Ein Beispiel

Austausch zu psychologischen Theorien
carlotta37
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Ein Beispiel

Beitrag von carlotta37 »

Okay, dann poste ich mal den ersten Beitrag unter Psychologie....vielleicht gehört er nicht so ganz hierher, aber das Thema beschäftigt mich im Moment, weil ich es miterlebe, es geht mir aber nicht um konkrete Ratschläge. Ich finde es zeigt noch ganz gut, wie kompliziert und verfahren Situationen sein können und wie wenig es möglich ist, in "Gut" und "Böse" zu unterteilen.

Ich kenne alle Beteiligten: ein geschiedenes Paar und ihre inzwischen 12jährigen Kinder.

Die Geschichte: die Mutter lässt sich kurz nach Geburt der Zwillinge scheiden. Die Ehe dauerte nicht lange, Auslöser für die Scheidung waren tätliche Angriffe des Ehemanns (Wahrheitsgehalt: ich kann das nicht überprüfen, aber da der Mann für seine Wutausbrüche bekannt ist, kann es durchaus so gewesen sein). Die Mutter kämpft um die alleinige Sorge für die Kinder und bekommt sie auch. 5 Jahre lang besteht zwischen Vater und Kindern kein Kontakt.
Dann bemüht sich der Vater sehr um Kontakt, hat inzwischen eine neue Partnerin und kann die Mutter überzeugen, dass er sich geändert hat und Verantwortung übernehmen kann. Während der nächsten Jahre entwickelt sich ein schönes Verhältnis zwischen allen Beteiligten, die Eltern nehmen gemeinsam an Schulanlässen etc. teil, die Kinder besuchen den Vater bei der neuen Partnerin oft, fahren mit ihm in Ferien etc.

Der Vater engagiert sich besonders was die Schule betrifft und die Mutter ist froh um die Entlastung. Da der Vater nur ein Minimum an Alimenten zahlt, arbeitet sie viel, ist sehr erschöpft und hat mit eigenen Problemen zu kämpfen. Sie hat häufig wechselnde Partner, zunehmend Probleme mit der beruflichen Belastung und immer wieder mit Depressionen zu kämpfen.
Die Zwillinge wechseln nach der 4. Klasse (Deutschland) aufs Gymnasium und die Mutter willigt ein, in die Stadt des Vaters zu ziehen (50km), da sich dort der Vater besser um die schulische Entwicklung der Kinder kümmern kann.

Eines der Kinder ist dem Gymnasium nicht gewachsen. Der Vater macht enorm Druck, verlangt, dass die Kinder in Zukunft ganz bei ihm leben. Das verweigern beide. Die Situation eskaliert als der Junge tatsächlich nicht auf dem Gymnsasium bleiben kann. Vor den Augen der Mutter rastet der Vater aus und schlägt das Kind (und mit schlagen meine ich hier nicht nur einen kleinen Klaps, sondern richtige Prügel). Als die Mutter das Kind schützen will, greift er auch sie an.

Beide Kinder verweigern sofort jeden weiteren Kontakt zum Vater. Bei Besuchen beim Jugendamt stellt sich heraus, dass dies nicht die ersten Prügel waren wegen der Schule....die Kinder haben ncihts erzählt, weil ihnen bewusst war, wie schwer es auch die Mutter hat und dass es ihr nicht gut geht. Sie wollten niemanden damit belasten.
Der Vater entschuldigt sich nie, fühlt sich im recht und meint, auch ihm hätte eine Tracht Prügel von seinem Vater früher nicht geschadet.
Ein wenig absurd an der Situation: der Vater studiert....immer noch, seit 20 Jahren...und gibt das Studium schliesslich ohne Abschluss auf....

Die Kinder sehen also den Vater nicht mehr, der zwar gelegentlich bei einem Fussballspiel auftaucht und anruft, aber besuchen wollen sie ihn nicht. Einige Male unternehmen sie aber etwas mit seiner Partnerin, die sie gern haben.

Schliesslich zieht die Mutter mit den Kidnern aus beruflichen Gründen weg.

So viel zur Vorgeschichte. Situation heute: die beiden 12jährigen schlagen sich so durch. Sie sind sich oft selbst überlassen, die Mutter arbeitet voll. Sie ist an der Grenze der Belastbarkeit, aber wenigstens sehr glücklich mit ihrem Job. Privat hat sie erneut zwei gescheiterte "Beziehungen" mit verheirateten Männern hinter sich, was sie belastet. Sie ist oft unausgeglichen und unberechenbar, mal sehr liebevoll und lustig, dann wieder rastet sie aus wegen Kleinigkeiten. Zwar schlägt sie die Kinder nicht wie der Vater, aber ihre Wutausbrüche sind heftig und verbal sehr verletzend. Sie macht den Vater massiv schlecht - auch wenn sie ausdrücklich den Kontakt nicht verbietet. Der Vater ruft an und die Kinder reden auch mit ihm. Er zahlt inzwischen gar keine Alimente mehr, das Geld ist also immer knapp und die Mutter kann das nicht akzeptieren. Ständig weist sie die Kinder darauf hin. Auch sie reagiert bei schlechten Schulleistungen heftig, hat aber nicht die Zeit und vor allem nciht die Geduld, mit ihren Kindern zu lernen. Ihre verbalen Attacken sind abwertend und beziehen sich immer auf den Vater (bei einer schlechten Note: du bist genauso ein Versager wie dein Vater!).

