Begabtes Kind? Was tun?

Erziehung ganz allgemein
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carlotta37
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Begabtes Kind? Was tun?

Beitrag von carlotta37 »

Wieder einmal kein Patchwork-Thema, aber ein Erziehungsthema...

Mein mittlerer Sohn ist im Mai 7 geworden und besucht die 2. Klasse, seit dem Sommer hier in der Schweiz. Schon in Deutschland war er einer der besten Schüler seiner Klasse. Im Kindergarten war er nie gern, immer still, man hat da nicht gerade viel von ihm gehalten...hielt ihn für eher schwach begabt. Die Schule eröffnete ihm eine neue Welt, vom ersten Tag an hat er mit grosser Begeisterung gelernt. Lesen zu können war der Schlüssel zu allem heiss ersehnten Wissen, ziemlich schnell ging er vorzugsweise mit Lexika ins Bett. Seine Lehrerin war besonders begeistert von seinen mathematischen Fähigkeiten - bei ihm wird alles zur Zahl, schon beim Frühstück betrachtet er den aktuellen Stand im Marmeladenglas und rechnet aus, wieviel Gramm wir nun schon gegessen haben usw.. Sozial war und ist er gut integriert, beliebt, etwas zurückhaltend, kein Typ für wilde Schlägereien, aber sportlich und schnell. Man könnte also sagen: alles super, ein toller Schüler und ein glückliches Kind.
Seit wir in der Schweiz sind bahnt sich eher eine Katastrophe an. Er ist hier in eine extrem schwierige Klasse gekommen, mit ihm oder kurz vorher kamen 13 neue Schüler, von denen 7 kein Wort Deutsch sprachen. Mit dem Stoff ist diese Klasse jetzt auf einem Stand wie seine deutsche Klasse genau vor einem Jahr. Auch bei meiner Tochter ist mir aufgefallen, dass es an Schweizer Schulen mit dem Lernen (jedenfalls ind en rein intellektuellen Fächern) etwas langsamer geht, was ich so aber gar nicht schelcht finde. Da können mehr Kinder mithalten und das Angebot an Fächern ist ja auch viel grösser. Für meine Tochter ist das auch okay so, sie geniesst ihre guten Noten und den weniger grossen Leistungsdruck und lernt trotzdem viel Neues.
Aber der Mittlere ist total unterfordert. Jedes Wort von Schule löst momentan Weinen aus und das einfach weil er sich so extrem langweilt. Ich sehe ja seine Aufgaben und kann ihn verstehen, er kann schon malnehmen und teilen, das Einmaleins und muss hier noch so Dinge wie 79-3 rechnen. Seine Lehrerin sagte mir, sie wisse das und würde sich bemühen, ihn zu beschäftigen und bald kämen auch neue Themen. Das war vor einem Monat, bisher wirds aber eher schlimmer für ihn als besser. Der mal so lebhafte Junge schläft vor sich hin und leidet wirklich.

Es ist extrem schwer, mit der Lehrerin zu reden. Ein weiterer begabter Schüler ist abgemeldet worden mit viel Streit. Ausgerechnet mit dieser Familie sind wir befreundet. Mir wird nun unterstellt, ich übernheme die Meinung dieser Mutter. Dabei ist das sicher nicht so und ihre Lösung (Waldorfschule) ist auch kein Weg für uns! Ausserdem mag ich die Lehrerin, sie ist einfach selber in einer sehr schwierigen Situation. Was mir ein Rätsel ist: warum sperrt sie sich so dagegen, das Kind abklären uz lassen und evtl. in die 3. Klasse zu versetzen??? Da heisst es immer, er ist emotional noch nicht so weit. Als Begründung werden seine Migräneanfälle genannt. Ansonsten lobt sie ihn nur für seine Eigenständigkeit auch beim Lernen und sozial. Ich kapiere das nicht! Ich sehe nur, mein Kind geht kaputt, wenn es so weitergeht. Er verliert jede Freude am Lernen....

