Freunde - ich habe meine Freunde online.

Besonders ich habe das Gefühl, dass emotional bei mir Grenzen erreicht werden. Ich kann das Gute gar nicht mehr sehen (Lehrstelle etc.). Bleibe zu oft im negativen stecken. Durch diesen Stress leidet auch unsere Ehe und es geht so weit dass ich manchmal schon über Trennung nachgedacht habe.
Wie oben schon geschrieben, haben wir noch eine 20jährige Tochter (meine Stieftochter) die Borderline hat. Auch da gibt es eine mehrjährige sehr schwierige Geschichte. Zur Zeit ist sie in einer Spezialklinik, aber es ist völlig unklar, wie es danach weitergeht. Die Ärzte und Therapeuten denken, dass sie noch einige Jahre in einer betreuten WG, Ausbildungsplatz etc. sein muss. Sie selbst möchte gern raus aus der Betreuung, kommt abe nach ERfahrungen in den letzten 2 Jahren (sehr offene Betreuung) nicht selbständig zurecht.
Das drückt natürlich auch......

Mein Beruf hat den Vorteil, dass wir finanziell keine Probleme haben, aber er ist emotional auch sehr herausfordernt. Ich bin evangelische Pfarrer und habe mit vielen Problemen anderer Leute zu tun.

In den letzten Jahren gibt es kaum Oasen, die unbeschwert sind. Normalerweise sollte ja das Privatleben ein Rückzugsort zum Durchatmen sein können, aber zur Zeit stellt sich die Frage, was Belastender ist Beruf oder Privatleben....

Einer gute Bekannten, die unsere Geschichte nicht so kannte habe ich jetzt mal alles erzählt. Sie schaute mich mit grossen Augen an und sagte nur: "Dieses Joch ist doch kaum zu ertragen...".

Tja, so ist es wohl.... :cry:

Und dennoch kann ich nicht einfach aussteigen, denn eigentlich lieben meine Frau und ich uns ja.

Sorry, dass ich euch hier so "vollgetextet" habe.

LG rosenstolz[/b]
Bernina

Beitrag von Bernina »

Lieber Rosenstolz

Ein grosses Kompliment an dich, dass du nach wie vor die Konflikte mit deinen Stiefkindern durchstehst. Ich kann mir vorstellen, dass du mit den Problemen deiner Gemeindemitglieder schon genug beschäftigt bist und nicht noch private Herausforderungen suchen müsstest.

Verzeih mir, aber wenn ich deine Zeilen lese, dann rumort es bei mir in der Magengegend und ich kann nicht leugnen, solidarisiere ich mich mit deinem Sohn. Ich erkenne meine eigene Jugendzeit wieder.
In einem Jahr wird der Sohn volljährig sein und abgesehen davon, dass er zwar nur einen Lehrlingslohn erhält, mit euch gleichberechtigt sein.

Um die Konflikte rund ums Telefon zu entschärfen, würde ich viel mehr an seine Verantwortung abtreten. Vielleicht ist es möglich, dass er einen eigenen Anschluss erhält und diesen selber bezahlt.

Das Jugendliche in ihren Zimmern Unordnung haben, ist ebenso normal. Auch wenn es uns Eltern stört, so ist es ihr Reich. Sie wollen sich damit von uns spiessigen sturen Erwachsenen abgrenzen. Selbstbestimmung. Auch darüber, wie es in ihrem Zimmer aussieht.
Erteilt nur minimale Regeln: alle 1 - 2 Wochen Staubsaugen und alle 2 - 4 Wochen Betten wechseln. Wenn euch das Chaos stört: Türe zu und mihr sieht kein Chaos mehr. Will er lieber den Service von Hotel Mama beanspruchen, dann muss er dafür sorgen, dass die Mutter gelegentlich mit dem Staubsauger durchflitzen kann.

Internet: Da der junge Mann durch die vielen Umzüge keine dauerhaften Freundschaften aufbauen konnte, ist für ihn das Internet wirklich eine gute Möglichkeit, virtuell Beziehungen zu pflegen. Da seine Schwester Borderline hat, ist er möglicherweise Co-Abhängig. Vielleicht hat auch er Mühe mit Beziehungen. Beim Chatten ist sein aggressiver Charakter weniger spürbar.

Ihr lässt euch sehr auf Machtkämpfe ein. Zum Teil sind sie wichtig, da die Jugendlichen im Dialog mit ihren Eltern ihre Hörner abstossen können. Bei vielen Konflikten seid ihr aber nur stellvertretend für den Rest der Welt Angriffsfläche.

