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Sicht einer Jugendlichen

 


von L.E. aus G.


Als meine Eltern sich scheiden liessen, war ich 13 Jahre alt. Die Trennung verlief turbulent und war nicht nur eine Trennung  der Eltern, sondern ebenso eine Trennung des gewohnten Familienlebens, eine Trennung vom Elternhaus, von vertrauter Umgebung. Ich brauchte lange, bis ich mich in meinem neuen Leben zurechtfand. Unser Alltag bestand darin, dass ich, nun etwa 15 jährig, für mich und meine kleine Schwester nach der Schule Mittagessen kochte und uns auch beschäftigte nach der Schule. Rückblickend natürlich eine heillose Überforderung, damals aber nach einer gewissen Zeit vertrauter Alltag.

Die Ankündigung meines Vaters, die Freundin, die er erst seit kurzem kannte, würde schon bald bei uns einziehen, entzog mir erneut den Boden. Für die Entlastung, die das für mich auch bedeutet hätte, war ich nicht offen. Die Veränderung des neu erarbeiteten Alltags  war für mich eine existentielle Bedrohung. Mit aller Kraft versuchte ich mich gegen die Pläne des Vaters zu wehren. Nicht noch einmal wollte ich verdrängt werden. Wir lieferten uns erbitterte Wortgefechte, täglich, und ich ging, aus meiner Sicht, immer als Verliererin daraus hervor.
Nach einer gewissen Zeit ging mir die Kraft aus, ich mochte nicht mehr kämpfen. Am liebsten wäre ich gestorben.
Es war mein grosses Glück, dass ich zu dieser Zeit regelmässig zu einem Kinder- und Jugendpsychologen gehen konnte. Ihn empfand ich als unparteiisch, fühlte, dass er meine Not verstand. Es gelang mir durch seine Hilfe, meine Sicht des Konflikts entscheidend zu verändern.

Ich lernte meinen Vater als Menschen zu sehen, lernte, dass seine Aufgabe nicht alleine darin bestand, die Bedürfnisse von uns Kindern zu erfüllen. Ich verstand, dass wenn ich eine gute Beziehung zu ihm haben wollte, ich ihm auch zugestehen musste, dass er Entscheidungen traf, die ihm als Mann Bedürfnisse erfüllten.

Seine neue Freundin zog bei uns ein und ich spürte im Alltag eine Entlastung. Sie, die neue Frau an Papas Seite,  tat mir gut. Natürlich war der neue Alltag nicht immer einfach, bis wir alle unser Plätzchen in der Familie gefunden hatten, verging wieder Zeit. Doch rückblickend, nach fast 20 Jahren, bin ich dankbar um die Chancen, die mir die neue Situation brachte. Wie es mir wohl ergangen wäre, wenn ich noch längere Zeit für mich und meine Schwester alleine hätte Sorgen müssen?

Wenn ich mir im Nachhinein etwas wünschen könnte, dann wünschte ich mir, mein Vater hätte mir damals mehr versichert, dass er mich liebt. Als Jugendliche war für mich nicht selbstverständlich, dass ich von meinen Eltern geliebt werde. Eine kleine Notiz auf dem Kopfkissen oder am Kühlschrank. Eine Umarmung. Seine Unnachgiebigkeit was den Einzug seiner Freundin betraf,  interpretierte ich als mangelnde Liebe, nahm an, meine grosse Not sei im gleichgültig.

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