Dieser Spruch von der emotionalen Reife begegnet mir immer wieder: mein Jüngster wird nächsten August 6, geht ins 1. Kindsgi und kann bereits jetzt Grossbuchstaben lesen und schreiben. Ihn hat der Umzug aber verunsichert, er nässt zur Zeit ein. Meiner Ansicht nach hat das eine mit dem anderen nichts zu tun. In Deutschland wäre er eingeschult worden, schliesslich hat er auch schon zwei Kindergartenjahre dort hinter sich. Aber auch da weigern sich die Erzieherinnen, ihn für den Früheinschulungstest zu empfehlen. Ich könnte ja damit leben, wenn der Test tatsächlich ergibt, dass er noch nicht reif ist. Aber warum weigert man sich in beiden Fällen so hartnäckig, das zu überprüfen????
Noch zu dem 2klässler: seine Lehrerin in Deutschland war fest davon überzeugt, dass er mathematisch hochbegabt ist und hätte das abklären lassen, wenn wir dort geblieben wären - er nahm dort bereits an einzelnen Stunden der höheren Klasse teil auf ihre Empfehlung. Ich bin wirklich nicht extrem ehrgeizig für meine Kinder und nicht scharf auf das Schlagwort Hochbegabung!!!!! Aber wenn die Kinde runglücklich sind, muss ich handeln. Und diese Verweigerung immer mit dem Thema "emotional" nervt mich SEHR!
Meine Frage: ist das hier in der Schweiz so üblich? Was kann ich tun, wer ist nach der Schule der Ansprechpartner? Kann bzw- sollte ich mich durchsetzen? Ich mag das Verhältnis zu der Lehrerin nicht ruinieren aus Angst, das Kind könne es dann nochs chwerer haben....Was meint ihr?
Nadia
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Beitrag von Nadia »

@ carlotta

Ich finde es schön das du hinter deinem Kind stehst und das beste für ihn möchtest.

Ich bin selber in Deutschland geboren und ging dort bis achte Klasse zur Schule. Das zwar bis 1973. Trotzdem möchte ich meine Erfahrung einbringen da ich meine Verwandtschaft mit Kindern in Deutschland habe. Da wird oft verglichen und ausgetauscht.

Wir sind dann in die Schweiz umgezogen. Ich war damals Stoffmässig schon weit vorraus. Hatte schon fünf Jahre Englisch. Algebra und Physik usw.
Trotzden wurde ich altersgerecht in die 6.Klasse getan. Muss man sich mal vorstellen. Hat mir das gestunken.
Trotzdem hatte das auch einen Sinn. Denn die Dreisatzaufgaben machten mir dann noch ziemlich Probleme.

Es gibt auch hier an den Schulen Möglichkeiten besonders begabte Kinder zu fördern. Vielleicht würde es deinem Sohn aber auch gut tun zum Lernen einen Ausgleich zu finden. Z.B. Musik oder Sport?

Liebe Grüsse Nadia
Anita

Beitrag von Anita »

hallo carlotta

ich verstehe dich gut. die schweiz hinkt hier sehr hinten her und ich hoffe mit dir mit, dass dies schnell bessert.
anders als in deutschland gibt es hier keine kostengünstigen schulen für begabte kinder. die waldorfschule deckt diese lücke auch nicht ab.
leider ist es auch so, dass die schulen wenig gelder haben und auf kosten unserer nachkommen, gerne zurückhaltend sind mit weiteren abklärungen.

falls die schule deiner kinder schon eine schulleitung hat, wende dich direkt an diese. wenn nicht, an die schulpflege. verlange für deine kinder eine abklärung beim schulpsychologischen dienst. ein weiterer schritt wäre, falls sie sich noch immer nicht entgegenkommend zeigen, dass du dich an die kantonale schulbehörde wendest.
-> ich kenne gerade eine änlichen fall und auch da ging es leider nur mit druck!

eine möglichkeit wäre auch, wenn du mit dem kinderarzt sprichst. er kann dich an eine private abklärung überweisen (je nachdem von wo du bist, kann ich dir da auch mit adressen weiter helfen).
die kosten werden dann zum teil von der krankenkasse getragen - aber unbedingt erst bei der krankenkasse abklären!

unbedingt durchsetzen! kinder die unterfordert sind werden schnell depressiv.

lehrer haben immer wieder eltern, die ihre kinder überschätzen und hohe erwartungen an sie haben. ich denke das verdeckt auch gerne mal wirkliche begabungen. bestimmt nicht immer einfach, gerade ins so gemischten klassen, das besondere kind zu erkennen.

alles gute!
regi 45
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Beitrag von regi 45 »

