Es besteht noch Hoffnung

Fragen, Probleme und Sorgen...
Buchenholz
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Beitrag von Buchenholz »

aisha hat geschrieben:buchenholz, natürlich ist es Ansichtssache. Vielleicht sind 5 Familien falsch gewickelt wenn sie zur abgemachten Zeit bereit sind und nicht Sohni, der aus Prinzip zu spät kommt ....aber wer freiwillig mitkommt, der hält sich an die Regeln.
Weisst du, ich kann dir da bei vielem Recht geben. Aber mit Pubertierenden über Regeln und Konsequenzen zu diskutieren, welche keine Basiserziehung genossen haben, ist das fast vergebene Liebesmüh. Das bringt nichts. Noch nichts. Ich nerve mich bei diesen Jungs ob vielem, mein Partner nervt sich noch viel mehr. Aber Pubertät ist ein Ausnahmezustand.

Die Schwierigkeit hier ist herauszufinden, wo man trotz Pubertät auf eine gewisse Zuverlässigkeit pochen kann.


Meine absolut perfekte Wundertochter, die ja nieeeee was falsches macht (*obergrins) ist jetzt auch in der Pubertät. Sie war gerade im Klassenlager. Ich staune im Moment, was auch so ein Superkind plötzlich alles vergessen kann.
Hey, hallo, hat jemand meine Erziehung gesehen, die ist bei ihr irgendwie abhanden gekommen. Falls sie jemand findet, bitte auf dem Fundbüro abgeben.
Buchenholz
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Beitrag von Buchenholz »

Zanilla hat geschrieben:Diesen Kampf fechte ich seit über 3 Jahren aus; und langsam sehe ich Land. Zum Glück.
Als die Jungs häufiger hier waren und auch vermehrt mit dem Vater etwas unternommen haben, hat der Vater die Kinder viel mehr Konsequenzen spüren lassen. Mit unserem Patchwork ist vieles durcheinander geraten. Das ist nun kein Entschuldigung sondern einfach Tatsache.
aisha

Beitrag von aisha »

da kommt mir beim Fensterputzen doch noch ein Gedanke...

das Verhalten der Jungs bei euch ist offenbar immer mit dem Fehlverhalten der Mutter gekoppelt.
Ich gehe absolut einig mit dir buchenholz, dass das Verhalten der Kinder grossteils durch das Elternhaus geprägt wird.
Aber irgendwo sind die meisten Kinder so intelligent, dass sie merken, wenn sie überall anecken.
Natürlich ist anecken und provozieren und sich danebenbenehmen ein Privileg der Pubertierenden, aber es hat Grenzen! Und ein "normales" Kind akzeptiert, wenn auch widerwillig gewisse Grenzen.
Die Jungs merken doch sehr wohl, wenn sie überall durch Fehlverhalten auffallen, immer Aerger haben, sozialunverträglich sind... ich meinte, bei normaler Intelligenz fragt sich doch auch ein Kind, warum es aussen steht.
So gesehen, hat die Mutter nicht alle Schuld daran, es muss wohl auch noch ein genetischer Faktor dabei sein.
Denn wenn ich merke, alle schütteln den Kopf über mein Verhalten, dann muss ich mein Verhalten überdenken und nicht davon ausgehen, dass 90% der Weltbevölkerung falsch gewickelt sind.
weisst du buchenholz, mir geht das darum so nahe, mein Ex ist genau so ein Mensch. Er eckte schon als Kind offenbar überall an, war an jeder Schule und an jedem Arbeitsplatz unbelehrbar und auffällig. Ich meine, er hat gearbeitet, aber auf keinen Lehrmeister bzw. Chef gehört.
Er ist bis heute komlett sozialunverträglich. Und er kommt aus einer Familie mit 6 Kindern!! all seine 5 Geschwister sind "normal", du weisst, was ich damit meine.
Ich denke nicht, dass seine Eltern ihn anders erzogen haben, als die andern 5. Also warum schlägt er komplett daneben???

darum denke ich, müsst ihr mit der Zeit die Mutter ausklammern und an die Selbstverantwortung der Jungs appelieren. Denn auch die Jungs merken doch, dass die Mutter irgendwie gegen den Rest der Welt steht.
Buchenholz
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Beitrag von Buchenholz »

aisha hat geschrieben:Die Jungs merken doch sehr wohl, wenn sie überall durch Fehlverhalten auffallen, immer Aerger haben, sozialunverträglich sind... ich meinte, bei normaler Intelligenz fragt sich doch auch ein Kind, warum es aussen steht.

