Sohn kommt heulend vom Vater

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Nin
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Sohn kommt heulend vom Vater

Beitrag von Nin »

Es ist gestern passiert: gegen 11 Uhr kam mein fünfzehnjähriger Sohn heulend von seinem Vater nach Hause. Sie hatten sich gestritten. Sein Vater verlangt, dass der Junge von seinem Taschengeld Pantoffeln kaufen soll und der Junge hat ihm gesagt, dass er das Geld dafür sicher niemals zurückkriegen würde - Erfahrung... Da ist wohl erst sein Vater ausgerastet und dann er - der Ursprung des Streites wurde mir aber von seinem Vater bestätigt.

Mein Sohn sagt, dass im darauffolgenden Streit sein Vater gesagt hätte, dass er ein verwöhntes Balg sei, was die Schuld seiner bescheuerten Mutter (ta conne de mère) sei und wenn es so sei, müsse er nie mehr wiederkommen.
Mein Ex hat mir eine Nachricht geschickt, mein Sohn habe eine Krise hingelegt, als er ihm gesagt habe, er solle Pantoffeln kaufen. Und ich solle das Kind sofort wieder zu ihm schicken, um zu zeigen, dass wir in der Erziehung konsequent sind.

Mein Sohn war total verheult, total durchgeschwitzt - er war mit dem Fahrrad gekommen, 17 Kilometer in 35 Minuten. Er hat gesagt, er wolle nicht zu seinem Vater zurückgehe, das nächste Mal ja, aber heute nicht. Als wir diskutiert haben, kamen ihm jedes Mal die Tränen.

Wie hättet ihr entschieden?
Zuletzt geändert von Nin am 05.10.2015 21:30, insgesamt 1-mal geändert.
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Ria
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Re: Sohn kommt heulend vom Vater

Beitrag von Ria »

Hallo Nin

Das sind so schwierige Situationen, bei denen wir uns alle überfordert fühlen. Ist doch klar.
Dazu kommt, dass du in einen Konflikt hineingezogen wirst, der eigentlich zwischen Vater und Sohn gelöst werden müsste.
Gleichzeitig wird aber auch dein Sohn in einen Konflikt zwischen euch Eltern hineingezogen.
Beides ist unangemessen.

Ein 15-jähriger Sohn braucht einen Vater, mit dem er kämpfen, Widerstand spüren und leisten kann. Das tut seiner gesunden Entwicklung gut.
Wenn du dich da hineinziehen lässt, gibt es nur Verlierer.
Da kannst du ihm nur zutrauen, darin seinen eigenen Weg zu finden. Auch wenn er schwierig ist. Wenn du jetzt mit ihm Mitleid hast, ist das für ihn eher schwächend.
Ermächtigender ist es, ihm zu sagen, dass es schwierig ist und auch, dass du ihm zutraust, damit umgehen lernen zu können. Auch wenn ihm das nicht gefällt und er sich das selber (noch) nicht zutraut.

Du schreibst auch
Nin hat geschrieben:Er hat gesagt, er wolle nicht zu seinem Vater zurückgehe, das nächste Mal ja, aber heute nicht.
Könnte das bedeuten, dass er vor seinem Vater nicht in Tränen ausbrechen will und deshalb etwas zeitlichen Abstand braucht? Den könnte er ja haben.

Wenn unsere Kinder - und besonders Söhne mit 15 Jahren! - vor uns weinen, ist dies Zeichen für grosses Vertrauen. Gleichzeitig aber auch dafür, dass sie sich wie kleine Kinder und hilflos fühlen. Das sind sie so lange, wie sie ihren Weg noch nicht gefunden haben. Und sie finden ihn am ehesten, wenn wir zwar Mitgefühl aber kein Mitleid mit ihnen haben. Sonst bestärken wir sie in ihrer Schwachheit.

Es ist natürlich sehr ungünstig, dass sein Vater so vor ihm über dich spricht. Aber dies ist Ausdruck einer ungelösten Verstrickung zwischen euch Eltern, die er ja nicht zum ersten Mal erlebt. Auch damit muss er leben lernen, weil er daran nichts ändern kann.
Du kannst ihn entlasten, indem du ihm sagst, dass er dafür nicht verantwortlich ist, dass er darüber nicht mit seinem Vater zu diskutieren braucht.

