grundlose Schuldgefühle

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Babell
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grundlose Schuldgefühle

Beitrag von Babell »

Hallo Zusammen

Ich hab mal eine persönliche Frage, die mich aber sehr beschäftigt: Wie schafft ihr es, bei Euch zu bleiben, Euch nicht zu verunsichern lassen und Euch nicht ein schlechtes Gewissen einreden zu lassen?

Wir hatten einen Ausflug geplant, die Kinder wussten davon und sie haben nichts gesagt, dass sie gerne mitwürden, auch deutete nichts darauf hin.

Nun bekommen wir einen Anruf der Ex, dass wir die Kinder hätten mitnehmen sollen, sie wären gerne mitgekommen. -im Nachhinein!

Obwohl ich weiss, dass ich nicht muss, habe ich trotzdem ein schlechtes Gewissen! Dabei habe ich ja, rein objektiv betrachtet, keinen Grund dazu! Warum nur, lasse ich mich immer wieder auf das ein? Nur, weil wir uns einreden, diese Kinder dürften nie traurig sein? Diese Kinder dürften nie und in nichts zurückstehen? Wenn es mein Kind wäre, könnte ich es viel objektiver betrachten. Warum lasse ich mich so verunsichern?? Warum lasse ich mir ein schlechtes Gewissen einreden?
Was haben sie denn an sich, dass sie so eine grosse Macht über mich und meinen Freund ausüben können??
P.S. die Antwort auf die letzte Frage ist: die Macht besteht darin, dass sie (die Kinder) mit der Liebe ihres Vaters spielen können, in dem Sinne: unsere Angst: sie würden ihn nicht mehr lieben und den Kontakt zu ihm abbrechen, gibt ihnen die Macht, mit uns so umzuspringen, wie sie wollen. (ist ja nicht absichtlich und sie könenn ja nichts dafür, aber es ärgert trotzdem)
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BabyOne
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Beitrag von BabyOne »

Hallo Babell,

ich schaffe das nicht immer, allerdings ist es bei uns so, dass die Exfrau es mit dieser Masche einfach übertrieben hat und sich der Effekt daher zumindest bei ihr ziemlich verbraucht hat. Was den Stiefsohn angeht, beklagt der sich oft, benachteiligt zu werden, und am Anfang hat mich das wirklich belastet, aber auch er hat es einfach irgendwann so übertrieben, dass es fast schon lächerlich wurde. Bei identischen Weihnachtsgeschenken hatte er angeblich viiiiel weniger bekommen, er hatte ein viiiel schlechteres Kissen, und als er dann eines nach Wahl bekam, war als nächstes die Matratze viiiel schlechter als die seiner Schwester (sie haben die gleiche...). Wenn man mit ihm streng ist, ist das seiner Meinung nach immer ungerecht, weil man mit seiner Schwester viiiel weniger schimpft... stimmt auch, aber sie verhält sich auch meist nicht so wie er... Irgendwann habe ich dann gesagt, ich will das Gejammer nicht mehr hören. Es fühlt sich nicht wirklich gut an, aber ich sehe das so dass man sich da auch ein Stück weit verhärten muss. Absolute Gerechtigkeit im Leben gibt es nicht, damit muss er sich halt abfinden. Und dazu noch sehe ich das inzwischen für mich selber ganz klar, dass alles, was die erste Ehe meines Lebensgefährten und seine Kinder betrifft, einfach nicht mein Thema ist. Wie gesagt, richtig schön ist es nicht, ich hätte es auch gerne super-harmonisch und dass alle glücklich sind, aber das ist wohl illusorisch, also müssen sich halt alle ein Stück weit mit Unzulänglichkeiten abfinden - ich als neue Partnerin, die gerne eine Familie ohne Unterhaltszahlungen und ohne Einmischung von außen hätte, bekomme ja auch nicht alles was ich will, warum sollte es da den anderen Beteiligten besser gehen?
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Babell
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Beitrag von Babell »

Hallo Babyone

Ja, man muss sich abgrenzen, sonst geht es nicht!

Aber es stimmt schon: es hinterlässt manchmal schon so ein Gefühl der Härte.