Denn auch die Jungs merken doch, dass die Mutter irgendwie gegen den Rest der Welt steht.
Guter Input.
Der Jüngere leidet unter seiner Mutter. Früher wollte er nie heiraten. Grund: mit Frauen hat man nur Stress. ;-)
An seiner Schule hat er jetzt eine super Erfahrung gemacht. Da war ein kleiner Junge, der nervte ihn wahnsinnig. Grund: dieser hatte das genau gleiche chaotische, clownhafte Verhalten wie er früher. Er wurde somit gespiegelt. Heute ist er froh, hat an ihm eine Veränderung statt gefunden.
Interssant, wie der Jüngere viel selbstkritischer ist. Das war nicht immer so.


Der Ältere ist diesbezüglich ambivalent. Auch er leidet unter seiner aggressiven Mutter. Aber ihr Verhalten ähnelt einer pubertierenden Göre. Das ist doch tröstlich für einen Jungen, der so langsam von der Gesellschaft im Stich gelassen wird. Die beiden halten solidarisch zusammen. Und warum sollte der Junge sein Verhalten ändern, wenn es seine Mutter geschafft hat, sich immer gegen die anderen durchzusetzen. Auch ein schlechtes Vorbild ist ein Vorbild. Ich glaube, die beiden sind fast voneinander abhängig und ziehen sich gegenseitig runter.

Irgendwie merkt der Junge schon, dass da irgendwas nicht gut ist. Aber er ist zu schwach, um sich gegen sie durchzusetzen. Jetzt sowieso, da ihm nichts mehr gelingen will. Da ist es doch einfacher, die Schuld bei anderen zu suchen. Früher hatte der Ältere ganz viele Freunde. Die haben ihn wohl durchschaut. Dann suchte er sich Freunde im Jahrgang des Bruders. Auch die sind jetzt weg.
An der Berufsschule hat er keinen Freund gefunden. Von Mädchen hört man auch nichts mehr. Er hat nur noch den einen Kumpel. Und auch dessen Mutter macht sich Sorgen um unseren Älteren. Wir alle sind hin und hergerissen zwischen Wut und Mitleid.

Daher setze ich ganz viel in diese Psychologin.

Und leider gibt es immer eine Gruppe Jugendlicher, die gegen den Rest der Welt ist. Die ganz schlimmen finden sich dann bei den Hooligans oder beim schwarzen Block. Geh mal am Samstag-Abend nach Bern. Horror.
aisha

Beitrag von aisha »

ich war noch nie am Samstagabend in Bern, buchenholz. Und Erfahrungen dieser Art brauche ich nicht.....
Es ist doch genau diese Gruppe von Leuten, die dem Sozialstaat unter anderm zur Last fallen... und ehrlich gesagt, habe ich da null Bock, das mitzufinanzieren.
Es gibt doch auch eine Verantwortung gegenüber den Mitmenschen! Mir passt ja auch nicht alles. Aber muss ich da gleich randalieren und kaputtmachen???
Ich finde , du bist so ein positiver Mensch, trotz deiner physischen Handicaps, ich durfte dich ja kennenlernen. Aber du versuchst und (stehst) auf eigenen Beinen und da ziehe ich den Hut!
Aber nicht vor diesen Chaoten, die gegen alles und jeden sind, aber die Annehmlicheiten der arbeitenden Bevölkerung gerne in Anspruch nehmen.

Zanilla, du hast absolut Recht, in einer Gemeinschaft muss man sich anpassen, sonst funktioniert es nicht. Das heisst ja nicht, dass man jede Ströming mitmachen muss, aber als Zahnrad im Getriebe muss die Maschine am Laufen gehalten werden.
carlotta37
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Beitrag von carlotta37 »

Mir ist das alles irgendwie zu "schwarz-weiss", aber ich kann's schlecht erklären....

Nur mal so: wer entscheidet denn, wer nun das Recht hat, vom Sozialstaat zu profitieren und wer ein Schmarotzer ist?? Ich finde, mit solchen Verurteilungen muss man SEHR aufpassen. Manches sieht nach aussen hin anders aus und wir schauen allen Menschen nur vor den Kopf. Wie nin schon sagte, nicht jeder hat die gleiche Kraft, Gesundheit etc.

