Distanz zu den Stiefkindern

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isabel73
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Distanz zu den Stiefkindern

Beitrag von isabel73 »

Liebe Mitpatchworkerinnen

Seit der Geburt unseres gemeinsamen Sohnes beschäftigen mich immer mehr dieselben Gedanken, ich frage mich, warum ich auf einmal so viel emotionale Distanz zu den beiden Töchtern (7 und 9) meines Freundes verspüre. Wir sind seit drei Jahren ein Paar und das Zusammensein an den gemeinsamen Wochenenden hat sich gut entwickelt.

Diese Distanz drückt sich dann so aus, dass mich Dinge an den Mädchen immer mehr anfangen zu stören, z.B. schlechte Tischmanieren (mit Händen essen in diesem Alter, im "Schnidersitz" auf dem Stuhl sitzen, zu essen beginnen ohne zu warten bis alle am Tisch sind, eigenen Teller nicht abräumen...). Ich muss dann jeweils auch meinen Unmut äussern und komme mir wie ein Idiot vor, weil ich immer wieder das Gleiche sagen muss. Mein Freund hakt dann jeweils schon nach, aber die Initiative geht meistens immer von mir aus und das nervt mich schon sehr. Ich ärgere mich dabei vorallem über den Erziehungsstil der Mutter der Mädchen, die sie voll im Sinne von "laisser faire" erzieht oder eben nicht erzieht. Die Mädchen kommen in diesem Alter mit gefärbten Haarsträhnen oder zerrissenen Jeans daher und sagen von sich, sie wären jetzt Topmodels. Ihre Mütter würde ihnen volle Entscheidungsfreiheit bezüglich Kleidungsstil und Frisur lassen und dieses "Titti-Gehabe" geht mir total auf die nerven und lässt einfach viel Distanz zu ihnen aufbauen. Ich weiss, dass ich meinen Ärger auf die Kinder projiziere und der eigentliche Grund wohl meine Eifersucht(?) oder Unmut auf die Ex ist, die Kinder können an und für sich nichts dafür. Ich schäme mich manchmal für meine destruktiven Gefühle den Mädchen gegenüber und dass es mich manchmal so viel Mühe kostet, sie zu akzeptieren und gern zu haben. Das hat sicher auch mit den riesigen Erwartungen an mich zu tun, welche seitens meines Freundes kommen und Druck auf mich ausüben. Ich meine die in diesem Forum vielerseits beschriebenen Erwartungen von der heilen Welt und
Vielleicht hat es auch unbewusst mit meinen verletzten Gefühlen und Enttäuschung zu tun in bezug zu meinem Freund. Er hat mich zu Beginn unserer Beziehung einmal gefragt, ob ich wirklich bereit wäre, diesen komplizierten Weg mit ihm zu gehen, was ich inituitiv und mit Herz bejahte. Damit meinte ich aber nicht, mich in diese Konstellation einfach ein- oder unterzuordnen, sondern erwartete auch, dass sich das Gefüge neu zusammenbildet, besonders jetzt mit unserem Sohn. Heute wird mir bewusst, dass ich damals die Dimensionen, welche das Patchworken im Alltag annimmt, gar nicht erahnen konnte. Häufig habe ich aber immer noch den Eindruck, dass ich das flexible Element in der Beziehung bin und mein Freund mit erster Familie und vielen familiären Verpflichtungen das starre Element. Aber ich habe auch noch eine Familie und eine Mutter, die wichtig sind in meinem Leben.
Zurück zu den verletzten Gefühlen : Mein Freund sagte mir während des Fluges in den langersehnten Urlaub tatsächlich, er habe ein schlechtes Gewissen seinen Kindern gegenüber ( das war noch vor unserem gemeinsamen Sohn). Diese Aussage hat mich tief verletzt, weil er offenbar die Zeit mit mir alleine nicht gleich geniessen kann wie wenn seine Töchter dabei wären. Was denkt ihr darüber ? Ich habe mit ihm mehrmals darüber geredet, er sagte dann, dass ich das falsch verstanden hätte, aber irgendwie ergibt das ganze keinen Sinn für mich, zumal wir ja auch schon "Familiy"Ferien zu viert unternommen haben.