Ich finde beide Jungs machen aus ihrer Situation das Beste: sie sind offen und kontaktfreudig, haben viele Kollegen, sind sportlich und aktiv. Allerdings haben sie auch gelernt, Ärger aus dem Weg zu gehen, indem sie sich drücken, Dinge verschweigen oder lügen, sie machen kleinere bis grössere Dummheiten (klauen am Kiosk etc.), halten sich wenig an Abmachungen.
Andererseits hängen sie sehr an ihrer Mutter, der eine schläft noch regelmössig bei ihr im Bett.

da ich beide Kinder gut kenne seit sie Kleinkinder waren und sie auch mit meinem Sohn sehr eng befreundet sind, kommt hier manchmal an, wie sie selber die Situation erleben. Sie haben sich auch schon an mich gewendet, wenn sie Ärger aus dem Weg gehen wollten und z.B. hier übernachten.
Beide können dem Vater - insbesondere weil er sich nicht entchuldigt hat - sein Verhalten nicht verzeihen. Dem einen sind die Ausraster seiner Mutter peinlich, er nimmt sie immer in Schutz und versucht, ihr Verhalten zu vertuschen (z.B. ich rufe an, sie brüllt im Hintergrund rum, er läuft schnell raus, damit ich es nicht höre oder behauptet, sie hätte sich in den Finger geschnitten). Andererseits findet gerade er dieses Verhalten sehr unfair und unternimmt erste Versuche, sich dagegen zu wehren. Insbesondere betont er, dass schliesslich sie - die Kinder - nichts für das Verhalten ihres Vaters können und das nicht mehr hören wollen, dass er nicht zahlt etc.
Der andere Junge hat mehr Angst und zieht sich emotional eher zurück. Er spricht nicht über die Vorfälle, schweigt und lässt die Dinge über sich ergehen. Auch seinen Lehrern fällt auf, dass er einerseits in Konflikten mit Gleichaltrigen unebeherrscht ist und schnell zuschlägt, andererseits gegenüber Erwachsenen extrem verschlossen ist.

So, und jetzt? Ich erinnere mich daran, dass hier in einem Beitrag gefragt wurde, warum niemand eingreift, wenn im Bekanntenkreis eine Mutter schlecht über den Vater redet. Ich frage mcih: wen soll man denn hier verteidigen? Den armen, prügelnden Vater? Die überforderte Mutter?

Beide Elternteile haben ihre eigenen und unverarbeiteten Geschichten aus der Kindheit. Beide bemühen sich und haben das getan, was in ihren Augen das Beste ist. Beide wissen eigentlich auch sehr genau, wo ihnen das absolut nicht gelingt. Sie kennen ihre Fehler, es sind beides intelligente Menschen. Dennoch passieren ihnen diese Fehler immer wieder (beide haben übrigens eine Therapie gemacht...).
Würden sie das hier lesen, sie wären entsetzt und würden betonen, wie sehr sie sich für die Kinder doch eingesetzt haben. Sie verdrängen eben auch gern - aber wer tut das nicht?
Meine Schilderung hier ist die einer Dritten, so objektiv wie möglich und für beide nicht schmeichelhaft. Wenn sie erzählen, hört man natürlch zwei total unterschiedliche Geschichten, in denen es eindeutig gut und böse gibt. Den eigenen Anteil lässt man nach aussen hin gern weg, oder?

Was die Kinder betrifft, ist abgesehen von den Schlägen des Vaters deren Situation bei der Mutter auch bequemer - aus Sicht eines fast Jugendlichen. Da sind sie weniger beaufsichtigt, weniger gefordert, solange sie deren Wutanfälle aushalten (manche dieser Wutanfälle haben Gründe, aber Konsequenzen gibt es sowieso nie). Auch ein Grund sich für die Mutter zu entscheiden? Ich weiss, dass der eine Junge sich manchmal überlegt, ob es nicht doch beim Vater besser wäre....schliesslcih hat er gute Schulleistungen und war von den Schlägen nicht betroffen. Aber dann doch nicht: auch der Vater macht die Mutter schlecht wo er nur kann. Also kommt es aufs Gleiche raus.

Ich kann überhaupt nicht beurteilen, wo es den Kindern nun besser ginge und glaube tatsächlich auch, es macht wenig Unterschied - allenfalls würde ich für die Mutter plädieren, da sie wenigstens nicht schlägt.

Allerdings frage ich mich schon, wann die Kinder alt genug sein werden, beiden Elternteilen zu sagen, was sie mit ihrem Verhalten angerichtet haben....

Das mal so zum Nachdenken. Es mag Euch als extremes Beispiel erscheinen. Das ist es aber nur, weil ich diese Familie wirklich seit 11 Jahren sehr gut kenne. Nach aussen hin, gegenüber Schule und nicht ganz so vertrauten Freunden oder Freunden, die nur eine Seite kennen, wirkt es nicht so. Und weil ich beide kenne, weiss ich eben auch sehr genau: das sind zwei Eltern mit riesigen Problemen, die aber beide ihre Kinder lieben und voll ehrlicher Überzeugung immer behaupten würden, sie wollen doch nur das Beste für die Kinder!

Und gerade an diese familie muss ich immer denken, wenn ich Geschichten höre, in denen einer sich so eindeutig als der "Gute" darstellt und den anderen als den "Bösen". Hinter den Kulissen sind die Dinge meist sehr viel komplizierter....
Greenacre
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Beitrag von Greenacre »

Ich meine, da müssten beide Elternteile gestärkt werden. Sie benötigen Unterstützung in ihrem Verhalten. Der Vater bei seinen tätlichen Übergriffen wie die Mutter bei ihren verbalen Ausrutscher.

Die Situation, wie sie hier geschildert wurde, ist aus beiden Sichtweisen verständlich erklärt. Es sind die Schlussfolgerungen der Erzählenden, die auch noch eine Rolle spielen.

Die Frage ist vielleicht, wie kann die Erzählende in unserem Fall behilflich sein, ohne der Mutter oder dem Vater zu nahe zu treten?