Ich verstehe auch dich in deiner Hilflosigkeit gegenüber dieser Situation, glaube mir. Aber es nützt eben auch nichts, wenn ich dir gegen deinen Exmann einfach Recht gebe, denn davon hast auch du nichts.
Ich wünsche dir ganz viel Vertrauen in deinen Sohn, der diese Herausforderung als Chance für seine Weiterentwicklung und das Verhältnis zu seinem Vater nutzen kann.
Seit 27 Jahren Patchworkfamilienfrau und Coach für solche :-)
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BabyOne
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Re: Sohn kommt heulend vom Vater

Beitrag von BabyOne »

Hallo Nin,

ich hätte meinen Sohn sicher nicht zurückgeschickt, und zwar ganz einfach deswegen, weil beide - Vater und Sohn - offensichtlich sehr aufgebracht waren und das wahrscheinlich gleich den nächsten Streit gegeben hätte. Nach solchen Situationen ist es glaube ich immer gut, wenn alle Zeit haben sich etwas zu beruhigen.

Blöd ist, dass Dein Ex von Dir verlangt, dass Du mit ihm an einem Strang ziehen sollst, aber sich natürlich in keiner Weise mit Dir darüber abstimmt in welche Richtung ihr ziehen wollt (um mal in diesem Bild zu bleiben). In dieser Situation kannst Du Dich eigentlich nur falsch verhalten - versuchst Du es Deinem Ex recht zu machen, schadet das vielleicht dem Vertrauensverhältnis zu Deinem Sohn, und hältst Du zum Sohn oder machst jedenfalls nicht was Dein Ex will, dann bist Du die böse Exfrau, die das Kind zu sehr verwöhnt und deswegen ohnehin an allem schuld ist. Insofern kannst Du auch einfach ohne schlechtes Gewissen das tun, was Du für das Richtige hältst.

Was Ria schreibt finde ich sehr richtig.
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Babell
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Re: Sohn kommt heulend vom Vater

Beitrag von Babell »

Hallo Nin

Ich kenne deinen Sohn und deinen Exmann ja nicht und auch ihre Streitkultur nicht und ob solche Situationen öfters vorkommen oder nicht. Daher ist es noch schwierig, zu sagen, wie ich mich in deiner Situation verhalten hätte. In meiner Situation: Meinen Sohn hätte ich vielleicht zurück geschickt, damit er lernt, den Konflikten mit dem Vater nicht immer aus dem Weg zu gehen.

Aber ich weiss ja nicht, ob dein 15jähriger Sohn den Konflikten immer aus dem Weg geht oder ob er bloss dieses Mal fand, das sei einfach zu viel des Guten, wenn der Vater Dich so beschimpft und ihm dann den Rücken gekehrt hat und davon gefahren ist. Manchmal kann es besser sein, davon zu fahren, Zeit verstreichen zu lassen. Ein andermal ist es besser, sich mit dem Gegenüber zu konfrontieren.

Was mich halt allgemein in Konfliktsituationen schwierig dünkt: wenn einer immer meint, Recht haben zu müssen und das mit allen Mitteln durchzusetzen versucht und überhaupt nicht glücklich werden kann, wenn er/sie nicht recht hat. Dann hat der andere gar keine Möglichkeit, mit ihm/ihr zu streiten. Wenn man mit dem Rechthaber nicht verwandt ist oder zusammen arbeiten muss, kann man ja den Kontakt zu derjenigen Person abbrechen oder Streitereien vermeiden, aber wenn man mit dem zu tun hat, ist das nicht möglich.

Mein Partner hat auch mal zu seinem Sohn gesagt: "von wem hast du das!" als er sehr wütend über seinen damals etwa 15 jährigen Sohn war. Es war offensichtlich, dass er den Frust über die Mutter aussprach! (er war sich dessen im Nachhinein auch reuig, aber in der Situation rutschte es raus) Sein Sohn sagte dann ober-cool: "na, von wem wohl? Von dir!" 8)
Ich glaube, die Väter sind manchmal auch einfach überfordert: haben das Kind nur alle 14 Tage oder weniger, und es passiert so viel an Entwicklung in der Zwischenzeit, und dann kommen sie so halb erwachsen, aber doch noch Kind, und die Väter merken, dass sich die Kinder in eine andere Richtung entwickeln als sie für sie gedacht/gewünscht hatten und da sie mehrheitlich bei der Mutter sind, ist eine Schuldige schnell gefunden.. Es scheint ja offensichtlich. (und in intakten Familien sind dann die Peergroups oder die Lehrer Schuld ;-) )
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Re: Sohn kommt heulend vom Vater

Beitrag von carlotta37 »

Liebe Nin,

ich finde, einen 15jährigen kann man nicht "schicken"....es wundert mich, dass der Vater das verlangt (oder auch nicht....mein Ex-Mann würde das genauso verlangen).

