Hat der Freund/Partner der Mutter erzieherische Funktion?

Erziehung ganz allgemein
Elle
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Hat der Freund/Partner der Mutter erzieherische Funktion?

Beitrag von Elle »

Hallo
ich weiss nicht, ob es schon einen Thread zu diesem Thema gab, ich nehme es an, aber ich fand ihn nicht.
Also ich bin seit über 6 Jahren mit meinem Freund zusammen, wir wohnen etwa seit 4 Jahren auch gemeinsam. Ich habe einen Sohn, 14, und eine Tochter, 11 Jahre. Die Frage ist die:
Hat der Freund eine erzieherische Funktion? Soll er erziehen? Die Kinder haben einen Vater, sie sind jedes 2. WE dort und in 3 Wochen Ferien auch.
Meine Meinung ist, dass die Erziehung den leiblichen Eltern obliegt, also bei uns zuhause bei mir, und beim Vater eben der. Mein Freund lebt mit uns, und klar kann er seine Meinung äussern wenn ihm etwas nicht passt, darauf wird auch eingegangen, aber die eigentliche Erziehung liegt doch bei den Eltern. Wie seht ihr das? Und wie ist es rechtlich, falls es das überhaupt gibt?
Danke für eure Gedanken!
Habe zwei Kinder, werden 13 und 16 im Herbst 2013.
Buchenholz
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Beitrag von Buchenholz »

Hallo

Grundsätzlich werden Kinder von ihren leiblichen Eltern erzogen. In einem Patchwork wohnen aber noch andere Personen zusammen und die haben in Bezug auf die Gemeinschaft auch ein Mitspracherecht.

Wenn also meine Tochter das Nastüechli vergisst fortzuwerfen, welches sie während dem Essen unters Füdli geklemmt hat, dann soll mein Partner sagen dürfen, dass ihn das ekelt und sie es bitte fortwerfen soll.

Oder wenn meine Tochter nicht wie abgemacht von einer Party nach Hause kommt, dann nervt das meinen Partner und er möchte, dass ich was tu.
Erstens, weil er aus Sorge nicht schlafen kann und zweitens, weil sein Auto vor meinem steht und ich nur mit meinem Auto Taxi-Dienste machen kann. Und sollte er fahren müssen, dann will er das wissen, bevor er sich ins Bett legt.


Meine Meinung: wenn eine Erziehungsmassnahme zum Wohle und Sicherheit der Kinder beiträgt, dann soll der Partner miterziehen dürfen.

Aber vielleicht bringst du ein paar Beispiele, dann wird es ev. einfacher.
mira
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Beitrag von mira »

Hallo Elle

Ich habe in der umgekehrten Situation gelebt. Für mich war von Anfang an klar, dass ich mich nicht in die Erziehung der Kinder einmische (meine Stiefmutter war mir ein gutes Vorbild). Wenn mich mein Partner um Rat gefragt hat, haben wir zusammen diskutiert. Aber letztlich hat er entschieden, wie er handeln will.
Unsere Vorstellungen waren mehrheitlich gleich, deshalb gab es nur wenige Differenzen diesbezüglich.

Die Beispiele von dir, Buchenholz, sehe ich eher als Regeln des gemeinsamen Zusammenlebens. Manchmal ist es aber nicht so einfach zu unterscheiden, was Erziehung ist und was nicht.

Ich nehme an, du schreibst wegen einem aktuellen Ereignis.
zimet
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ich sehe

Beitrag von zimet »

das auch wie Buchenholz:

ihr lebt ja bereits seit 4 jahren zusammen, da ergibt es sich doch automatisch, dass er auch mal alleine mit den kids ist (nehme ich mal an) und dann kommen wohl automatisch situationen, wo es eben nötig ist, zu erziehen bzw. deine erziehung mitzutragen.

bei uns ist es zb so; wenn ich nicht zu hause bin, dann hat er klar das sagen, natürlich sprechen wir uns ab und so ziehen wir an einem strang und das wissen und respektieren meine mädels vollumfänglich. ich denke nur so, ist ein miteinander auch möglich, sonst bleibt er immer "gast"! dh dass auch der elternteil eben diese funktion ein stück weit ermöglicht und auch gut heisst. dann ist das für die kinder sicher kein thema.