Da kommen bestimmt einige Tipps.
Gruss

Greenacre
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Delphia
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Beitrag von Delphia »

Hi Greenacre

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Buchenholz
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Beitrag von Buchenholz »

Delphia hat geschrieben: Ich glaube, die Einsicht etwas an sich zu arbeiten, muss von jedem selbst kommen...
Und vorher muss man überhaupt erkennen, dass das eigene Verhalten für die Entwicklung der Kinder nicht förderlich ist.
carlotta37
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Beitrag von carlotta37 »

Greenacre, ich habe bewusst versucht, ohne "Schlussfolgerungen", Interpretationen und Urteile zu schreiben - soweit das möglich ist.

Delphia hat Recht, die Eltern müssen selber einsehen, dass sie etwas tun müssen. Das haben ja auch beide bereits, d.h. sie wissen sehr wohl, dass ihr Verhalten nicht gut für die Kinder ist. Aber dennoch gelingt es nicht wirklich, das eigene Verhalten zu ändern. Und ich finde es ganz menschlich, dass man sich das auch selber ungern eingesteht.

Es ist ja auch nicht so, dass da nichts gut läuft: vieles machen die Eltern ganz toll. Aber es bleiben ganz grosse Defizite. Manchmal muss man auch einfach sagen: so ist das Leben....Ich glaube, niemand von uns kann den eigenen Kindern alles geben und die perfekte Mutter/den perfekten Vater gibt es nicht.
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Delphia
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Beitrag von Delphia »

@ Carlotta: sehr schön geschrieben :-)
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Beitrag von mira »

Mich dünkt, die Ansprüche an Eltern sind heutzutage sehr hoch. Und ich frage mich, ob dieser Perfektionsdruck nicht auch einen grossen Beitrag dazu leistet, dass Eltern sich selber überfordern resp. überfordert werden (wie oben beschrieben).

Ich erlebe ab und zu, wie Eltern sich gegenseitig zu toppen versuchen, indem sie ihre Kinder 'als besser geraten' darstellen, als sie sind. Nicht wegen den Kindern, sondern um sich als Eltern aufzuwerten. Und auch wenn ich das nicht gut finde, kann ich dieses Verhalten nachvollziehen.
Meiner Meinung nach ist das nicht nur ein persönliches Problem, sondern auch ein gesellschaftliches.
Ich bin mit einer Mutter aufgewachsen, die genau so funktioniert hat. Der Druck, der auf ihr lastete war enorm. Deshalb kann ich ihr heute nicht mehr böse sein.

@Carlotta
Ich finde, du hast den Beitrag sehr neutral geschrieben und klar gemacht, um was es dir dabei geht. Es gäbe soviel dazu zu schreiben, aber wo beginnen?
Nur etwas möchte ich dazu sagen. Ich bin mir nicht sicher, ob psychische Gewalt wirklich weniger schlimm ist als physische...
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Delphia
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Beitrag von Delphia »

mira hat geschrieben: Ich erlebe ab und zu, wie Eltern sich gegenseitig zu toppen versuchen, indem sie ihre Kinder 'als besser geraten' darstellen, als sie sind. Nicht wegen den Kindern, sondern um sich als Eltern aufzuwerten.
Oh ja und wie oft...!

Ich habe einen anderen Weg gewählt. Aus der Erfahrung mit meiner Scheidung, als mein Ex-Mann Briefe im Dorf verteilt hat, in welchen er schilderte, was für eine schlimme Frau ich bin, habe ich gelernt. Also bin ich in die Offensive, als ich einige Male von Leuten angesprochen wurde, was mit meiner Tochter los war.

Ich bin hingestanden und habe gesagt, wie es ist. Sie ist ein Opfer des Scheidungskrieg zwischen ihren Eltern und wir versuchen nun ihr zu helfen. Wer Infos wolle, solle sich bitte direkt bei mir melden.

Da wurde es ruhig.

Mein Mann pflegt zu sagen: "Unter jedem Dach ein Ach!". Wir haben alle unser Rucksäckli zum Tragen. Das hat auch seinen Sinn: Es ist dann unsere Aufgabe, dieser Knäuel zu lösen ;-).
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Beitrag von carlotta37 »

Uff, die Geschichte ist gerade brennend aktuell und jetzt betrifft sie mich langsam...

Der Vater wird die Kinder besuchen, mit seiner Partnerin. Diese mögen die Kinder gern und haben eingewilligt, mit dem Vater und ihr was zu unternehmen tagsüber.
Nun aber die Mutter: wutentbrannt, dass er hier auftaucht. Natürlich lässt sie die Jungs gehen, aber ihren Ärger spürt man deutlich. Sie hat die Kinder erstmal instruiert, den Vater doch bitte schön finanziell auszunehmen. Da der dazu neigt, sich Zuneigung mit Geschenken zu erkaufen, wenn er sonst keine Chancen mehr hat, wird das Wochenende sich wohl lohnen.... :roll: Und beide Kinder sind wie die Mutter recht anspruchsvoll, Markenklamotten, die neuste Elektronik etc.

Sie braucht nun jemanden zum Reden und Frust ablassen. Meine Kinder vertragen das gar nicht: immer dieses negative Gerede über DIE Männer im allgemeinen und ihren Ex im besonderen. Zumal es da ja auch Parallelen gibt: beide Väter sind gebürtige Afrikaner, beide zahlen keine Alimente. Irgendwie haben meine Kinder immer das Gefühl, ihr Vater wird da ebenfalls angegriffen und besonders meine Tochter wehrt sich sehr dagegen.

Was mache ich? Stellung beziehen? Für wen denn von den zwei Streithähnen??? Am liebsten möchte man doch beide nur schütteln, bis ihnen die Augen aufgehen!
Ich habe die Mutter gebeten, nicht in Gegenwart der Kinder darüber zu sprechen und sie etwas beruhigt: ihren Kindern droht ja tagsüber in Begleitung der Partnerin (die wie mir scheint einzig Vernünftige in diesem Chaos!) keine Gefahr und die zwei sind alt genug, selbst zu entscheiden. Aber mehr kann ich nicht tun.