Ich habe längere Zeit in einer völlig fremden Kultur gelebt und habe damals gelernt, meine Umgebung wahrzunehmen ohne sie zu bewerten. Mindestens habe ich mich drum bemüht und das war nicht so einfach! Wir haben so viele Konventionen und Regeln im Kopf! Manche würden wir vielleicht sogar selber mal gern brechen, aber wir trauen uns nicht. Mir scheint da manchmal auch ein wenig Neid mitzuschwingen auf diejenigen, die sich aus den Regeln so rein gar nichts machen. Und wir müssen dann drauf Rücksicht nehmen! (Klar will niemand so sein wie buchenholz Stiefsöhne, aber so ein wenig....mehr tun und lassen, wozu man gerade Lust hat? Mal ehrlich??).

Buchenholz, es nützt doch manchmal wenig, den Schuldigen zu suchen, in dem Fall die Mutter. Das ist nicht konstruktiv. Immerhin hat Dein Partner sie auch mal gewählt als Mutter seiner Kinder und diese Kinder haben nunmal diese Eltern. Ich kann total gut verstehen, dass es für einen Vater hart ist, wenn er seinen Kindern so gar nichts von seinen Idealen vermitteln kann. Aber immer bringt die Ursachenforschung auch nicht weiter. Kinder sind ja keine Ikea-Möbel, bei denen zwar ein paar Schrauben fehlen, aber die kann man dann ersetzen und dann geht's wieder.
Wenn ich mir die Probleme meiner Grossen anschaue, muss ich sagen: geerbt hat sie die nicht und ich sehe auch nicht so ganz, wie die durch meine Erziehung oder durch die story mit ihrem Vater entstanden sein sollen. Da ist ganz viel von ihr selber dabei! Und das wird jetzt mehr oder weniger auch von dem Leben das sie führt oder geführt hat noch verstärkt oder eben auch nicht. Ich will für sie natürlich auch nur das Beste, aber die Schuldigen suchen, z.B. den Vater, hilft da nicht weiter, denn an dem kann ich nichts ändern. Ich muss also überlegen, was SIE jetzt braucht und was ich dazu tun kann....!
Weiss nicht, ob so gut angekommen ist, was ich meine....
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Beitrag von Buchenholz »

carlotta37 hat geschrieben:Wir haben so viele Konventionen und Regeln im Kopf! Manche würden wir vielleicht sogar selber mal gern brechen, aber wir trauen uns nicht. Mir scheint da manchmal auch ein wenig Neid mitzuschwingen auf diejenigen, die sich aus den Regeln so rein gar nichts machen.
Das hast du vermutlich gar nicht so unrecht.


Ich möchte aber betreffend meiner Stiefsöhne hier einen Punkt machen. Eigentlich wollte ich nur schnell berichten, wie unser WE gelaufen ist. Was ich über ihre Geschichte denke, das habe ich hier nun genügend berichtet. Weiter über die Jungs zu schreiben bringt im Moment nichts. Lassen wir wieder etwas Zeit vergehen.
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Beitrag von Buchenholz »

aisha hat geschrieben:Es ist doch genau diese Gruppe von Leuten, die dem Sozialstaat unter anderm zur Last fallen...
Es sind vielleicht auch Jugendliche, die nie ein Zuhause hatten, nie wirklich geliebt, von Eltern, Lehrern oder wem auch fallen gelassen wurden. Keine Ahnung. Deshalb machen wir uns wegen der Jungs einfach ganz viele Gedanken. Vielleicht ein paar Gedanken zu viel.

So und jetzt Schluss.
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Beitrag von Buchenholz »

Titel: Hat jemand meine Hoffnung gesehen?

Teil 2:

Es ist wieder einmal ganz viel passiert. Vor 3 Wochen hat der Junge nun entschieden, die Lehre abzubrechen. Er wird in diesem Beruf bleiben, aber den einfacheren und kürzeren Ausbildungsweg wählen. Dafür muss er aber die Firma wechseln. Irgendwie ist dort jetzt eh alles verchachelt. Daher kann eine 2. Chance in einer anderen Firma die Lösung sein.
Er hat sich gewissenhaft beim Berufsinspektorat gemeldet und eine Liste mit unerwartet grosser Auswahl an freien Stellen bekommen.

