Eltern zu werden, ist in jedem Fall eine riesige Umstellung, auch schon bei der "Erstfamilie" und zwar egal, welche Rollenverteilung man wählt.
Auch wenn es relativ traidtionell die ist, dass der Vater voll arbeitet und die Mutter erstmal zuhause bleibt oder ein ganz kleines Pensum arbeiten geht. Ich glaube, in der Situation unterschätzt man oft in der Begeisterung über das Baby, aber auch der Tatsache, dass nun plötzlich ein neuer Mensch im Mittelpunkt steht, wie wichtig es ist, die Beziehung bewusst zu pflegen.
Und damit meine ich weniger, dass man sich die Zeit nimmt, weiterhin miteinander in den Ausgang zu gehen und einen Babysitter zu organisieren, sondern mehr, dass beide die Leistung des anderen anerkennen.
Die Diskussion, wer nun eigentlich mehr macht, für wen das Leben anstrengender ist und die Umstellung grösser - Mann oder Frau - wird dann oft geführt. Wenn die erstmal geführt wird: ist dann eigentlich wirklich Verständnis da für den anderen? Fühlen wir uns verstanden?
Es sind oft Frauen, die sich darüber beklagen, ihre Leistung würde nicht anerkannt und die aufzeigen wollen, wieviel belasteter sie sind als die Männer. Zeigt das nicht eher, dass wir Frauen uns nicht anerkannt fühlen?
Gesellschaftlich finde ich, da ist durchaus was dran! Jeder kann wählen heute, die Rollenverteilung in der Familie ist im Grunde offen. Aber nicht immer reagiert die Umgebung mit der erwarteten Bewunderung, in vielen Köpfen sitzt noch das alte Bild: Mann arbeitet, Frau ist zuhause. Wer anders wählt, ist also selber Schuld? Ein Mann, der mehr Zeit mit seinem Kind verbringen will, hat ja so gewählt und kann sich nicht beklagen, dass seine Karrierechancen dadurch sinken? Eine Frau, die arbeiten will, müsste ja nicht, warum jammert sie also über die zeitliche Belastung?
Und wenn sie zuhause bleibt, ist das alles nicht so wild, das haben schliesslich unsere Grossmütter auch gemacht ohne zu klagen?
Ich habe beides erlebt. Als meine Grosse ein baby war, blieb ich das erste Jahr daheim und mein Mann ging arbeiten. Er war nicht zufrieden mit seinem Job und brachte seinen Frust mit heim, wollte aber keinen Rollentausch. Ich war mit dem Kind allein zuhause, das Geld war knapp, das Baby schrie viel. Es war Winter, in der neuen Stadt kannte ich niemanden. Das war hart, wirklich einsam. Und wir haben genau das getan: einander nicht anerkannt. Mein Mann kam heim und meinte, cih hätte es gut und wieso die Küche nicht aufgeräumt wäre. Ich fand, er solle nicht so jammern und es doch selber mal versuchen, sich Tag und Nacht um ein Kind zu kümmern.
Beim zweiten Kind ging ich Teilzeit arbeiten, beim Dritten war ich schon getrennt und bin sehr schnell wieder voll arbeiten gegangen. Da kann man natürlich sagen, das musste ich einfach. Trotzdem widerstrebt es mir, diese ganzen Jahre als Notlösung anzusehen.
Wir haben sicher sehr unkonventionell gelebt, mit Au-Pairs im Haushalt, vielen Umzügen, Vollzeitjob und trotzdem wenig Geld. Aber ich glaube kaum, dass es meinen Kindern geschadet hat und mich hat es viel selbstbewusster gemacht.
Positiv an der heutigen Situation finde ich, dass ich überhaupt nicht mehr auf die Idee käme, mich mit einem Mann darüber zu streiten, wer mehr arbeitet
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Ich lebe natürlich auch eine ungewöhnliche Beziehung heute mit den getrennten Wohnungen. Und sicher wünsche ich mir manchmal mehr Nähe und mehr Unterstützung von meinem Freund. Aber letztlich respektieren wir einander viel mehr. Wir haben nie versucht, die heile Familie zu gründen. Damit war auch klar, dass jeder Verantwortung fpr sich selber trägt. Die Ansprüche aneinander sind geringer: ich erwarte von ihm keine gute Laune nach langen Arbeitstagen und er von mir keinen aufgeräumten Haushalt. Wir erkennen die Leistung des anderen voll an.
Von aussen betrachtet, ist wohl klar, wer es schwerer hat: ich. Aber schliesslich wollte ich Kinder! Und die allein gross zu ziehen, das kann eben passieren....Wenn man Kinder will, muss man sich eigentlich klar machen, ob ma sie wirklich mit allen Konsequenzen will, heisst evtl. auch krank, alleinerziehend, mit allem Stress, Sorgen, finanziellen Einbussen.
Wer diese Entscheidung klar für sich getroffen hat, macht dem anderen weniger Vorwürfe. So erlebe ich es jedenfalls.
Was aber natürlich überhaupt nicht heisst, dass frau sich nicht darüber aufregen kann und darf, dass gesellschaftlich noch nicht alles so läuft, wie es könnte und Eltern oft benachteiligt werden, die auf die eine oder andere Weise eben nicht die traditionelle Rollenverteilung leben!!