Für mich ist das gar nicht so einfach. Diese Mutter ist seit 10 Jahren meine beste Freundin. Wir haben als unsere Kinder klein waren in einer WG gelebt.
Schon damals war sie oft überfordert, aber anders als heute. Einfach übermüdet und man konnte ihr dann helfen, die Kinder mal beiseite nehmen, sie aktiv unterstützen und dann ging es wieder. Der "psychische" Frust, den sie heute mit sich rumträgt, ist schwieriger zu ertragen.
Damals konnte ich das gut verstehen. Sie ist auch körperlich nicht so robust, arbeitete im Schichtdienst in der Pflege. Und dann Zwillinge, von Geburt an eigentlich allein mit den beiden: einer schlief tags, der andere nachts...monatelang....

Sie ist eine tolle Frau und wir haben gemeinsam viel überstanden!

Aber schwierig für mich ist heute, dass sie nicht mehrr nur einfach müde ist, sondern so negativ: DIE MÄNNER sind an allem schuld. Ihr Ex, ihre zahlreichen gescheiterten Beziehungen.
Sie weiss, dass sie ihren Frust an allen auslässt, ihren Kindern, mir, meinen Kindern. Aber sie kann es nicht ändern.
Als ich ihr einmal gesagt habe, sie müsse sich mehr kümmern, auch um die schulischen Leistungen, erwiderte sie nur: und wer kümmert sich um mich??
Ich fand den Satz bezeichnend....aber konnte nur antworten: niemand, du bist erwachsen, kümmere dich um dich selbst!

Sie spürt wahrscheinlich die zunehmende Distanz und damit kommt auch Neid. Vermute ich. Sie war immer der Typ süsses Mädchen, sehr hübsch, zieht die Blicke auf sich. Ich bin ein ganz anderer Typ. Aber ich lebe seit 6 Jahren in einer Beziehung. Das war nie ein Problem, mein freund und ich leben ja in getrennten Wohnungen und so hatte ich immer ganz viel Freiheiten, meine Freundschaften zu pflegen. Und wenn sie sich gesehen haben, war das immer ganz nett und lustig. Nun mag sie es nicht ertragen: hat mir verboten, über ihn zu reden, weigert sich, etwas gemeinsam zu unternehmen....
Und ich mag die Wutausbrüche nicht mehr hinnehmen, das Unberechenbare, Rumschreien. Aber aufgeben will ich die Freundschaft auch noch nicht dazu waren wir jahrelang zu eng verbunden. Und ausserdem liegen mir ihre Kinder am Herzen. Auch wenn ich wenig für sie tun kann.

Nun steht ein gemeinsamer Urlaub an. Mir ist etwas mulmig...

Buchenholz, Du weisst wie das ist, wenn die Diagnose Borderline im Raum steht...

Der Vater hat mich übrigens eben angerufen, will die Kinder bei mir abholen, um ihr nicht zu begegnen. NEIN! Ganz sicher nicht....
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Beitrag von Buchenholz »

carlotta37 hat geschrieben: Buchenholz, Du weisst wie das ist, wenn die Diagnose Borderline im Raum steht...

Der Vater hat mich übrigens eben angerufen, will die Kinder bei mir abholen, um ihr nicht zu begegnen. NEIN! Ganz sicher nicht....
Gut, dass du das jetzt erwähnst. Als du den Bericht geschrieben hast, da hat es bei mir schnell geklingelt. Obwohl, eine Diagnose kann auch ich nicht stellen. Aber die Frau und ihr Ex-Mann zeigen beide Symptome, die darauf hinweisen. Bei Borderline-Beziehungen kommt es vor, dass irgendwann nicht mehr klar ist, wer effektiv krank und wer Co-Abhängig ist.

Was ist der Grund, weshalb du dem Vater die Kinder nicht geben wolltest? Weil du nichts heimliches, hinter dem Rücken machen wolltest?

Ich habe übrigens einen langen Text geschrieben, damals, und ihn dann wieder gelöscht.

So viel zur Vorgeschichte. Situation heute: die beiden 12jährigen schlagen sich so durch. Sie sind sich oft selbst überlassen, die Mutter arbeitet voll. Sie ist an der Grenze der Belastbarkeit, aber wenigstens sehr glücklich mit ihrem Job. Privat hat sie erneut zwei gescheiterte "Beziehungen" mit verheirateten Männern hinter sich, was sie belastet. Sie ist oft unausgeglichen und unberechenbar, mal sehr liebevoll und lustig, dann wieder rastet sie aus wegen Kleinigkeiten. Zwar schlägt sie die Kinder nicht wie der Vater, aber ihre Wutausbrüche sind heftig und verbal sehr verletzend. Sie macht den Vater massiv schlecht - auch wenn sie ausdrücklich den Kontakt nicht verbietet. Der Vater ruft an und die Kinder reden auch mit ihm. Er zahlt inzwischen gar keine Alimente mehr, das Geld ist also immer knapp und die Mutter kann das nicht akzeptieren. Ständig weist sie die Kinder darauf hin. Auch sie reagiert bei schlechten Schulleistungen heftig, hat aber nicht die Zeit und vor allem nciht die Geduld, mit ihren Kindern zu lernen. Ihre verbalen Attacken sind abwertend und beziehen sich immer auf den Vater (bei einer schlechten Note: du bist genauso ein Versager wie dein Vater!).

Dieser Teil gab mir besonders zu denken.

Möchtest du deiner Freundin helfen? Wie viel Kritik lässt sie zu?

