Das Elterngespräch das nie stattfand

Fragen, Probleme und Sorgen...
Bernina

Beitrag von Bernina »

Die Konflikte enstehen bei uns oft, da die Jungs von Seiten der Mutter eine ganz andere Struktur gewohnt sind. Besser gesagt, gar keine Struktur und auch keine Erziehung. Auch eine Form von Respekt- und Lieblosigkeit. Gerade weil mir ein Kind wichtig ist, erziehe ich es.

Bei Mamma bewegen sie sich vor allem zwischen Kühlschrank und Fernseher mit Game Boy auf dem Schoss. Oder sie spielen Nachmittage Playstation. Hobbys haben sie keine. Der jüngere hat nicht mal einen Freund. Das Leben findet abgeschottet in Konsumhaltung statt. Aufgaben werden nur in der Aufgabenhilfe gemacht oder gar nicht. Absolute Verwahrlosung.

Und wenn die Kinder dann hier sind, dann wünschen sie das volle Programm. Bei uns ist aber der Fernseher tabu, doch sie hätten ihre Zimmer voller Spielzeug, aber damit müsste man sich ja beschäftigen, viel zu anstrengend. Da lümmelt man lieber auf dem Sofa und sagt, "mir ist langweilig, ich will was mit Papa zusammen machen." Am Samstag ist im und ums Haus immer viel Arbeit. Ganz viel Gelegenheit mit Papa was zu erleben. Nach 10 Minuten, sind sie futsch und hängen schon wieder am Kühlschrank und lümmeln auf dem Sofa, "mir ist ...." Und dann am Sonntag kriegen wir dann die Leviten gelesen, wir hätten uns bis jetzt noch nie mit ihnen beschäftigt. O.k. wir planen einen Ausflug, aber wehe, man müsste sich dabei bewegen oder es hätte da auch was für uns mitdabei. Dass Papa am einzig freien Tag etwas für sich machen könnte, das geht nicht.
Was sind wir nur für egoistische Eltern.

Die Vorschläge der Kids hat immer nur mit Konsum zu tun. Und dann nicht etwa die günstigsten.

Am WE ist mir dann der Kragen geplatzt und ich habe voll auf gewaltträchtige Kommunikation gemacht. Ich war am Frühstück machen. Kommt der Jüngste. Ich habe ihn ganz nett gebeten, mir zu helfen, weil es dann schneller geht, weil ja alle vor Hunger stöhnten. "Wenn ich das gewusst hätte, dann wäre ich besser im Bett geblieben." Und wenn ich seine Reaktion erahnt hätte, wäre ich es besser auch. Dann hat er die Sachen auf den Tisch geknallt, sich aufs Sofa gelümmelt, "mir ist langweilig..." Die Hälfte fehlte auf dem Tisch und dann musste ich ihm mal sagen, welcher Minimalist er doch sei, worauf er auf kleines Kind machte und keine Ahnung hat, was wir so die letzten etwa 100 Frühstücks so gegessen haben. Das nächste Mal werde ich ihm einen Schoppen vorsetzen, Tisch decken kann man von einem 11 jährigen wirklich nicht verlangen und das an einem schulfreien Tag.

Wir könnten uns ja auch mal verweigern. Aber das wäre ihnen wahrscheinlich egal, sie würden sich am Kühlschrank bedienen und sich vor dem Fernseher einpflanzen. Die Reaktion der Ex kann ich mir jetzt schon denken.

Wir könnten bei jedem Handgriff und bei jedem Satz der Jungs eingreifen. Mir tun sie so leid. Doch die WE sind einfach zu kurz um das zu kompensieren, was die Mutter nicht macht. Und sind wir mal auswärts, bringen sie uns immer wieder in peinliche Situationen, weil ihnen einfach die grunlegendsten Manieren fehlen. Dann würden wir gerne sagen, dass wir diese verzogenen Kids nicht kennen. Was haben die nur für unfähige Eltern.

Aber wir können trotzdem stolz sein. Wir haben es fertig gebracht, dass sie bei uns ein Pijama anziehen, 1 x die Woche Zähne putzen und an einem Tisch auf Stühlen essen. Sogar mit Besteck oder wenigsten mit einer Gabel.
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Delphia
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Beitrag von Delphia »

Hallo Bernina

Deine Beiträge tönen ja krass, und mir wäre der Kragen auch geplatzt "gewaltfreies Kommunikations-Buch" hin oder her... :) Ich kann Dich voll verstehen. Dampf ablassen muss mal sein. Hat es überhaupt was genützt?

Was meint Dein Partner zum Ganzen? Es sind ja seine Kinder.