Oder er zieht es vor, Weihnachten (er muss die Kinder am 25. immer bei sich haben, weil er nicht darauf verzichten kann) mit seinen Kindern bei seiner eigenen Familie zu feiern, wobei ich mit unserem Sohn bei meiner Familie (in der Westschweiz) war. Er geht dann die Kinder am 25. ins Schweizergrenzgebiet (2 h Autofahrt hin und zurück) holen, sitzt dann den halben Weihnachtstag im Auto und es wäre dann für die Kinder zu weit, noch weiter zu mir und meiner Familie in die Westschweiz zu fahren. Ich habe ihm den Vorschlag gemacht, warum er denn nicht abwechslungsweise die Kinder an einem Jahr an Weihnachten bei sich hat und dann das folgende Jahr an Silvester, wie es üblicherweise bei Scheidungskindern gemacht wird. So könnten wir zusammen feiern und dies auch mal bei meiner Familie. Er hat aber kein Gehör dafür und will auf die Mädchen unbedingt nicht verzichten. Alles ist kompliziert. Wie würdet ihr das machen ? Mir graust schon vor der nächsten Weihnacht...

Das alles sind so Dinge, die mich belasten und auch Distanz zu meinem Freund und den Mädchen schaffen. Ich denke auch, dass die Mädchen lieber zu ihrer Ursprungsfamilie feiern gehen als zu meiner Familie, weil sie da alle ihre Cousinen sehen und zu meiner Familie mehr Distanz verspüren, was zwar nachvollziehbar ist.


Wie dent ihr darüber, kennt jemand diese Konstellation ??
2 Stiefkinder, 1 leibliches Kind
Zanilla
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Re: Distanz zu den Stiefkindern

Beitrag von Zanilla »

Hallo Isabel73,

ich kenne die Konstellation sehr gut. Ausser, dass ich keine Kinder habe. Mein Freund meinte diese Woche zu mir, dass er es schön fände, mit mir in ein paar Jahren ein Kind zu haben, aber wenn ich sowas lese, macht mir das Angst.

Mein Freund hat aus erster Ehe 2 Kinder und ist, wie viele Männer, voll schlechtem Gewissen. Er und seine Ex verstehen sich nach wie vor sehr gut und praktizieren das Wechselmodell, sprich, die Kinder ( 16 & 9) sind eine Woche bei ihr und eine Woche bei uns. Trotzdem wird so getan als landet jedes Mal der Messias bei uns. Das Wort "Nein" habe ich erst einführen müssen. Egal was war, er sagte Ja zu allem. Schlechtes Benehmen wurde und wird geduldet, jedes Fehlverhalten entschuldigt, jede Kritik kommt gleich als Angriff bei ihm rüber. Letztes Jahr haben wir zu zweit einen Urlaub gemacht, und auch er sagte, er habe ein schlechtes Gewissen. Das tat mir genauso weh wie bei dir. Ebenso wie es wehtut wenn für die Kinder Dinge getan werden, um die du lange bitten musst. ich kann dir nur sagen, es wird besser, wenn auch nicht sofort. Wir leben jetzt 2 Jahre zusammen und es ist schon anders geworden, wobei es Dinge gibt, die sich wahrscheinlich nie ändern werden oder erst mit grossem Effet. Vieles ist rückblickend von uns auch falsch angegangen worden, auch von mir, aber nicht nur, so dass ich wahrscheinlich nie ein gutes Verhältnis mit dem Kleinen haben werde.

Du hast da einen sehr richtigen Satz gesagt, der mich jetzt nochmal zum Nachdenken anregt: "Häufig habe ich aber immer noch den Eindruck, dass ich das flexible Element in der Beziehung bin und mein Freund mit erster Familie und vielen familiären Verpflichtungen das starre Element." Das kann ich voll und ganz unterschreiben. Ausser Geduld kann ich dir momentan zu nichts raten, ich bin grad auf der Arbeit und deshalb nicht so "frei" wie sonst.