schwierig wird es wohl, wenn der partner nicht dieselben ansichten pflegt wie der elternteil! dann gilt es lösungen zu finden!

ich denke es gibt da keine pauschallösung..wie immer beim patchen...kreativ bleiben und offen, dh auch mal die kids fragen, ob sie es in ordnung finden wie es läuft!
unsere patchworkdecke verfilzt immer mehr und wir geniessen es sehr, auch wenn die Grosse nun eigene Wege geht...Mutterherz lass los ;-)
mira
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Beitrag von mira »

zimet hat geschrieben:bei uns ist es zb so; wenn ich nicht zu hause bin, dann hat er klar das sagen, natürlich sprechen wir uns ab und so ziehen wir an einem strang und das wissen und respektieren meine mädels vollumfänglich.
Das war bei uns genau gleich, und ich war immer erstaunt, wie problemlos die Kinder auf mich gehört haben. Nur, ist das Erziehung? Oder ist es nicht mehr, wie du sagst, die Erziehung mittragen? Ich weiss nicht, ob die Kinder auf mich gehört hätten, wenn ich während der Abwesenheit meines Partners meine eigenen Erziehungsvorstellungen durchgesetzt hätte...

Die Erziehungsvorstellungen der Eltern zu respektieren, finde ich zentral, auch wenn sie sich von meinen unterscheiden.
Buchenholz
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Beitrag von Buchenholz »

Vermutlich kommt es noch drauf an, ob man in etwa die gleichen Ansichten/Wertvorstellungen hat und wie der Ex-Partner zum Stiefelternteil steht.

Ich kenne eine Familie, da hat der Stiefvater ziemlich strenge Erziehungsmassnahmen eingeführt. Er ist ein Perfektionist und mag es ordentlich und sie ist viel zu lieb und zu nachgiebig. Ich staunte nur, wie das aber super funktioniert. Klar gibts immer mal wieder Konflikte, die Kinder finden ihn uh streng und fies und überhaupt und .... :-)

Aber heute sind sie erwachsen und finden ihn den besten Stiefvater. Gerade weil er Paroli bot, streng war und ihre Mutter in der Erziehung unterstütze. Und der leibliche Vater findets cool, dass er dort die väterliche Rolle konsequent ausübte.
Für mich ist diese Familie ein gutes Beispiel, wie das Einmischen des Stiefelternteils positiv sein kann.


Mein Partner und ich sowie mein Ex-Mann haben alle in etwa die gleichen Ansichten, daher würde es gar nicht auffallen, wenn der Stiefelternteil erzieht.


Bei mir und den Stiefkindern lief es am Anfang gut. Sie fanden mich zwar streng. Aber sie erkannten bei mir auch positive Seiten und das schaffte den Ausgleich. Erst als sich ihre Mutter einmischte, weil sie mich als Konkurrenz empfand (begründet durch den Sorgerechtskampf), wurde es schwieriger.
Mein Partner beobachtete bei seinen Kinder immer mehr Auffälligkeiten aufgrund mangelnder Erziehung und Struktur. Daher war er froh um meine Unterstützung. Aber die Jungs waren sich Regeln und Konsequenzen nicht gewohnt. Irgendwann wehrten sie sich gegen unsere Erziehungsmassnahmen.
In unserem Fall haben die Eltern nicht am gleichen Strick gezogen.


Nachtrag: Wenn wir in irgend einer Erziehungsfrage unterschiedlicher Meinung sind, dann besprechen wir das zuerst unter 4 Augen. Ich bin nicht perfekt und weiss nicht unbedingt alles besser, nur weil ich die Mutter bin. So bin ich ab und zu froh, von meinem Partner in meinem Handeln hinterfragt zu werden.