Mitfühlende Grüsse :wink:
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Bernina

Beitrag von Bernina »

@ Sandi

Er ist froh, das ich da mit ihm am selben Strick ziehe, resp. ihn unterstütze. Er ist genauso machtlos wie damals, als er noch zu Hause wohnte. Er betrieb damals auch nur Kosmetik, zwar jeden Tag, doch dass dies so kommen würde, hatte er voraugeahnt.

So langsam freuen wir uns richtig auf die Tage nur mit meiner Tochter, weil die richtig entspannend sind. Wir hoffen, dass das die Jungen nicht realisieren. Dabei vermisst er eingentlich seine Jungs. Gut ist, wenn wir zu fünft sind. Meine Tochter übernimmt dann viel Vorbildfunktion, ist ja gleich alt, das macht viel mehr Eindruck.

Genützt hat meine Predigt wenig. Der Junge bricht immer gleich zusammen und weint, weigert sich zu entwickeln, resp. Verantwortung zu übernehmen. Aber inzwischen falle ich nicht mehr auf diese Ausreden ein. Sage nur noch: "Hey, wie alt bist du eigentlich?!" Am nächsten Tag hat er freiwillig Tisch gedeckt. Aber die Hälfte fehlte immer noch. Aber bis nächstes WE ist das wieder vergessen.
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Beitrag von baboe »

Liebe Bernina,

Da kommt einem ja der arme Sysiphos in den Sinn. Man hat das Gefühl dass du hier viel investierst und keinen Fortschritt siehst. Es tut mir so Leid, dass so viel von deiner positiv gemeinten Energie so im Leeren verpufft.

Aber, ABER es gibt doch auch Fortschritte: Pyjama usw. Auf diese Fortschritte dürft ihr doppelt stolz sein.

Ein ähnlich krasses Beispiel kenn ich nur vom einen Kind des neuen Mannes unserer EX. Der kennt auch nur Fernsehen und - Waffen!! (ist 11!!) Er wünscht sich vom Vater, den er alle paar Wochen sieht nur Waffen. Und der Vater?? Erraten, er erfüllt den Wunsch. Er kaufte von ein paar Wochen eine Waffe, die für Jugendliche ab 18 ist und er spielt mit meiner Stieftochter am Wochenende damit und verletzt fast einen Passanten, der ruft die Polizei und und und. Was waren wir wütend. Eure scheinen wenigstens friedliebend zu sein.

Ich will hier übrigens nicht als gewaltfreie Kommunikationsheilige gelten: auch mir platzt mal der Kragen und weder Gordon noch Rosenberg hätten Freude an meinen Sätzen.... Ich habe Verständnis für Ausraster.

Lese und leide mit

Babö
Habe fünf Kinder im Alter von 11,10,8,6 und 4. Die drei Grossen sind von meinem Mann aus erster Ehe. Die beiden Kleinen sind Gemeinsame. Alle leben seit 4 Jahren bei uns - und das find ich toll!
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Delphia
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Beitrag von Delphia »

@ Bernina:

Fortschritte sind da. Auch wenn es schwer ist: vergiss nicht, Dich zu bedanken ohne ironischen Ton. Du bist am Sähen, vielleicht spriesst mal was :wink:

@ Baboe:

schrecklich mit diesen Waffen. Man kommt nicht darum herum, ich weiss, die gibt es in vielen Familien. Aber wir halten es mit diesen Dingen streng: die gibt es bei uns im Haus nicht!

@ alle:

was wir vorleben, das bleibt schon hängen. Sobald ich zweifle, nützen es die Kinder aus. Mir scheint es, dass die zwei Jungs nicht mehr klar kommen mit der Situation zwischen Mama und Papa. Ist ein Gespräch mit der Ex nicht möglich, ohne dass sie "aggressiv" usw. ist?

*riesenseufz*
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Bernina

Beitrag von Bernina »

@ Sandi

Ein Gespräch mit der Ex. Ja das haben schon viele Versucht. Selbst beim Beistand läuft sie davon. Nein, hier ist es klar. Die Jungs wollen zum Vater und irgendwie können wir das sogar verstehen ;-) Ich weiss, dass sie im Unterbewusstsein mein konsequentes Handeln schon als versteckter Liebesbeweis verstehen. Aber sie kommen in die Pubertät, da muss eben jede Veränderung erkämpft werden. Nur schon des Kampfes willen.