Liebe Carlotta
Aus Erfahrung weiss ich, dass es für Kinder, die nicht dem Durchschnitt entsprechen, sehr schwierig werden kann in unserem Schulsystem. Mein ältester Sohn hatte sich bereits das Lesen und Schreiben beigebracht, als er eingeschult wurde und war dann von Anfang an unterfordert. Die ersten zwei Jahre hatte er eine junge, sehr verständnisvolle Lehrerin, die ihn förderte und er integrierte sich bestens in der Klasse. Er hat dann, auf Antrag der Lehrerin, ein Schuljahr übersprungen. Mit dem Uebetritt ins Gymnasium wurde es schwierig - auch da war er stoffmässig nicht gefordert und er kam in die Pubertät. Statt seine Kapazitäten anderweitig zu nutzen, benahm er sich oft einfach daneben und hatte entsprechende Schwierigkeiten. Für mich war diese Zeit extrem schwierig. Ich konnte mich schlecht in sein Verhalten einfühlen und auch kaum Einfluss nehmen, welcher Gymlehrer will schon von einer Mutter hören, dass der Schüler auch auf dieser Stufe, unterfordert sei und er sich eben darum "schlecht" benehme. Mit Beginn des Studiums waren die Schwierigkeiten vorbei. Mein zweiter Sohn hatte im Gymnasium oft Mühe mit dem Schulstoff und brauchte Unterstützung. Die Lehrer zeigten sich sehr verständnisvoll... Meine Erfahrung: Ein Kind sollte in unserem Schulsystem am besten dem intelektuellen Durchschnitt entsprechen oder eher nach unten von der Norm abweichen. Guter Rat ist bei diesem Problem wirklich teuer. Die Lehrer sehen hinter der Intervention der Eltern oft einfach nur Ehrgeiz. Meine jüngste Tochter besucht ab nächstem Schuljahr das Gymnasium und ich hoffe, dass sie einfach "schulischer Durchnitt" bleibt.
Liebe Grüsse
regi
carlotta37
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Beitrag von carlotta37 »

Hallo!

Regi: genau den Eindruck habe ich auch - es wird für die HOcbegabten und die wirklich Schwachen etwas getan, für erstere auch nur nach viel Druck. Für sehr Begabte, besonders in Einzelbereichen, gibt es nichts.
Ich bin nicht ehrgeizig für meine Kinder, für mich wäre es sehr viel stressfreier, wenn die Jungs, wie ihre grosse Schwester, dem zufriedenen Durchschnitt entsprechen würden! Aber...wenn die Lehrer das Problem nicht ernst nehmen?

Ausgleich schaffe ich schon, soweit es geht. Der Mittlere geht in die Musikschule, zum Hockey und in eine Werkstatt - super Einrichtung hier am Ort, montags können die Kids einfach kommen, auch unregelmässig, einfach wie sie Lust haben und unter Anleitung mit Holz bauen. Aber das ändert nix, schliesslich sitzt er meist 6 Stunden täglich in dieser Schule. 6 Stunden Lageweile können eine Qual sein....Naja, nicht ganz, denn Fächer wie Sport, Werken, Musik gefallen ihm, das hatte er in Deutshland nicht so viel und empfindet es als Herausforderung. Aber Mathe und Deutsch?

Ich habe jetzt eine guten Kinderarzt, der auf sowas spezialisiert ist und warte auf einen Termin in seiner überlaufenen Praxis. Er wird die Jungs abklären und nach seinem Rat werde ich dann weiter vorgehen und mich zur Not durchsetzen. NAchdem ich erfahren habe, dass die erste Klasse nächstes Jahr einen tollen Lehrer kriegt, der Kinder auch einzeln fördert, will ich auch für den Kleinen unbedingt eine Einschulung erreichen, wenn es eben geht (es sei denn dieser Arzt rät mir davon ab). Sonst landet er nämlich bei der gleichen Lehrerin wie mein Mittlerer in zwei Jahren...und das wird niemals gut gehen.

Danke, tut gut, dass Ihr offenbar mein Problem versteht und mich nicht für verrückt haltet....
Anita

Beitrag von Anita »

nö keine sorge :) - ich hab meine tochter privat abklären lassen und der schule liegen diese unterlagen nicht vor.
bisher hat mich noch keine lehrerin, im speziellen auf ihre kompetenzen angesprochen sondern nur auf ihr defizit in mathe :roll: ...
...welches sich durch ihre sepezielle wahrnehmung und die eher einseitigen lehrmethoden erklärt...und blablabla *liedchensingdavon*....
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Nin
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Beitrag von Nin »

Ich wollte schon lange hier antworten, aber in den letzten Tagen fehlt es mir furchtbar an Zeit.