Wieviel scheint dir schwarz-weiss?
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Beitrag von mira »

Liebe Carlotta
Carlotta hat geschrieben:Als ich ihr einmal gesagt habe, sie müsse sich mehr kümmern, auch um die schulischen Leistungen, erwiderte sie nur: und wer kümmert sich um mich??
Für uns ist eine solche Aussage unverständlich, aber genau damit drückt sie m.E. ihre Bedürftigkeit aus. Die Frau ist am Limit und braucht dringend externe Hilfe. Wer wenn nicht du, kann sie davon überzeugen. Eine enge Freundschaft wie eure wird das überleben. Ich könnte mir vorstellen, dass sie von dir einiges annimmt.

Carlotta hat geschrieben:Und ausserdem liegen mir ihre Kinder am Herzen. Auch wenn ich wenig für sie tun kann.
Glaub ich nicht. Ich glaube, dass du sehr viel für diese Kinder tust, schon nur, indem du für sie da bist, ihnen zuhörst und Ruhe vermittelst.
Es gibt viele Erwachsene, auch hier im Forum, die wären froh gewesen, hätten sie als Kind so jemanden gehabt.
Ich hatte meine Stiefmutter, sie konnte viel auffangen, alleine durch ihre Existenz.

Carlotta hat geschrieben:Der Vater hat mich übrigens eben angerufen, will die Kinder bei mir abholen, um ihr nicht zu begegnen. NEIN! Ganz sicher nicht....
Ja, das verstehe ich gut. Ich hätte in dieser Situation auch nein gesagt. Für die Kinder finde ich das verheerend. Und du wirst immer mehr zum Spielball der beiden...
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Beitrag von Buchenholz »

carlotta37 hat geschrieben: Der Vater hat mich übrigens eben angerufen, will die Kinder bei mir abholen, um ihr nicht zu begegnen. NEIN! Ganz sicher nicht....
Wenn die Kinderübergabe konfliktreich ist, dann ist es gar nicht schlecht, wenn jemand drittens anwesend ist. Ich habe auch schon solche Übergaben begleitet. Oder die Mutter geht, bevor der Vater kommt. Und am Sonntagabend das Ganze wieder umgekehrt.
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Beitrag von carlotta37 »

Ja, aber ich bin die Falsche....und es geht auch nicht um "Kinderübergabe", die Jungs sind immerhin 12! Die muss man nicht mehr übergeben, das können sie selbst!
Ich will vermeiden, Stellung zu beziehen GEGEN eine Partei und wenn der Vater bei mir ein und aus geht, wird das genau so verstanden. Zwar kenne ich die Mutter über den Vater (er war ein guter Freund von meinem Ex-Mann), aber die Freundschaft besteht zwischen ihr und mir....Ich bin nicht die neutrale Dritte und werde auch nicht als solche gesehen. Der Vater würde es sofort ausnutzen und der Mutter unter die Nase reiben, dass nun sogar ich auf seiner Seite stehe.

mira, beide Eltern waren in Therapie. Die Diagnose Borderline rührt auch daher, das ist nicht meine persönliche Meinung, ich würde mich hüten, sowas in den Raum zu stellen!
Das Problem bei der Mutter: wann immer ein Therapeut zu deutlich wird und etwas von ihr verlangt, bricht sie die Therapie ab.
Ja, sie ist bedürftig, aber genau das ist das Problem. Sie ist immer noch das kleine Mädchen, das vom eigenen Vater verlassen wurde, vom Stiefvater geschlagen und die Mutter war zu schwach, etwas dagegen zu tun. Sie hat als junge Frau gelernt: wenn ich süss und hilflos bin, kümmern sich die Männer um mich, dann bin ich nicht allein. Und nach so einem Mann, der sich kümmert, sucht sie jetzt verzweifelt. Dabei gerät sie natürliich immer an Männer, die das ausnutzen. Ausserdem ist es nicht einfach, mit ihr zu leben.....ihre Wutausbrüche muss erstmal einer vertragen können. Ich kann es nicht.

Früher hat sie viel von mir angenommen, aber ich fürchte, das hat sich geändert. Sie ist mir gegenüber das erste mal seit wir uns kennen sehr negativ. Aussenstehende sagen mir, sie ist gemein zu mir. Ich weiss, dass das stimmt, aber es trifft mich nicht wirklich. Ich kenne doch den Grund, mein Beruf, mein Partner....sie macht alles schlecht, immer mit einem humorvollen Unterton, aber schon so, dass es treffen soll. Und wer neidisch ist, der nimmt keinen Rat an.
Dabei hat sie eigentlich keinen Grund....es ist nur ihre eigene Unzufriedenheit....

mira, ich konnte immer viel für die Kinder tun, aber jetzt wird es langsam problematisch. Denn die Jungs haben sich an ihr reichliich unbeuafsichtigtes Leben gewöhnt. Materiell werden ihre Bedürfnisse mehr als befriedigt und ansonsten heisst es: die Wutanfälle der Mutter aussitzen und dann geht es weiter wie vorher. Sie akzeptieren die Struktur, die ich gebe nicht mehr so ohne weiteres. Es ist unbequem.
Ist die Mutter nicht dabei, funktioniert es fantastisch. Dann entspannen sie sich, wir haben Spass, lachen miteinander. Aber in Gegenwart der Mutter....vergiss es...
Beispiel: einer von beiden mag fast nichts, egal was ich koche, es wird gemeckert, dafür verschwindet aber der Süssigkeiten-Vorrat für eine Woche an einem Tag aus dem Schrank. dann ist für die anderen nichts mehr da und es gibt Streit.
Sind die Jungs bei mir allein, wissen sie, wer etwas nicht gern hat, darf ein Brot essen und ansonsten eben nichts. Sie dürfen ja auch mitbestimmen, was gekocht wird, aber halt abwechselnd...Ich bleibe konsequent aber ruhig. Letzteres ist wohl das Geheimnis ;-) Wenn wir zusammen essen, sitzen wir am Tisch und diskutieren. Der Junge ist sehr wissbegierig und schlau, das macht Spass und ihm sichtlich auch, dass jemand seine Fragen beantwortet oder mit ihm diskutiert. Irgendwann isst er dann auch was. Und er lässt die Finger von dem Süsskram, weil ich ihn darum bitte.
Kaum ist die Mutter anwesend, sieht es anders aus: bei ihr kommt er durch mit seinem Gequengel. Er weiss zwar, dass sie ausrastet, wenn er statt dem Mittagessen die Schokolade plündert, aber das geht ja bekanntlich vorbei und hat keine Folgen. Oder sie kocht ihm was anderes, nur um dann frustriert rumzuschimpfen....Und diskutiert wird da auch nicht. Sie ist ja froh, wenn die Kinder nach dem Essen möglichst schnell wieder verschwinden, dann hat sie ihre Ruhe.