Bei euch ist das ganze aber noch viel Schlimmer, weil ihr ein gemeinsames Kind habt. Es klingt für mich so, als würde er sich bei deinen Kindern dafür entschuldigen, noch ein Kind mit dir zu haben. Das darf nicht sein. Euer Kind und du gehört mindestens genauso dazu. Ich würde es an deiner Stelle unbedingt ansprechen. Es kann nicht sein, dass diese Familien komplett getrennt voneinander gehalten werden und dein mann dazwischen sitzt. Die Karten müssen komplett neu gemischt werden. Ausser durch lange und intensive Gespräche sehe ich da kein Weiterkommen. Sei es jetzt durch gemeinsame Feste oder Urlaube. Ich finde, es fehlt ein bisschen das Signal, dass dein Mann 100% zu euch steht. Auch mit einem "neuen" Kind müssen die "alten Kinder" nicht links liegen gelassen werden. Was ist das auch für eine Botschaft für die anderen Kinder? Mama und wir sind mehr wert als Isabel und das andere Kind. Das gibt es nicht, sowas. Und das muss dein Mann begreifen und ihr alle daran arbeiten. Doch wisse, sowas geht, meiner Erfahrung nach, in gaaaaaanz kleinen Schritten. Ich habe z.B. 2 Jahre dafür gebraucht um durchzusetzen, dass wir die Kinder mal abends für 2 Stunden allein lassen, um in den Biergarten zu gehen. Wenn dein Mann mitzieht, ist der wichtigste schritt getan.

Ich wünsche dir viel Ausdauer, Kraft und Mut.
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Nin
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Beitrag von Nin »

Isabel, ich kann vieles, was dein Mann sagt, gut verstehen: auch ich habe ein schlechtes Gewissen, wenn wir nur "allein" verreisen und ohne meine Kinder, ich bin auch schon ganz bewusst ohne ihn (aber mit meinen Kindern) in die Ferien gefahren - weil ich sonst auch ein schlechtes Gewissen habe, dass ich ihn seinen Kindern wegnehme und eine eventuelle Zeit zu viert gar nicht geniessen kann. Nun haben wir beide Kinder aus der jeweiligen ersten Ehe - seine sind nur schon viel grösser als meine. Ich kann das gut verstehen und lege grossen Wert darauf, dass keines der Kinder sich zurückgesetzt vorkommt. Wenn ich nicht gerade Lehrerin wäre, würde ich nie ohne meine Kinder Ferien machen - für sie ist ja auch die einzige Zeit, die wir wirklich miteinander verbringen können.

Auch das schlechte Gewissen im Vergleich zu eurem gemeinsamen Kind kann ich verstehen: euer Sohn hat den Papi jeden Tag. Und er hat beide Eltern. Dass man dieses seinen Kindern aus einer ersten Beziehung nicht mehr geben kann, ist ein Schmerz, der bleibt und der nicht bedeutet, dass man der Beziehung hinterhertrauert. Ich bin sehr glücklich, meinen Ex-Mann verlassen zu haben - aber ich bin mir bewusst, dass das Leben meiner Kinder dadurch komplizierter geworden ist und dass es ihnen zusteht, dass ich mich besonders gut um sie kümmere.

Ich habe eigentlich auch vor, bis sie gross sind, jedes Jahr mit meinen Kindern Weihnachten zu verbringen. Und ich weiss nicht recht, woher du den Gedanken hast, dass es üblich ist, dass Scheidungskinder eins übers andere Jahr Weihnachten beim einen oder anderen Elternteil verbringen. Gibt es in dieser Hinsicht überhaupt etwas, was üblich ist? Jede Familie, die ich kenne, wurschtelt sich anders durch. Du willst unbedingt bei deiner Ursprungsfamilie feiern - er auch. Kann er nicht auch sagen: meine Frau feiert lieber mit ihren Eltern statt mir mir und meinen Mädchen? und sich allein gelassen fühlen?

