Schrei nach Aufmerksamkeit?

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Täubchen
Beiträge: 11
Registriert: 11.11.2007 23:32

Schrei nach Aufmerksamkeit?

Beitrag von Täubchen »

Mein Freund und ich stehen vor einem Problem.
Wir sind seit etwa 9 Monaten ein Paar und planen bald zusammen zu ziehen.
Ich habe aus erster Ehe drei Töchter (16,14,11)
Er hat einen Sohn(11) und eine Tochter(6).
Es geht um seine Tochter.
Die Kindsmutter ist vor zwei Jahren nach langer Krankheit gestorben ,die Kinder lebten seit der Scheidung beim Vater.Er besucht mit den Kindern eine Beratungsstelle um mit dem Tod der Mutter klar zu kommen.Ich verstand mich von Anfang an mit seinen Kindern super und er mit meinen.
Seine Tochter vermisst sehr die Mutter und ist ein sehr sensibles Kind.
Sie braucht viel Aufmerksamkeit und ich schenkte sie ihr anfangs ohne mir viel Gedanken drüber zu machen.
Mir ist aber aufgefallen,dass sie extrem an mir klammert,wenn ich da bin,weicht sie mir nicht von der Seite,lässt sich nur von mir ins Bett bringen,sucht den Körperkontakt zu mir,ist traurig wenn ich mal keine Zeit hab bei ihnen zu Hause zu sein.
Sie hat es nicht leicht,ihr Bruder sitzt im Rollstuhl und braucht deshalb viel Betreuung von meinem Freund.
Er ist ein liebevoller Vater und nimmt sich auch Zeit für seine Tochter,aber ihr fehlt die Mutter ganz stark.
Holt sie sich von mir die Liebe,die sie von ihrer Mutter nicht bekommen kann?
Ich hab die Kinder meines Freundes sehr gern,verbringe auch gerne Zeit mit ihnen,wir gehen in den Freizeitpark,zeichnen und spielen zusammen.
Meine Stieftochter ist aber sehr eifersüchtig,wenn ich mit meinen Töchter was mache ,oder ihrem Bruder Aufmerksamkeit schenke.
Es ist so,dass sie mich nur für sich haben will und ich glaube,dass das Probleme gibt,wenn wir alle in einem Haus leben.Sie braucht immer jemanden,der sie antreibt,z.B morgens sich für die Schule vorzubereiten,oder bei den Hausübungen.
Sie geht soweit ,dass sie Geschichten erfindet nur damit ich ihr zuhöre,was ich natürlich auch so tue.
Andererseits ist sie sehr gescheit und wissbegierig.In der Schule (1.Klasse) ist sie schon super beim Lesen und Rechnen.Sie macht brav mit und erledigt ihre Sachen pünktlich,aber trödelt zu Hause beim Hausaufgaben machen.Sie macht das aber nur wenn ich da bin,denn sie weiß,wenn sie trödelt und macht als würde sie sich nicht auskennen setze ich mich zu ihr und schenke ihr ungeteilte Aufmerksamkeit.
Aber was soll ich tun?
Wenn ich sie bitte ihre Hausübungen alleine zu machen (wir korrigieren sie dann später gemeinsam und ich helfe ihr wenn sie sich nicht auskennt)weint sie und bockt den halben Nachmittag rum und nichts kommt voran.
Sobald ich nicht da bin und mein Freund alleine mit den Kids ist macht sie alles alleine und superschnell.
Warum verhält sie sich so?
Wenn ich da bin macht sie beim Zubettgehen ein Rießentheater und beruhigt sich erst,wenn ich mich zu ihr lege und ihr was vorlese,bis sie nicht einschläft.
Leider ist es so,dass sie weiß,dass sie mich mit Tränen leicht um den Finger wickeln kann.
Normalerweise bin ich sehr konsequent(z.B bei meinen Kids),aber bei ihr hab ich von Anfang an den Fehler gemacht nachzugeben.
Es hört sich jetzt vielleicht so an als würde sie keine Aufmerksamkeit kriegen und durch solche Aktionen Aufmerksamkeit sucht.So ist es nicht,wir sind liebevoll,kuscheln und toben,sie kann auch immer zu uns kommen,wenn sie Probleme hat.
Das sind nur wenige Beispiele von ganz vielen.
Ich habe Angst,dass das schlimmer wird,wenn wir erstmal zusammen wohnen.
Dann sind wir zu Siebend in einer Wohnung,ob das gut geht?

Was sollen wir tun?
Liebe Grüße
das Täubchen Ingrid
Anita

Beitrag von Anita »

hallo Täubchen - willkommen im forum!

es ist ganz schwierig, auf diesem weg heraus zu finden was helfen könnte, die bedürfnisse der kleinen in ein für alle angenehmes mass zu bekommen.

im alter als sie ihr mami verloren hat, beginnen kinder erst ansatzweise eine kleine vorstellung von leben und tod zu bekommen. es kann gut sein, dass ihre zuneigung damit zu tun hat. eine psychologische beratung könnte ich mir in eurem fall sehr hilfreich vorstellen. habt ihr das schon oder darüber nachgedacht?