Parallel kam ein Schreiben seines Chefs, man sei sehr enttäsucht. Der Junge zeige null Interesse und bei einem Gespräch totale Gleichgültigkeit. Dieses Verhalten sei man von einem 1. Lehrjahrstift nicht gewohnt. Das beste aber:
Der Junge war infolge schlechter Schulnoten für Nachhilfestunden angemeldet. Er hat dem freiwillig zugestimmt. Wer da nicht erscheint zahlt eine Busse von 30 Fr. Schliesslich müssen die Lehrer extra aufgeboten werden und die hätten am Samstag auch lieber frei. Der Junge wusste von dieser Massnahme. Seit 2. Semester hat er diese Nachhilfe 1 x besucht.
Sein Schuldenbetrag überschreitet jetzt in etwa die 2'000 Fr. Grenze.
Für die Firma ist jetzt klar, man wird sich von ihm trennen.

Er ist ihnen jetzt zuvor gekommen und hat letzte Woche selber gekündigt.

Ach ja, inzwischen haben wir noch erfahren, dass die Mutter doch schwerer krank sei, als wir vermuteten. Und die Frauen aus dem Ort, die der Mutter lange die Stange gehalten haben, die haben sich mit ihr verkracht. Immer mehr finden es fragwürdig, wie die Jungs über zuviel Freiheiten verfügen können. Kein Wunder fühlt sich der Junge so allein gelassen. Möglicherweise ist er jetzt die letzte Bezugsperson der Mutter. Aber da niemand etwas wissen darf, können wir die Jungs nicht fragen.
Da ist es ja gut, dass er in Therapie gehen darf.

Inzwischen war er bei der Psychologin. Der Termin stand und wenn ihn der Vater nicht am Bahnhof abgefangen hätte, dann wäre er einfach stillschweigend nach Hause gegangen und hätte den Termin sausen lassen. Ohne sich abzumelden. Bis er der Psychologin gegenüberstand hat er aber gemotzt und geflucht und es hat eh keinen Sinn und nach dem Gespräch war er wieder wie ausgewechselt. Die Frau ist ihm symphatisch und er will da wieder hin gehen.
Er hatte wohl Panik, man werde wieder Infos aus ihm herauspressen, die dann gegen den anderen Elternteil verwendet werden. Gerichts- und Beistandsbefragungen haben wohl Spuren hinterlassen. Der Vater hat ihn aber aufgeklärt, dass er jetzt dort alles erzählen darf und die Frau der Schweigepflicht unterliegt und er jetzt der Klient ist und nicht irgendwer, das hat ihm dann gefallen.
Er war total zuversichtlich und will jezt sein Leben grundlegend ändern. Ab jetzt wird alles Gut.

Und seither ist wieder nichts gegangen. Er hatte sich ein paar Tage krank schreiben lassen, da ihn die Situation im Geschäft belastet. Einen neuen Termin bei der Psychologin hat er keinen gemacht. Er weiss nicht wann, es könnte ja plötzlich jemand mit ihm abmachen wollen und das wisse er doch nicht im voraus. = Prioritäten falsch einteilen.
Heute war der Vater mit ihm essen und der Junge ist wieder ganz am Boden. Es hat eh alles keinen Sinn. Bewerbungen hat er keine geschrieben. In 1 Woche ist sein Arbeitsverhältnis aufgelöst. Und wieder Vorwürfe: der Junge fühle sich alleine gelassen.

Tja und wenn das nicht schon genug wäre, hat ein Geschäft telefoniert, man habe den anderen Sohn beim klauen erwischt, man solle bitte das Kind abholen.

So, wollte nur mal meinen Chratten leeren.
Babell
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Beitrag von Babell »

Hallo Buchenholz

Oje, das tut mir leid, wegen der Lehre! Das ist ja wirklich schade!

Denk dran, dass er sich die Zukunft nicht vollständig verbaut hat damit und dass es immer wieder eine Chance für ihn geben kann.