Bei ihm war es genauso. Bei Väter mit Besuchsrecht mischt halt einfach das schlechte Gewissen mit und das Hindernis, in 2 Tagen erzieherisch nicht viel zu erreichen.
Zuletzt geändert von Buchenholz am 26.06.2012 17:54, insgesamt 1-mal geändert.
Buchenholz
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Beitrag von Buchenholz »

mira hat geschrieben:Die Erziehungsvorstellungen der Eltern zu respektieren, finde ich zentral, auch wenn sie sich von meinen unterscheiden.
Hätten sich deine Erziehungsvorstellungen stark von seinen unterschieden?
Greenacre
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Beitrag von Greenacre »

Hallo Elle

Die Erziehung liegt bei den leiblichen Eltern. Nur gibt es immer mehr Patchworkfamilien und die Wissenschaft und vor allem die Gesetzgebung hinken ziemlich hinten an.

Die Paarebene ist enorm wichtig. Die Kinder nutzen die Gelegenheiten, wenn sie sich ergeben, was völlig normal ist. Den Kindern gehören liebevolle Grenzen aufgezeigt. Diese können auch von einem Lebenspartner/in gesetzt werden.

Wenn die leibliche Mutter ausser Haus ist, der Lebenspartner aber mit den Kindern zu Hause ist, sollte dieser die Kompetenz haben, den Kindern etwas zu sagen, ohne dass diese seine Befugnisse in Frage stellen. Sie werden das nicht tun, wenn sie wissen, dass sich die Erwachsenen einig sind und am gleichen Strick ziehen.
Gruss

Greenacre
tabida
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Beitrag von tabida »

Ein Kind wird doch eh nicht von den Eltern erzogen! Jede der Personen, die irgendwie mit dem Kind zu tun hat erzieht doch irgendwie mit (Lehrer, Grosseltern, Gotte/Götti, Tante/Onkel, Geschwister, Spielkammeraden und und und ). Auch die "Gesellschaft" als ganzes gibt doch eine gewisse Erziehung mit und selbst "Fremde" erziehen manchmal gewünscht oder ungewünscht mit. z.B. greiffe ich ein, wenn ich sehe wie ein Kind ein Tier quält, wenn es ohne zu schauen auf die Strasse läuft usw. usf.

Es gibt doch das afrikanische Sprichwort: Um ein Kind aufzuziehen braucht es ein ganzes Dorf. - Ist zwar in unserer Verhältnissen nicht ganz so romatisch, aber trotzdem doch wahr.
Pätchi
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Beitrag von Pätchi »

Hallo zusammen

Ich denke man muss unterscheiden zwischen grundsätzlichen Wertevorstellungen die vermittelt werden sollen, die liegen meiner Meinung nach in der Obhut der Eltern und alltäglichen Regeln die das Zusammenleben betreffen.

Bei alltäglichen Dingen, welche das Zusammenleben mit sich bringen, sollte aber auch der Stiefelternteil was dazu sagen können. Sei das jetzt ob die Kinder immer im gemeinsamen Haushalt leben oder halt nur alle zwei Wochen. Es tönt jetzt vielleicht altmodisch, aber ich denke ich und mein Partner sind die Erwachsenen und haben schlussendlich das letzte Wort. Wenn die Kinder bei ihren Kollegen auf Besuch sind, stellen ja auch deren Eltern die Regeln auf und bei den Grosseltern das selbe. Wenn man zusammen wohnt, ist es immer ein miteinander und Kinder können sehr gut mit unterschiedlichen Regeln umgehen.
Wen mich was stört, ich aber unsicher bin, dann sage ich das erst meinem Partner. Dem ist das dann oft gar nicht aufgefallen und meist stört es ihn auch und er übernimmt es dann auch, dies mit seinen Kindern zu klären.
Ich denke Kommunikation ist wichtig.
Buchenholz
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Beitrag von Buchenholz »

Man muss unterscheiden zwischen Verantwortung und Erziehung (Wertevermittlung/Manieren)