setze deine grenzen, auch wenn es dich überwindung kostet - sie braucht diese! mit einer ich-botschaft kannst du dies so anbringen, dass sie verstehen lernt, was DIR wichtig ist. so lernt sie zudem auch gleich, wie sie einst IHRE bedürfnisse anbringen kann. je mehr wir dies vorleben, desto offener und klarer können wir beziehungen geniessen :wink:

zb: "ich möchte mich nun gerne auch um die anderen kümmern, weil ihr mir alle sehr wichtig seid. es ist mir wichtig, dass ich mir für alle kinder zeit nehme"

oder

"ich fand es grad u schön mit dir....doch nun will ich noch etwas anderes erledigen....das entlastet mich"

wir müssen kinder natürlich nicht immer alles erklären....aber wenn wir es zu wenig tun und zu ungenau, werden sie unsicher. "klammern" kann auch ein zeichen von unsicherheit sein. "alles im überblick zu haben und davon nicht loslassen" schafft sicherheit.

eure zuneigung und liebe immer wieder mit berührungen, blicken und worten bestätigen kann nicht nur helfen, sondern tut jeder seele gut :D

alles gute euch und der ganzen familie - es sind viele und grosse schritte für alle - und genauso kann es ein grosser gewinn sein :!:

herzlich
anita
Bernina

Beitrag von Bernina »

Hallo Täubchen

Das klammern hat sicher damit zu tun, dass die Kleine dich nicht verlieren will. Sie hat schon einmal eine geliebte Person verloren, dass will sie nicht noch einmal erleben. In ihrer kindlichen Vorstellung denkt sie vielleicht, wenn sie ständig um dich herum ist, dann kannst du ihr nicht einfach so wegsterben.

Kleine Kinder haben noch kein Zeitempfinden. Sie brauchen genaue Angaben, Bilder, Rituale, um sich zu orientieren. So lange das Kind in der Schule abgelenkt ist, wird ihr nicht bewusst, wie die Zeit vergeht und dass du zu Hause eigentlich jetzt alleine/unbetreut bist. Für sie existieren nur die Momente, in der sie selber gerade teilnimmt.

Damit sie zu Hause auch ohne dich etwas machen kann, musst du ihr behilflich sein. Bei den Aufgaben könntest du es damit versuchen:

Nimm eine Uhr und gebe ihr einen Zeitrahmen, in der die Hausaufgaben zu bewältigen sind. (wenn der grosse Zeiger bei xy ist, solltest du fertig sein) Und dir selber gibst du auch eine Aufgabe, z. Bsp. bügeln oder Badezimmer putzen. Aus diesem Grund hast du auch gar keine Zeit, ihr zu helfen. Als Ziel und Belohnung gibt es dafür ein feines gemeinsames Zvieri mit dir oder eine Runde Uno spielen.
So hat sie die Wahl: Wenn sie konzentriert ihre Aufgaben macht, gibt es dafür eine Belohnung, wenn sie trödelt... Pech gehabt.

Überlege dir gut, was du neu einführen willst, denn die nächsten paar Wochen wird sich das Mädchen an das neue Ritual klammern.

Kinder in diesem Alter sind was tolles. Die leben noch ganz in einer Phantasiewelt und die kann man hier positiv nutzen und sie mit einer kleinen Zauberei ablenken.
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Täubchen
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Beitrag von Täubchen »

Danke für eure Ratschläge.
Es ist so,dass sie denkt,dass ich ihr auch "wegsterbe",deshalb lässt sie mich nicht aus den Augen.
Hat sie mir auch selber gesagt.
Sie kann schon konzentriert arbeiten,aber kommt nach spätestens 30 Minuten schauen ob ich noch da bin ;-)

Werde versuchen in Zukunft paar eurer Ratschläge zu befolgen und uns auch eine Beratung hinzuziehen.
baboe
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Beitrag von baboe »

Liebes Täubchen,

Die Geschichte deiner Stieftochter berührt mich. Ich habe grosse Hochachtung vor der Aufgabe, zu der du ja gesagt hast: zu deinen drei Kindern noch eines im Rollstuhl und noch ein Mädchen in dein Herz und dein Haus aufzunehmen! Ich wünsche euch alles Gute.

Bernina hat das sehr schön beschrieben, was ich auch denke: dass sie Angst hat diesen furchtbaren Verlust noch einmal erleben zu müssen. Du musst für sie ein Geschenk des Himmels sein - sind Täubchen meistens :wink:

Ich wünsche dir und deiner Tochter eine gute Beratung (würde ich euch auch empfehlen) und Begleitung.

Herzlich

Babö
Habe fünf Kinder im Alter von 11,10,8,6 und 4. Die drei Grossen sind von meinem Mann aus erster Ehe. Die beiden Kleinen sind Gemeinsame. Alle leben seit 4 Jahren bei uns - und das find ich toll!
regi 45
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Beitrag von regi 45 »

Liebes Täubchen
Ich finde es sehr schön, wie Du das Problem mit der Kleinen schilderst. Man spürt richtig, wie liebevoll Du zu ihr bist... und wie sie Deine Nähe braucht. Ich wünsche Dir, dass Du eine verständnisvolle und hilfreiche Beratung findest.
Liebe Grüsse regi
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Delphia
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Forenlegende
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Registriert: 17.07.2006 11:43

Beitrag von Delphia »

Liebes Täubchen

Willkommen im Forum!

Ich finde es auch sehr schön, wie Du auf die Kleine Deines Partners eingehst.

Sie ist sehr jung und mit dem Verlust eines Elternteils umzugehen, fällt einem nicht einfach. Trotzdem musst Du auch zu Dir schauen, es sind noch weitere vier Kinder bei Euch... :wink:

Schön, dass eine weitere Patchworkfamilie entsteht :)
Delphia
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Probleme? nein! Herausforderungen: ja :-), manchmal aber völlig hoffnungslos...
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