Buchenholz, ein wenig erinnert mich das an Deine Schilderungen von Deinen Stiefsöhnen. Es wird eben extrem schwierig, wenn die Kinder ein solches Leben führen. Bei Jugendlichen kannst Du dem kaum noch etwas entgegen setzen.

Als sie klein waren, war das anders. Da haben wir eigentlich nach meinen Regeln gelebt - weil ich auch die Verantwortung dafür übernommen habe und die Mutter dadurch entlastet war....Dafür ist sie super gut im Haushalt, bei ihr ist es immer schön und ordentlich. Also war die Aufteilung klar: sie den Haushalt, ich die Mahlzeiten und die Kinder. Das hat prima funktioniert und war eignetlich für alle ein Gewinn.

Nun fahren wir gemeinsam in Urlaub. Es ist eigentlich schlimm: sogar meine Kinder sagen, sie hätten die Jungs gern dabei, aber deren Mutter eigentlich nicht. Und auch für mich wäre das einfacher.

Ich spüre auch, dass ich diese unberrechenbaren Wutanfälle nicht mehr ertrage. Und ich glaube, ein Gespräch darüber lässt sich irgendwann nicht mehr vermeiden. Ich kann ihr nicht helfen, aber vielleicht hilft es schon ein klein wenig, wenn ich meine Grenzen deutlicher mache.
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Beitrag von Buchenholz »

carlotta37 hat geschrieben:Ja, aber ich bin die Falsche....Ich will vermeiden, Stellung zu beziehen GEGEN eine Partei und wenn der Vater bei mir ein und aus geht, wird das genau so verstanden.
O.k. Eine Übergabe durch Dritte funktioniert nur dann, wenn natürlich beide damit einverstanden sind und es als Chance betrachten.

carlotta37 hat geschrieben:mira, beide Eltern waren in Therapie. Die Diagnose Borderline rührt auch daher, das ist nicht meine persönliche Meinung, ich würde mich hüten, sowas in den Raum zu stellen!
Das Problem bei der Mutter: wann immer ein Therapeut zu deutlich wird und etwas von ihr verlangt, bricht sie die Therapie ab.
Hier dasselbe. Wenn der Therapeut meinen Partner sprechen wollte, um dessen Sichtweise zu hören, dann war die natürlich eine ganz andere. Seine Version etwas glaubhafter. In Folge hat der Therapeut der Ex-Frau geraten, an ihrem Verhalten etwas zu ändern. Peng, und die Therapie wurde abgebrochen. Grund: der Therpaeut ist nicht neutral, sieht alles falsch und ist selber psychisch krank.

carlotta37 hat geschrieben:Ja, sie ist bedürftig, aber genau das ist das Problem. Sie ist immer noch das kleine Mädchen, das vom eigenen Vater verlassen wurde, vom Stiefvater geschlagen und die Mutter war zu schwach, etwas dagegen zu tun.
Hier wurde die Ex-Frau von ihren Eltern misshandelt, immer wieder von Männer sex. misshandelt, von ihrem 1. Ex-Mann vergewaltigt. Alle waren böse mit ihr, niemand hatte sie wirklich gern.
Fakt: Die Frau hatte effektiv viele schlimme Dinge erlebt in ihrer Kindheit. Ihre Eltern konnten ihr da nicht wirkich helfen. Bereits in der Schule wurde sie verhaltensauffällig, wurde zum Schulpsychologen geschickt. Auftrag an die Eltern, etwas in ihrer Erziehung zu ändern. Aussage der Eltern: wir lassen uns doch nicht in unsere Erziehung einmischen.
Und so zieht sich das wie ein roter Faden weiter. Bis ins Leben ihrer Kinder.

Hatte sie zuviele Probleme, dann machte sie einen Selbstmordversuch, spielte das Opfer. Die Angehörigen waren glücklich, dass sie überlebte, verziehen ihr Verhalten und es ging wieder von vorne los.

Ein Versuch beging sie in der Ehe. Der Grund war angeblich mein Partner. Als sie darauf länger in der Klinik war, durfte mein Partner nichts erfahren. Auch nicht, was er falsch gemacht hätte oder was er ändern müsste, damit es ihr besser ging. Sie kam nach Hause und machte weiter wie bisher. Und wenn er ihr Verhalten in Frage stellte oder ihr Chaos, dann drohte sie damit, dass sie sich ja wieder ... und dann sei er selber schuld, wenn die Kinder Halbwaisen ....

Mit Drohen und Erpressen, Butterbrot und Peitsche mogelt sie sich durchs Leben.