Manchmal rege ich mich einfach auf, weil ich finde, wir stecken immer zurück, gehen Kompromisse ein und sie werden wütend, wenn wir mal ohne die wegfahren. Sie werden wütend, weil sie mal nicht zweimal Ferien haben, sondern nur einmal, wie die nicht-geschiedenen Kindern auch. Aber was will ich da gross predigen oder vergleichen, die Ex war ja auch schon ein Scheidungskind, die kennt nichts anderes, als doppelt beschenkt zu werden. Ich war kein Scheidungskind und ich fühlte mich manchmal auch unfair behandelt, weil die anderen irgendwas durften, was ich nicht durfte, aber so ist das Leben halt. In dem Sinne war ich ja nicht besser als die Stiefkinder :wink: .
Und in dem Sinne habe ich nun mehr davon, dass ich lerne zurückzustehen und Kompromisse einzugehen, als immer nur einzufordern.
Ob das die Stiefkinder jemals lernen? Oder ob sie auch wie ihre Mutter im Erwachsenenleben weiterhin einfordern und meinen, ihnen stehe alles zu? Keine Ahnung..; auch von der Vorstellung, was aus den Stiefkindern mal werden könnte, muss ich mich abgrenzen!! :)
8)
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Ria
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Beitrag von Ria »

Ein schlechtes Gewissen bedeutet doch - wem gegenüber auch immer - dass du dem anderen Recht gibst, wenn er dir einen Vorwurf und dich damit verantwortlich für seine Gefühle macht.

Wie kommst du darauf, dass du dafür schuld bist?
Das hiesse ja, dass du dem anderen seine Gefühle machen kannst. Aber wie auch eben BabyOne beschrieben hast: Du kannst zwei Menschen sogar genau gleich behandeln, und wenn er will, kann sich der eine ungerecht behandelt vorkommen (und die entsprechenden Gefühle dazu SELBER entwickeln!) :evil: Das passiert natürlich nicht bewusst!

Wenn wir klar sind und das Gegenüber gerne etwas anderes hören möchte, meinen wir schnell, wir seien hart. Aber damit bestätigen wir den anderen in seiner Opferhaltung. Das ist nicht wirklich ermächtigend für ihn.
:cry: Mitleid macht sein Leid kein bisschen kleiner.

Es stärkt unsere Kinder - ob Stief- oder nicht - wenn wir ihnen zutrauen, auch mit unangenehmen Gefühlen umgehen zu können. Auch wenn sie sich das selber nicht zutrauen. Wir vermitteln Sicherheit, wenn wir uns nicht zu schnell verunsichern lassen, nur weil ihnen etwas nicht gefällt.

Ich kann mich gut an eine Situation erinnern, wo ich etwas von meiner jugendlichen Tochter verlangt habe, weil wir als (Patchwork-)Eltern die Regeln in unserem Haus aufstellen, weil wir auch die Verantwortung tragen. Und als ich ihr gesagt habe, es müsse ihr nicht gefallen, sie dürfe sogar wütend sein, fand sie das eine Zumutung :!: Aber es war dann klar.

Wenn wir aber meinen, unsere Kinder müssten jede unserer Entscheidung gut finden, machen wir uns von ihren Gefühligkeiten abhängig und lassen uns manipulieren. Das nützt ihnen auf ihrem Weg nicht zu einem glücklichen Leben.
Aber ich weiss schon, das ist in der Situation oft einfacher gesagt als getan.

In eurer speziellen Lage geht es vielleicht auch mehr um die Angst, vor Liebesentzug. Und das ist eine schwierige Ausgangslage.
Aber gerade wenn ihr von eurer Seite als Eltern auf eure eigene Liebe vertraut, dürfen die Kinder auch einmal ungangemessen reagieren, und ihr seid euch eurer eigenen Liebe immer noch sicher. Das spüren sie.
Seit 27 Jahren Patchworkfamilienfrau und Coach für solche :-)
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Beitrag von Babell »

Seine Kinder spüren schon das er sie über alles liebt und das nutzen sie meiner Ansicht nach schamlos aus. Er merkt es nicht mal, wie er sich manipulieren und mit sich spielen lässt und ich kann ihn nicht drauf hinweisen, weil ich sonst die Böse bin, die seine Kinder nicht liebt.
jetzt war es lange ruhig und ich war froh, mich nicht von ihm getrennt zu haben aber seit dieser Geschichte mit dem Ausflug frag ich mich wieder was ich mit dem zusammen bin.
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BabyOne
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Beitrag von BabyOne »

Hallo Babell,

nach Deiner letzten Antwort kommen für mich noch Fragen auf.