Stell dir mal vor, dein Mann fährt mit seinen Kindern allein in den Urlaub und sagt dann: "Ach, die isabel73 fehlt mir..." Heisst das, dass er dann seine Kinder weniger liebt? Ich weiss, dass ich, um glücklich zu sein, meine Kinder und meinen Partner brauche und sie keine Konkurrenz sind.

Ja, du bist der flexiblere Part. Er hat die Kinder mit in die Beziehung gebraucht - aber er kann es sich genauso wenig aussuchen wie du. Wenn mein Partner von mir verlangen würde, dass ich ein Jahr an Weihnachten auf meine Kinder verzichte - ich wäre zutiefst getroffen. Wenn ich das von ihm verlangen würde - ich käme mir schäbig vor. Er ist schon an Weihnachten bei mir und meinen Kindern geblieben und nicht mit seinen zu seiner früheren Schwiegerfamilie gefahren. Das war schön, aber auch schwer, mit dem Gedanken, seinen Kindern an Weihnachten den Vater wegzunehmen - und da waren seine Kinder 17 und 19- und er hat es entschieden, obwohl ich noch am 23. Dezember mehrmals gesagt hat, er kann wegfahren, wann er will.

So oft, wenn ich lese, denke ich, dass es einfacher ist, wenn beide Kinder "mitbringen", weil wir beide mal in der Situation sind, für die Kinder des anderen zurückzustecken und es nicht einseitig ist.
Nicht Schöneres unter der Sonne als unter der Sonne zu sein.
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Ria
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Beitrag von Ria »

Hallo zusammen
Ich schliesse mich Nin's Beitrag voll an.
Geschiedene Eltern werden fast alle - mindestens in einer Phase - von Schuldgefühlen geplagt. Das macht ihnen selbst und auch ihren Kindern das Leben schwer und klare Grenzen zu setzen schwieriger als sonst schon. Daran zu arbeiten kann viel bringen.
Du schreibst:
Vielleicht hat es auch unbewusst mit meinen verletzten Gefühlen und Enttäuschung zu tun in bezug zu meinem Freund. Er hat mich zu Beginn unserer Beziehung einmal gefragt, ob ich wirklich bereit wäre, diesen komplizierten Weg mit ihm zu gehen, was ich inituitiv und mit Herz bejahte. Damit meinte ich aber nicht, mich in diese Konstellation einfach ein- oder unterzuordnen, sondern erwartete auch, dass sich das Gefüge neu zusammenbildet, besonders jetzt mit unserem Sohn. Heute wird mir bewusst, dass ich damals die Dimensionen, welche das Patchworken im Alltag annimmt, gar nicht erahnen konnte.
Was hindert dich denn daran, weiter an eurer Beziehung und an eurem Weg mitzubestimmen?
Ihr beide konntet nicht erahnen, was die gemeinsame Zukunft bringen wird - wie wir alle auch nicht. Das ist nicht nur in Patchworkfamilien so.
Gemeinsam Familie zu leben heisst immer wieder, das individuelle Modell den neuen Verhältnissen anzupassen. Und dabei sind Frauen oft kreativer, haben mehr Ideen für Lösungen.

Dass dich seine Töchter immer mehr stören würde ich sehr ernst nehmen. Schliesslich sind es die Töchter deines Partners!
Du sagst ja selber, es hätte mit eurer Beziehung zu tun. Das heisst auch, dass die Töchter da für etwas herhalten müssen, das nicht ihr Ding ist.
Natürlich könnt ihr trotzdem Anstand von ihnen verlangen. Und alle Lehrer können bestätigen, dass Kinder sehr wohl mit verschiedenen Erziehungsstilen umgehen können. je konsequenter sie gelebt werden, desto besser. Und dein Freund unterstützt dich ja dabei. Stör dich nicht zu sehr daran, dass du den ersten Schritt dafür tun musst. Tu es für dich. Und ich kann dir versichern: Jede Mutter kommt sich manchmal als Idiot vor, wenn sie die Anweisungen x-mal wiederholen muss. Es wird dir mit deinem eigenen Kind wohl auch so gehen. Wenn sie dabei aber deine Ablehnung ihrer Person und nicht nur ihrem Verhalten gegenüber spüren, müssen sie sich dagegen sträuben!
Mit der Ablehnung ihrer Mutter machst du es euch allen auch schwerer. Es ist unsere Aufgabe als Stiefmütter, uns da zurück zu nehmen.
Was dich nervt hat immer auch etwas mit dir selber zu tun. Daran kannst du auch arbeiten, wenn die anderen es nicht tun.