Sie freute sich so auf ihre Kinder. Kaum waren sie da, waren sie eine mühsame Last, die einem Schlaf und Freizeit raubten. Und je mehr der Vater (mein Partner) und die beiden Grosseltern sie unterstützen, umso weniger machte sie.
Die Kinder nahmen gesundheitliche Schäden. Pampers sind ja saugfähig, so sagt es die Werbung. Ergo muss man sie nicht wechseln. Die Popos waren eine einzige Fleischwunde. Sie war ständig mit den Kindern beim Arzt. Wir nehmen an, dass der auch kritische Fragen stellte. Auf jeden Fall war sie nie zwei Mal beim gleichen Arzt.
Eigentlich hätte mein Partner seine eigene Frau wegen Verwahrlosung anzeigen sollen. Aber wer macht das schon. Er ist der Typ Mann, der glaubt, das selber hinzubekommen.
carlotta37 hat geschrieben:Ausserdem ist es nicht einfach, mit ihr zu leben.....ihre Wutausbrüche muss erstmal einer vertragen können. Ich kann es nicht.
Mein Partner konnte das auch nicht mehr. Daher hat er die Trennung gewünscht und das Sorgerecht beantragt. Er wollte die Kinder auch retten und da weg holen. Der Gutachter bestätigte seine Vermutungen. Trotzdem liess man die Kinder bei der Mutter.
carlotta37 hat geschrieben:Früher hat sie viel von mir angenommen, aber ich fürchte, das hat sich geändert. Sie ist mir gegenüber das erste mal seit wir uns kennen sehr negativ. Aussenstehende sagen mir, sie ist gemein zu mir. Ich weiss, dass das stimmt, aber es trifft mich nicht wirklich. Ich kenne doch den Grund, mein Beruf, mein Partner....sie macht alles schlecht, immer mit einem humorvollen Unterton, aber schon so, dass es treffen soll. Und wer neidisch ist, der nimmt keinen Rat an.
Bei der Ex-Frau hält keine Freundschaft über Jahre. Die Jungs haben uns mal gefragt, wie es kommt, dass wir beide Freunde seit der Schulzeit haben; bei der Mutter sei jede Beziehung nach ein paar Monaten oder Jahren vorbei.

Irgendwann durchschaut jeder ihre Lügengeschichten. Und die Opferstory hält eben auch nicht auf Dauer.
Sie ist eine Partygöre. Sie mag es, wenn etwas läuft und Action ist. Aber das hält nicht jeder aus. Und irgendwann muss man ja auch mal Haushaltung und Zahlungen machen.Grümpel in den Schrank stopfen und Rechnungen irgendwo versorgen, vergessen,... aus dem Auge aus dem Sinn .... das ist nicht jedermanns Sache. Ich denke, da geht jeder Freudin irgendwann die Energie aus. Und immer Geld pumpen und verströstet werden ....

Auch hier erzählten die Jungs, wie immer mal wieder Freundinnen da waren, welche der Mutter halfen, die Wohnung aufzuräumen. Und nach kurzer Zeit war alles wieder wie vorher.
carlotta37 hat geschrieben:Denn die Jungs haben sich an ihr reichliich unbeuafsichtigtes Leben gewöhnt. Materiell werden ihre Bedürfnisse mehr als befriedigt und ansonsten heisst es: die Wutanfälle der Mutter aussitzen und dann geht es weiter wie vorher. Sie akzeptieren die Struktur, die ich gebe nicht mehr so ohne weiteres. Es ist unbequem.
Am Anfang gefiel es ihnen bei uns. Endlich regelmässig richtiges Essen. Ein Kühlschrank, der kein Terrarium war (Wäk) Sie konnten sich hier in Sicherheit fühlen. Aber dann mit der Zeit, mit dem Älter werden, waren eben unsere Regeln mühsam. Irgendwann hatte das Alleineleben eben auch Vorteile. Hier standen sie irgendwie unter Kontrolle.
Struktur wurde lästig.
carlotta37 hat geschrieben:Beispiel: einer von beiden mag fast nichts, egal was ich koche, es wird gemeckert, dafür verschwindet aber der Süssigkeiten-Vorrat für eine Woche an einem Tag aus dem Schrank.
Das hatten wir hier auch. Die Jungs verfügten über so viel Sackgeld, dass sie immer Süsses dabei hatten oder am Freitagabend bevor Papa-WE noch beim Mc vorbei gingen und so beim Znacht keinen Hunger hatten.
Oder man hat gleich eine ganze Packung Getreideriegel gegessen. Man weiss ja nie, wann es das nächste Mal etwas zu essen gibt. Die Kinder funktionierten wie Strassenkinder.
carlotta37 hat geschrieben:Wenn wir zusammen essen, sitzen wir am Tisch und diskutieren. Der Junge ist sehr wissbegierig und schlau, das macht Spass und ihm sichtlich auch, dass jemand seine Fragen beantwortet oder mit ihm diskutiert.
Kaum war der letzte Bissen im Mund, explodierten die vom Tisch weg. Essen, ein notweniges Übel. Der Esstisch die Gefahrenzone. Da wird diskutiert, nachgefragt, das wollte mann je länger je weniger. Wir könnten ja irgendwas erfahren, was wir nicht wissen dürften. Oder der intelligente Ältere wüsste doch irgendwo etwas nicht. Blamage, Ausgrenzung, Tod. Also ging man solchen Situationen aus dem Weg. Irgendwann waren die Disskussionen auch mühsam und uns gegenüber demütigend. Er weiss ja alles und alles besser. Und das ist nicht das typisch purbertäre Ding. Das war irgendwie anders.