Der Vorfall mit dem Ausflug ist doch an und für sich völlig harmlos. Die Kinder sagen im Nachhinein, sie wären gerne dabei gewesen. Tja, waren sie aber nicht. Man könnte mit der Schulter zucken und sagen "Pech gehabt." Dass so ein klitzekleiner Vorfall reicht um Dich an Deiner gesamten Beziehung zweifeln zu lassen zeigt wie tief die Verunsicherung bei Dir reicht.

Interessanterweise kann ich Deiner Schilderung überhaupt nicht entnehmen wie Dein Partner auf diesen Anruf reagiert hat. Trifft ihn sowas genauso tief wie Dich? Oder bist es vielleicht sogar nur Du die sich davon so verunsichern lässt?

Noch ein Gedanke - die Ex war es, die angerufen hat und sich beklagt hat. Die Kinder waren es gar nicht. Vielleicht stimmt es ja auch gar nicht dass die Kinder unzufrieden sind oder den Vater manipulieren wollen, sondern sie haben zuhause irgend eine Bemerkung fallen lassen und die Exfrau macht daraus mehr als eigentlich da ist? Und in dem Fall wären Deine negativen Gefühle den Kindern gegenüber unbegründet, denn sie versuchen ja gar nicht, den Vater zu manipulieren...

Ich will Dir nur kurz etwas schildern. Vor Jahren hatten mein Partner, ich und unsere gemeinsame Tochter noch nie einen gemeinsamen Urlaub gehabt, abgesehen von reinen Verwandtenbesuchen. Ich habe ihm dann zum Geburtstag ein Flugticket nach Paris geschenkt und so sind wir dann zum ersten Mal zu dritt für vier Tage verreist, und zwar nach Paris. Es war wunderbar... und prompt rief hinterher seine Exfrau an und machte ihm Vorwürfe, dass er seine ältere Tochter hätte mitnehmen sollen. Mein Freund war damals noch leicht zu verunsichern, aber ihm war auch klar dass wir niemals so eine schöne Zeit gehabt hätten wenn seine Tochter dabei gewesen wäre. Zudem hatte er mehrfach seine Tochter nach Amerika mitgenommen und mich nicht. Und vor allem war die Reise ja zum Teil ein Geschenk von mir an ihn gewesen zum Geburtstag, also warum hätte ich seiner Tochter auch noch etwas schenken sollen...

Wie Du siehst, die Situationen gleichen sich. Ich habe mir damals kein schlechtes Gewissen machen lassen, sondern habe mich eher geärgert über den Anspruch der Exfrau, dass wir nichts alleine machen dürfen ohne dass sie, vertreten durch ihre Kinder, dabei ist. Ich denke, dass sie bis heute sehr stark an dem Trennungskonflikt mit meinem Partner festhält und irgendwie einen großen Teil ihres Selbstwertgefühles davon herleitet, dass sie seine "erste" und "wirkliche" Ehefrau war und ist, dass sie die Mutter seiner Kinder ist und er sie damit niemals wirklich loswerden kann (das hat sie sicher sehr gekränkt, dass dann noch eine andere Frau ihn zum Vater gemacht hat). Ihr geht es um Status, um Macht, um die Rangordnung, auf der sie unbedingt höher stehen muss als ich. Das nervt, das kann ärgerlich sein, aber das verunsichert mich nicht. Ich weiss dass ich alles getan habe was in meinen Kräften stand um mich fair zu verhalten, und auch wenn sie es vermutlich nicht weiss, weiss ich, dass Madame Exfrau sich an meiner Stelle auch nicht besser geschlagen hätte.

Ich habe kürzlich in der Rubrik Literatur eine neue Buchempfehlung geschrieben. Ich bin mir sicher, dass Du in diesem Buch einiges für Dich entdecken könntest.
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Beitrag von Babell »

Hallo Babyone


Vielen Dank, dass du dir die Mühe genommen hast, auf meinen verzweifelten Bericht so geduldig zu antworten.

Ja, mit dem Ausflug hatte es dann schlussendlich nichts mehr zu tun. Es waren noch andere Dinge. Eins hatte das andere gegeben. Ich hatte mich erst genervt über diese Bemerkung der Ex und dann über vieles andere, was einerseits von ihr oder den Kindern gefordert wurde und ich ungerecht fand, aber schlucken musste, da mein Freund sich so verhalten hat. Und so gab eines das andere und da sie dann noch einen VOrteil erhalten hatten, den ich ihnen nicht gegeben hätte, war ich wütend.

Mein Freund und seine Ex haben ihre Probleme nie besprochen.

Er lässt sich verunsichern, einnehmen, und dann kommt die ganze Unzufriedenheit auf mich abgeschoben.