Im Buch von Alan Guggenbühl "Pubertät" wird dies sehr gut beschrieben. Ich kann es dir sehr empfehlen.
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Delphia
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Beitrag von Delphia »

Hallo Rosenstolz

Du musst Dich nicht entschuldigen, dass Du soviel geschrieben hast. Manche lesen die Beiträge "quer", andere haben mehr Zeit und lesen einen Bericht mehrmals. Je nach Situation mache ich das Eine oder das Andere.

Nun zu Dir: bei mir läuten alle Alarmglocken und ganz spontan aus dem Bauch sage ich: rette Deine Ehe, solange Du kannst. Es ist ja schön, dass Du Dich für die Kinder einsetzt (vielleicht auch berufsbedingt?), aber langsam ziehen sie Euch beide (Deine Frau und Dich) in den Abgrund. Das Leben kann ja so schön sein...

Vielleicht hilft das ein bisschen weiter:

Markus 11, 15:
Er stiess die Tische der Geldwechsler um und liess nicht zu, dass weitere Waren durch den Tempelhof getragen wurden. Im Sinne von: einige selbsterlaubten Freizeitbeschäftigungen von Sohnemann müssen eingeschränkt werden (Aufgabe der leiblichen Mutter?)
Markus 11, 24:
Hört auf meine Worte! Ihr könnt beten, worum ihr wollt - wenn ihr glaubt, werdet ihr es erhalten. Im Sinne von: Hoffnung nicht verlieren...

Mit Vers 25 habe ich ein bisschen Mühe, denn wenn die Situation so ist wie bei Euch, wird es schwierig zu vergeben.

Könnt Deine Frau und Du mal offen und ruhig miteinander reden? Ich glaube, sie muss merken, dass es so nicht weiter gehen kann. Es geht ihr ganz bestimmt auch nicht so blendend.

Etwas anderes: wie seid Ihr zu Hause organisiert? Wer ist wann wo von der Familie? Wer hat einen guten Zugang zu den Kindern, vielleicht auch ausserhalb der Familie? Bei mir stellt sich auch die Frage nach dem Warum sind die älteren Geschwister so? Warum ist die Jüngste pflegeleicht? Wie funktionieren die Geschwister untereinander?

Viele Fragen, gell?

Schönen Tag noch und halt die Ohren steif!
Delphia
___________________________________
Probleme? nein! Herausforderungen: ja :-), manchmal aber völlig hoffnungslos...
rosenstolz
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Danke für Rückmeldung

Beitrag von rosenstolz »

Danke Bernina,

es ist ganz gut, mal eine Rückmeldung zu bekommen, die auch gegen den Strich bürstet. :lol: (verstehen Schweizer diesen Ausdruck??)
Zum "aggressiven" Charakter des Sohnes: Der kommt nur bei uns zu Hause raus. Ich habe vor ein paar Tagen mit einer ehemal. Lehrerin (bis vor den Sommerferien) von ihm gesprochen und die sah eher seine bedürftige Seite und hat ihn als sympathisch empfunden.

Was den Telefonanschluss betrifft: Wir haben ab Ende September einen neuen Anbieter, wo der Stiefsohn eine eigene Nummer kriegt. Allerdings ist ein Anschluss mit zwei Nummern. D. h. es wird alles von unserem Konto abgebucht. Da bleibt das Problem mit dem "hinterherrennen nach dem Geld".
Ich werde mich mal kundig machen, ob in unserer Mietwohnung ein separater Anschluss möglich ist, der von seinem Konto abgebucht wird.
Wenn das geht, ist das vielleicht die Lösung.
Dann muss er Verantwortung übernehmen. DAs wäre eine gute Lösung.

Was meinst du genau mit Co-Abhängigkeit bei Borderline?
Bin gespannt auf deine Antwort.

Lieben Gruss
rosenstolz
Bernina

Beitrag von Bernina »

Hallo

Ja, ich habe den Ausdruck verstanden. Wir treffen uns 2 x pro Jahr in Dutschland mit Angehörigen von Borderlinern, die sich regelmässig in einem geschlossenen Forum austauschen.

Angehörige von Borderliner übernehmen Muster des Kranken. Man beginnt gleich zu denken und zu handeln, bis man das Gefühl bekommt, man ist auch krank. Meine Mutter (84 Jahre) könnte Borderliner sein. Als Kind fragte ich mich immer, bin ich gestört oder meine Mutter? Dank langer Psychotherapie und dieser Selbsthilfegruppe zu der ich dank meinem Freund gekommen bin, bekomme ich die Antworten, die mich ein Leben lang beschäftigten.