Erziehung ist für mich: Religionsunterricht und anschliessend Kommunion oder Konfirmation: ja oder nein. Das entscheiden die Eltern
Ist leichte Körpertemperatur und ein bisschen Bauchweh Grund genug zu Hause zu bleiben oder reisst man sich zusammen und geht trotzdem zur Schule?
Ist Hausaufgaben nicht machen ein Kavaliersdelikt; Hauptsache man wird nicht erwischt oder ein absolutes no go.
Geht man Abends an eine Party obwohl man tagsüber wegen Bauchweh nicht zur Schule ging?
Darf das Kind vom Tisch weggehen wenn es fertig mit Essen ist oder muss es auf sein Geschwister warten oder bis alle fertig sind?
Darf sich das Kind eine Alternative aus der Küche holen, wenn es das Gekochte nicht mag oder wird gegessen was auf dem Tisch steht?
Wird bei einem gesellschaftlichen Anlass das Menu gegessen, was die Gastgeber zusammen gestellt haben oder dürfen sich Kinder Pommes bestellen?
Velofahren mit oder ohne Helm, Übernachten in einer Hütte mit Verdacht, dass da Alkohol getrunken wird. Wann muss ein Kind abends zu Hause sein.
Freie PC-Benutzung oder Zeitlimite, das sind für mich so Themen über die man unterschiedlicher Meinung sein kann. Und vor allem, was dann die Konsequenzen sind, wenn sich Kinder nicht dran halten.

Das sind für mich jetzt ein paar Beispiele, die mir in den Sinn gekommen sind.
Und da entscheiden in letzter Instanz die leiblichen Eltern oder der Obhutsberechtigte. Der Partner soll aber seine Meinung dazu geben dürfen.
Babell
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Beitrag von Babell »

Hallo Elle

Rechtliches: Ja, es gibt einen Artikel im ZGB, der besagt, dass der Stiefelternteil erziehungsberechtigt ist. (Schweiz)

Die meisten Ratgeber raten aber dem Stiefelternteil ab, zu fest in die Erziehung einzugreifen. Besonders in der Kennenlernphase mit den Kindern, sollte der Stiefelternteil noch nicht zu viel sagen müssen. Da sollte der leibliche Elternteil die Aufgabe der Erziehung übernehmen, damit der Stiefelternteil und die Kinder sich kennen lernen können.

Der leibliche Elternteil sollte darauf achten, dass der Stiefelternteil mit dem nötigen Respekt und Anstand behandelt wird.

Der leibliche Elternteil sollte den Kindern klar machen, dass der neue Partner zur Familie gehört und dass sie auch den leibelichen Elternteil verletzen, wenn sie den Partner ablehnen.
zimet
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Beitrag von zimet »

also ich gehe davon aus, dass der Artikel im ZGB Stiefeltern im Sinne von verheiratet meint, denn ich gehe nicht davon aus, dass das ZGB bereits die Kennenlernphase regelt ;-)

aber es stimmt schon, es muss sich zuerst entwickeln, das Vertrauen und das Kennenlernen - es ist niemanden gedient wenn man

wie der Muni i Chrishuufe fahrt :lol: :lol: :lol: :lol: und dann meint, die Kids aktzeptieren das...
unsere patchworkdecke verfilzt immer mehr und wir geniessen es sehr, auch wenn die Grosse nun eigene Wege geht...Mutterherz lass los ;-)
mira
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Beitrag von mira »

Ich denke, es spielt auch noch eine Rolle, ob man die Kinder des Partners nur jedes zweite Wochenende sieht oder ob sie mehrheitlich im gemeinsamen Haushalt leben.
tabida
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Beitrag von tabida »

Falls dieser Artikel gemeint ist:

Art. 2997
IV. Stiefeltern
Jeder Ehegatte hat dem andern in der Ausübung der elterlichen Sorge gegenüber dessen Kindern in angemessener Weise beizustehen und ihn zu vertreten, wenn es die Umstände erfordern.

würde das doch heissen, dass der Stiefelternteil (wobei nach Gesetz ein "Stiefelternteil" derjenige ist, der mit dem leiblichen Elternteil verheiratet ist) sogar zur Miterziehung verpflichtet ist.
Antworten