Die Eifersucht zwischen Stiefmüttern und Kindern ist ein Phänomen, das in Patchworkfamilien immer wieder auftaucht. Das macht es für die Väter sehr schwierig:
Sie möchten, dass alle glücklich sind. Und das ist so unmöglich.
Gleichzeitig erwarten wir Partnerinnen von ihnen, dass sie gute Liebhaber und gleichzeitig gute Väter sind. Dabei hat das eine mit dem anderen nicht so viel zu tun: Die Liebe für die Kinder ist bedingungslos und ewig. Das heisst aber nicht, dass wir ihnen jeden Wunsch von den Augen ablesen und erfüllen müssen.
Die Liebe zur Partnerin wird immer neu erschaffen und ist die Basis für die Familie und damit fundamental wichtig. Es lohnt sich, viel dafür zu investieren! Und es darf auch Spass machen :D

Viel Mut und Zuversicht
Ria
Seit 27 Jahren Patchworkfamilienfrau und Coach für solche :-)
http://www.coacheria.ch
isabel73
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Beitrag von isabel73 »

Liebe Frauen

Danke für eure ehrlichen Antworten !

@ Nin : Ich denke auch, dass es einfacher ist gegenseitiges Verständnis aufzubringen für das "Zurückstecken", wenn beide Kinder mitbringen, weil dann die Erwartungshaltung an den Partner nicht mehr gleich ist und die Position der Partner in der Beziehung gleichwertig ist. Ich meine damit nicht nur meine eigenen Erwartungen (z. Bsp. eben gemeinsamer Urlaub um auch die Beziehung zu pflegen weg vom Alltag...das machen auch Eltern ohne Patchwork-Konstellation :) ), sondern auch die Erwartungen meines Partners an mich, dass er eben auch akzeptieren sollte, dass ich einfach nicht gleich für seine Kinder empfinde wie für mein eigenes - das ist "normal" und menschlich.

"Jede Familie, die ich kenne, wurschtelt sich anders durch. Du willst unbedingt bei deiner Ursprungsfamilie feiern - er auch. Kann er nicht auch sagen: meine Frau feiert lieber mit ihren Eltern statt mir mir und meinen Mädchen? und sich allein gelassen fühlen? "
Dazu muss ich sagen, dass meine Ursprungsfamilie "nur" noch aus meiner Mutter besteht, ich sie aber durchaus als Familienbeziehung definiere. Diese Beziehung ist mir sehr wichtig und ich möchte ihr deshalb einen regelmässigen Kontakt mit ihrem einzigen Enkelkind ermöglichen. Meine Mutter hat vor Jahren ein Kind verloren, zudem bewegt sich ihr Gesundheitszustand nach einer glücklicherweise gut überstandenen Krebserkrankung dennoch in einem Grauzonenbereich, so dass ich ihr den Kontakt auch an Weihnachten ermöglichen möchte. Da ist dann einfach die Frage, was ist in dem Moment wichtig, kann man überhaupt allen Bedürfnissen (Mutter, Stiefkinder, ich und mein Mann) gerecht werden. Ganz klar nein.
Ich wünschte mir einfach, mein Partner würde dann verstehen, dass er noch viele Weihnachten mit seinen Kindern verbringen kann, es muss doch nicht immer nach dem gleichen Schema verlaufen. Und ich bin sicher, dass die Kinder ihn deswegen nicht weniger lieben, wenn sie Weihnachten bei ihrer Mutter verbringen und er mal mit mir und dem Kleinen bei meiner Mutter, vorausgesetzt, dass man es ihnen ehrlich erklärt.