Mein Partner sagte kürzlich, dass sie mich eigentlich schon lange als echte Mutter akzeptiert hätten, sonst würden sie sich das gar nicht getrauen. Sie wissen, dass ich Ihnen nicht drohe und erpresse und schon gar nie schreie. Ich nehme sie ja auch immer wieder in die Arme und sage ihnen jeden Freitag wenn sie da sind, dass ich mich auf sie gefreut habe. Und das ist wahr. Ich liebe Kinder, egal von wem geboren.

Und so Sätze wie "du hast mir nichts zu sagen, du bist nicht meine Mutter" sind noch nie gefallen. Sie wünschen sich zwar schon, dass Mama und Papa wieder zusammenkommen. Aber nur, weil das organisatorisch viel bequemer wäre und sie sich dann nicht mehr alleine mit ihrer gestörten Mutter rumschlagen müssten.
Nadia
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Beitrag von Nadia »

Hallo ihr alle

Habe mit Interesse eure Beiträge gelesen.

Bernina

Du bist auf einem guten Weg. Die Kinder brauchen Grenzen und es dauert seine Zeit bis sie merken das sie trotz ihrem Fehlverhalten bedingungslos geliebt werden. Aber das Vertrauen kommt langsam bei deinen Jungs.
Sie werden immer wieder mit der Mutter konfrontiert und wir wissen beide wie schwierig das ist sich da abzunabeln.
Ich galube es ist normal das die Kinder sich trotz der unmöglichen Mutter wünschen sie wären wieder eine Familie. Das ist Wunschdenken und ich glaube sie würden sich auch wünschen die Mutter normal anders.
Ich galube du hast schon viel geschafft ... mach weiter so ... lg nadia

baboe

Das ist schlimm mit den Waffen und dem Vater sollte man gehörig die Meinung sagen.
Es ist unverantwortlich wie manche Eltern handeln. Lg nadia
Bernina

Beitrag von Bernina »

Hallo Baboe

Das mit der Waffe finde ich bedenklich. Ich würde mir da überlegen, Meldung zu machen. Ich weiss zwar nicht wo. Polizei oder Gefährdungsmeldung bei der VB, weil Leib und Leben in Gefahr ist.
Das ist natürlich heikel, denn nicht alle VB versprchen eine Schweigepflicht. Und wenn dann auskommt, dass ihr den Mann verzeigt habt, dann möchte ich nicht in eurer Haut stecken.

Ich hatte auch mal so einen Fall im Quartier, da ging es zwar um allgemeine häusliche Gewalt, aber Waffen gabs auch in diesem Haushalt. Ich wusste damals noch nichts von Gefährdungsmeldung, habe dann einfach so meine Beobachtungen aufgeschrieben und der Gemeinde geschickt. Ich wollte verhindern, dass ich nach einem Amoklauf auf die Frage eines Blick-Reporters sagen müsste: Ja, ich habe von den Problemen gewusst, aber habe mich halt nicht eingemischt. Ich bin dann sowieso dort weggezogen. Was dabei rausgekommen ist weiss ich somit nicht. Würde mich zwar schon interessieren.

Vielleicht kann man sich irgendwo beraten lassen, was zu tun ist.

Hallo Nadia

Ich glaube auch, dass wir auf einem guten Weg sind. Doch so wie auch Plüsch geschrieben hat, so langsam geht mir die Energie und Freude aus, die ich bei Beginn unserer Partnerschaft noch hatte.
Ich möchte auch nicht zurück. Mein Partner ist der Mann, den ich immer wollte. Wir passen absolut zusammen. Doch der Scheidungskampf dauert nun schon so lange, dass wir einfach keinen Schnauf mehr haben.

Meine Kienesologin (kann das einfach nie richtig schreiben) hat mir auch geraten, Auszeiten zu nehmen. Aber ich kann das gar nicht mehr. Früher, als wir zu zweit waren, bestand mein Leben nur aus Auszeiten. Das Leben mit meiner Tochter ist wie Ferien, da habe ich nie Stress. Und nun muss ich mich richtig zwingen. Und mein Partner, der einen absolut strengen Job hat, hätte diese Auszeiten noch mehr nötig, muss aber dann an den WE mit seinen Kindern was tun, sonst kommen die Vorwürfe: "du hast ja nie Zeit für uns. Oder: Jetzt kommen wir extra zu dir, weil wir glaubten du freust dich auf uns und nun liegst du einfach mit einem Buch da anstatt dich um uns zu kümmern."
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Nin
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Beitrag von Nin »

Es ist schwer, Auszeiten zu nehmen, wenn man im Kopf nicht abschalten kann.

Ich hoffe, du findest einen inneren Freiraum. Es hilft.
Nicht Schöneres unter der Sonne als unter der Sonne zu sein.
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