Aber für die Gegenwart ist es ja sehr schade, da hat er sich in ein blöde Lage geritten. :cry:

Gib trotzdem die Hoffnung nicht auf, denn in drei Wochen kann man ja wirklich noch nicht sein Leben komplett ändern. So festgefahrene Muster brauchen seine Zeit, bis der Mensch da raus kommt und von sich aus was ändert...

Alles wird gut, tönt jedenfalls schon gut :wink:
Buchenholz
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Beitrag von Buchenholz »

Ja, wir glauben schon, dass er eigentlich weiss, dass er etwas an seiner Lage ändern kann. Er hat einfach zu viele Baustellen, die er nicht alleine lösen kann. Und allenfalls auch ganz grosse Angst wegen seiner Mutter. Schlimm dabei, dass er mit niemandem darüber reden darf. Ausser jetzt mit der Therapeutin, aber da macht er nicht vorwärts wegen einem neuen Termin.
Und die Schulden, die ständig wachsen, das ist bestimmt auch belastend.

Immerhin hat er einen guten Freund der zu ihm steht. Und dieser Freund hat eine ganz tolle Mutter. Die darf nur offiziell auch nichts wissen.
Wir würden der Ex-Frau gerne helfen und sie entlasten. Aber sie macht jeweils ein riesen Geheimnis. Auch früher in der Ehe durfte mein Partner nie wissen, wie es gesundheitlich um sie steht.

Traurig ist einfach, dass der Junge zu viel alleine ist. Er bräuchte täglich jemand, der ihn etwas motivieren würde. Sonst pennt er einfach in den Tag hinein.
Die Bewerbungen für seine letzte Stelle hat er ja in den Ferien hier geschrieben, weil wir einfach immer wieder nachgefragt haben.

Einerseits habe ich diese Probleme so satt, auch wenn es mich ja eigentlich nichts angeht und ich mich inzwischen gut distanzieren kann und trotzdem tut mir dieser junge Mann so leid.
carlotta37
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Beitrag von carlotta37 »

Liebe Buchenholz, das erinnert mich sehr stark an die Geschichte eines Jungen, die ich in der weiteren Familie mal mitgekriegt habe....Mein Vater war sein Gotti und da sich sonst niemand gekümmert hat, hat er alles versucht. Er hat ihn sogar täglich morgens um 7. Uhr angerufen, damit er aufsteht und zur Schule geht....Er hat ihm angeboten, bei uns zu leben und ihm zu helfen, dass er irgendwie durch seine Prüfungen kommt. Und vieles mehr. Es war alles zwecklos. Der Junge hat immer wieder auch um Hilfe gebeten, wusste, wie wirr sein ganzes Leben ist und auch sehr genau, was er ändern müsste. er hatte auch psychische Probleme. Aber er hatte offenbar selbst mit den Hilfsangeboten nicht die Kraft dazu!

Dafür muss er sich wahnsinnig geschämt haben. Er hat dann irgendwann, ohne dass irgenjemand ihm Vorwürfe gemacht hätte, den Kontakt abgebrochen. Ab dem Moment, er war da schon etwas älter, als er sein Leben irgendwie ganz allein meistern musste, ging es langsam bergauf. Er wurde jung Vater und hat die Verantwortung übernommen, einen Beruf gelernt, ist heute immer noch mit der gleichen Frau verheiratet, sehr engagiert in seinem Job. Damals hätte niemand geglaubt, dass er die Kurve kriegt...

Weisst Du, was mal aus diesen Jungs wird, das ist in dem Alter noch völlig offen. Hilfe annehmen, kann auch schwierig sein, denn damit macht man sich wieder abhängig und schuldet Rechenschaft. Oder man schämt sich einfach. Gute Vorsätze...wer kennt das nicht? In der Neujahrsnacht gemacht, am nächsten Tag schon gebrochen. Das passiert sogar uns Erwachsenen häufig genug!
Ich verstehe, wie Ihr Euch sorgt. Aber vielleicht muss der Junge einfach seinen eigenen Weg gehen. Wirklich selber die Verantwortung tragen. Die emotionalen Abhängigkeiten, in denen er steckt, scheinen mir sehr gross. Das ist für ihn selber wahrscheinlich kaum zu durchschauen. Vielleicht braucht er Abstand und die Erfahrung, wirklich ganz allein die Suppe auszulöffeln, die er sich eingebrockt hat. Das ist total schwierig für Eltern, finde ich!!! Man sorgt sich so sehr und will doch nur helfen....Aber manchmal bringt das nichts, im Gegenteil.