"Auch das schlechte Gewissen im Vergleich zu eurem gemeinsamen Kind kann ich verstehen: euer Sohn hat den Papi jeden Tag. Und er hat beide Eltern."
Ich weiss nicht so recht, wie Du das meinst, ich denke einfach, dass auch unser Sohn, obwohl er in intakten Verhältnissen aufwächst, seinen Papi an Weihnachten um sich haben möchte und Bedürfnisse hat. Jetzt ist er noch klein und realisiert dies nicht - was aber, wenn er grösser wird ? Nur weil er den Papi jeden Tag um sich hat, sollte das doch nicht heissen, dass es bei ihm jeweils ein bisschen weniger weh tut an Weihnachten alleine zu lassen. Vielleicht bin ich da ungerecht, aber ich hatte schon den Eindruck, dass mein Mann in diesem Fall kein schlechtes Gewissen gehabt hat und das hat mir für unser Kind schon sehr leid getan.


@ Ria : "Dass dich seine Töchter immer mehr stören würde ich sehr ernst nehmen. Schliesslich sind es die Töchter deines Partners!
Du sagst ja selber, es hätte mit eurer Beziehung zu tun. Das heisst auch, dass die Töchter da für etwas herhalten müssen, das nicht ihr Ding ist."

Da stimme ich Dir vollends zu. Wie gesagt, mir ist bewusst, dass das eine Projektion ist und der Ware Grund dahinter ein anderer ist. Aber es ist das Verhalten, das mich stört und nicht die Kinder als dazugehörige Wesen an sich. Ich glaube, dass ich anfangs unserer Beziehung sehr hohe Erwartungen an mich selber gestellt habe und dachte, ich müsste die Kinder meinem Mann zuliebe gern haben, weil ich spürte, dass er das irgendwie auch von mir erwartete und von ihm sehr häufig der Ausspruch kam "mach es doch den Kindern zuliebe".
Heute respektiere ich die Kinder, ich lehne sie nicht ab, aber niemand kann mich zwingen sie zu lieben oder die gleiche emotionale Nähe zu ihnen zu empfinden wie zu unserem eigenen Kind. Diesen Umstand sollte ich heute wohl einfach versuchen zu akzeptieren, ich denke sogar den Kindern geht es ähnlich, sie respektieren mich meistens als Partnerin ihres Vaters, obwohl sie natürlich eben Differenzen bezüglich Erziehungsfragen erkennen. Der einzige, der das aber nicht begreift, ist mein Mann, weil er eben möchte, so, wie Du sagst, dass alle glücklich sind und einander lieb haben, obwohl das gar nicht nötig ist.

Ich weiss, ich habe schon so gute Feedbacks indiesem Forum erhalten und versuche die positiven Dinge in der Beziehung federführend zu sein. Da ist auch unser Sohn, er gibt mir viel Freude und Kraft !
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Nin
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Beitrag von Nin »

Isabel: war dies das erste Weihnachten deines Sohnes? Dann ist es vielleicht gar nicht schlecht, dass dein Mann diesmal nicht da sein wird, denn er ist zu klein, um sich zu erinnern und sich zurückgesetzt zu fühen - und bis er alt genug ist, habt ihr noch ein Jahre Zeit, bis sich etwas Neues einpendelt. Vielleicht kann deine Mutter ja zu euch kommen?

Was Ferien ohne Kinder angeht: natürlich weiss ich, dass es auch Nichtpatchworkeltern gibt, die das machen - aber da setzt dann bei mir auch ein: "normale" Eltern haben die Kinder jeden Tag, Patchworkeltern fast immer auch mal Ruhepausen, kinderlose Wochenenden oder Wochenenden mit nur eurem gemeinsamen Kind - ich finde schon, dass es gerade dann, wenn man die Kinder nicht immer sieht, besonder wichtig ist, in den Ferien mit ihnen zusammen zu sein. Oft ist es für geschiedene Väter der einzige Moment, wo sie "Zeit am Stück" mit den Kindern verbringen können. Wir haben halt sehr viel Glück, das wir beide Lehrer sind und alle Ferien gleichzeitig und in vollem Umfang mit den Kindern haben - aber ich merke auch, dass es möglich ist, die Patchworksituation zu nutzen und die Wochenenden, in denen die Kinder nicht so präsent sind, mit Zeit für uns zu füllen. Meine Stiefkinder sind im übrigen zwar erwachsen, aber praktisch jedes Wochenende da. Kinderlose Wochenenden haben also Seltenheitswert.