Wenn dein Stiefsohn sich ritzt, so hat er das möglicherweise von seiner Schwester abgeguckt. Sie macht es, um sich zu spüren, er macht es um Aufmerksamkeit zu bekommen.

Es gibt gute Literatur zu diesem Thema, siehe noch im Thread Literatur
Ich hasse dich, verlass mich nicht.
Schluss mit dem Eiertanz.
Auch die Masken der Niedertracht ist sehr zu empfehlen.

Es ist normal, dass Jugendliche nur zu Hause frech sind. Sie üben dort, ihre Position zu finden, Erwachsen zu werden. Mann muss ihnen aber auch die Chance geben, Schritt für Schritt Eigenverantwortung übernehmen zu dürfen. Es kann nicht sein, dass ein Jugendlicher bis 17 Jahre und 364 Tage als Kind behandelt wird und Punkt mit dem 18. Geburtstag Erwachsen sein MUSS. Ich glaube, dagegen sträubt sich euer Sohn.
Wie wollt ihr den Internetzugang handhaben, wenn er dann 18 ist? Dann ist er Erwachsen und kann selber darüber entscheiden?

Freue mich auf weitere Fragen

Gruss
rosenstolz
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Selbständig werden

Beitrag von rosenstolz »

Hoi Bernina,

Es gibt schon verschiedene Schritte in die Richtung.

Z. Bsp. - soll Stiefsohn sich selbst um seine Wäsche kümmern, d. h. waschen, aufhängen bzw. Tumbler usw.
Das funktioniert aber nur teilweise, denn
a) fragt meine Frau dann doch immer wieder, ob er nicht was zu waschen hat und wäscht dann Sachen von ihm mit, wenn die Waschmaschine nicht ganz voll ist.
b) lässt er die Sachen liegen, bis er nix mehr hat. Aber kurz zuvor nervt ihn meine Frau so lange, bis er sich kümmert. D.h. die Lernerfahrung "ich habe nichts mehr zum anziehen" macht er gar nicht. Denn Mama lueget ja doch!!

Ich finde, sie sollte ihn mal auflaufen lassen, aber sie sagt dann: Ja, es ist doch nix dabei, wenn ich das für ihn mache....
Das ist wohl "Mutterinstinkt". Ich finde, es wäre ein prächtiger Lerneffekt, wenn er irgendwann mal nur noch schmutzige Sachen im Schrank hat.

Ich denke nach deinem Feedback, Telefon könnte noch so ein Schritt sein.

Was die Verwaltung der Internetzeit betrifft, so haben sich die Regeln ja schon in den letzten 2 Jahren verändert.
Aber wenn durch das Internet sogar Absprachen, Regelungen etc. nur schwer möglich werden, weil er nur davor sitzt und ihn alles andere annervt, dann finde ich das auch schwierig.

LG rosenstolz
Bernina

Beitrag von Bernina »

Hallo

Ja, warum soll der junge Mann etwas lernen, wenn ihn die Mutter vor der negativen Erfahrung bewahrt.

Wir kämpfen ja mit gleichen Problemen beim Thema Kleidung, aber unsere Jungs sind noch "halbe" Kinder. Dennoch hat der Ältere eingesehen, dass wenn er immer Kleider zur Mutter mitnimmt, irgendwann bei uns der Schrank leer ist.
Als er verärgert war und die Schuld mir zuschob habe ich nur gesagt, dass ich seinen Frust verstehen kann, aber ICH habe die Kleider nicht zur Mama gebracht. Darauf folgt ein Wutausbruch, ein trötzeln im Zimmer. Ist doch auch blöd, wenn man einsehen muss, dass mann einen Fehler gemacht hat.

Ich glaube, du und deine Frau müsst über die Bücher, ihr müsst am gleichen Strick ziehen. Erziehen heisst auch zutrauen. Vögelmütter schupsen sogar ihre Kinder aus dem Nest, wenn sie nie fliegen lernen wollen.

Gruss Bernina
rosenstolz
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....schön wär´s!!

Beitrag von rosenstolz »

Hi Bernina,

danke für die Nachricht. Tja, wenn es denn klappen würde.
Ein Bsp. heute am Mittagstisch.
Meine Frau: Ich muss den Sohn daran erinnern, dass er am Wochenende waschen muss.
Ich: NÖ, warum musst du ihn erinnern. Er muss die Erfahrung machen...
Meine Frau: Ja, aber dann kommt er mit stinkenden Klamotten zur Arbeit.
Ich: Ja, und wenn du ihn immer dran erinnerst lernt er es nicht. Lass ihn doch mal auflaufen....
Meine Frau: ja, dann sage ich halt nix...
Aber das Letztere sagte meine Frau eher halb genervt, als wirklich einsichtig. Und so läuft es öfters ab bei uns....... :roll:

Meine Frau fühlt sich von mir verbal bedrängt, wenn ich das sage. Andererseits sehe ich immer wieder die Inkonsequenz, die dem Sohn das heilsame Lernen verweigert.