Meinem jüngeren Sohn fällt auch die Schule extrem leicht. Ich will nicht von hochbegabt sprechen, das hört sich so angeberisch an, aber es fällt ihm halt einfach zu. Von Anfang an stellte sich jedes Jahr die Frage, ob er nicht eine Klasse überspringen sollte. Die ersten zwei Schuljahr (in Genf beginnt die Schule mit vier) war er in sehr kleinen Klasse mit nur 15 Schülern, so dass die Lehrerin ihm viel geben konnte. Dann kam Trennung, Umzug und alles, und ich fand, das Kind habe erst mal genug auf dem Kopf, auch wenn er immer wieder danach gefragt hat. Da war aber auch dann der Papa sehr dagegen. Jetzt steht die Frage wieder mal an. Dabei ist es dieses Schuljahr endlich etwas besser. Mein Soh geht in eine Doppelklasse, das heisst zweite und dritte zusammen - das wird hier sehr oft gemacht, es ist nicht, weil die Schule zu klein ist oder so. Und da kann er alles aus der oberen Stufe ja schon mithören und manchmal auch deren Aufgaben machen. Hier zu Hause macht er normalerweise seine Hausaufgaben für die ganze Woche am ersten Tag und braucht selten länger als zwanzig Minuten dazu. Angesetzt ist mehr als die doppelte Zeit. Dann schaut er viel in die Aufgaben seines älteren Bruders, und meist kann er die auch.

Ich will nicht sagen, er ist sehr schlau, er ist halt flink.

Ich habe mich auch selbst in Frage gestellt: ich habe nämlich auch eine Klasse übersprungen, allerdings erst mit 16. Und in vielerlei Hinsicht wäre es praktisch, wenn nur eine Schulklasse zwischen den beiden Kindern läge, so dass sie zum Beispiel wenn der Ältere auf die Mittelschule kommt, nur ein Jahr lang in verschiedene Schulen gehen. Ich habe also meine Motivation bei dem Gedanken, eine Klasse zu überspringen sehr in Frage gestellt.

Das jetzige Schuljahr ist einfacher als die anderen, eben wegen dieser Doppelklasse, in der er ist. Vielleicht gibt es so etwas in der Schule deiner Kinder - es ist eine Art Zwischenlösung.

Jetzt stellt sich der Vater der Kinder auch sehr dagegen, weil er sagt, dass ich überehrgeizig bin und will, dass die Kinder mir nacheifern, so wie ich in der Schule gewesen bin.

Trotzdem werde ich, wenn der Junge im Janura immer noch sagt, er will eine Klasse springen, die Lehrerin zu Rat ziehen.

Als Lehrerin war ich noch nicht mit der Frage konfrontiert. Ich habe es aber immer gerne, wenn die Eltern offen zu mir sind, egal womit.

Tut mir leid, ich muss jetzt dringend mit dem Hund raus.
Nicht Schöneres unter der Sonne als unter der Sonne zu sein.
carlotta37
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Beitrag von carlotta37 »

Ich habe jetzt Termine bei diesem Kinderarzt - werde dann berichten, vielleicht können andere auch davon profitieren.

Etwas war mir noch wichtig: ich wollte hier nicht allgemein gegen das Schweizer Schulsystem meckern, im Gegenteil, vieles gefällt mir wesentlich besser als in Deutschland! Es ist, was meinen Mittleren betrifft, eben einfach eine spezielle Situation mit einem etwas speziellen Kind....die deutsche Schule hatte dafür auch keine wirklichen Lösungen, dort hatte er nur eben eine besonders engagierte Lehrerin. Glückssache...
carlotta37
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Beitrag von carlotta37 »

Ich schon wieder......
inzwischen kriege ich ihn kaum noch in die Schule morgens...nurunter Tränen, mit Schimpfen und wilden Drohungen....letzte Woche hat er die Hausaufgaben verweigert und der Lehrerin ganz direkt gesagt: ich kann das längst, ich langweile mich. Sie hat ihm schwerere Aufgaben versprochen, er hat sich drauf gefreut, aber leider kam bis heute nichts.

Den Arzttermin haben wir erst in 4 Wochen- In meiner Verzweiflung habe ich schon die Steinerschule am Ort angefragt (aber - eigentlich kann ich mir die nicht leisten, beim besten Willen nicht!!!). Ich schätze mit ganz viel Konsequenz halte ich noch bis Weihnachten durch, aber es ist doch fruchtbar, einen 2klässler morgens förmlich in die Schule zu prügeln! Die Lehrerin schweigt sich aus...
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