Es ist richtig, dass man für seine eigenen Kinder nicht das gleiche empfindet - das erfahre ich auch so. Sie zur Konkurrenz zu machen ist aber sehr gefährlich.
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BabyOne
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Beitrag von BabyOne »

Hallo Isabel,

ich will Dir auch noch etwas schreiben...

Ich habe auch eine gemeinsame Tochter und ein älteres Stiefkind. Ich muss gestehen, dass ich vor der Geburt meiner Tochter meine Muttergefühle auf den Sohn aus der ersten Ehe gelenkt habe, und als dann unsere Tochter geboren war hatte ich irgendwie nicht mehr so viel für ihn übrig. Ich erinnere mich auch, dass seine Anwesenheit mich gestresst hat, weil er oft etwas von mir wollte, während ich eigentlich mit dem Baby beschäftigt war. Erschwerend kommt bei uns hinzu, dass das Verhältnis zur Exfrau miserabel ist, die Erziehungsziele völlig konträr, der Junge ihr mittlerweile zunehmend ähnlicher sieht, und er seit dem Kindergartenalter verhaltensauffällig und im Sozialverhalten entwicklungsverzögert ist. Er ist also auch ganz objektiv gesehen ein sehr anstrengendes Kind, bei dem mir einfach die angeborene Mutterliebe fehlt, um ihm viele Dinge auch immer wieder verzeihen zu können.

Es ist aber trotz dieser schwierigen Ausgangslage so, dass ich inzwischen festgestellt habe, dass ich meine Tochter manchmal auch ein wenig idealisiert und auf ein Podest gehoben habe. Oft habe ich im Nachhinein festgestellt, dass meine Tochter auch bestimmte Dinge tut, die mich früher bei meinem Stiefsohn im gleichen Alter genervt hatten, und von denen ich angenommen hatte, gut erzogene Kinder würden so etwas nicht tun.

Sei also nicht zu streng mit den beiden Stiefkindern, und hüte Dich davor, aus Kleinigkeiten Rückschlüsse zu ziehen in der Art "das machen sie nur, weil die Exfrau es ihnen nicht richtig beibringt". Mit einem solchen Denken steigert man sich leicht in eine negative Sichtweise hinein.

Versuch vielleicht auch mal bewusst, die guten Seiten der Kinder zu sehen. Wo waren sie einmal nett zu Dir, haben sich sozial oder hilfbereit gezeigt? Pass auch auf, dass Du in der Familie nicht in die Rolle der bösen Stiefmutter rutschst, die immer nur meckert. Wenn Dein Mann in Erziehungsfragen derselben Meinung ist wie Du, dann versuch die Themen die Dich stören mit ihm vorab zu besprechen, und wenn die Kinder da sind, soll er sich drum kümmern. Wie immer gilt, nicht zuviel auf einmal verändern wollen, denn das ist für alle eine Überforderung! Ein oder zwei Verhaltensweisen auf einmal, nicht mehr.

Dass Dich die Sache mit Weihnachten massiv stört, kann ich gut nachvollziehen. Meine Ehe mit meinem Exmann ist unter anderem daran kaputt gegangen, dass er darauf bestand, Weihnachten mit seinen Eltern zu feiern, wobei er wusste dass ich mit seiner Mutter überhaupt nicht zurecht kam, und dass es für mich auf keinen Fall in Frage kam, eine Woche in einer Wohnung mit seinen Eltern zu wohnen (wir wohnten zuletzt weit von dort entfernt und hätten bei einem Besuch entweder ins Hotel gehen oder eben bei seinen Eltern wohnen müssen). Bei uns ist es so, dass der Stiefsohn Weihnachten und Silvester ebenso wie Ostern abwechselnd bei beiden Elternteilen verbringt, und das finde ich auch gut, weil man dann eben auch mal zu Verwandten wegfahren kann, wenn er nicht dabei ist - und er kann alle Feste auch einmal bei beiden Eltern erleben, was auch für ihn eine Bereicherung ist.