Das lässt mich an der Beziehung zweifeln.
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Beitrag von Babell »

Eigentlich ist er es ja, der Vater, der sich immer schuldig fühlt.

Es werden ihm aber auch ständig unterschwellig und manchmal auch ganz offensiv Schuldzuweisungen gemacht! Dies nicht unbedingt von der Exfrau, das interessiert meinen Freund (seine Aussage) auch nicht, ob sie auch noch mitmischelt. Ihn kümmert vorallem den Schmerz des Kindes.

Der eigentliche Vorwurf ist derjenige der Scheidung. Da mein Freund "gegangen" war, ist er schuld. Mein Freund ist selber Scheidungskind und empfindet die Scheidung als ein grosser Fehler. Andererseits kann er sich nicht vorstellen, "mit dieser Frau noch eine Sekunde länger zusammen gewesen zu sein". Da ich sie beide kenne, weiss ich, dass die beiden einfach absolut nicht zusammen gepasst hatten. Ich kann es gut mit ihr, aber auch ich würde keine Beziehung mit ihr eingehen. Und er ist halt einfach ein komplett anderer Typ als sie. Also eher noch ich und sie, als er und sie!
Nun, Rückgängig kann man es eh nicht mehr machen, da braucht es auch keine Erklärungen. Aber die Kinder wollen die Erklärungen nicht mal hören. (ein Kind ist es eigentlich, das leidet, aber das andere zieht ab und zu mit, weil es daraus Vorteile sieht- das meine ich nicht böse, ich hatte meine Eltern auch gegeneinander ausgespielt!)

Ja, wie geht man damit denn um? Ich meine nicht mit dem Ausspielen, das durchschaut mein Freund langsam, aber mit den Schuldzuweisungen, und mit dem verletzten Kind.

Liebe Ria
Das hiesse ja, dass du dem anderen seine Gefühle machen kannst.
Will also das Kind, dass der Vater für seine Gefühle (die des Kindes) die Verantwortung- oder was auch immer- übernimmt? Oder ist es so eine Verwicklung der Gefühlswelten zwischen Eltern und Kinder, die ich nicht nachvollziehen kann, als noch junge Mutter?
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BabyOne
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Beitrag von BabyOne »

Hallo Babell,

bei uns war es so dass mein Freund mehrere Gespräche mit seinem Sohn geführt hat, in denen er ihm deutlich und liebevoll zugleich gesagt hat, dass dieser Vorwurf der Benachteiligung falsch ist und dass er das nicht mehr hören will. (Ich hätte das nicht liebevoll sagen können, dafür aber um so deutlicher...) Er hat ihn auch darauf hingewiesen, dass er ja auch Vorteile hat, eben doppelte Ferien und so weiter. Und er hat ihm gesagt dass das Leben eben so ist und man sich damit abfinden muss dass es keine perfekte Gerechtigkeit gibt.

Wenn dann doch wieder etwas kam, hat mein Freund manchmal halb spöttisch, halb belustigt geantwortet "ohhhh, du Armer, jetzt wirst Du schon wieder benachteiligt. Und gerade beim X wurdest Du auch benachteiligt (X war dann ein Gegenbeispiel, also irgendetwas, wo der Sohn etwas bekommen hatte was man ihm nicht hätte geben müssen). Du armes Kind musstest gestern mit uns ins Kino gehen und dort Popcorn und Eis essen. Dir geht es ja hier wirklich schlecht!"

Es ist damit nicht ganz vorbei, aber es ist besser geworden.

Weisst Du, ich denke jeder Mensch hat so eine grundsätzliche Haltung zum Leben. Die kann positiv sein oder negativ. Ich für meinen Teil bin eher positiv, mein Freund eher negativ. Bei ganz jungen Kindern entwickelt sich das noch, aber so ab dem Schulalter gibt es schon eine gewisse Richtung, die sich dann wohl nicht mehr völlig ändert. Ich habe zum Beispiel eine bestimmte schlechte Erfahrung gemacht - meine Schlussfolgerung daraus war, in Zukunft mehr auf meine Wahrnehmungen und Gefühle zu vertrauen, die mich eigentlich vorher schon gewarnt hatten. So fühle ich mich danach nicht schwächer, sondern sogar stärker als vorher. Andere wären danach vielleicht traumatisiert gewesen oder hätten sich gesagt "ist ja klar dass es mich erwischen musste, es trifft ja sowieso immer mich."