Er muss wirklich selber etwas ändern wollen.....
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Beitrag von Buchenholz »

Scham ist sicher auch ein Teil seines Problems. Er war an der Oberstufe das Alphatier, der Macher und Organisator. Er wollte überall der beste sein, der coolste. Er weiss alles, kann alles, er ist der Winner, die anderen sind die Looser. Und jetzt passiert ihm das.
Zum ersten Mal im Leben hat er keinen Plan. (Wie man das heute so sagt)
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Beitrag von Buchenholz »

Nun ist wieder ein Monat vergangen und wir sind noch nicht weiser. Keine Ahnung, welche Haltung die richtige ist.

Der Junge hat zwar bei ein paar Betrieben angerufen, ohne Erfolg. Der Vater hat ihn nach einem gemeinsamen Mittagessen zu einer grossen Firma mitgeschleppt, auch keine Lehrstelle mehr frei. Aber man hat dem Jungen eine Adresse gegeben, wo er sich bewerben kann. Die Adresse hat er im Auto liegen gelassen und bis heute nicht dannach gefragt.
Für mich klare Aussage: er will keine Hilfe. Es ist ihm nicht wichtig.

Die Schulden beim Vater sind aber noch da und die versprochene Teil-Rückzahlung blieb aus. Er hat anscheinend kein Geld. Auf dem Nachhauseweg von den Ferien hat er dann aber erzählt, wie er sich als Souvenir eine Softgun für 100 Euro gekauft habe. Hä? Sie waren schon zu weit weg, um das Teil zurück zu bringen.

Dieses Wochenende hätte man etwas für den Jungen transportieren sollen und als Gegenleistung hätte der Junge dem Vater etwas helfen müssen. Mein Partner hat einen Lieferwagen reserviert, er hätte dafür aber noch einen Beleg gebraucht. Diverse Chancen, dem Vater diesen zu bringen hat der Junge verpennt und heute erfährt mein Partner via meine Tochter, dass der Junge etwas anderes los hat.

Wir sind hin- und hergerissen, ob der Junge mit seinem Verhalten klar kommuniziert, dass ihm der Vater sowas von egal ist oder ob er in einer totalen Kriese steckt? Früher war er ein arrogantes grossmauliges A... In den Ferien sagte er kaum Pips. Ist er in seinem letzten Lehrbetrieb gereift oder ist er erschöpft? Müsste man einen FFE machen oder ihn, so wie es hier einige erwähnen, einfach mal fallen und seinen eigenen Weg gehen lassen?

Immerhin. Auch seinen Kollegen fällt auf, dass der Junge Hilfe braucht, dass er aber selber was verändern muss. Sie haben es inzwischen aufgegeben, man bezeichnet ihn als stur.

Wer aber nicht aufgibt, das ist mein Partner. Und manchmal sind Tochter und ich nicht sicher, ob sein Engagement das Ganze nicht noch verschlimmert. Er nimmt die Ablehnung sehr persönlich und vermittelt damit dem Jungen Schuldgefühle. Weicht der Junge ev. deshalb aus und nimmt Termine mit dem Vater nicht wahr?
Bacci2
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Beitrag von Bacci2 »

Hallo, wenn ich so zurück schaue auf meine Pubertät, dann kann man ihm glaube ich nicht gross helfen. Denn man weiss ja sowieso alles besser und die anderen haben eh keine Ahnung. Das Schlimme ist, dass wir aus unserer Sichtweise sehen, was daraus wird. Dass man in solchen Situationen daneben steht und sieht wie ein Mensch sein Leben "wegwirft". Man kann nur hoffen, dass es irgendwann klick macht und es wieder vorwärts geht. Ich finde daher die Sendung "die strengsten Eltern der Welt" einfach immer wieder super. Wie da auf eine eigentlich sehr einfache Art die Teenager wieder in die Wirklichkeit zurück geholt werden. Es kommt einem fast so vor, wie wenn sie in dem Alter in einer Art anderen Welt gefangen sind. Die einen kommen wieder raus die andern bleiben drin stecken.
Patchwork seit 2003, 1 Sohn aus 1. Ehe, 2 gemeinsame Kids und 2 Stiefkinder die nicht bei uns wohnen
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