Das ist ein Konflikt zwischen ihm und dem Vater, denke auch wie Ria, Du musst ihm zutrauen, den selber zu lösen. Der Vater bringt Dich sowieso in eine Position, in der Du nur Fehler machen kannst, wie BabyOne schon gesagt hat.
Vielleicht hätte ich ihn ermutigt, den Vater anzurufen oder zu schreiben, dass er jetzt nicht kommt und sie beim nächsten Besuch darüber sprechen können? Ihm klar gemacht, dass Du ihn verstehst....einfach sein Gefühl von Wut und Ohnmacht in der Situation. Aber dass Du Dich konkret in dieser Sache nicht einmischen kannst und willst.

Ich erwische mich in letzter Zeit sehr oft dabei, dass ich den Vater meiner Kinder vor meiner Tochter fast verteidige. Sie erlebt viel Kritik von ihm und zweifelt, dass er sie überhaupt liebt. Ich ermutige sie, offen mit ihm zu sprechen. Gleichzeitig tut sie mir manchmal so leid, dass ich alles tue, sie von seiner Liebe zu überzeugen. Das ist auch nicht gerade ideal.....am besten ist, sie schaffen es irgendwie, diese Konflikte selber zu lösen.

Eltern sind nicht perfekt und Streit mit den Eltern in dem Alter ist auch normal. Ich habe mal gelesen, dass Kinder in einer Scheidungssituation weniger mit den Eltern streiten, weil sie sich in der Situation nicht so bedingungslos sicher fühlen (weil z.B. ein Streit zwischen Kind und Elternteil auch wieder Streit zwischen den Eltern auslöst....oder weil sie einen Elternteil seltener sehen und Streit dann besonders belastend ist). Dann können sie sich aber auch weniger gut ablösen und abgrenzen. Bis zu einem gewissen Grad ist Streit ja gesund....

Mich würde noch interessieren, wie Du denn nun reagiert hast? Ist er zurück gefahren?

Hoffe, es beruhigen sich bald alle wieder ;-)
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Nin
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Re: Sohn kommt heulend vom Vater

Beitrag von Nin »

Die Arbeit ist gerade recht intensiv, als nur ganz kurz: Ich habe den Jungen hier bleiben lassen.

Es war in neun Jahren Trennung das erste Mal, dass er nicht beim Vater geblieben ist und ich finde, dann kann man nicht sagen, dass er Konflikten immer aus dem Weg geht. Und die Böse bin ich eh. Das kenn ich schon.

Der Junge ist nicht immer einfach, das weiss und erfahr ich auch. Aber er ist kein Monster, wie sein Vater ihn darstellt. Er ist gut in der Schule, höflich und halt etwas faul im Haushalt. Wenn man ihm Geld gibt, gibt er aus. Aber wenn es nichts mehr gibt - kommt er auch klar.

Carlotta, wie du erwische ich mich manchmal dabei, dass ich den Vater geradezu verteidige. (Papa hat viel Stress, er ist mehr mit der kleinen Schwester zusammen und weiss nicht so, wie das Leben eines fünfzehnjährigen aussieht, er denkt, seine Eltern waren nicht streng genug und will es besser machen....). Ich habe meinem Sohn auch gesagt, er soll seinem Vater bescheid sagen (habe aber auch bescheid gesagt, damit er zumindest weiss, wo der Junge ist). Und ich habe meinem Sohn gesagt, wenn sein Vater schlecht über mich spricht, braucht er mich nicht zu verteidigen. Das kann ich allein, wenn ich will und wenn ich es nicht tue, dann, weil es mir egal ist. Ich bin nicht die Person, die sein Vater darstellt. Ich weiss das und das reicht mir.

Am Dienstag war er wieder beim Vater. Mit Pantoffeln. :roll: Jedem sein Kampf!
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