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Für ein gelungenes Fest

 


Osnabrücker Zeitung vom 9.12.15
Interview von Cornelia Achenbach mit Katharina Grünewald


Weihnachten als Patchworkfamilie:
Kinder nicht entscheiden lassen

An Weihnachten kracht es besonders häufig in Familien. Vor allem für Patchworkfamilien stellt das Fest der Liebe eine große Herausforderung dar. Foto: colourbox.de

Osnabrück. An Weihnachten kracht es in den besten Familien. Besonders viel Zündstoff liefert das Fest der Liebe, wenn die Eltern sich getrennt haben und mit neuen Partnern zusammenleben, die womöglich selbst noch Kinder in die Beziehung mitbringen. Die Diplompsychologin Katharina Grünewald berät Patchworkfamilien und gibt Tipps für Heilig Abend.

Frau Grünewald, warum gibt es gerade an Weihnachten so oft Streit in der Familie?

Weihnachten gilt als das höchste Familienfest, ein Fest voll rührseliger Momente. Die Erwartungen werden an den Feiertagen besonders hoch geschraubt. Das Fest sorgt dafür, dass wir uns Harmoniezwänge auferlegen, auch wenn die Kommunikation das ganze Jahr über nicht klappt. Wenn wir zu große Anstrengungen für die Harmonie unternehmen, ist die Gefahr groß, dass es an Heilig Abend zur Explosion kommt.

Weihnachten ist ja schon für klassische Familien anstrengend, für Patchworkfamilien jedoch eine logistische Meisterleistung. Wer soll mit wem feiern? Sollen sich zerstrittene Eltern wieder zusammenraufen? Oder sollen die Kinder selbst entscheiden, mit wem sie feiern sollen?

Nein, Kinder sollten das nicht entscheiden. Kinder haben ein Recht auf Führung. Denn hinter der Frage „Bei wem möchtest du feiern?“ steckt ja die Frage „Wen hast du lieber?“. Es ist Sache der Eltern, eine Regelung für das Weihnachtsfest zu treffen, auch wenn das Kind dann traurig oder wütend ist. Das sind Gefühlszustände, die ja nun mal zum Kind- und Menschsein dazu gehören. Das Kind lernt dadurch, mit Trauer und Wut umzugehen, und die Eltern müssen lernen, die Trauer und Wut ihres Kindes zu ertragen. Zum anderen ist es wichtig zu wissen, dass Kinder keine Mogelpackung wollen. Wenn Eltern völlig zerstritten sind und sich für Heilig Abend zusammenreißen, ist das nicht im Sinne der Kinder.

Wie soll man sich als Stiefmutter bzw. Stiefvater gegenüber den Kindern des neuen Partners verhalten? Soll man sich besonders zurückhalten? Oder besonders große Geschenke machen?

Das weiß ich nicht (lacht). Das hängt ja von der jeweiligen Beziehung zum Kind und insgesamt von der Situation ab. Wichtig ist es, auf sich selbst zu achten und sich nicht in Zwänge zu begeben. Man sollte sich vergewissern, welche Rituale einem selbst wichtig sind und dann in den Austausch mit dem Partner gehen. Was wird von mir erwartet? Was will ich? Was brauche ich, um bei den Erwartungen der anderen mitspielen zu können? Wo ist meine Grenze?

Und wenn man es dann doch allen Recht machen will? Soll man dann jeden Feiertag in einer anderen Familienkonstellation verbringen? Drei Tage, drei Weihnachtsbäume sozusagen?

Nun, da hat sicher jeder ein anderes Empfinden. Mir persönlich wäre es zu anstrengend, in so kurzer Zeit viel zu reisen und viel vorzubereiten. Eine Möglichkeit könnte aber sein, den Zeitraum des Festes zu vergrößern und aus den drei Feiertagen eine Weihnachtswoche zu machen. So könnte man sich zum Beispiel Zeit für die Eltern in Hamburg und die Familie in München nehmen, ohne sich allzu sehr zu hetzen. So braucht niemand Weihnachten auf der Autobahn zu verbringen!

Gibt es vielleicht noch einen allgemeinen Tipp, den Sie generell Familien für ein entspanntes Weihnachtsfest mit auf den Weg geben möchten?

So modern unsere Gesellschaft ist, so sehr führt an Weihnachten immer noch das Idealbild der Familie aus den 50er Jahren Regie: Mutter und Vater sitzen mit ihren zwei Kindern unterm Tannenbaum, alles harmonisch und friedlich. Süßer die Glocken nie klingen… Alles ist so zuckrig und süß wie das Lebkuchenhaus, das auf dem Weihnachtstisch steht – und in dem doch die Hexe wohnt, die einen verbrät und verbackt, wie man aus dem Märchen weiß. Dabei gibt es noch ein anderes, ursprünglicheres Symbol für Weihnachten: die Krippe. Da war nichts geplant, nichts perfekt, alles verlief provisorisch und spontan. Und dennoch fand das Weihnachtswunder statt und die Familie war ganz bei sich – die im Übrigen wohl die ersten Patchwork-Familien überhaupt war.

 

 

 

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