Aber auch hier gilt, Gelassenheit ist Trumpf. Was hab ich mir in den ersten Jahren nicht dauernd für einen Kopf gemacht, wie die Dinge sich später entwickeln würden, wenn sich nicht sofort hier oder da etwas ändert. Dein Mann braucht vielleicht noch etwas, bis er sein schlechtes Gewissen auch einmal beiseite schieben kann. Er muss auch erst für sich selber die Sicherheit gewinnen, dass er immer noch Vater sein kann, auch wenn er nicht mehr täglich mit seinen Kindern zusammen sein kann. Gerade jetzt wo euer Kind noch klein ist, hat er vielleicht das Gefühl seinen Kindern aus der ersten Ehe beweisen zu müssen, dass sie ihm nach wie vor wichtig sind. Bis dahin such nach pragmatischen Lösungen, wie schon vorgeschlagen wurde, kann doch Deine Mutter genauso wie die Kinder vielleicht einmal zu Euch kommen.
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Beitrag von tarzan »

Hallo zusammen
ich denke es ist doch völlig normal, dass man für eigene Kinder anders empfindet, wie für Stiefkinder. Muss nicht sein, aber ist doch meistens so.
Ich stell mir zumindest das vor.
Denke da dürfen beide Seiten nicht zuviel erwarten. Der Mann nicht, dass seine neue Partnerin seine Kinder liebt wie er selbst, und die Frau sollte nicht das Gefühl haben, sie MUSS jetzt ihre Stiefkinder über alles lieben.
Zwang und Druck bringt nichts.

Weihnachten haben meine Stiefkinder immer bei der Mutter verbracht, weil sie das so wollte. Sie kamen dann einfach einen anderen Tag/Tage und wir feierten dann. Mein Mann hätte die Kinder auch an Weihnachten gerne bei sich gehabt, musste es aber akzeptieren wie es war.
Wichtig war doch, dass man sich sieht, ob dies nun am 24, 25 oder 26 war,
spielt in meinen Augen nicht so eine grosse Rolle.
Letztes Jahr waren sie das erste mal am heiligen Abend bei uns, seit den letzten 14 Jahren.
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Delphia
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Beitrag von Delphia »

Das sehe ich auch so wie Tarzan.

Weihnachten sind immer spezielle Tage. Wir haben uns frühzeitig mit den Ex-Partnern abgesprochen. So sind einige Reibungspunkte für diese emotionale Zeit ausgelöscht gewesen.
Delphia
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Probleme? nein! Herausforderungen: ja :-), manchmal aber völlig hoffnungslos...
jasashi
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Beitrag von jasashi »

Auch bei uns ist es speziell.... ;-) Wie so oft in Patchworkfamilien..... Mein Mann hatte schon 2 Kinder, als ich Ihn kennen und lieben gelernt habe..... Wir haben unterdessen 3 gemeinsame Kinder. Die ältere Tochter kommt unterdessen (nun 21 Jahre alt) leider überhaupt nicht mehr zu uns, seit die Alimente nicht mehr aktuell sind..... Der jüngere Sohn (16Jahre alt) kommt noch alle 14 Tage, allerdings nur für eine Nacht und 2 Mahlzeiten.... Die Feiertage über Weihnachten gehören mir und unseren gemeinsamen Kindern, da wir dies im gegensatz zu seiner Familie in grösserem Kreise feiern, mit meiner schwester, ihren kindern und kindeskindern..... ;-) da unser Verhältniss mehr als gespannt ist, kommt der Junge wie immer alle 14 Tage für eine Nacht und nicht mehr und nicht weniger.....
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