Was ich damit sagen will - wenn das Kind so eine negative Grundhaltung hat - das Leben ist schlecht, andere Leute sind im Zweifel auch schlecht und sowieso bin ich als Scheidungskind ein armes Würstchen - dann wirst Du das nicht ändern können. Erst recht nicht, wenn es von der Mutter darin auch noch bestärkt wird. Es wird immer einen Grund finden, warum es sich beklagen kann. Wenn es eine positive Grundhaltung hat, dann wird es alles Positive wahrnehmen und sich darüber freuen, und die negativen Dinge als Ausnahme abhaken. Diese Art der Wahrnehmung kannst Du zwar versuchen zu beeinflussen, aber Du kannst sie nicht wirklich ändern, und sie hat eben Auswirklungen darauf wie man lebt. Wahrscheinlich ist das eines dieser Dinge, wo man lernen muss loszulassen und zu akzeptieren, dass jeder sein eigenes Leben nach seinem Charakter und seinen Fähigkeiten gestaltet und dass Kinder nicht immer den Weg gehen, den die Eltern für sie wünschen.

Du kannst da glaube ich nicht viel mehr machen als mit Deinem Partner darüber sprechen und ihm Gedankenanstöße zu geben, damit er als Vater diesen Schritt des Loslassens leichter gehen kann. Er ist ja schon auf dem Weg, wenn er immerhin wenigstens gegenüber der Exfrau schon eine gewisse Schwerhörigkeit entwickelt hat - beim Kind ist die Herausforderung eben einfach noch größer.
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Beitrag von Babell »

Hallo Babyone

Für meinen Freund ist vorallem der Vorwurf der Scheidung ganz schlimm, weil er genau darin ein schlechtes Gewissen hat, den Kindern gegenüber.

Vielleicht ist es auch, weil er jetzt sieht, wie schön eine Familie mit Mutter und Vater sein kann- dabei sieht er ja nur das, was wir am Wochenende leben, ohne Alltagsstress, Streitereien, Kranksein, - weil er einen Halbbruder hat.
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schlechtes Gewissen

Beitrag von zimet »

Hallo

Ich habe auch ab und zu ein schlechtes Gewissen ob all der Veränderungen, die meine Kinder auf Grund meiner Scheidungen! mitmachen mussten. Auch die Väter haben sicher ab und an ein schlechtes Gewissen - ich finde das ist auch ganz normal.

Wir haben von Anfang mit unseren Kindern über die Gründe der Scheidungen gesprochen, jeweils dem Alter entsprechend. Wir haben ihnen erklärt, dass wir als Paar einfach nicht mehr zusammen sein können, die ewige Streiterei, die schlechte Stimmung haben schliesslich unser Familienleben auch enorm belastet. Das haben beide Kinder auch mitbekommen und darunter gelitten.

Beide konnten unsere Argumente und die nachfolgende wesentliche Verbesserung der Kommunikation unter den Erwachsenen (also natürlich nach dem all das Leide einer Scheidung ausgehandelt und gelitten war) nachvollziehen und haben das auch so gesagt. Sie waren noch jung... die Grosse das erste Mal 4 Jahre, das zweite Mal 13 Jahre und die Kleine dann 6 Jahre alt...aber heute noch finden sie, es sei schade seien wir keine "richtige" Familie mehr, ABER so wie es sei sei es auch sehr gut und sie hätten so noch je eine Familie dazubekommen....und viel besser als die Streitereien usw.

Das tönt nun alles sehr nach heile Welt...ich bin aber immer noch der Überzeugen, wenn man von Anfang an ehrlich und offen den Kindern gegenüber ist und klarstellt, dass die Ehe-Ebene vorbei ist, aber NIE die Elternebene, dann können sie damit umgehen. Ich denke, diese Aussage hat auch Gültigkeit, wenn die Scheidung schon lange vorbei ist.

Wir haben uns übrigens nicht einfach so einvernehmlich getrennt....es brauchte auch seine Zeit bis wir wieder "normal" miteinander reden konnten :roll: bin ja auch nicht die einfachste :lol:
unsere patchworkdecke verfilzt immer mehr und wir geniessen es sehr, auch wenn die Grosse nun eigene Wege geht...Mutterherz lass los ;-)
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Beitrag von zimet »

ps - habe eben noch den Text von Ria gelesen und habe die Erfahrung auch gemacht. Die Mädchen haben ab und zu auch versucht, die Schiene mit dem schlechten Gewissen zu fahren - so zB weil ihr geschieden seid.....aber ich habe da immer klar gesagt, ja das ist schade aber halt nun so und trotzdem ändert das nichts an der Tatsache, dass....im Prinzip habe ich ihnen klar vermittelt, dass die Regeln etc. genau die gleichen wären, geschieden oder nicht :roll: :roll: :roll:

Gut war und ist, dass die Väter das auch so handhaben und wir eben die Mädchen nicht anders behandelt haben...wir haben uns in Bezug auf die Geschenke zB auch immer abgesprochen, um die Geschenkeflut etwas zu steuern...so bekamen sie dann halt grosse Geschenke immer von beiden Familien zusammen! Das hat sicher sehr geholfen.
unsere patchworkdecke verfilzt immer mehr und wir geniessen es sehr, auch wenn die Grosse nun eigene Wege geht...Mutterherz lass los ;-)
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Beitrag von Babell »

Hallo Zimet

Für mich ist es auch normal, dass geschiedene Eltern ab und zu ein schlechtes Gewissen haben. Es ist mehr die direkte und indirekte Schuldzuweisung des einen Kindes, welches das eben auch glaubt und deshalb tatsächlich darunter leidet. Es denkt: mein Vater hat uns verlassen!
klarstellt, dass die Ehe-Ebene vorbei ist, aber NIE die Elternebene, dann können sie damit umgehen. Ich denke, diese Aussage hat auch Gültigkeit, wenn die Scheidung schon lange vorbei ist.
Ich weiss nicht, ob das bei den Kindern von meinem Freund noch fruchtet.. probieren kann mans natürlich schon. Verloren ist ja nichts dabei! :wink:
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Ria
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Beitrag von Ria »

Babell hat geschrieben:Für meinen Freund ist vorallem der Vorwurf der Scheidung ganz schlimm, weil er genau darin ein schlechtes Gewissen hat, den Kindern gegenüber
Das kennen ganz viele von uns, das haben andere hier auch schon geschrieben. Wir hätten unseren Kindern eine Familie gegönnt, wo sich die Eltern nicht getrennt haben, aber wir haben es leider nicht geschafft. Und die Kinder können ja auch nichts dafür.
Und als ich dann auch noch mit ihnen zu meinem heutigen Mann und seinen Kindern gezogen bin und sie einfach "mitgeschleppt" habe, kam noch einmal so ein schlechtes Gewissen auf.

Deshalb noch eine weitere Idee: Ich habe mit meinen Kindern an ihrem 18. Geburtstag ein Ritual gemacht und ihnen zugehört, was sie mir gegenüber für Vorwürfe zu ihrer Kindheit haben. Interessanterweise kamen aber nicht die Dinge, die ich erwartet hätte!
Und gleichwohl war dies ein perfekter Moment, ihnen zu sagen, dass es mir leid tut, wenn sie über etwas unglücklich waren, was ich verursacht hatte. Dann habe ich ihnen einen Ausgleich dafür angeboten. Was wünschen sie sich, damit dies ausgeglichen ist? Und damit ist dann das Thema auch erledigt! :)
Und das hat gut funktioniert. Aber ich hatte auch das Glück, dass sie nicht vorher versucht hatten, mich damit emotional zu erpressen. :wink:
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Beitrag von Babell »

Hallo Ria

Ich denke, es spielt keine Rolle, ob sie dich vorher emotional erpressen oder nicht. Das Resultat ist dasselbe, denke ich, denn wenn Kinder spüren, dass sie hier echt und ehrlich nach ihrem Befinden gefragt werden, dann ist es ihnen wichtig und sie lassen die alten Spiele weg. Ich weiss es zwar nicht, aber vermute es mindestens so. :wink:
Ria hat geschrieben: Und gleichwohl war dies ein perfekter Moment, ihnen zu sagen, dass es mir leid tut, wenn sie über etwas unglücklich waren, was ich verursacht hatte. Dann habe ich ihnen einen Ausgleich dafür angeboten. Was wünschen sie sich, damit dies ausgeglichen ist? Und damit ist dann das Thema auch erledigt!
Das finde ich gut, weil man damit den Kindern eigentlich zeigt, dass Eltern nicht perfekt sind und nicht alles richtig machen können! Denn richtig kann aus Sicht der Kinder etwas ganz anderes sein als aus Sicht der Eltern und das ist ja auch gut so, denn gesunde Kinder müssen ja subjektiv urteilen und nicht eins-zu-eins die Meinung von den Eltern übernehmen. (das war ja bestimmt nicht deine Absicht, aber der Nebeneffekt :P )
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