Dafür wollten sie, dass wir eine Pizza in den Ofen schieben, die sie dann vor dem TV essen. Wir Erwachsenen können dann mein Gekochtes am Tisch essen.

carlotta37 hat geschrieben:Als sie klein waren, war das anders. Da haben wir eigentlich nach meinen Regeln gelebt - weil ich auch die Verantwortung dafür übernommen habe und die Mutter dadurch entlastet war....Dafür ist sie super gut im Haushalt, bei ihr ist es immer schön und ordentlich. Also war die Aufteilung klar: sie den Haushalt, ich die Mahlzeiten und die Kinder. Das hat prima funktioniert und war eignetlich für alle ein Gewinn.
Und hier haben eben die Grosseltern, die Tagesmutter, später ein Kindermächen zusammen mit dem Vater die Verantwortung übernommen. Seit der Trennung fällt dieser Support weg. Einerseits ist die Ex-Frau froh, ist sie ihren bösen Mann los, der ja die Ursache ihrer schlimmen Ehe ist, andererseits hasst sie ihn, weil er sie ihm Stich gelassen hat und es ihr und den Jungs jetzt so schlecht geht. Egal wie, Schuld sind immer die anderen.
carlotta37 hat geschrieben:Nun fahren wir gemeinsam in Urlaub. Es ist eigentlich schlimm: sogar meine Kinder sagen, sie hätten die Jungs gern dabei, aber deren Mutter eigentlich nicht. Und auch für mich wäre das einfacher.

Ich spüre auch, dass ich diese unberrechenbaren Wutanfälle nicht mehr ertrage. Und ich glaube, ein Gespräch darüber lässt sich irgendwann nicht mehr vermeiden. Ich kann ihr nicht helfen, aber vielleicht hilft es schon ein klein wenig, wenn ich meine Grenzen deutlicher mache.
Ich finde es mutig von dir. Am liebsten würde ich dir raten: Lass alles fallen und flieh und verzichte auf diesen gemeinsamen Urlaub.

Andererseits kann es gut sein, dass du es nochmals versuchst. Ob sie dir im Gespräch zuhört? Mein Partner hat jetzt seiner Ex-Frau gute Mails geschrieben, Fragen gestellt um mit ihr eine Einigung zu erwirken. Sie geht nicht auf seine Worte ein, antwortet dafür immer Aggressiver und droht ihm jetzt, ihn fertig zu machen. Aber sowas von fertig.

Eigentlich müssten die Kinder weg dort. Pflegefamilie. Sie können ihre Eltern an den WE und in den Ferien besuchen. Es gibt einfach Eltern, die mit ihren Kindern überfordert sind. Und wenn sie sie wirklich lieben, dann lassen sie sie gehen.

Ansonsten habe ich dir keine Tipps. Einzig Literaturvorschläge:

http://www.vev.ch/index.php/unsere-ange ... y&catid=53
Zuletzt geändert von Buchenholz am 09.07.2012 12:11, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von carlotta37 »

Buchenholz, da sehe ich doch sehr grosse Unterschiede!

Es gibt ganz vieles im Leben, das meine Freundin bestens im Griff hat: ihren Haushalt z.B., ihre Finanzen. Und ihren Job. Sie arbeitet in der Altenpflege und ist unglaublich beliebt bei ihren Patienten: zupackend, praktisch, humorvoll, kann sich durchsetzen und hat dennoch für fast alles Verständnis.
Diese Seite hat sie auch im Privatleben - vorausgesetzt es geht ihr psychisch gerade gut. Und die Krisen scheinen sich in den letzten Jahren leider zu häufen, früher war es seltener...

Ihre Kinder hat sie immer gut versorgt, da besteht keine Gefahr der Vernachlässigung in dem Sinne, wie Du es mit den Pampers schilderst: die zwei bekommen ihr Essen, materiell sowieso jeden Wunsch erfüllt, haben tolle und von Mama aufgeräumte Kinderzimmer, ein Haustier, ordentliche Kleidung (gebügelt....das kann man von meinen Kids nicht immer behaupten, ich bügle keine T-Shirts....).
Die Vernachlässigung ist emotional. Aber auch da: die Jungs schlafen oft bei ihr im Bett, kuscheln viel, beide lieben ihre Mutter und haben auch schöne und lustige Momente mit ihr.

Problem ist ihre Unberechenbarkeit: was sie, wenn sie gut drauf ist, gut ertragen kann, führt beim näcshten mal zu einer Explosion. Ich denke, auch das ist bis zu einem gewissen Grad normal. Bei ihr finde ich es etwas extrem.

Sie kann die Verantwortung nicht allein tragen, aber es gibt niemanden, der sie dabei wirklich unterstützen kann. Denn das hiesse ja auch, den eher unangenehmen Wahrheiten ins Gesicht zu schauen.
Ich schätze daher kommt auch die Inkosequenz: die Jungs machen irgendeinen Mist, sie explodiert und verdrängt es danach sofort wieder. Also: keine Konsequenzen....

Und das ist auch der Unterschied zu früher: da war sie einfach mit den Kräften am Ende und tatkräftige Hilfe, ein paar Stunden Schlaf und kinderfrei haben genügt.
Mit fast Pubertierenden sind die Anforderungen andere, da müsste man sich auseinandersetzen, Werte und Ideale diskutieren und vor allem vorleben....

Buchenholz, das ist zwiscchen Geschiedenen natürlich anders...Ich hoffe bei uns, dass sie sich im Urlaub auch entspannt und dass wir eine schöne Zeit haben, insbesondere mit den Kindern. Wir sind dort weit weg von allem, sozusagen am Ende der Welt, mit hohen Bergen drumrum. Und die Jungs sind alle sportlich, laufen gern, mögen die Natur. Ich auch! Wir waren schonmal dort und das ging super: für die zwei Kinder aus dem Flachland ist das relativ neu und sie schliessen sich mir dann an und interessieren sich wirklich sehr für diese Umgebung: Blaubeeren suchen, Pilze, Blumen kennen, Naturschutz, Gletscher, das sind alles spannende Themen für sie.
Und wenn sie an mir kleben und sich anständig benehmen, ist es auch mit der Mutter friedlich ;-)
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