Beim Thema Telefon war es ähnlich.
Ich habe ihr den Vorschlag eines eigenen Telefonanschlusses mit eigener Rechung gemacht.
Meine Frau: Ich denke, das ist technisch nicht möglich.
Ich: Da möchte ich nachfragen.
Meine Frau: Das kannst Du ja gern machen. Aber dann müssten wir zuerst mit dem Sohn reden, ob er das will. Dann müsste er ja die Grundgebühr selbst voll zahlen (jetzt zahlt er nur die halbe von unserem Anschluss). ich finde das können wir ihm nicht zumuten.
Ich: Wie bitte?? Er mutet uns 450,- Fr. Telefonrechnung zu und wir rennen hinter dem Geld her. Hat er einen eigenen Anschluss merkt er wo das Limit ist. Dannhaben wir diesen Kampf nicht.
Meind Frau: Wenn Du meinst, dann können wir es ja machen.....

Wieder dieses halb beleidigt sein....und keine wirkliche Einsicht.....

An solchen Punkten reiben wir uns als Paar immer wieder auf.
Der Therapeut, von dem ich schrieb, sagte ich solle mich vorrangig um Beruf und Beziehung kümmern und der Frau die Erziehung überlassen, weil es ihre Kids sind.
Das ist richtig, aber ich lebe in der selben Wohnung. Es ist mein Geld, dass da vertelefoniert wird, ich muss die Schreierei ertragen, wenn der Filius abends um 2300 Uhr nicht aus dem Internet will.....und, und, und....

Und da soll ich mich nicht einmischen???? Hallo....???? :shock:

Das klingt jetzt alles sehr massiv. Normalerweise bin ich nicht so. Aber ich bin voll am Anschlag, weil ich auch beruflich in den letzten Monaten schlimme Phasen hatte.
Die Nerven sind einfach zum Zerreissen gespannt. Und wenn der Dialog mit dem Partner nur noch zum Streitgespräch und gegenseitigen Vorwürfen ausartet, dann.....

Die letzten 5 Jahre waren megahart für mich. Ich bin geschieden, ohne Kinder in diese Familie "eingestiegen". In den ersten 1 1/2 Jahren ging es stark um die Grosse die eine schlimme Zeit hatte (weglaufen, Ausbrüche gegenüber Mutter, ständiger Streit mit Bruder usw.). Etwas Entlastung kam, als sie in eine betreute WG zog und wir den Alltagskampf nicht mehr hatten. Seitdem hat sich auch ihre Beziehung zur Mutter wieder verbessert.
Aber was ihre Perspektive für ein selbständiges Leben angeht. Nun ja. Das ist so zwei Schritt vorwärts, drei zurück.......

Unsere Wohnung ist überdies noch so, dass wir wenig Rückzugsmöglichkeit haben. Es ist eine 5 1/2 Maisonette-Wohnung in einem grossen Wohnblock. Alles sehr neu - aber: offener Wohn-Essbereich, d. h. Flur, Wohnzimmer, Esszimmer und offene Küchentür - alles ein grosser Raum. Der Stiefsohn hat das Maisonettezimmer, eine Treppe in der Wohnung hoch. Eigentlich nicht schlecht für einen fast 18jährigen, aber von oben ist es extrem hellhörig. Wenn er die Musik etwas lauter als Zimmerlautstärke anmacht, tönt es unten durch die ganze Wohnung. Wenn er abends noch telefoniert, können wir unten bei uns im Bett die Gespräche munter mithören. Das zerrt an den Nerven.

Da kann er nun nichts dafür, das liegt an der Wohnung. Ausserdem ist sie noch relativ teuer.

Wir sind schon auf der Suche nach einer anderen im Ort, aber 5 Zimmer ist kaum zu finden. Optimal wäre es ein Haus zu mieten. Aber da gibt es fast nur welche zu kaufen.
Das ist als Pfarrer schwierig, da man in der Regel nur 10-15 Jahre in einem Ort bleibt. Der mögliche Verlust bei Wiederverkauf wäre zu hoch.

Alles die Quadratur des Kreises.....

Ohne dass ich es will, kreisen meine Gedanken immer mehr um Trennung. Aber ich kann es nicht abstellen..........
Obwohl ich weiss, dass es für alle ein irreparabler Schaden wäre.

LG rosenstolz
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